Im Reich der Schatten

  • Sica hatte sich im Haushalt der Villa Flavia endlich so weit wieder eingearbeitet, dass er sich des Nachts ein paar Stunden außerhalb der flavischen Villa erlauben konnte. Er setzte einen vertrauenswürdigen Sklaven als Aufsicht ein und begab sich in seine Kammer. Dort suchte er sich einen unauffälligen Umhang heraus, legte ihn sich um die Schultern und machte sich still und leise auf den Weg. Stets achtete er dabei trotz der schützenden Dunkelheit darauf, dass ihm niemand folgte. Der nächste und sicherste Zugang zum verzweigten System der unterirdischen Gänge, Kanäle, Verliese, Behausungen und Katakomben unter großen Teilen Roms befand sich in einem Haus am Westrand der Subura.


    Es gab dort eine kleine Gerberei. Der Gerber, der sie betrieb und mit seiner Familie im oberen Stockwerk wohnte, arbeitete für sie. Aus einer verborgenen Tasche holte Sica einen Schlüssel hervor, sperrte auf, trat ein und verschwand lautlos im Inneren des Hauses. Hinter sich zog er die Tür wieder zu und verriegelte sie. An vereinbarter Stelle fand er eine Fackel, entzündete sie und ging los. Es war ein mit Bohlen ausgelegter Gang, von dem rechts und links je eine Tür abging. Die dritte Tür, am Ende des Gangs führte auf den Innenhof. Dieser folgte er und blieb schließlich vor einer weiteren Tür stehen, die er ebenfalls aufschloss, durchging und sie hinter sich wieder zusperrte.


    Ausgetretene, glitschige Stufen führten zu einer weiteren Tür hinab und hinter dieser lag nun eine der unterirdischen 'Hauptstraßen', die von den großen Nebensträngen der Cloaca Maxima ausgingen. Im Fackelschein sah Sica die träge Brühe, auf deren Anblick er gern verzichtet hätte, wenn er sie nur nicht hätte riechen müssen. Zwei erhöhte, dammartige Wege säumten diesen wenig appetitlichen Teil der Unterwelt und auf eben diesen ging Sica zielstrebig weiter. Der Weg war glatt und besudelt. Manchmal huschten ihm kleine Tiere um die Füße. Er kam an einigen größeren Plätzen und Abzweigungen vorbei, überquerte dann eine Brücke, die aus einigen schmalen Brettern bestand und sich beim Betreten beunruhigend zum widerlichen Rinnsal hinabbogen. Nun hatte er einen engen Durchgang erreicht und ging hindurch.


    Der Platz dahinter war eine Art Grotte oder Halle, von drei Feuern und etlichen Fackeln erhellt. Die Decke schien nach oben zurückzuweichen und eine Kuppel zu bilden. Den Durchmesser dieser Halle betrug mindestens hundert Schritte. An den Feuern und zwischen den Fackeln saßen verschiedenste Gestalten. Sica begab sich zur nächstsitzenden Gruppe, wechselte ein paar Worte mit jemandem, bekam eine Antwort und setzte seinen Weg sogleich an einen entlegenen Ort des Rundes fort.


    Auf einem einst prunkvollen Stuhl saß dort ein Mann mit purpurgestreifter Toga. Er trug eine Vogelmaske und blickte erst auf, als Sica bei ihm angekommen war und ihn ansprach.


    Salve. Ich bin zurück.


    Der Mann mit der Maske nickte und winkte einem jungen Burschen in seiner Nähe. Dieser rannte sofort los, um einen weiteren Stuhl herbei zu holen. Währenddessen musterte die Vogelmaske den wartenden Sica eingehend, sprach jedoch kein Wort. Der Junge kehrte zurück, brachte Sica einen Stuhl und verschwand so unauffällig wie er gekommen war. Sica setzte sich und erst jetzt hob der Mann mit der Maske mit zugleich dumpfer wie schriller Stimme zu sprechen an. Kurze Zeit später waren sie in ein ausführliches Gespräch vertieft.

  • Mit grimmiger Miene blickte Sciurus hinauf zum dunklen Himmel und zog seinen Mantel enger um sich. Dis Pater mochte sich um Proditor kümmern, Sciurus hatte es satt, noch länger auf ihn zu warten. Er griff sich an die Brust um zu prüfen, ob der kleine Beutel noch immer sicher um seinen Hals hing, blickte nach rechts und nach links und drehte sich dann um. Er verabscheute Trans Tiberim, er verabscheute die Menschen, welche dort im Dreck lebten und er verabscheute es, sich dort herumdrücken zu müssen. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen eilte er über den Tiber zurück ins wahre Rom, nur um kurz darauf ein Stück weiter den Fluss entlang einen engen Pfad zum Ufer hinab zu betreten. Sciurus blickte sich um und verschwand in dem Tunnel, aus welchem die Cloaca Maxima den Untergrund verließ.


    Auf einem schmalen Steg, welcher sich eng entlang der Tunnelwand schmiegte, folgte er dem großen Abwasserkanal ein kurzes Stück, bog dann in einen engen Seitengang ein und tastete sich an der Wand entlang um eine weitere Ecke. Voraus konnte er bereits das Licht der Lampe flackern sehen, welche er dort abgestellt hatte. Mit der Lampe bewaffnet fiel es Sciurus leicht, seinen Weg durch das Gewirr der Tunnel und Abwasserschächte zu finden. Einzig der Gestank, welcher immer durchdringender wurde, störte ihn mehr und mehr.


