• Theodorus' Pfeife ist aufgeraucht, was dazu führt, dass der Grieche sich etwas hilflos umschaut, denn er findet nichts zum Ausklopfen. Na gut, im Grunde genommen schaut die ganze Behausung so aus als würde ein klein wenig Asche am Boden noch viel ausmachen, aber man schmeißt nicht einfach seinen Müll in anderer Leute Wohnung! Deshalb legt er die Pfeife auf dem Boden und beschließt, sich dieses Problems später anzunehmen.


    Dann richtet er sein Augenmerk wieder auf Hadrianus. Er hat das Gefühl, dass die kleine Schleife, die er mit seiner Frage provozieren wollte, nun doch sehr, sehr lang werden würde, um wieder zur Diskussion zurück zu führen.


    "Und Appollon sagte: Sokrates sei der Weiseste der Weisen, weil er weiß dass er nichts weiß.


    Du dagegen sitzt hier und gibst vor, zu wissen. Deshalb frage ich dich: Woher kommt dein Wissen? Wo ist der Weg, der zu deiner Erkenntnis führt?"


    Dann überlegt er noch und fügt hinzu, weil er es sich nicht verkneifen kann:


    "Übrigens kann ich dich beruhigen: Epiktet erfreut sich immer noch bester Gesundheit. Er leitet in Nikopolis eine eigene Schule."

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Dann die ergebensten Grüße des Publius Aelius Hadrianus an ihn!


    sagte ich mit Gemütsruhe. Immerhin war das Reich groß und man konnte nicht immer wissen, wer wann und wo starb.



    Die Antwort auf Deine Frage gabst Du selbst:
    Auch hier hast du wieder recht, wenn du meinst, es gibt ein Weltganzes und Gotter, Menschen, Tiere, Pflanzen und Steine, die Vier Elemente sind dem innersten Wesen nach Ausdruck eines Gedankens, einer Schöpfung. Auch gebe ich dir recht, wenn ich sage, dass dieser Plan eine innere Harmonie, ein festes Regelwerk und einen Plan besitzt, nach dem sich alles bewegt. Und darum sage ich: Wer volle Einsicht besitzt, beherrscht sich selbst; wer sich selbst beherrscht, bleibt sich gleich; wer sich gleich bleibt, ist ungestört; wer ungestört ist, ist frei von Betrübnis; wer frei von Betrübnis ist, ist glücklich: also ist der Einsichtige glücklich, und die Einsicht genügt zum glücklichen Leben. Und die Glückseeligkeit ist das Ziel eines jeden Menschen.

  • Langsam bringt Hadrianus den armen Alexandriner zum Verzweifeln. Jetzt dreht er ihm auch noch die Worte im Mund um! Kurz überlegt er sich, ob er sich jetzt am besten maßlos aufregen soll, entscheidet sich dann aber für was besseres. So schnell sollte man nicht aufgeben:


    "Und, Hadrianus, beherrscht du dich selbst, bist du glücklich?"

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Ich tue mein Bestes, um so zu leben, daß man es ein glückliches Leben heißen kann. Der Pfad ist sicher steinig und schwer, aber es ist der vorgegebene Weg sein Innerstes zu ergründen und sein Leben nach der Vernunft auszurichten.

  • Theodorus muss erst einmal grinsen! Endlich hat der Aelier verstanden. Als Nächstes bleibt ihm das Grinsen jedoch im Hals stecken. Nein, er hat vielleicht verstanden, aber er interpretiert es immer noch falsch. Lernen diese Stoiker eigentlich gar keine Logik?


    "Aber wie kommst du zu der Annahme, einen Weg zu gehen wenn du vorgibst, das Ziel schon zu wissen?"

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Da muss Theodorus ein wenig schmunzeln.


    "Wenn mich meine Füße aus dem Stadttor hinaustragen kenne ich mein Ziel, ja. Aber ich weiß weder, ob ich tatsächlich an diesem Ziel ankommen werde, noch, ob es die richtige Entscheidung war, dieses Ziel zu wählen. Das muss ich erst auf dem Weg dorthin hinausfinden."

