Auch ich betrat erneut die Aula und erwartete zitternd die Botschaft der Götter.
Audienz für die Sacerdotes Didia Fausta und Iulius Imperiosus
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- Aula Regia
- Gaius Decimus Maior
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Tiberius betrat nach dem Senatoren die Aula Regia und atmete tief durch. Er war sich der Verantwortung seines Postens bewusst. Ein Fehler seiner Interpretation konnte hier beträchtliche Folgen haben. Doch er war sich selten so sicher gewesen. Dennoch konnte er sich eines vagen Zitterns seiner Hand vor Aufregung nicht erwehren.
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Mit schnellen Schritten betrat der Kaiser die Aula Regia und grüßte die eben Eingetroffenen.
"Augur, spanne uns nicht lange auf die Folter. Was hast du mir zu berichten?"
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Íulianus war gespannt und aufgeregt. Doch anmerken ließ er sich nichts und stand mit den Händen hinter dem Rücken verschränkt da.
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Tiberius verneigte sich vor dem Kaiser.
"Ich grüße euch, mein Kaiser.
Ich fürchte, dass die Götter eine recht klare Meinung zu diesem Punkt haben. Ich sah förmlich, wie sie die Versetzung des Venustempels zum Zwecke dieses grundsätzlich zweifellos richtigen Bauprojektes ablehnten. Wie sie den angebotenen Platz verschmähten.
Ich bin sicher, dass sie nicht das Ulpianum als solches verurteilen, seid ihr doch als Kaiser definitiv auch göttlichen Ranges, doch ist in meiner Interpretation der Abriss oder auch nur eine Versetzung des Tempels ausgeschlossen.
Ich denke, ihr versteht, dass ich dieses Urteil zuallererst euch zugänglich machen wollte, mein Kaiser."Tiberius verneigte sich abermals, richtete sich dann auf und schluckte. Er war sich bewusst, dass seine Courage durchaus als Dreistigkeit angesehen werden konnte.
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Erleichtert atmete ich aus, versuchte mir meine Genugtuung abernicht anmerken zu lassen und setzte nach einem Stoßgebet an Venus mein demütigstes Gesicht auf.
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Bei diesen Worten konnte Iulianus gerade noch ein leichtes Ausatmen unterdrücken und auch ein Lächeln wäre an dieser Stelle sicherlich fatal.
Ruhig und besonnen wartete er die Reaktion des Caesar Augustus darauf ab.
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Quarto hörte dem Auguren aufmerksam zu. Als dessen Bewertung des Götterwillens heraus war, hob er fast unmerklich die rechte Augenbraue, doch war er zu lange in der römischen Politik, als dass er sich in solchen Momenten zu deutlicheren Gefühlsregungen hinreißen ließe.
“Augur, bitte entschuldige, denn ich weiß, dass diese Frage nicht zu deinem Auftrag gehörte, doch haben die Götter dir auch einen Ort gezeigt, wo das Ulpianum nach ihrem Willen stehen soll?“
War da ein wenig Gereiztheit in der Quartos Stimme? Man hätte ihn schon sehr gut kennen müssen, um das mit Gewissheit sagen zu können.
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Tiberius überhörte die Frage des Senatoren vorerst, offenbar auf eine Reaktion des Kaisers wartend, bevor er sich an ihn wandte.
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Diese klare Aussage des Auguren kam unerwartet.
Iulianus hatte seine Präferenz in dieser Angelegenheit nie durchscheinen lassen, dessen war er sich sicher. Und dennoch erhielt er nun eine deutliche Interpretation des Willens der Götter. Überraschend, fürwahr.
Er dachte nach.
Wie von weit entfernt vernahm er die Stimme des Magister Domus, welcher eine durchaus wichtige Frage stellte. Mit einem Mal waren all die Gedanken wie weggewischt, die Aufmerksamkeit Iulianus' galt nun wieder dem Augur."Bist du in der Lage die Frage des Magister Domus zu beantworten?"