    Schlussendlich jedoch verließ er die Kanalisation, trat durch einen engen Durchgang und in die große Halle hinein. Er schob seine Kapuze zurück und durchquerte zielstrebig den großen Raum, bis er den Mann mit der Vogelmaske erreichte. Als dieser Sciurus erblickte, unterbrach er sein Gespräch und blickte auf. Sciurus konnte die Miene unter der Maske nicht erkennen, doch er spürte einen durchdringenden Blick auf sich ruhen. Er schüttelte den Kopf.


    "Er war nicht da." Er konnte nicht vermeiden, dass ein Hauch von Ärger in seiner Stimme lag. Er griff an seinen Hals und zog die Lederschnur, an welcher der kleine Beutel befestigt war, über seinen Kopf.
    Der Mann mit der Maske wandte sich abrupt seinem Gesprächspartner zu. "Sciurus, das ist Sica. Er war lange in Hispania. Sica, dies ist Sciurus."


    Sciurus blickte den Mann misstrauisch an. "Salve."

  • Auch Sica verstummte und musterte Sciurus eingehend. Als dessen Name fiel, nickte er langsam. Der Vogelmann hatte ihm gerade eben von dem neuen Sklaven in der Villa Flavia berichtet. Wenn dieser ihm Probleme bereiten würde, müsste er ihn wohl aus dem Weg räumen. Den Gruß von Sciurus erwiderte er ebenso kurz angebunden.


    Salve. Man hat mir von dir berichtet. Komm mir nicht in die Quere, dann lasse ich dich auch in Ruhe.


    Für den Bruchteil einer Sekunde verengte er drohend die Augen, bevor seine Gesichtszüge zurück in die gewohnte regungslose Miene verfielen. Sica wandte sich wieder dem Mann mit der Vogelmaske zu.


    Gibt es noch etwas zu besprechen? Sonst werde ich mich nun auf den Weg machen, um meine Kontakte wieder zu erneuern. Es gibt viel nachzuholen.


    Warte.


    Die Vogelmaske nahm den kleinen Beutel von Sciurus entgegen und steckte ihn weg. Sein Laufbursche hatte mittlerweile noch einen weiteren Hocker herbeigeholt, welchen er Sciurus nun auffordernd bedeutete während er Sica ebenfalls sitzen zu bleiben hieß. Dann sah er ersteren auffordernd an.


    Berichte. Gibt es Neuigkeiten oder neue Aufträge?

  • Missmutig nahm Sciurus Platz. Dass der Vogelmann mit ihm in Gegenwart des anderen Sklaven über Neuigkeiten sprechen wollte, gefiel ihm nicht, insbesondere nicht nach dessen Worten. Doch wenn Sica das Vertrauen des Mannes genoss, so wollte sich Sciurus dem nicht entgegen stellen.
    Langsam nickte Sciurus. "Es gibt in der Tag gute Neuigkeiten. Ich habe endlich einen Käufer für die bronzene Öllampe des Ulpius Vindex an der Hand. Seit der Marder mit seinen Öllampen aus dem Palast den Markt überschwemmt hatte, scherte sich keiner mehr um eine Lampe aus den Besitztümern des kaiserlichen Vaters. Doch ich habe Kontakt mit einem Mann aus Portus, welcher glaubt, sie nach Antipyrgos verkaufen zu können. Ob er dies tun kann ist nicht unser Problem, doch er würde sie uns zu einem angemessenen Preis abnehmen."


    Sciurus hielt inne um eine Reaktion abzuwarten. Der Mann mit der Maske nickte nur, blieb jedoch still. Daher fuhr Sciurus fort. "Ich habe zudem einen persönlichen Auftrag. Mein Herr wird bald heiraten und sucht noch ein außergewöhliches Geschenk für die Braut. Er hat Gerüchte vernommen, denzufolge die goldenen Beinschienen der Verlockung in Rom aufgetaucht wären. Es handelt sich dabei um Teile der Rüstung, welche Paris beim Kampf um Troia getragen haben soll. Ich habe bisher leider keine Spur, doch wenn ich sie besorgen könnte, würde mir das sicher weitere Vorteile und sein uneingeschränktes Vertrauen einbringen. Zudem wäre er bereit, eine mehr als angemessene Summe zu zahlen. Wie beinahe alle Patrizier schätz er den Wert des Geldes nur mäßig."

  • Sica hatte sich mittlerweile zurückgelehnt und hörte gelassen zu. Aktuelle Informationen waren überlebensnotwendig in ihrem Geschäft und er hatte nach seiner langen Abwesenheit dahingehend untolerierbare Defizite. Während des Berichts stellte er jedoch zufrieden fest, dass Sciurus sich glücklicherweise in anderen Bereichen ihrer Branche betätigte, als Sica es vorwiegend tat. Die Nachricht von den Öllampen tangierte ihn daher nur periphär. Den Namen von Sciurus Gegenspieler merkte er sich.


    Im weiteren hörte er so auch mehr aus generellem als aus speziellem Interesse zu. Allein die Tatsache, dass es sich bei dem besprochenen Objekt um eine Art Rüstungsteil handeln sollte, löste in ihm die Erinnerung an diverse Kontakte aus. Als Sciurus seinen Bericht beendet hatte, blickte der Mann mit der Vogelmaske stumm auffordernd zu Sica herüber. Dieser wusste sofort, was der andere meinte und nickte.


