[Vallum] Nachtwache

  • Crispus stieg auf den Wall und sah sich um. Seine erste Nachtwache!
    Er hatte sich unter seine Tunika eine zweite gezogen, sein Kopf wurde neben dem Helm noch von einer Mütze gewärmt, seine Arme und Beine waren mit Stoffbandagen geschützt.
    Über allen trug er den schweren Soldatenmantel. So trat er heran und sagte
    "Wachablösung! Ich bin die Tertia Vigilia!"
    Der Posten, an den er herangetreten war, seufzte erleichtert und stapfte durch den Schnee zurück zu seinem Quartier.

  • Langsam kam Avitus zum Tor, um die Wache abzulösen, die ihn bereits erwartete.
    "Salve, Lucius Artorius Avitus, Wachablösung"
    sagte Avitus und die Milites bestätigten ihm dies. Er schaute sich um, dies war das erste mal, dass er seit seiner Versetzung eine Nachtwache schieben durfte. Die Nacht war wenigstens klar und etwas kühl, so dass man nicht all zu schnell schläfrig werden konnte. Der Mond stand majestätisch wie immer am nächtlichen Firmament, in der Nacht konnte man das eine oder andere Licht der Stadt sehen, von irgendwo her kam das Heulen eines wilden Tieres. Der Wind war zwar kühl, doch nicht stark, wehte eher sanft aus nordwestlicher Richtung, ließ die Flammenzungen der Fackeln tanzen.


    Avitus schaute hinaus in die Dunkelheit. Das schwache Licht des Mondes erlaubte zwar etwas mehr zu sehen, als die Schwärze der Nacht. Doch wirklich verlassen musste man sich auf sein Gehör.

  • Langsam schritt der Tribun auf den Lagerwall zu und stieg auf die Mauer die das Catellum umgab. Für die meisten Milites, die Wachdienst hatte, war dies kein ungewöhlicher Anblick. Ein oder zwei Mal in der Woche passierte dies, der Tribun kam, ging ein Stück den Wachgang entlang, stützte seine Hände auf die Brüstung und sah hinaus in die Dunkelheit.


    Und auch genau so war es in dieser Nacht.

  • Es dauerte einen Moment bis der Tribun reagierte und er drehte sich auch nicht um, stattdessen nickte er nur.

    "Gut, Legionarius,... weitermachen..."


    Doch dann, als sich der Legionär schon fast seinen Rundgang wieder aufgenommen hat, fügt er noch etwas hinzu.

    "Deine erste Nachtwache in Germania ?"

  • "Verstanden, Tribun"
    sagte Avitus und war drauf und dran, seinen Rundgang wieder aufzunehmen, als er plötzlich vom Tribun mit einer Frage aufgehalten wurde.
    "Das stimmt, Tribun"
    antwortete Avitus. Er war noch nicht lange genug bei der Legio, um eine Nachtwache gehabt zu haben, obwohl die harte Ausbildung und sein schnelles Einleben hier ihm das Gefühl vermittelten, schon seit einer halben Ewigkeit dazu zugehören.

  • Immer noch dreht sich der Tribun nicht um, stattdessen sieht er hinaus in die Dunkelheit.

    "Du weisst worauf es bei einer Nachtwache ankommt ?"


    In diesem Moment ertönt der Ruf einer Eule vom gegenüberlaufenden Ufer des Rhenus herüber.

  • "Auf die Geräuschkulisse, Tribun"
    gab Avitus zurück. Die Ausbildung ging selbst hier weiter.
    "Solange alles so bleibt, wie es ist, kann man, ohne die Vorsicht zu vernachlässigen natürlich, davon ausgehen, dass alles in Ordnung ist. Wenn plötzlich fremde oder künstliche Geräusche kommen, dann ist was im Busch"


    Das Geräusch der "Eule" vom gegenüberliegenden Ufer war nicht zu überhören.
    "Germanen, Tribun. Späher."
    Avitus' Stimme war entschlossen, obwohl er wusste, dass er sich irren konnte. Trotzdem... man hoffte auf das Beste, musste aber stets auf das Schlimmste gefasst sein.