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Jetzt war es an mir, ein leichtes Lächeln auf dem Gesicht zu zeigen.


    Wenn Du nicht weißt, warum Du ein Ziel aufsuchst, warum machst du Dir dann die Mühe und läufst los? Ist es nicht so, daß Dir Dein Verstand sagt. Geh dorthin, weil dieses und jenes dort zu erledigen ist?
    Und genauso ist es mit dem Schöpfer und seinem Weg. Er gab den Menschen die Vernunft, damit sie den Weg zur Glückseeligkeit beschreiten können.

  • Der Grieche lächelt und lehnt sich nach hinten. Irgendwas scheint er gerade sichtlich zu genießen.


    "Es ist ja nicht so, dass ich kein Ziel hätte. Nur kann ich im vornherein nicht wissen, ob das Ziel, das ich mir in den Kopf gesetzt habe, auch das Ziel sein wird, bei dem ich am Ende lande.


    Und du sagst es: Der Schöpfer gab uns gewiss die Vernunft, damit wir den Weg zur Glückseligkeit beschreiten können. Würden wir uns nur auf unser Schicksal verlassen, nicht auf die Vernunft, der Weg würde uns für immer verschlossen bleiben."

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Du tust es schon wieder. Du zweifelst an der Vorsehung und damit am Schöpfer. Ehe du nach Äußeren Dingen fragst, solltest Du Dich zuerst mit Deinem innerem Wesen auseinandersetzen, um den Pfad zur Erkenntnis zu beschreiten!



    Vielleicht hörte man den leicht ärgerlichen Tonfall heraus. Vielleicht auch nicht.

  • Egal welchen Tonfall der Alexandriner aus Hadrianus Stimme heraus hört, jetzt wird er selbst ein wenig ärgerlich.


    "Ich zweifle nicht an dem Schöpfer. Ich maße mir nur nicht an, seine Pläne, geschweige denn sein Wesen zu verstehen!"

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Jetzt hörts aber auf! Was sind denn das für Sitten? Man sollte eben nicht einfach in ein fremdes Fass steigen. In der Stadt laufen ja so viele unberechenbare Gestalten herum. Deshalb antwortet Theodorus im gleichen Ton:


    "Ich maße mir nicht an, seinen Willen in Frage zu stellen!""


    Um sanfter zu enden:


    "Aber der Wille des Schöpfers offenbart sich mir nicht von selbst. Ich muss meinen Verstand gebrauchen, um den Willen des Schöpfers zu suchen. Nur so kann ich irgendwann zu ihm finden. Nicht dadurch, dass ich alles um mich herum hinnehme. Dadurch, dass ich in meiner Höhle bleibe und die Augen verschließe vor den Möglichkeiten der Schöpfung."


    Den letzten Satz hat Theodorus bewusst so gewählt, dass er seine Entsprechung nicht nur in Platons Höhlengleichnis hat.

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Nur gut, daß nicht wußte, wann und wo er mit welcher Frau ins Bett stieg. Dachte ich mir so. Und gelesen in einem der vielen Bücher hatte ich das auch nicht. Womöglich würde er noch salzige Haut schlecken wollen und sonstetwas. Aber da ich es nicht wissen konnte, sollte es mir auch egal sein und so holte ich tief Luft. (erstaunlich wieviel davon in meine Lunge paßte ;) ) und sprach mit ruhiger, sauerstoffangereicherter Stimmkraft:


    Alles was Dir widerfährt und alles, was um Dich herum ist, ist der Wille des Schöpfers. Ist es sein Wille, daß die Menschen in der Höhle die Schatten sehen, so ist es auch sein Wille, wenn Einzelne sich erheben und aus der Höhle treten.

  • "Erlaube mir noch einmal die Frage: Wieso maßt du dir an, den Willen des Schöpfers bereits zu kennen.


    Und darüber hinaus: Ist es nicht so, dass der Schöpfer dem Menschen in seiner Weisheit die Freiheit zur Entscheidung gegeben hat?"