    Ja. Scutum. Ich werde mit ihm reden. Er braucht meistens seine Zeit, liefert aber zuverlässig. Ich kann ihn noch heute Nacht aufsuchen. Wie sieht es mit der Beteiligung aus, falls ich das Objekt organisieren kann?


    Nachdem er die ganze Zeit zu der Maske gesprochen hatte, fiel Sicas Blick nun auf Sciurus.

  • Ohne die Miene zu verziehen blickte Sciurus den Sklaven an, während er in seinem Kopf einige Rechnungen durchführte und Summen überschlug, welche sein Herr zu zahlen bereit wäre. Der Herr hasste Verschwendung, nur für Außergewöhnliches war er bereit, außergewöhnliche Summen zu bezahlen. Allerdings würde vom Gewinn ohnehin schon der zehnte Teil für den Mann mit der Maske abgehen.


    "Ein Viertel des Gewinnes. Unter der Voraussetzung, dass es wert ist, was der Mann verlangt, und dass du sein erstes Angebot ablehnst." Sciurus musterte Sica und versuchte aus dessen Miene zu ergründen, welche Art von Sklave er war. Da er in der Villa Flavia lebte, würde es unvermeidlich sein, dass sie sich früher oder später dort über den Weg liefen. Für Sciurus galten Sicas Worte ebenfalls, wenn er ihm im Weg stehen würde, dann würde er sich seiner zu entledigen wissen. Sica würde verschwinden, auf die ein oder andere Weise, so wie es mit Cloelia und Slyria geschehen war, ganz ohne dass Sciurus nach Außen hin viel damit zu tun hatte.

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    VILICUS - MANIUS FLAVIUS GRACCHUS

    Einmal editiert, zuletzt von Sciurus ()

  • Sica hasste es, wenn man ihn für dumm verkaufen wollte. Feilschen gehörte ebenso wenig zu seinen bevorzugten Tätigkeiten und so schüttelte er nur ablehnend den Kopf.


    Nein. Der Zehnte geht an ihn und von dem Rest will ich die Hälfte. Das ist mein Preis. Sonst kannst du das Geschäft vergessen. Die Verhandlungen mit Scutum führe ich auf meine eigene Weise. Versuche erst garnicht, mir da herein zu reden.


    Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sah Sciurus abwartend an. Sein Gesichtsausdruck teilte eindeutig mit, dass er in diesen Punkten nicht mit sich verhandeln lassen würde. Abgesehen von diesem Neuling in der Branche hatte er noch genügend andere verlässliche Partner, die seine Konditionen kannten und sich daran hielten.

  • Eine Sekunde lang dachte Sciurus daran, das Geschäft scheitern zu lassen und sich selbst auf die Suche nach diesem Scutum zu machen. Dies jedoch vor seinen Augen zu tun, würde Sciurus das Genick brechen und mit einem Schlag alles zunichten machen, was er sich jahrelang in mühevoller Arbeit aufgebaut hatte. Nein, in diesem Fall war es besser, die Bedingungen Sicas zu akzeptieren. Sciurus würde ohnehin vorab seinen Anteil erhöhen, immerhin saß er bei seinem Herrn an der Quelle.


    "Die Hälfte vom Gewinn minus den Zehnten." Sciurus wandte seinen Blick von Sica ab, dem Mann mit der Maske zu. Dieser neigte den Kopf und nickte, was Sciurus ganz und gar nicht gefiel. Denn es zeigte normalerweise an, dass ein Plan des Vogelmannes aufgegangen war. Sciurus hasste es, Teil dieser Pläne zu sein.

  • Abgemacht.


    Sica nickte kurz und sah dann wieder zu der Vogelmaske. Mit einem stummen Blick kommunizierten sie, dass ihr Gespräch soweit beendet war. Sica erhob sich also und verabschiedete sich knapp von den beiden anderen.


    Ich melde mich, sobald das Objekt beschafft werden konnte. Valete.


    Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und verließ die unterirdische Halle. Durch die weitverzweigten Nebenarme der Cloaca Maxima ging er zielstrebig in Richtung seines ersten Ziels für die heutige Nacht.


    ---


    Sicas Kontaktmann, den er Anderen gegenüber lediglich als 'Scutum' bezeichnete, hatte sein 'Geschäft' in einem anderen Stadtteil. Es dauerte lange, bis Sica endlich wieder einem Aufgang an die Oberfläche folgen konnte und den letzten Abschnitt seines Wegen überirdisch zurücklegte. Im Schatten der Häuser und dem Schutz der Dunkelheit der Nacht kam er schnell voran. Durch eine schmale Seitentür gelangte er in ein kleines, düsteres Zimmer. Dort gab es eine weitere Tür, an die er in einem bestimmten Rhythmus kurz anklopfte. Wenige Sekunden später öffnete sie sich, Sica trat ein und begrüßte 'Scutum'.


    Salve, Mustellus.

  • Seine Schritte verlangsamend blickte Sciurus unter der Kapuze hervor und sah sich um. Er war sich sicher, dass niemand ihm gefolgt war, dennoch wartete er einige Minuten an einer Ecke um ganz sicher zu gehen. Schließlich schlenderte er langsam zu der Tür hinüber und klopfte zweimal kurz hintereinander, wartete und klopfte dann dreimal. Er hörte, wie mehrere Riegel zur Seite geschoben wurden, dann öffnete sich die Tür und ein verdreckter Mann starrte ihn aus einem wachsamen Auge an. Das andere Auge des Mannes war von einer milchigen Schicht überzogen und als er Sciurus erkannte, stellte er sein beinahe zahnloses Grinsen zur Schau. Er zog die Tür weiter auf und nickte in den spärlich beleuchteten Raum hinein.