  • Der Tribun schüttelt leicht den Kopf.

    "Es wäre möglich, doch es ist die üblich Nachtzeit für den Eulenruf. Daher ist es schwer zu sagen. Lerne zu hören, was in die Nacht gehört und was nicht."


    Er dreht sich um.

    "Achte auf das, was du nicht hörst und auf das, was du hörst, aber nicht hören solltest. Wenn du die Eule am Tag hörst oder einen Singvogel in der Nacht, dann ist vorsicht angebracht."

  • "Jawohl, Tribun"
    sagte Avitus und nickte. Als ehemaliger Urbaner, der nachts nie Dienst getan hatte, war das eben eine wichtige Lektion für den Legionär gewesen. Er lockerte den Handgriff seines Scutum.
    "Ich setze den Wachgang fort... Tribun?"
    Das war eher eine Frage, denn eine Feststellung.

  • Der Tribun dreht sich wieder um.

    "Weiter machen, Legionarius."


    Er blickt hinaus in die Dunkelheit, schnell hat er den Legionär vergessen, der sich entfernt. Seine Gedanken schweifen in die Vergangenheit. Wie wäre es geworden, wenn seine Nova die Kraft gehabt hätte, auf ihn zu warten ? Hätten sie vielleicht gemeinsam so da stehen können ? Hand in Hand ? Sicher, ein Castellum war nicht der beste Ort dafür als Paar zu leben, aber er war sich sicher, sie hätten es geschafft.

  • Nachdem er den Rundgang, bei dem keine Besonderheiten aufgetreten waren, beendet hatte, stellte sich Avitus zu der Wache am Tor dazu. Es dauerte nicht mehr lange, dann würde seine Schicht zu Ende gehen und er würde wenigstens ein paar Stunden schlafen können...

  • Die Nacht lag über Germania. Der Himmel war düster, mit einigen vorbeiziehenden Wolken behangen, die langsam vor der leuchtenen Mondscheibe dahinzogen und ein beeindruckendes Bild schuffen. Der Wind war schwach und angenehm warm, ließ die dunklen Umrisse der in Entfernung stehender Bäume sachte hin und her wackeln. Hin und wieder drangen die Rufe nachtaktiver Tiere bis ans Castellum der Legio IX.


    Als Wachoffizier eingeteilt, verbrachte Avitus die Nacht auf den Beinen. Immer wieder ging er, vom tesserarius begleitet, die Palisade entlang überprüfte, ob alles in Ordnung war und die Milites fit und aufmerksam waren. Blieb hin und wieder stehen und starrte in die Nacht hinaus, lauschte den Geräuschen der Nacht.

  • Seine erste Nachtwache! Marcus stand auf seinem Pilum gelehnt an einem der Wachposten rund um das Castell herum. Hinter sich spürte er die mittlerweile vertraute Sicherheit der Pallisade. Gähnend und etwas müde betrachtete sich Marcus den Nachthimmel. Bei Caelum, war der Himmel schön! Die Sterne waren zwar immer wieder verhangen und auch der Mond wurde von einzelnen Schwaden verdeckt, aber ab und an blinkte der Nachthimmel tiefschwarz mit seinen hellen Sternlichtern auf Marcus herunter. Trotz des Sommers war es doch in jener Nacht sehr kühl. Marcus wußte jedoch, daß es wohl gen morgen noch sehr viel kühler werden würde, spätestens wenn der Tau fiel. Schnell griff sich Marcus unter seinen Umhang und trank einen tiefen Schluck aus seinem Trinkschlauch, den er sich mit etwas Wein verfeinert hatte.


