Officium Princeps Praetorii

  • Valerian wunderte sich zwar ein wenig über diese Frage, antwortete aber unverzüglich, ohne sich etwas anmerken zu lassen. "II. Cohorte, IV. Centurie, princeps. Mein centurio war zunächst Marcus Petronius Crispus. Nach seiner Ernennung zum primus pilus wurde dann Servius Artorius Reatinus mein centurio, der davor mein optio gewesen ist." Ausführlicher konnte man diese Frage wahrhaftig nicht beantworten. Und Valerian wurde immer neugieriger, worauf Balbus denn nun wohl eigentlich hinaus wollte.

  • Auch bei dieser Frage zögerte Valerian nicht mit der Antwort. "Ich hatte normalen Lagerdienst und war zuletzt häufig zum Wachdienst an der porta praetoria eingeteilt, ich habe aber auch den einen oder anderen Botendienst erledigt." Im Winter gab es eben keine aufregenden Aufgaben zu erfüllen. Da war der Kampf gegen die Räuber im Herbst schon etwas anderes gewesen.

  • Valerian nickte. "Seitdem der Tod des Kaisers bekannt wurde ganz deutlich." Es hatte schließlich eine Vielzahl an Besprechungen gegeben. Daß etwas wichtiges im Gange gewesen war, hatten sie am Tor schon längst gewußt, während alle anderen noch völlig unwissend waren.

  • Valerian überlegte einen Moment. "Von den anderen in Germanien stationieren Einheiten - zu denen waren auch Boten gesandt worden - und die Vertreter der Stadt. Also Mogontiacum. Die außerdem verstärkten Handelsbeziehungen zur Freya Mercurioque haben natürlich auch für einen deutlichen Anstieg der Besucherzahl gesorgt." Auch wenn letzteres für den princeps sicherlich eher uninteressant war.

  • Valerian runzelte nachdenklich die Stirn. "Natürlich haben wir schon mal das eine oder andere Wort gewechselt. Aber das war belanglose Plauderei." Er bezweifelte, daß irgendeiner der Boten gewußt hatte, was der Inhalt seiner Botschaften war. Außerdem fand er es angesichts der durch den Tod des Kaisers entstandenen Situation ziemlich normal, daß Boten hin- und hergeschickt wurden. Doch da er nicht wußte, worauf die ganze Sache hinauslaufen sollte, beantwortete er schlicht die Fragen. War nicht eigentlich auch Balbus noch bei der Ala gewesen, als das alles losging? Dann müßte er doch wissen, was in diesen Botschaften gestanden hatte, er hatte doch sicher auch eine bekommen? Valerian war sich nicht ganz sicher.

  • Valerian schüttelte entschieden den Kopf. "Nein, selbst wenn sie etwas gewußt haben sollten, sie sind allesamt vertrauenswürdige Männer und plaudern so etwas nicht aus. Also unsere.. ich meine, die von der Secunda auf jeden Fall. Mit den anderen haben wir ja gar nicht so viel geredet." Er persönlich ging ja davon aus, daß es in den Botschaften um den Treueschwur für Valerianus gegangen war. Der Statthalter würde das von allen Einheiten gefordert haben. Er hatte ja auch nicht gezögert, seinen eigenen Männern diesen Eid abzunehmen. "Manche haben ihr Ziel angegeben, aber nicht alle. Die von den anderen Einheiten kamen, haben eigentlich alle gesagt, woher sie kamen." Etwas wirklich verwertbares konnte er den beiden Männern eher nicht sagen. Boten waren ja nunmal Boten, weil sie nicht gleich alles an jeden ausplauderten.