    Sciurus durchquerte das Zimmer zielstrebig und öffnete die Tür zu einem Gang. Ein Mann und eine Frau saßen an einem Tisch und würfelten. Sciurus bemerkte mit einem kurzen Blick die Waffen, welche neben ihnen bereit lagen, doch als er an ihnen vorbeitrat reagierten sie in keiner Weise auf ihn. Es folgte eine weitere Tür, dann stand er im Reich des Mannes mit der Vogelmaske. Es erstaunte Sciurus immer wieder, wie sich die Umgebung des Mannes diesem anpasste, ganz egal in welchem Unterschlupf er sich verkroch.


    Sciurus trat auf ihn zu. "Weshalb hier?"
    "Der Consul rührt in der Suppe der Cloaca Maxima herum. Kein Schatten ist mehr im Reich zu sehen, die Stadteinheiten erleuchten alles hell mit ihren Fackeln."
    "Weshalb? Wen suchen sie?"
    Ein keckerndes Lachen war unter der Vogelmaske zu hören. "Ihren eigenen Unrat, den Abfall der Zivilisation. Die einen schmeißen es achtlos hinab und der Consul holt es nun wieder hinauf. Ein kluger Mann. Er hat erkannt, dass verstopfte Kanäle kein Wasser fassen können. Normalerweise löst sich dieses Problem von selbst, denn das Wasser findet immer einen Weg und spült früher oder später die Kanalisation wieder frei. Doch manch einer hat eine feine Nase und hat es gar nicht gern, wenn der Gestank seiner eigenen Exkremente die Stadt flutet. So räumen sie nun heraus, was ihrer Ansicht nach nicht dort hinab gehört und renovieren nebenbei unser Reich. Solange dies währt, ist die Kanalisation was sie ist, die Kanalisation."
    "Ich verstehe. Weshalb hast du mich rufen lassen?"
    "Es ist nichts, was dir Schwierigkeiten bereiten sollte. Ich brauche Informationen. Das übliche vorerst, doch falls es sich ergibt, wäre es gut, wenn du ein wenig an der Oberfläche kratzen und in die Tiefe blicken könntest." Der Mann mit der Maske reichte Sciurus eine Schriftrolle.
    Dieser nahm die Rolle entgegen und las sie. Er nickte und gab sie zurück. "Hat Sica die Ware schon griffbereit?"
    "Er hat nichts erwähnt. Ich werde es dich wissen lassen, wenn es soweit ist. Du kannst gehen." Der Mann mit der Vogelmaske legte die Schriftrolle in ein Kohlebecken, wo sie sofort Feuer fing und schnell zu Asche zerfiel.


    Sciurus drehte sich um und verließ den Raum. Er durchquerte den Gang und das dahinter liegende Zimmer wortlos. Der Zahnlose entriegelte die Tür und ließ ihn hinaus. Bevor er hinaus trat zog Sciurus seine Kapuze über den Kopf. Schließich verließ er das Haus und machte sich auf den Rückweg zur Villa Flavia.

  • In der abendlichen Dämmerung durchquerte Sica die Randgebiete der Stadt. Er hatte einen langen Tag mit schwerer Arbeit in der Villa hinter sich. Es war nicht leicht gewesen, sich diese Zeit frei zu nehmen, doch es war notwendig. Sein erstes Ziel war ein unauffälliges Versteck in der Nähe einer Tiberbrücke. Erst nachdem er ganz sicher war, dass ihn niemand beobachtete, verschwand er kurz in einer ärmlichen Behausung und trat schon bald wieder zurück auf die Straße. Dieses Mal trug er ein schmales, längliches Paket mit sich und verbarg es geschickt unter seinem Umhang. Dann setzte er seinen Weg fort.


    Er erreichte das Haus jenseits des Tibers, vergewisserte sich erneut dass ihm niemand folgte und klopfte erst zwei Mal und nach einer kurzen Pause weitere drei Mal hintereinander an die Tür. Man öffnete ihm, erkannte ihn und ließ ihn ein. Sica betrat den spärlich erleuchteten Raum, woraufhin die Tür wieder hinter ihm geschlossen wurde. Der Würfeltisch war verlassen und nur ein mürrisch aussehender Mann lehnte an einer Wand und trank Wein. Aus einem angrenzenden Zimmer hörte man eindeutige Geräusche, so dass auch der andere Mann und die Frau nicht weit zu sein schienen.


    Sica durchquerte den Raum und trat nach kurzem Klopfen in das Zimmer des Manns mit der Vogelmaske.


    Salve. Ich habe die Ware. Scutum hat einen horrenden Preis verlangt. Ich werde mich in Bälde noch einmal genauer mit ihm auseinandersetzen.


    Er legte das Paket auf den Tisch. Der Mann mit der Maske würdigte es nur eines kurzen Blickes und nickte Sica zu.


    Die Bezahlung verläuft wie üblich. Du kannst noch etwas für mich tun. Ich habe Aufträge für Gladius und Spartacus. Kannst du das übernehmen?


    Ja. Spartacus werde ich allerdings genauer überwachen müssen. Möglicherweise benötigt er eine Lektion.


    Tu das. Ich verlasse mich auf dich. Deine Kosten werde ich natürlich erstatten. Wenn es Probleme gibt, kannst du dich an Monedulus wenden.


