Officium des Kommandeurs

  • Ja, Herr. Danke, Herr.


    stammelte der Bote und machte sich aus dem Staub. Er kannte Rom schon gut genug, um zu wissen, wie er sich dies Stunde um die Ohren schlagen konnte. Eine Garküche stand da allerdings überhaupt nicht auf seinem Plan. Eher ein kleines, bescheidenes, aber durchaus nicht zu verachtendes Haus in einer Seitengasse.


    Etwas mehr als eine Stunde später war er dann allerdings wieder da und wartete vor der Tür des Kommandeurs auf die versprochene Antwort.

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    CIVIS

    SODALIS FACTIO ALBATA - FACTIO ALBATA

  • Als der Bote den Raum verlassen hatte, las Macer den Brief komplett und dachte eine Weile über das Anliegen nach. Im Prinzip hatte er keinen Grund, dem Urteil seines Stellvertreters in der Academia zu misstrauen und ihm den gewünschten Gefallen nicht zu tun. Also notierte er sich erst einmal den Namen des angesprochenen Centurio. Dann griff er zu einer Wachstafel und begann, eine Antwort zu formulieren, die er zum Schluß nochmal sauber abschrieb.


    Als der Bote nach einer Stunde zurück kam und vom Schreiber im Vorraum ins Büro des Kommandeurs gelassen wurde, lag die fertige Tafel schon auf dem Tisch.


    Sp. Purgitius Macer Annaeo Floro s.d.


    Ich habe deine Nachricht erhalten und werde mich gerne bei der nächsten Gelegenheit für den Centurio einsetzen. Von eurem erfolgreichen Einsatz gegen Piraten hatte ich auch schon gehört. Meinen Glückwunsch zu der gelungenen Operation. Ich werde den Mann jedoch nicht guten Gewissens als Procurator a rationibus vorschlagen können. Auf einen solchen Posten dürfte ein ehemaliger Centurio auch keine sofortige Chance haben. Bevor er also leer ausgeht, werde ich es mit einem etwas niedrigeren Posten versuchen. Mit Germanicus Sedulus werde ich Kontakt aufnehmen, wenn es sich ergibt. Decimus Meridius weilt derzeit nicht in der Stadt, so dass dein Bote ihn wahrscheinlich gar nicht erreicht.


    Lebe wohl, bis wir uns wieder einmal persönlich treffen.


    Sp. Purgitius Macer


    "Richte dem Praefectus auch meine persönlichen Grüße aus", bat Macer den Boten noch, während er ihm die Tafel übergab.

  • Natürlich, Herr. Danke!


    Der Bote hatte seinen Kopf noch nicht wieder ganz bei der Sache und beliess es daher bei dieser kurzen Anmerkung.


    Den Brief verstaute er dennoch gewissenhaft und sicher in der Ledertasche, welche er für diese Zwecke bei sich trug.


    Danach verliess es das Officium und machte sich auf den weiteren, ihm befohlenen Weg.

  • Wie mit dem Schreiber der Examensanmeldung vereinbart, besuchte Silanus die Academia Militaris vier Tage nach seiner Anmeldung zum Examen Quartum erneut. Dieses Mal jedoch führte ihn sein Weg gleich zum Officium des Kommandeurs, Consular Purgitius Macer. Mit diesem wollte er das Thema seiner Dissertation besprechen oder viel mehr sich eines geben lassen. Er wandte sich daher an einen Schreiber, der ihn beim Consular anmelden sollte. Anders als beim letzten Mal, erwähnte er dieses Mal seinen Rang und seine Stellung am Kaiserhof, da er es dem Consular gegenüber als unhöflich betrachtet hätte, dies nicht zu tun. Dann wartete er geduldig, bis man ihn weiter in den Raum des Purgitiers führte, den er nach dem Eintreten freundlich begrüßte.


    "Salve Consular Purgitius. Vielen Dank, dass du dir heute Zeit für mich nimmst."

  • "Salve. Nimm Platz", forderte Macer den Gast zum Sitzen auf und schob die Wachstafel zur Seite, mit der er sich gerade befasst hatte. Er war nur alle paar Tage ein paar Stunden hier, da das für die Erledigung der Arbeit völlig ausreichte. Er hätte sich die meisten Sachen sogar nach Hause bringen lassen können, aber dafür war er einfach zu sehr Soldat, um nicht zumindest alle paar Tage persönlich im Hauptquartier anwesend sein zu wollen - auch wenn es nur das Hauptquartier der Academia Militaris war.