  • "Ja, das habe ich, princeps, wenn auch nur flüchtig", antwortete er mit einem weiteren Nicken. "An den Saturnalien hat er sich in der Taverne zu uns gesellt. Erst hatte er sich nicht zu erkennen gegeben und sein Gesicht unter einer Kapuze versteckt. Aber wir haben dann doch erraten, wer er war." Das war wirklich ein lustiger Abend gewesen. Und irgendwann, nach entsprechenden Mengen Wein, war es tatsächlich egal gewesen, ob man mit einem Legaten, einem Centurio oder einem Probatus anstieß.

  • Sein Eindruck von Legat Vinicius? Valerian mußte darüber erst einmal nachdenken, denn es kam ja jetzt auf die genaue Wortwahl an. Nicht, daß seine Worte noch falsch interpretiert wurden. "Einfachen Soldaten gegenüber ist er normalerweise ziemlich unnahbar. Aber er ist in seinen Entscheidungen immer fair und man hat das Gefühl, daß er für das Wohlergehen seiner Männer sorgt. Er... macht einen sehr selbstbewußten Eindruck. Er scheint immer den Überblick zu behalten und die Kontrolle über alles zu haben." Natürlich konnte niemand ständig die Kontrolle behalten. Doch der Eindruck war immer da.

  • Weitere Notizen bei Balbus und ein Räuspern bei dem Mann hinter ihm. Dieser meldete sich dann jetzt auch einmal zu Wort.


    Glaubst du, er ist ein Mann mit Ambitionen? Wie würde er deiner Einschätzung nach reagieren, wenn er die Gelegenheit hätte die Macht an sich zu reissen?

  • Seine Einschätzung zu solch einer Frage! Valerian stockte fast der Atem. Und er nahm sich wieder die Zeit, über diese Frage nachzudenken. Er fragte sich, ob man einfach seine Fähigkeit, jemanden einzuschätzen, prüfen wollte. Oder ob sie tatsächlich fürchteten, daß der Vinicier versuchen könnte, die Macht an sich zu reißen.


    "Ich glaube, das hängt von der Konkurrenz ab. Er hat nicht gezögert, Valerianus die Treue zu schwören und steht auch gewiß fest hinter ihm. Seine Worte haben daran auch nicht den geringsten Zweifel gelassen. Doch ich glaube nicht, daß es viele Männer im römischen Imperium gibt, hinter die er sich ebenso bereitwillig stellen würde. Ich schätze ihn nicht so ein, daß er um jeden Preis solche Macht haben möchte. Aber ich glaube, daß er sich nicht scheuen würde, sie zu ergreifen, wenn er der Ansicht wäre, daß wer auch immer sonst danach greifen würde, ungeeignet ist."


    Das war seine Meinung. Doch wie genau konnte man einen Mann einschätzen, den man nur einmal persönlich gesprochen hatte und da auch nur über belanglose Dinge? Er konne ihn nur beurteilen nach den Worten, die er an die Legion gerichtet hatte, an den Entscheidungen, die er getroffen hatte. Und an den Dingen, die andere über ihn berichteten. Und Informationen aus zweiter, dritter oder gar vierter Hand waren naturgemäß nicht sonderlich viel wert.

  • Natürlich war sowohl Balbus als auch dem Trecenarius klar, dass der Miles keinen sonderlich guten Einblick in den Geist des Legaten hatte, aber dennoch war die Wirkung, die er auf Milites hatte genauso wichtig zu ergründen. Balbus machte sich wieder eine Notiz während der Trecenarius eine weitere Frage stellte: Wenn er nach der Macht greifen sollte, wird die Legio II treu zu ihm stehen?

  • Dieses mal mußte Valerian nicht einen einzigen Augenblick überlegen. "Ganz sicher." Es gab nicht einen, der dem Legaten nicht ohne zu zögern in die Unterwelt folgen würde, wenn er dergleichen verlangen würde. Zumindest kannte Valerian niemanden, der nicht treu zum Legaten stand und hatte auch nie von unzufriedenen Einheiten gehört. Und das war etwas, was ein einfacher Miles wohl eher erfuhr als jeder Offizier.

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