    Der Mann mit der Vogelmaske schob Sica zwei Papyri zu. Dieser nahm sie vom Tisch auf und ließ sie unter seinem Umhang verschwinden.


    Sonst noch etwas?


    Nein.


    Sica nickte ihm zu und machte sich wieder auf den Rückweg zur Villa Flavia.

  • Mit einem Beutel voller Wachstafeln erreichte Sciurus bei Dämmerung den Eingang zur Cloaca Maxima. Seit der ehemalige Konsul die Kanalisation hatte reinigen lassen, fühlte sich auch der Abschaum Roms unter der Stadt noch wohler, als zuvor. Lebte man erst einmal einige Jahre hier unten, roch man zwar ohnehin nichts mehr, doch nicht nur der massive Gestank hatte sich ein wenig gelegt, zusätzlich waren die Mauern verputzt und der Unrat von den Wegen entfernt worden. Für die Verhältnisse der hier Lebenden konnte man es nun beinahe als gemütlich bezeichnen. Sciurus indessen wollte auch nach der Reinigungsaktion diese Gefilde nicht gegen sein Bett in der Villa Flavia eintauschen, auch wenn sein Herr in letzter Zeit sehr fordernd geworden war. Der Sklave schob dies auf die nahende Hochzeit und tröstete sich mit dem Gedanken daran, dass der Herr in dieser Hinsicht nach der Hochzeit dafür etwas ruhiger werden würde.


    In einem der Seitengänge besorgte sich Sciurus eine Fackel und durchquerte die Kanäle der Cloaca. Der Weg dorthin, wo er den Vogelmann treffen würde, war nicht einfach zu finden, glichen sich die Gänge doch oft und niemand orientierte sich nach der Anzahl der Abzweigung oder den Richtungen. Kleine, unauffällige und für das ungeübte Auge kaum zu erkennende Zeichen am Mauerwerk, auf wie zufällig am Weg liegenden Holzstücken, zu Füßen oder in der Decke wiesen immer wieder aufs Neue den immer wieder neuen Weg. Nach vielen Schritten und Abzweigungen zeigte sich ein schmales Lächeln auf Sciurus Lippen, erkannte er doch, wohin der Weg ihn führen würde. Bald schon wurde Feuerschein sichtbar, vor dem Tempel standen drei Männer und unterhielten sich gedämpft. Als sie Sciurus erblickten, grinste einer von ihnen, trat auf ihn zu und sprach ihn leise an. "Lange nicht gesehen, Bellerophontes, oder sollte ich besser Eichhörnchen sagen? Man nennt dich doch nun so?"
    Die Augen des Sklaven verengten sich. "Du solltest mich besser gar nicht beim Namen nennen, wenn dir die Position deines Kopfes auf deinem Hals gefällt." zischte er, doch auch sein verkniffener Gesichtsausdruck wandelte sich alsbald zu einem Grinsen. "Ist dein Herr tot, oder was machst du in Rom?"
    "Nicht tot, zumindest nicht mein Herr. Aber sein Bruder, darum ist er zur Bestattung nach Rom gekommen. Mir bleiben noch zwei Tage, dann reisen wir wieder ab."
    Sciurus nickte, wies jedoch auf den Tempel. "Ist er drin?"
    "Er wartet." mischte sich einer der beiden anderen Männer ein. "Du weißt, dass er das nicht gern tut." Er öffnete die schmale Tür und Sciurus trat hindurch.


    Im Schein weniger kleiner Öllampen sprach der Mann mit der Maske mit einer grauen Gestalt. Seine rauhe Stimme und seine Gesten hätten darauf schließen lassen, dass es sich dabei um einen Geschäftspartner handelte, doch Sciurus wusste, dass dort im Schatten verborgen eine prächtige Statue des Merkur stand. Der Vogelmann legte den Kopf schief, als der Sklave die Tür hinter sich schloss, doch er hielt nicht inne in seinem Gebet, bis dass es beendet war. Stille legte sich über den Raum, dann wandte der Mann sich in einer schnellen Bewegung um.
    "Dein Paket ist angekommen. Vor einiger Zeit schon, doch unsere kleine Umzugsaktion und die Unannehmlichkeiten, welche daraus resultierten, haben die Waren ein wenig durcheinander gebracht. Der Markt der Träume ist uns abhanden gekommen." Ein heiseres Lachen ertönte unter der Maske. "Doch im Bauch der Hydra geht nichts verloren."
    "Ich habe ebenfalls etwas für dich. Das Übliche nur, doch ich glaube, diese mal könnten wir einen Treffer gelandet haben."
    Mit einem Schritt war der Vogelmann an Sciurus herangetreten, nahm eine Wachstafel entgegen, schlug sie auf und überflog sie. "Wirklich, faszinierend. Womöglich hast du recht." Er schlug die Tafel zu, steckte sie zu den anderen in den Beutel zurück und legte ihn in eine Nische in der Wand, aus welcher er eine kleine Kiste nahm. "Ich habe sie geprüft, es sind jene, von denen man behauptet, Paris habe sie getragen, am Tag als Troia fiel. Ein Paar wunderschöne Stücke, mögen sie deinen Herrn erfreuen."
    "Das werden sie sicher, ebenso wie seine künftige Gemahlin."
    "Fein, fein. Ist es nicht Ironie der Parzen, dass wir eben jene erfreuen, die sonst so unglücklich über uns sind?" Der Mann mit der Maske wandte sich ab und griff zu einer Schale voll Plätzchen. "Die Entlohnung geht wie Üblich vonstatten, ansonsten habe ich heute keine weiteren Wünsche. Doch bleibe wachsam, es besteht die Möglichkeit, dass die Götter uns bald sehr viel zu tun bescheren." Er begann, erneut mit der Statue des Merkur zu sprechen und wäre sich Sciurus nicht sicher gewesen, dass dort kein weiterer Mensch stand, er hätte geglaubt, dass der Mann mit der Maske doch in Verhandlungen stünde.


