[Atrium] Empfangshalle

  • Während sie redete, erinnerte ich mich an Ägypten und versuchte mir etwas Gutes zurechtzulegen. Wahrscheinlich hätte ich sie mit stundenlangen Ausführungen nur gelangweilt. Daher war es wichtig, das Ganze mit der richtigen Würze rüberzubringen.


    "Alexandria ist eine wunderschöne Stadt. Schließ die Augen..."


    Ich wartete etwas, bis sie die Augen geschlossen hatte und malte dann etwas in meinem Geiste.


    "Stell dir vor, wie du auf einem Deck stehst und sich vor dir das Nildelta erstreckt. Das blaue Meer brandet schäumend gegen die Hafenkais und du siehst weit über dir den riesigen Pharos dieser Stadt. Wie ein Wächter beschätzt er die Meerenge. Du schaust weiter und am Hafen siehst du das bunte Treiben der Händler. Das Schiff legt an und du steigst schwankend von Bord. Auf der Hauptstraße angekommen zeigen sich drei Seitenstraßen. Welche sollst du nehmen? Dir ist es egal, denn diese Stadt hat soviele Wunder zu bieten, dass es dir den Atem verschlägt. Staunend wandelst du an Marktständen mit orientalischen Waren vorbei, siehst exotische Tänzerinnen und Schwertkämpfer, die auf dem Marktplatz ihre Kunst darbieten.


    Das ist Alexandria und ich war gebannt.

  • Brav folgte Helena seiner Anweisung und schloss sacht die Augen. Sie war von keinerlei Skepsis beseelt, denn sie ahnte bereits, was er damit bezwecken wollte. Ein sachtes Lächeln ruhte auf ihren Lippen und sie lauschte gespannt seinen Worten, als er seine Erzählung begann...


    Und sie erblickte weit vor sich Alexandria. Sie hörte das Rauschen des Meeres, das Schreien der Vögel und spürte die warme Sonne förmlich auf der Haut. Sie stellte sich vor, dass Iuvenalis neben ihr stand und ihr erklärte, was sich da vor ihren Augen abspielte. Sie näherten sich immer weiter dem Hafen und als sie anlegten bewegte sich Helena mit unsicheren Füßen vom Deck des Schiffs. Als sie vor der Weggabelung stand wählte sie den mittleren Weg aus und bewunderte wahrlich staunend den Hauch des orients, der so schön und doch so selten war. Sie hatte noch nicht viel davon gesehen.


    "Hmm." kam es leise über ihre Lippen und es fiel ihr schwer sich von den Eindrücken loszureißen und die Augen wieder zu öffnen, als er geendet hatte. Mit einem noch etwas benommenem Schmunzeln meinte sie: "Ich glaube ich weiß, was mein nächstes Reiseziel sein wird, wenn ich hier einmal rauskomme." Sie glaubte ihm gerne, dass er gebannt war.

  • Genau beobachtete ich beim Reden jede ihrer Gefühlsregungen und schmunzelte verschmitzt. Sie schien in Gedanken versunken und ich hatte Erfolg mit meinem kleinen Vortrag. Vor meinem geistigen Auge wandelten wir beide durch die Straßen und genossen zusammen die Wunder dieser Stadt.


    "Ich bin mir sicher, dass die Intensität noch verdoppelt wird, wenn du die Bilder selbst hautnah siehst und auch greifen kannst."

  • "Ja, das mag sehr gut möglich sein." nickte sie. Langsam fand sie Schritt für Schritt wieder in die Realität und ein Lachen trat ihr in die Augen. "Das war einmal Entspannung einer ganz anderen Sorte." schmunzelte sie. Mit ihren Händen knibbelte sie an dem Stoff ihrer Tunika mit dem schmalen Purpurstreifen, der sie als Ritter auszeichnete. "Doch nun verrate mir doch, wie wir verwandtschaftlich zueinander stehen? Ich war noch viel zu jung, alsdass ich mich an irgendjemanden erinnern könnte."

  • Ich grinste und nickte gelassen. Diese kleine Geschichte war sehr anregend gewesen und ich schweifte noch etwas in den Nachwirkungen.