    Wenn wenigstens jemand mit ihm hier stehen würde! Aber die Legionäre und Probati standen so alleine verstreut an der Pallisade entlang. Sollte nicht der wachhabende Offizier mal kommen? Nun ja, hoffentlich kam er bald, denn eine drängende Müdigkeit breitete sich in Marcus auf. Wenn er sich etwas zurück lehnte, den Speer fest hielt, konnte er vielleicht etwas dösen. Die Nachttiere würden ihn sowieso wecken. Denn wenn sie abrupt verstummen würden, würde es ihn bestimmt wecken. Leicht lächelnd hörte er den Ruf eines Käuzchen. Die griechische Athena war also nicht weit entfernt. Marcus grübelte nach, was er im Unterricht darüber gelernt hatte, aber bis auf die Tiere fiel ihm nicht viel ein. Wieder gähnte er lange und seufzend. Hoffentlich kam nicht der Offzizier, wenn er gerade einschlief und langsam an seinem Speer herunter sank. Peinlich bei der ersten Nachtwache und mit einer üblen Strafe versehen. Marcus hatte sie zwar wieder vergessen, aber er erinnerte sich, daß sie übel war! Marcus schmatzte leise und lehnte sich gegen die Pallisade. Warum machte er das hier noch mal...? Der Moment in der Kälte und der Müdigkeit gefangen, schien ihn darüber grübeln zu lassen....

  • Von dem tesserarius begleitet, einem großgewachsenen, aus Gallia kommenden Kraftpaket namens Celsus, ging Avitus den Wehrgang lang. Schweigend gingen die beiden Legionäre, prüften, ob alles in Ordnung war. Zwar rechnete niemand mit etwas, aber von den verrückten Germanen konnte man allerlei Unsinn erwarten und daher waren sie vorsichtig wie immer. Hin und wieder blieben sie stehen und lauschten. Achteten auf die Geräusche und gingen dann weiter.


    Sie näherten sich einem Miles und im trüben Licht des Mondes erkannte er ihn als Stubenkameraden Aristides. Avitus nickte dem Mann zur Begrüßung. Er selbst machte einen frischen Eindruck, was er von Aristides nicht wirklich behaupten konnte. Der Mann hielt sich zwar wach, doch dies offenbar mit Müh und Not.
    "Salve, Aristides"
    sagte er in lockerem Ton, jedoch betont laut. Auf Formalia wie Salutieren während der Nachtwache konnte getrost verzichtet werden. Es war viel zu dunkel, um zu salutieren und die Milites hatten ohnehin wichtigeres zu tun... achtsam sein.
    "Vorkommnisse?"

  • Die Müdigkeit war bleiern und ließ sich wahrlich schwer abschütteln. Ob er etwas vor sich hinsummen sollte, um wach zu bleiben? Aber dann könnte sich jeder Germane ungehindert an ihn ranschleichen. Aber gerade die Stille, diese idyllischen Naturlaute und das entfernte Schnarchen eines der Wachsoldaten, was Marcus gerade noch wahr nehmen konnte, verführten zu einem kleinen Schläfchen. Doch als er Schritte hörte, leider etwas zu spät, riß es ihn aus seiner nächtlichen Lethargie heraus. Schnell straffte er sich und nahm Haltung an.


    "Optio!"


    Respektvoll nickte Marcus und schüttelte bei der darauffolgenden Frage andeutungsweise den Kopf.


    "Nein, Optio, bis jetzt nicht!"


    Zu schade eigentlich! Wenn es so weiter ging, dann würde die Nachtwache noch sehr, sehr langweilig werden. Aber Marcus wußte durchaus, daß die meisten seiner Wachdienste so sein würden. In dem Moment raschelte es in der Ferne. Marcus spähte in die Richtung, doch nur ein kleines Kätzchen strich auf das Kastell zu und schaute unschuldig in die Richtung der vielen Soldaten.

  • Avitus nickte.
    "Gut gut, weitermachen..."
    Er erinnerte sich, als er selbst hier zum ersten Mal stand und Wache hielt in der Nacht. Damals war der Tribun persönlich als Wachoffizier eingeteilt und drehte seine Runden auf dem Wehrgang.
    "Deine erste Nachtwache, hm?"
    fragte er und nickte dem tesserarius zu, dass dieser den Rundgang alleine fortsetzen sollte. Er selbst verschränkte die Arme auf dem Rücken und starrte wieder hinaus.

