Eine Reise nach Germanien

  • Tiberius zitterte trotz des Mantels, den er sich extra für diese Reise zugelegt hatte. Er blinzelte unwillkürlich, als wollte er damit den dicht vor seinem Gesicht fallenden Schnee dazu bringen, zu verschwinden. Doch natürlich half das nichts. Er war froh, dass der Leib des schnaufenden Pferdes unter ihm wenigstens ein bisschen wärmte. Noch einmal blinzelte er. Irgendwo im Schneegestöber erkannte er den Umriss eines seiner Mitreisenden. Er war mit einer kleinen Gruppe Soldaten unterwegs, die zu den germanischen Grenzen unterwegs waren. Sie hatten ihn als Auguren bereitwillig aufgenommen, auch wenn sie fürchten mussten, dass er sie aufhielt. In diesen Tagen, da der Krieg in Germanien nicht immer von Erfolgsmeldungen begleitet war, erhoffte man sich scheinbar vor allem göttliche Hilfe. Tiberius schmunzelte. Wenigstens auf die Götter besonn man sich wieder.
    Er hob seine kalten, weißen Hände zum Mund und blies hinein. Doch wirklich wärmte es sie nicht. Sein sichtbarer Atem löste sich vor ihm in der Luft auf und schien sich mit dem nebligen Schneegestöber, das ihm die Sicht versperrte, zu vermischen.
    "Halt!" Der Schrei drang leise an sein Ohr. Es musste einer der Soldaten gewesen sein. Er hörte noch etwas, doch konnte er die Worte nicht verstehen. Man sprach zu leise. Er hielt sein Pferd an und klopfte ihm gedankenverloren auf den Hals.
    Ein Soldat trat zu ihm heran.
    "Wir müssen das Tier hierlassen.", sagte er, "Da vorn wird es etwas steil. Wir sind jetzt im Gebirge."
    Tiberius sah ihn kurz an, als sei er verrückt geworden, musste sich dann aber eingestehen, dass er damit hätte rechnen können.
    "Gut.", sagte er und seufzte theatralisch. Dann stieg er langsam vom Pferd und spürte, wie seine Stiefel ein wenig im Schnee einsanken. Er blickte das Tier noch einmal traurig an, dann stapfte er dem Soldaten hinterher, der sich bereits wieder auf den Weg gemacht hatte.

  • Der Soldat hatte recht behalten und eher unter- als übertrieben. Das Pferd hätte diesen Weg niemals gehen können. Sie befanden sich auf einem kleinen Pfad am Hand eines Berges, der Tiberius jedesmal beinahe abzurutschen schien, wenn er wieder einmal entgegen besseren Wissens den Abhang hinunter sah. Der Wind pfiff ihnen um die Ohren. Den Pfad zeichnete gegenüber dem übrigen Gelände nur aus, dass dort ein bisschen weniger Schnee lag und es ein bisschen weniger steil war, als anderswo. Die Füße schmerzten Tiberius schnell.
    "Gehen wir auch sicher richtig?", rief er gegen den Wind an.
    "Sicher.", rief der Soldat vor ihm zurück. Einige aus dem Trupp hatten ihr Scutum zurückgelassen. Es war ihnen zu schwer geworden und der Weg war ohnehin schwer genug.
    Mit zusammengekniffenen Augen, um den Schnee etwas abzuhalten, blickte Tiberius nach vorn aber gab schnell wieder auf und richtete den Blick wieder vor sich auf seine Füße. Es gab ohnehin nichts zu sehen.

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