    "Was kann ich für dich tun?" fragte er dann, auch wenn er natürlich von seinem Schreiber eine Vorlage bekommen hatte, welche Gäste heute erwartet wurden und welche Anliegen sie hatten. Er fand eine Frage als Gesprächseinstieg nur einfach höflicher.

  • Silanus nahm das Angebot gerne an und setzte sich auf den Stuhl, der vor dem Schreibtisch des Kommandeurs stand. Die freudliche Frage des Consulars, beantwortete er ebenso höflich lächelnd.


    "Wie du vielleicht schon gehört hast Consular, habe ich mich für das Examen Quartum angemeldet und wollte mich nun mit dir über die Dissertation unterhalten. Ich selbst habe zwar darüber nachgedacht, jedoch kein Thema gefunden, dass ich besonders präferieren würde. Ich würde es daher vorziehen die Themenwahl dir zu überlassen, wenn es auch deine Zustimmung findet."

  • "Ja, ist sah deinen Namen auf der Lisate der letzten Anmeldungen, Procurator. Bereitest du dich darauf vor, eines Tages die Kanzlei wieder zu verlassen und ein Kommando zu übernehmen?", erkundigte er sich aus Neugier. Unüblich wäre ein solcher Wechsel schließlich nicht.


    Dass ein Kandidat selber so gar keinen Vorschlag für ein Thema hatte, war dagegen eher selten. Die meisten kamen zumindest mit einer vagen Vorstellung und der Hoffnung, dass das Thema umfangreich genug war oder noch nicht bearbeitet wurde. "Wenn du schon keine Präferenzen hast, hast du denn dann zumindest einige Themen, die du dir grundsätzlich vorstellen könntest? Oder hast du dir frühere Dissertationen der Academia angesehen und kannst bestimmte Arbeiten ausschließen, weil du sie nicht gerne tun würdest", fragte Macer erst einmal nach, bevor er selber Vorschläge machte. Es brachte ja schließlich nichts, nun beispielsweise Vorschläge zu Arbeiten über die Geschichte einer bestimmten Legion zu machen, wenn der Procurator eine Abneigung gegen historische Abhandlungen hatte.

  • "Nun, es wäre verfrüht sich darüber schon zu viele Gedanken zu machen. Meine Ernennung ist zwar schon einige Zeit her, doch dir Arbeit am Kaiserhof ist nach wie vor sehr herausfordernd und reizvoll. Jedoch sollte man Veränderungen nie ausschließen und ich möchte es vermeiden mir mögliche Gelegenheiten in der Zukunft zu verbauen, nur weil ich zu bequem war, rechtzeitig die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen."


    Die erste Frage des Consulars war damit sehr leicht beantwortet. Die Zweite jedoch brachte Silanus ein wenig ins Schwitzen, der glaubte in ihr doch ein wenig einen Vorwurf heraus zu hören. Er hatte wirklich überlegt und so manche Themengebiete bereits ausgeschlossen. Doch zu einer tatsächlichen Entscheidung konnte er sich bisher einfach nicht durchringen. Um nun jedoch etwas konstruktives beizutragen und nicht den Eindruck von Desinteresse aufkommen zu lassen, ließ er sich doch zu einer raschen Aussage hinreißen.


    "Ich habe mich im Laufe der Zeit schon einige Male mit den stadtrömischen Einheiten des Exercitus Romanus auseinandergesetzt. Vielleicht wäre also hier ein Thema bei dem ich ansetzen könnte."

  • Wie erwartet oder zumindest erhofft, förderte die Nachfrage doch noch etwas brauchbares zu Tage, auf das Macer für die nähere Eingrenzung eines Themas zurückgreifen konnte. "Ah, das ist doch schon einmal etwas. Dann könntest du deine Dissertation über eine dieser Einheiten schreiben. Über die Vigiles schrieb vor einigen Jahren noch jemand, die fallen daher vielleicht als erstes aus der engeren Auswahl", griff er das Thema dann gleich auf und engte es weiter ein, ohne dem Kandidaten die Entscheidung gänzlich abnehmen zu wollen. Etwas Entscheidungsfreude erwartete er da tatsächlich von jemandem, der das Examen Quartum ablegen wollte und später womöglich einer der höchsten Offiziere des Reiches sein sollte.

  • Der Iunier überlegte kurz. Es blieben also nur die Prätorianer oder die Urbaner, die für eine Dissertation in Frage kämen. Seinen Neffen hatte er als Kontaktmann bei den Prätorianern mittlerweile verloren, doch sein Patron war kürzlich vom Kaiser zum Kommandeur der Urbaner ernannt worden und konnte ihn so bestimmt mit Informationen versorgen bzw. Tür und Tor zu den Archiven der Cohortes Urbanae öffnen. Umso mehr Silanus darüber nachdachte, umso besser und sinnvoller erschien ihm diese Idee.