    Ja, Freiheit, dieses Wort, welches ein Römer nie verstehen wird...

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Wie kannst Du annehmen, daß in dir Ordnung herrscht und in dem Weltganzen, dessen Teil du ja bist, Unordnung? Warum betest du dann zu den Göttern, wenn du Ihnen bescheinigst, daß sie keine Macht hätten? Wer hat Dir denn erzählt, daß des Menschen Willen über den Göttern steht? Demnächst erzählst Du noch, daß die Menschen sich freiwillig zur Krankheit, zur Dummheit oder zum Bösen entschieden haben.


    Ich holte tief Luft und sagte in ruhigerem Tonfall


    Ich sage, daß alles was geschieht der Wille des Schöpfers und damit der Götter ist. Und das das Böse, die Krankheit und das Dumme immer eines Gegensatzes bedürfen und nur die Folge des schöpferischen Handelns sind, dem Menschen, das Gute, Herrliche und Schönste zu geben.

  • Langsam wird Theodorus ein bisschen ärgerlich. Das Gespräch scheint auf einem Niveau angelangt zu sein, wo der eine andauernd "Ja" der andere "Nein" sagt. Mehr Information ist da wohl nicht mehr rauszuholen, geschweige denn irgendeine Form von Erkenntnis. Deshalb schickt er sich, dieses Gespräch langsam zu beenden.


    "Noch einmal: Ich sage nicht, dass die Götter keine Macht haben, im Gegenteil: Im Gegensatz zu dir maße ich mir nicht an ihren Willen zu verstehen.


    Denn was du hier betreibst, ist Prophetie, keine Philosophie. Und ein guter Prophet ist meist ein lausiger Philosoph.


    Und ja: Ob der Mensch sich zur Krankheit entscheiden kann, bezweifle ich, denn die Krankheit befällt den Körper, nicht den Geist. Zur Dummheit und zum Bösen kann der Mensch sich allerdings entscheiden."


    Zum Thema Gut bedingt Böse sagt Theodorus jezt nichts, denn bei den Thema waren sie schon und haben sich eigentlich gegenseitig Recht gegeben.

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Ich glaubte nicht richtig gehört zu haben.


    Du bezeichnest weise Männer und ehrenwerte Römer als lausig


    Das er eigentlich mich damit meinte war mir egal. Aber viele der klügsten Männer Griechenlands und Roms vertraten die Stoa und machten sie zu dem was sie war: die römische Staatsphilosophie.

  • Irgendwie wirds wohl langsam Zeit zu gehen, beschließt Theodorus. :rolleyes:


    "Der Prophet verkündet den Willen der Götter, der Philosoph sucht ihn. Beides sind Wege und Möglichkeiten, aber man sollte das eine nicht mit dem anderen verwechseln.


    Und anderen Menschen aus dem Nichts heraus Beleidigungen zu unterstellen, dazu noch, nur weil sie eine andere Meinung haben, ist zutiefst unphilosophisch und deckt sich, soweit ich informiert bin nicht einmal mit den Idealen der Stoa.


    Guten Tag noch."


    Damit nimmt Theodorus seinen Hut und macht sich auf dem Weg nach draußen

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Die großen und bekannten Seneca, Cicero, Zenon, Poseidonis, Panaitos, Kleanthes von Aossos, Chrysipp von Soloi, Musonius und Epiktet wiederholt als Propheten zu bezeichnen, die von Philosophie keine Ahnung hätten war doch schon mächtig gewaltig.


    Zumal einige von Ihnen als Lehrer und Vorbilder für Feldherren wie Publius Cornelius Scipio, Gajus Iulius Caesar und sogar später Kaiser Augustus und Nero wirkten.
    Ob es etwas gebracht hatte stand ja nicht zur Diskussion... .



    Nachdenklich schaute ich dem Dahinfleuchenden noch eine Weile nach, ehe er in der Menge verstand. Er suchte die Geheimnisse des Schöpfers zu ergründen und wußte doch noch nicht einmal, wie es in seinem eigenen Inneren aussah.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!