    "Meine Brüder sind Malignus und Hadrianus. Das macht mich doch zu deinem Cousin, nicht wahr?", fragte ich sie stirnrunzelnd.

  • "Hadrianus kenne ich nicht, doch Malignus war ein Freund meines ehemaligen Vaters und auch seines Schwagers." Helenas Miene verdüsterte sich leicht und damit man diese Gefühlswandlung eben nicht an ihrer Nasenspitze ablesen konnte, wandte sie den Blick rasch wieder ab. Malignus war in Germanien verschwunden, soviel hatte sie damals mitbekommen. Und er war der Bruder des jungen Mannes neben sich. "Wir reden doch beide von Brutus Redivivus Malignus?" vergewisserte sie sich.

  • Man konnte ihr deutlich anmerken, dass sie nervös war. Und sie hatte auch nicht vor sich mit Ausreden aus der Affäre zu ziehen. So begann sie also stockend: "Er reiste nach Germanien und wurde dort als Comes eingesetzt. Er war nach der Rückkehr der ersten Rediviva jener, der es am Weitesten brachte. Doch... er ward nicht mehr gesehen." Sie kannte Malignus nur vom Hörensagen und hatte ihn niemals persönlich kennengelernt.

  • Immernoch angespannt und misstrauisch hörte ich ihr zu und wäre fast von der Kline gefallen. Ungläubig starrte ich sie an und konnte vorerst kein Wort hervorbringen. Ich versuchte mich zu fangen und rückte näher.


    "Helena... Malignus verschollen... Ich kann das nicht glauben!", sagte ich leise, vielleicht zu leise.

  • Sie vernahm nur ihren eigenen Namen und einen dumpfen Rest, wie etwas mit 'glauben'. Sie kannte seinen Schmerz. Ihre Schwester war verschollen, ihre Ziehschwester hatte sich umgebracht, die Mutter wurde getötet, Ziehvater und richtiger Vater starben ebenso. Und dann all ihre Ziehbrüder... "Es tut mir so unendlich leid." sagte sie also nur leise und sah ihn an. Zaghaft griff sie nach seiner Hand und streichelte vorsichtig mit ihrem Daumen über diesen Handrücken.

  • Vor meinen Augen drehte sich alles und ein Schleier bildete sich davor. Nur entfernt spürte ich Helenas Hand und sah sie ausdruckslos an.


    "Das ist..."


    Mehr brachte ich nicht heraus, sondern umarmte Helena fest. Plötzlich war da einfach nur das Bedürfnis, jemanden zu haben, dem ich sagen konnte, wie ich fühlte.

  • Sie konnte seine Empfindungen sehr gut verstehen und legte ihren Arm um ihn, um sanft seinen Rücken zu streicheln. Sie wusste zu gut, dass man in einer solchen Lage nichts mehr als viel Trost brauchte. "Sag ruhig, was du fühlst. Ich höre dir zu und allein sind wir auch." flüsterte sie mit warmer Stimme und lehnte ihren Kopf an die Schulter ihres Cousins, während sie sich ihm zuwandte und ihn gänzlich in die Arme schloss. Einst galt Maximus als verschollen und damals hatte sie fast gehofft, er sei tot, damit er nicht in Gefangenschaft leiden musste. Ob Malignus das gleiche geschehen war wie ihm? Er ward auch zuletzt in Germanien gesehen..

  • Ich spürte ihre Nähe und drückte sie näher an mich. Es beruhigte mich etwas und ihre Stimme tat ihr Übriges.


    "Mein Herz verkrampft sich bei der Vorstellung, dass er jetzt irgendwo in Germanien orientierungslos umherirrt oder sogar von germanischen Banditen gefangengenommen wurde."


    Wenn das der Fall war, gab es wohl keine Chance mehr für ihn.