    "Hmmm...... Dann wird es wohl die Cohortes Urbanae werden, wenn nichts dagegen spricht."

  • Macer bestätigte die Wahl des Themas mit einem Nicken und einem Kopfschütteln. "Dann wird das dein Thema werden, denn es spricht nichts dagegen. Willst du es eher als historische Arbeit anlegen, die die Geschichte der Einheit beleuchtet, oder ihre aktuellen Aufgaben und Funktionen im Kontext der heutigen politischen und staatlichen Ordnung beleuchten?" fragte er dann genauer nach, denn bei so einem Thema brauchte die Dissertation seiner Meinung nach einen Schwerpunkt.

  • Silanus überlegte noch einmal kurz, ehe er Antwort gab.


    "Nun ich würde sagen ein kurzer Rückblick zum Einstieg ist bestimmt nicht verkehrt. Aber das Hauptteil der Dissertation wird sich mit den aktuellen Aufgaben und Funktionen der Cohortes beschäftigen. Wie lange habe ich für die Ausarbeitung Zeit?"

  • "Zwei Wochen, laut Gesetz. Allerdings sagt das Gesetz auch, dass die Arbeit von den beiden Kommandeuren der Academia bewertet wird, aber mein Stellvertreterposten ist momentan gar nicht besetzt", erläuterte Macer die Fakten und schien sie gleich ein wenig relativieren zu wollen. "Vielleicht sollte ich den Kaiser mal darüber unterrichten und anregen, dass er über die Academia Militaris nachdenkt. Ich nehme an, eine schriftliche Eingabe finde am ehesten an der richtigen Stelle Gehör?" hakte er dann gleich nach, als ihm klar wurde, dass er genau dafür den richtigen Gesprächspartner vor sich sitzen hatte.

  • "Ich verstehe. Dann werde ich den Kaiser darüber Informieren und zeitgleich mit meiner Arbeit beginnen. Es wird wohl ein wenig länger dauern bis der Kaiser einen Stellvertreter gefunden hat. Doch wenn ich die Arbeit in der vorgegebenen Frist abgebe, wird es wohl ganz gleich sein, wann du und dein dann hoffentlich neuernannte Stellvertreter sie bewertet. Ich werde es dich wissen lassen, wenn der Kaiser eine Entscheidung getroffen hat oder dich vielleicht diesbezüglich persönlich zu Rate ziehen oder sprechen möchte. Verbleiben wir so?"

  • "Das wäre die eine Möglichkeit, dass er einen Stellvertreter ernennt", antwortete Macer schmunzelnd und lehten sich etwas zurück. "Die andere ist, dass er die Institution Academia Militaris grundsätzlich überdenkt. Aber das müsste ich ihm wohl wirklich irgendwie darlegen, wie ich darauf komme - und es hat natürlich nichts mit deinem Examen zu tun. Du gibst einfach fristgerecht ab am besten."

  • "Die Institution der Academia Militaris überdenken? Nun, dass wäre dann in der Tat eine Sache, die man wohl besser persönlich bespricht. Wenn du es wünscht, dann arrangiere ich einen Termin mit dem Kaiser, wo du persönlich deine Ideen und Gedanken vorbringen kannst. Zumindest klingt es so, als hättest du dem Kaiser diesbezüglich bereits konkrete Vorschläge zu unterbreiten. Ich bin mir sicher, dass er ein offenes Ohr für dich findet, Consular."


    Fragend sah Silanus den Purgitier an, der vermutlich auf dieses Angebot eingehen würde.

  • Macer nickte. "Das wäre sehr freundlich. Ein persönliches Gespräch ist sicher das beste", stimmte er zu und kam natürlich nicht noch einmal darauf zurück,d ass er ja auch einen Brief schreiben könnte. Ein Gespräch war schließlich viel besser. "Aber da wir gerade ohnehin über die Geschäfte am Kaiserhof sprechen: Bist du darüber informiert, wie es um die Aufsicht über die Gladiatorenschulen steht? Einer meiner Klienten, Helvetius Varus, wird wohl als Kandidat für einen solchen Posten gehandelt, sobald er den Ritterstand erworben hat. Ein Vorhaben, dass ich selbstverständlich nachdrücklich unterstütze", trug er dann gleich ein weiteres Anliegen vor, weil es gerade so gut passte. Einen Procurator hatte man schließlich auch als Consular nicht jeden Tag zu Gast.