  • Marcus kleiner Finger zuckte kurz und bei dem Rascheln durch das Gras wäre er beinahe versucht gewesen das Kurzschwert zu ziehen. Doch dann mußte er grinsen als er den 'Fehlalarm' bemerkte und war erleichtert, daß er sich nicht gänzlich zum Narren gemacht hatte. Marcus nickte knapp auf Avitus Frage hin.


    "Ja, Optio, die Erste!"


    ...und hoffentlich eine der Wenigen!, fügte er in Gedanken hinzu. Doch er machte sich nicht allzu große Hoffnungen, da der Weg nach oben wohl nicht sonderlich steil war, sondern eher stetig und langsam. Außerdem mit vielen Steinen beladen und wahrscheinlich rollten sie immer wieder hinunter wie bei diesem Griechen. Marcus grübelte über den Namen nach, doch Sissyphus wollte ihm nicht einfallen. Kurz danach vergaß er den Gedankengang wieder und widmete sich wieder seiner Umgebung. Immerhin war es Sommer und bis zum Winter hatte er sich bestimmt genug abgehärtet oder ist weit genug aufgestiegen. Beides war ihm recht und so schob er etwaige Zweifel ins Hinterstübchen seines Bewußtseins. Mit seinen Augen verfolgte er den Weggang des tesserarius und sah wieder in die Dunkelheit hinaus.


    "Versuchen die Germanen hier überhaupt noch ihr Glück, Optio?"


    Marcus Stimme war relativ leise, aber deutlich genug, daß Avitus ihn verstehen konnte. Irgendwie bezweifelte Marcus, daß er hier überhaupt etwas zu tun bekommen würde. Vielleicht sollte er sich doch noch einen Würfelkumpanen für die Nachtwache suchen! War zwar verboten, aber man durfte sich halt nicht erwischen lassen.

  • "Sie müssten völlig hirnlos sein, wenn sie es täten"
    sagte Avitus zwar leise, doch voller Überzeugung. Dass Germanen versuchen würden, eine Nacht-und-Nebel-Aktion zu unternehmen, die sich gegen die Legio richtet, war sehr unwahrscheinlich.
    "Aber sicher sein kann man bei dieser Wilden ja nie, deshalb müssen wir immer auf der Hut sein"
    das widerum klang eher wie eine Floskel, denn aufrichtig.


    Avitus blieb einen Moment lang wortlos stehen.
    "Was zieht eigentlich einen Mann, der in deinem Alter ist in den Dienst bei der Legion"
    fragte Avitus plötzlich. Aristides war älter als die meisten, als er in die Legio eintrat und die Frage wollte Avitus schon lange stellen.

  • "Hmm!"


    Das war das Einzige, was Marcus zu dem Nacht und Nebelangriff hinzufügte. Ja, das erschien ihm auch zu seltsam, wenn die Germanen das täten. Aber tatsächlich wußte man nie, was die Barbaren so antrieb. So nahm er die letzten Worte diesbezüglich von Avitus ernster, als dieser es vielleicht beabsichtigt hatte. Seine Augen spähten in die Dunkelheit in der vagen Hoffnung wenigstens einen Germanen zu erspähen, den er hätte erwischen können. Doch leider Fehlanzeige.


    Bei Avitus Frage wandte Marcus seinen Blick in Richtung des Optios und wollte schon seine Standardantwort, bezüglich Ehre, Familienpflicht, etc. geben. Doch dann sickerte die Frage ganz in sein Bewußtsein. Ein verwirrtes Runzeln erschien auf seiner Stirn und zwischen seinen Augenbrauen. In seinem Alter? Was, im Namen aller Daimonen, sollte das nun wieder bedeuten. Sah er vielleicht schon so alt wie sein älterer Bruder aus? Ja, Tartarus und Elysium, das war wahrlich ein Schock! Dementsprechend entgeistert sah Marcus Avitus auch kurz an ehe er seinen Empfindung in gewisser Weise auch Ausdruck verlieh.


    "In meinem Alter? Wie soll ich das verstehen, Optio?"

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