    Ohne ein weiteres Wort verließ Sciurus den Tempel, die Kiste mit dem Hochzeitsgeschenk seines Herrn unter dem Arm. Davor stand nur noch einzelner Mann, einer von jenen die Sciurus dem Gesicht, doch nicht dem Namen nach kannte. Keiner von beiden beachtete den anderen weiter und Scirus verließ auf ähnlichem Weg, wie er zuvor gekommen war, die Cloaca Maxima um seinem Herrn am nächsten Morgen zu bringen, was er ihm versprochen hatte.

  • Hannibal ließ sich wiederstandlos und stumm vom Forum aus durch die Strassen geleiten bis zu jener Tür, die dann in den Untergrund führte. Aufmerksam folgte er Sica durch die verschlungenen Gänge. Schnell verstummte der Lärm um ihn herum und er sah sich, immer noch benommen von Ceadhs Schlag, in den dunklen Gängen um. Als sie die Tür passierten staunte Hannibal nicht schlecht. Sica schien sich wirklich gut in Rom auszukennen und scheinbar hatte er Qualitäten, die übe die eines einfachen Verwalters weit hinaus gingen. Interessant! Ohne mit der Wimper zu zucken betrat Hannibal die Gänge des Abwassersystems. Ausdruckslos sah er einigen Ratten hinterher, die von den zweibeinigen Besuchern aufgeschreckt wurden und in den dunklen Gang verschwanden.


    Hannibal fühlte sich ausgebrannt. Vor wenigen Minuten hatte er sich noch wie ein Werkzeug der Furien gefühlt. Dazu bestimmt, die schlechten Menschen von der Welt zu bannen, wie es die Frau auf dem Forum war. Doch nun wurde ihm schlagartig klar, dass er versagt hatte. Aber nicht nur das, er wollte seinem Herren wirklich keinen Ärger bereiten, so oft wie Aristides sich schon für ihn eingesetzt hatte. Schweigend sah Hannibal auf die dreckige Brühe herunter, die aus den vielen Zuströmungen der Stadt kamen. Der Dreck tausender und abertausender Bürger, Sklaven und Ausländer floß hier zusammen. Gedanken verloren, als er hinter Sica her lief, stellte er fest, dass man nun keinen Unterschied zwischen den Ausscheidungen eines Patrziers oder eines heruntergekommenen Plebejers mehr machen konnte. Innen sahen alle Menschen nun mal gleich aus, so die Erfahrung von Hannibal, der nicht wenige Innereien seiner Spezies inspizieren konnte.


    Als sie schließlich an eine etwas weniger stinkende Stelle gekommen war, schoß wieder Schmerz durch Hannibals Nacken und Blut sickerte aus seiner Nase hervor. Schwer atmend blieb Hannibal stehen und sah auf Sica. Warum hatte dieser ihm geholfen? Wahrscheinlich, damit kein schlechtes Licht auf die Flavier fiel. Aber wenn sie Hannibal geschnappt hätten, dann hätte Hannibal sich sowieso als Peregrinus ausgegeben. Dann hätten sie keinen Zusammenhang zur Villa Flavia ziehen können. Schweigend sah Hannibal Sica an und überließ ihm das Recht der ersten Worte.

  • Auch Sica hielt an. Sie waren in einem kleinen Gewölbe angekommen und mussten nur noch einen niedrigen Durchgang passieren, um an ihrem vorläufigen Ziel anzukommen. Er wandte sich zu Hannibal um und sah diesen voll Verachtung an.


    Du Dummkopf. Was hast du dir dabei gedacht? Viel dämlicher kann man einen Mord wohl nicht mehr ausführen. Bist du lebensmüde? Nicht genug, dass du deine eigene Existenz sinnlos aufs Spiel setzt, du ziehst die ganze Familie und dadurch auch meinen Herrn mit hinein. Das kann ich nicht zulassen. Glaubst du wirklich, du würdest einer Folter durch die Prätorianer stand halten? Daran sind schon weitaus härtere Männer gescheitert, als du einer bist.


    Um seine Missbilligung noch stärker auszudrücken spuckte Sica seitlich auf den Boden und spießte Hannibal anschließend mit seinem Blick förmlich auf. Er sah viel Potenzial in dem anderen Sklaven, wollte ihm nun jedoch eine Lektion erteilen. Dermaßen leichtfertiges und damit hochgefährliches Verhalten konnte er nicht gebrauchen.