  • Helena war froh, dass er ihre Hilfe annahm. Sie wollte ihn gerne ablenken, aber manchmal verletzte es, wenn man einfach das Thema wechselte, als sei es unwichtig und so beschloss sie, einfach noch zu warten. Umherirren... Germanien... Banditen. Diese Worte hörten sich in ihren Ohren wie Gift an, denn anders war Maximus gewiss auch nicht gestorben. "Ich weiß genau, was du empfindest. Mir erging es nicht anders, doch es gab viele, die mir erneute Hoffnung schenkten. Wann immer ich dir helfen kann, du musst es mir nur sagen. Ich höre dir immer zu." flüsterte sie sanft und streichelte weiterhin seinen Rücken.

  • Ich entfernte mich etwas von ihr und sah sie lächelnd an. Ich schämte mich nicht meines verweinten Gesichts, denn vor ihr hatte ich keine Scham. Ich umfasste ihre Hände.


    "Ich danke dir... Ich möchte jetzt auf keinen Fall allein sein."

  • Sie war ein wenig erschrocken, als sie sein Gesicht sah, ließ sich aber nichts anmerken. Doch schien es ihn mehr zu treffen, als sie zuvor angenommen hatte. Wenn er gar vor ihr weinte... Oder er gehörte nicht zu jenen Männer, die meinten sich auch vor der Verwandtschaft rechtfertigen zu müssen. Sie spürte wie er nach ihren Händen griff und ihr Blick fand kurz dorthin, ehe sie ihn wieder an seine Augen haftete. "Das musst du auch nicht, Tiberius." sprach sie ihn beim Praenomen an. Zwar waren sie einander noch nicht sehr gut bekannt, aber lebten sie hier nun in einem Haus änderte es sich gewiss noch. "Möchtest du ein wenig frische Luft schnappen? Ich kann die Sklaven anweisen, dir dein Zimmer zurechtzumachen." bot sie sanften Lächelns an.

  • Ich sah sie genau an und wägte im Geiste ab, was ich machen wollte. Ich fühlte, wie mir die Atmosphäre hier zu erdrückend wurde. Ich stand auf und zog sie mit hinauf.


    "Lass uns etwas spazierengehen. In Ordnung? Für das Cubiculum kann später Sorge getragen werden."

  • In einer kurzen, eleganten Bewegung stand sie vor ihm und strich ihm die Feuchte von den Wangen. Etwas hilflos schenkte sie ihm ein liebevolles Lächeln, ehe sie zu einer Antwort ansetzte: "Gut, ganz wie du wünscht. Ich schlage vor, dass wir einen kleinen Gang durch den Stadtpark machen." meinte sie und nickte. "Warte nur kurz, ich gehe mir rasch eine palla holen" sprachs und verschwand in Richtung ihres Cubiculums, wo sie sich eine hübsche, dunkelrot gefärbte Palla aus der Truhe fischte, diese umlegte und wieder hinunter eilte. Hergemacht war sie noch ausreichend für die Öffentlichkeit und selbst wenn nicht - sie wollte Iuvenalis nicht warten lassen. So machten sie sich auf dem Weg in den Stadtpark.

  • Von der porta her kommend, führte der ianitor den Klienten in das Atrium der Casa Rediviva und nickte ihm leicht zu. "Die Herrin wird Dich sicher gleich empfangen - wenn Du etwas trinken möchtest, so sag es mir ruhig."

  • Als Helena erfuhr, dass ihr noch recht frischer Klient im Atrium auf sie wartete, hatte sie sich seufzend aufgemacht. Es freute sie, dass einer ihrer Klienten sich die Zeit nahm, um ihr seine Aufwartung zu machen. Da sie noch nicht wieder das Bedürfnis verspürte, sich frisch zu machen, fand sie sich sogar rasch im Atrium ein, wenngleich ihr die Haare offen über die Schultern fielen.


    "Salve Termulentus!" grüßte sie den Manne mit einem freundlichen Lächeln und nickte ihm freundlich zu. "Es erfreut mich, dich zu sehen. Was führt Dich zu mir?" fragte sie eher höflich denn übermäßig mit Enthusiasmus versehenem Interesse. Sicher war es angenehm, doch heute ging es ihr nicht sonderlich gut und sie hatte alle Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Sie war magerer denn je, da sie noch nicht sonderlich erfolgreich damit war, etwas zu essen.

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