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Tiberius atmete tief durch.
"Ich bedaure, mein Kaiser. Ich bin leider nur in der Lage, konkrete Bauplätze zu überprüfen. Mehr kann ich nicht tun."
Er blickte zweifellos aufrichtig, doch verschränkte er die Hände hinter dem Rücken, um sein nervöses Zittern zu verbergen.
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Zwei klare Aussagen an einem Tag wären der Überraschung zuviel gewesen. Ohne es unterdrücken zu können, huschte ein Lächeln über des Kaisers Antlitz.
"Sacerdotes, ich danke euch für eure Anwesenheit. Ihr dürft euch nun zurückziehen."
Geduldig verfolgte Iulianus die Verabschiedungsfloskeln der beiden; erst nachdem sie die Aula Regia verlassen hatten wandte er sich an die Verbliebenen dieser Runde, Aelius Quarto und Annaeus Sophus.
"Das folgende Gespräch bleibt unter uns, meine Herren. Bald wird die halbe Stadt wissen, daß die Götter dem Bauvorhaben nicht gewogen sind. Zumindest wird es das sein, was das Volk glauben wird zu wissen. Solcherart Neuigkeiten entwickeln zuweilen eine ganze eigene Dynamik...
Die Situation ist pikant. Zum Einen verbreiteten Mitglieder des Cultus Deorum die Nachricht, daß der Senat über den Abriß des Tempel der Venus Genetrix entschieden habe. Nun wird in Umlauf gebracht, daß die Götter über dieses Vorhaben ganz und gar nicht erfreut sind. Der Senat wird ins falsche Licht gerückt, er habe sich über die Götter hinweggesetzt und Entscheidungen gefällt ohne deren Willen zu erforschen.
Natürlich entspricht dies nicht der Wahrheit, das ist uns allen hier wohl bewusst. Doch angesichts der jüngsten öffentliche Auftritte des Consuls wird es dem Volk nicht schwer fallen, dieser Version der Geschichte Glauben zu schenken.
Bevor ich in einen Monolog verfalle, frage ich euch: was ist eure Sicht der Dinge?" -
Nach der ausgiebigen Verabschiedungsformel ging Iulianus hinaus.
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Auch ich verliess die Audienz.
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“Nun…“, begann Quarto: “…ich denke, die beste Lösung wäre, wenn ich aufgrund des vom Auguren erkannten Götterwillens dem Senat vorschlage, den bisherigen Plan zurückzuweisen, oder ich ihn im Namen des Ausschusses zurückziehe und den Senat bitte, die Inquisitio Senatus Causa Ulpianum zu beauftragen, ein neues Standortkonzept zu erarbeiten. Das könnte dann auch ohne weiteres in der nächsten Acta stehen und damit wäre deutlich, dass der Senat nicht gegen den Willen der Götter entscheidet.“
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Tiberius nickte eifrig.
"Ich bin der gleichen Meinung. Den Eintrag in der Acta kann ich selbst besorgen, das sollte kein Problem sein."
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“Ich selbst würde es auch nicht als persönliche Niederlage werten, auch wenn ich bedaure, dass der von uns erarbeitete Plan nun in der gedachten Form nicht umgesetzt werden kann. Aber es sind die Götter selbst, die unseren Weg korrigieren. Ich hoffe nur, dass es meine Kollegen im Senatsausschuss ebenso sehen.“
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"Allmählich frage ich mich, ob es für dieses Bauwerk jemals gute Vorzeichen gab.
Nun gut, setze deine Vorschlag in die Tat um, Magister. Beeile dich, wir wollen dem Volk nicht viel Zeit geben um Gerüchte zu entwickeln." -
“Ich fürchte, mein Kaiser, dass es bei Bauvorhaben in solcher Dimension und an einem Ort wie dem dicht bevölkerten Rom, nur selten ohne Schwierigkeiten abgeht.
Ich werde also umgehend vor den Senat treten und dort das Nötige sagen.“
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