  • Nur das Fackelllicht erhellte die eine Seite von Hannibals Gesicht. Der Schatten der Unterwelt umfing die übrige Seite seiner Gestalt. Sein rechter Mundwinkel wanderte etwas nach oben in einem Anflug eines amüsierten Lächelns. Während er Sica lauschte, war sein Blick auf den Boden gerichtet. Gescheitert! Gescheitert! Immer wieder herrschte dieses Wort in seinem Kopf. Harter Mann? Dafür hielt sich Hannibal wirklich nicht. Und dass das Attentat unklug war, das wußte er auch. Aber es gab immer wieder Momente in seinem Leben, in denen er nicht nachdenken konnte. Dann war er eben nur ein Werkzeug und er mußte handeln. Auf dem Forum war es genauso. Es war das erste Mal, dass Hannibal Sica erlebte. Der Mann, der solche Angst in Nadia verursachte. Langsam sah Hannibal auf und seine Augen glühten noch im vagen Abglanz seiner Mordlust.


    "Du hast recht!" Hannibals Stimme klang rauh und hart dabei. "Das war dumm. Doch manchmal hat man es nicht in der Hand, wenn das Schicksal einen lenkt." Er wußte, dass das niemand ausser ihm verstehen würde. Doch er sprach trotzdem seinen Gedanken aus. Er lächelte leicht und wußte, dass er Sica ganz ausgeliefert war. Was er wohl mit ihm machen würde? Das würde bestimmt interessant werden. "Ich hätte mich als Peregrinus ausgegeben. Außerdem, warum sollten sich die Praetorianer einschalten? Nach der natürlichen Ordnung wären wohl die Urbaner dafür zuständig.!" Hannibal reckte sich ein wenig und sah Sica fest in die Augen. "Tu, was Du tun mußt!" Ohne Angst in den Augen wartete Hannibal ab, ob Sica ihn nun beseitigen würde. Wartete auf den Schlag oder den Befehl dazu!

  • Sica lachte kurz und humorlos. Sein Blick fixierte Hannibal weiterhin und er überlegte, was er mit dem Sklaven anstellen sollte. Ihn zurück in die Villa zu holen wäre viel zu gefährlich, da Augenzeugen des Mordes ihn jederzeit wiedererkennen könnten. Es war noch nicht einmal abzusehen, ob der Sklave überhaupt jemals wieder zu den Flaviern zurück kommen könnte. Glücklicherweise war sein Besitzer momentan in Germanien, so dass von diesem vorerst wahrscheinlich keine unangenehmen Fragen kommen würden. Für die Fragen der anderen Flavier würde er jedoch eine passende Antwort benötigen.


    Mord ist ein Schwerverbrechen. Selbstverständlich ermitteln in diesem Fall die Prätorianer. Selbst wenn der Versuch nicht geglückt ist, so hätte deine Absicht kaum deutlicher werden können. Gib dich keinen Illusionen hin. Selbst wenn du dich als Peregrinus ausgegeben hättest, steht auf Mord noch immer lebenslange Haft, oder sogar der Tod. Und nachdem du die große Weisheit besessen hast, eine Kandidatin mitten im Wahlkampf anzugreifen, würden die Ermittler sehr schnell politische Motive vermuten und dich genauer nach deinem vermeintlichen Auftraggeber befragen.


    Sica schüttelte unbarmherzig den Kopf. Gegenüber solchem Dilettantismus bei Verbrechern hatte er absolut kein Verständnis. Doch nun war keine Zeit für große Diskussionen und sie mussten handeln.


    Du wirst für die nächste Zeit untertauchen. Es ist ungewiss, wann und ob du überhaupt wieder in die Villa Flavia zurückkehren kannst. Ich kenne hier einige Leute, die sich um dich kümmern werden. Wenn du kooperativ bist, werden sie dich verstecken. Wenn du jedoch Ärger machst, dann werden sie dich beseitigen. Du hast die Wahl. Wenn sie dich verstecken sollen, dann wirst du mir nun einen plausiblen Grund nennen, welcher deine Abwesenheit aus der Villa den Flaviern gegenüber erklärt. Da dein Besitzer ohnehin in Germanien ist, dürfte dies ein lösbares Problem sein. Möglicherweise müssen auch noch weitere Absprachen getroffen werden. Nun, wie entscheidest du dich?


    Natürlich war ihm schon lange der Gedanke gekommen, Hannibal auch für seine eigenen Zwecke einzusetzen und ihn mit einigen Aufträgen zu betrauen. Doch in Moment war es wohl noch zu früh für solche Gespräche und es blieb abzuwarten, wie der Sklave auf die neuen Umstände reagierte.

  • Hannibals Gedanken klärten sich immer mehr und der stumme Wiederhall seiner Niederlage verklang. So keimten auch andere Worte in seinem Geist auf und die Worte Sicas sickerten auf fruchtbaren Grund. Ja, das war wirklich eine sehr undurchdachte Tat. Was hatte ihn noch mal dazu getrieben? Sein Haß, der ihn mal wieder übermannt hatte. Wie ärgerlich! Dabei glaubte Hannibal doch, dass er das in letzter Zeit besser unter Kontrolle hatte. Aber er hatte auch nicht damit gerechnet, einem Schatten seiner Vergangenheit zu begegnen. Hannibal hörte Sica zu und schwieg. Sein Gesicht war ausdruckslos und zeigte keine Emotion. Nachdem Sica fertig gesprochen hatte, schwieg Hannibal. Er schien über Sicas 'Vorschlag' nachzudenken, doch in Wirklichkeit brauchte Hannibal nicht mehr lange zu überlegen. Er hatte sich in dem Moment entschieden als er den Dolch in weiches Fleisch auf dem Forum gestoßen hatte und fast einen Mord begangen hatte. Aber vielleicht würde die Frau ja doch noch sterben. Er hoffte es sehr, denn es würde ihm den Ärger ersparen, es später noch mal tun zu müssen. Etwas besser geplant, dennoch unangenehm. Denn es war ja nicht so, dass er gerne tötete.