  • "Der Posten des Procurator Familiarum Gladiatoriarum ist in der Tat derzeit vakant."


    Silanus überlegte kurz, ob ihm der Name etwas sagte oder er ihn schon irgendwo gelesen hatte. Schließlich schüttelte er jedoch verneinend den Kopf.


    "Aber es tut mir leid Consular. Der Name Helvetius Varus sagt mir nichts. Das soll nicht heißen, dass seine Erhebung in den Ritterstand nicht schon im Laufen ist, aber über meinen Schreibtisch ist diesbezüglich bisher nichts gewandert. Und das sollte es eigentlich, wenn es sich bei deinem Klienten nicht um einen Soldaten handelt und sich eventuell sein Kommandeur für die Standeserhebung eingesetzt hat. Diese Anfragen landen dann eher bei meinem Kollegen, dem Procurator ab epistulis. Aber bei mir….. nein. Nicht das ich mich erinnern kann.


    Und das Amt des Procurator Familiarum Gladiatoriarum zählt ja eigentlich auch nicht wirklich zu den Einstiegsämtern im ritterlichen Cursus Honorum. Wenn dein Klient noch nicht einmal dem Ritterstand angehört, halte ich es für eher unwahrscheinlich, dass er auf der Kandidatenliste für eine Neubesetzung steht.


    Wer hat sich den für seine Erhebung in den Ritterstand verwendet?"


    Schließlich war es noch unwahrscheinlicher, dass jemand in den Ritterstand erhoben wurde, der dem Palast weder durch seine Taten groß aufgefallen war, noch durch eine einflussreiche Person für diese Standeserhebung ins Gespräch gebracht wurde. Und auch wenn ein durchaus prominenter Consular, der Purgitius Macer zweifellos war, den Karrieresprung seines Klienten prinzipiell guthieß, so wäre für eine tatsächliche Unterstützung ein wenig mehr Einsatz notwendig gewesen. Und von dieser wusste der Iunier bisher nichts.

  • Macer schüttelte lächelnd den Kopf, denn offensichtlich war der Procurator einem Missverständnis aufgesessen. "Keine Sorge, ich sprach nicht vom Posten des Procurator Familiarum Gladiatoriarum", wehrte er die Überlegungen dann ab. "Es geht vielmehr um einen Posten als Director Ludi. Und ich bezweifle, dass die Ernennung schon im Gange ist. Aber sofern es gestattet ist, würde ich hiermit gerne vorschlagen, sie in Betracht zu ziehen. Sicher ist auch der derzeitige Curator Aquarum bereit, die Pläne meines Klienten zu unterstützen."

  • "Ahh, der Director Ludi. Nun, dann ist mir alles klar." sagte Silanus nun einleuchtend. Der Purgitier hatte vorhin von der Aufsicht der Schulen gesprochen und das war aus Sicht des Iuniers zweifellos die Aufgabe des Procurators. Der Director Ludi leitete vielmehr eine Schule. Ein Missverständnis eben, dass nun geklärt zu sein schein.


    "Zuerst sollte der gute Mann jedoch einmal wie gesagt in den Ritterstand gehievt werden. Ich denke das wäre ein weiteres gutes Thema für deinen Termin beim Kaiser. Ich bin mir sicher, wenn du dich für den Helvetier verwendest, wird der Kaiser nichts gegen seine Ernennung zum Eques einzuwenden haben. Danach werde ich gerne dafür sorgen, dass der Name deines Klienten bei der Neubesetzung des Director Ludis zur Sprache kommt. Diese Entscheidung wird sich bestimmt noch eine Weile hinauszögern lassen."


    Silanus lächelte selbstbewusst, da er genau wusste, dass er genügend bürokratische Möglichkeiten hatte, solche Vorgänge eine Zeit lang zu verschleppen oder sie sogar ganz abwenden zu können. Damit war dieses Thema aus seiner Sicht auch erledigt. Doch es brachte ihn auf eine ganz andere Frage, die er dem Consular bei dieser passenden Gelegenheit stellen wollte.


    "Doch sag mir Consular, wie sieht es mit dir aus? Unter dem Usurpator war es sehr ruhig um dich und seit deinem Consulat hast du, bis auf das Kommando über die Academia, keine öffentliche Funktion mehr ausgeübt. Wäre es in deinem Interesse, wenn ich auch deinen Namen wieder im Palast ins Gespräch bringe? Und wenn ja, in welche Richtung sollte sich dieses Gespräch entwickeln? Eine Statthalterschaft, ein militärisches Kommando oder eher ein ziviles Amt?"

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