    "Natürlich werde ich ...kooperieren!" Hannibal lächelte sehr kurz. "Und was die offizielle Erklärung für mein Fehlen angeht. Mein Herr erwartet mich sowieso in Germania. Das sollte in der Tat Erklärung genug sein! Außerdem würde er mitspielen, sollte er dementsprechend gefragt werden." Hannibal verschränkte seine Arme vor der Brust und schwieg erneut.

  • Sica nickte zufrieden. Es würde überaus vorteilhaft sein, wenn der Besitzer seinen Sklaven nicht verriet. Er hoffte nur, dass der Sklave mit dieser Einschätzung auch Recht behielt.


    Gut. Dann werde ich es in der Villa so aussehen lassen, als seist du bereits vor deiner Tat auf direktem Wege nach Germania abgereist. Zu welchem Zeitpunkt hat dich das letzte Mal jemand aus dem Haushalt gesehen? Weiß irgendjemand von deinen Unstimmigkeiten mit dieser Frau?


    Aus dem Hintergrund traten einige dunkle Gestalten hinzu. Sica gab ihnen ein Zeichen noch zu warten, so dass sie in respektvollem Abstand stehen blieben.

  • Hannibal lehnte sich gegen die Wand des Kanals. Sie war zwar dreckig und stank, außerdem huschte unter ihm eine nasse und fette Ratte vorbei, aber ihm wurde wieder schwindelig und übel. Der Schlag des Riesens schmerzte höllisch und der Schmerz breitete sich immer weiter aus. Zwischendrin tanzten einige schwarze Punkte vor Hannibals Augen, doch er riß sich zusammen, damit Sica nichts von seiner Schwäche bemerkte. Er wollte nicht als so hilflos vor ihm erscheinen, wie Hannibal es in Wirklichkeit war. Während er um sein Bewußtsein kämpfte, grübelte er über Sicas Frage nach. Wann war er zuletzt gesehen worden? "Gestern mittag hat mich der Ianitor das Haus verlassen gesehen. Und wahrscheinlich haben mich gestern abend noch einige Sklaven in der Unterkunft gesehn. Aber ansonsten habe ich das Haus schon heute früh beim Morgengrauen verlassen!" Eigentlich hatte er ganz andere Pläne gehabt. Zwar spielte dort auch eine Frau eine wichtige Rolle, doch ganz anders als es auf dem Forum gekommen war.


    Nadia!, schoß es Hannibal durch den Kopf. Sie wußte von seiner Vergangenheit. Doch würde sie bestimmt keine Verbindung zu dem Attentat ziehen können. Ahnte doch Hannibal zu dem Zeitpunkt nicht, daß jemand auf dem Forum ihn wieder erkannt hatte. Um sein linkes Auge zuckte es kurz, dann schüttelte er den Kopf. "Nein, niemand weiß von meinen..." Er zögerte kurz und ein hämisches und gleichzeitig amüsiertes Lächeln huschte über sein Gesicht. "..Unstimmigkeiten mit der Griechin!"

  • Gut, das soll mir reichen. Diese Männer werden sich um dich kümmern. Falls du dich dazu im Stande fühlst und dir ein Zubrot verdienen möchtest, können sie dich auch mit Aufträgen betrauen.


    Unwillige Helfer konnte Sica nicht gebrauchen. Hannibal würde tatsächlich nur dann auf irgendwelche Botengänge geschickt werden, wenn dieser es wirklich ganz von sich aus wollte. Bei den ersten Aufträgen würde man ihn selbstverständlich unauffällig beobachten und ihm nur unkritische Aufgaben übertragen. Sica hatte da schon seine Ideen, doch all dies brauchte noch Zeit. Er winkte die wartenden Gestalten näher heran und wandte sich ihnen zu. Es waren zwei unauffällige Männer mittleren Alters. Sie waren in farblose, abgenutzte Kleidung gehüllt und machten für die Verhältnisse in der Cloaca Maxima einen einigermaßen gepflegten Eindruck. Einer der beiden war klein und drahtig, der andere zeigte einen leichten Bauchansatz und war von mittlerer Größe. Insgesamt sahen sie auch wie typischer Pöbel. Sie musterten Hannibal misstrauisch und sahen dann abweisend zu Sica, der sie sogleich instruierte.


    Kümmert euch um ihn. Er gehört nun zu uns. In der nächsten Zeit muss er aus der Öffentlichkeit verschwinden und darf sich nicht zeigen. Sorgt dafür, dass er verpflegt wird und man ihn in Ruhe lässt. Falls notwendig, lasst den Medicus nach ihm sehen. Bevor er allerdings einen Auftrag erhält, bestehe ich auf einer Rücksprache mit mir. Ist das klar?


    Sie nickten etwas zögerlich, mit einem weiteren skeptischen Seitenblick auf Hannibal. Die Sache war ihnen sichtlich nicht geheuer, doch sie verließen sich auf Sicas Wort. Falls der Neue Dummheiten machen würde, würde das auf Sica zurückfallen. Und der ließ soetwas nie auf sich sitzen. Also richteten sie sich auf und bedeuteten Hannibal, ihnen zu folgen. Sica nickte zufrieden und sah den Sklaven eindringlich an.


    Falls es Probleme gibt, kannst du mich benachrichtigen lassen. Hier unten dürfte ich allen bekannt sein. Noch Fragen?

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