"Also gut. Ich werde dir die Grundlagen wie dem codex religosus beibringen und natürlich auch die Fibel. Dann werde ich noch ein wenig Grundwissen über die anderen Gottheiten vermitteln, während wir uns auf dem Rang eines Popa zum größten Teil mit Iuppiter beschäftigen werden." erklärte Helena. "Und du darfst natürlich jederzeit an meinem Unterricht Kritik üben. Es ist mir wichtig den Unterricht so zu gestalten, dass er für beide Seiten angenehm ist. Und durch Kritik lerne ich für die Zukunft." fuhr sie mit einem sanften Lächeln fort. "Nun bitte ich dich, mir etwas über die capitolinische Trias zu erzählen - wie sie sich früher, und wie sie sich heute aufbaut. Und etwas über jene Gottheiten der heutigen Trias."
[Unterricht] Discipulus Redivivus Callidus
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"Gerne erzähle ich dir etwas! Aber verspreche mir, dass du nicht einschläfst! Ich selbst halte nichts von langen Reden, es sei denn, ich brauche ein Mittel gegen eventuelle Schlaflosigkeit!
Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass lange Reden alleine nicht reichen, um Wissen zu vermitteln, während des Redens muss viel mehr geschehen, es kommt auf den Redner an!"
Er hatte bereits der einen oder anderen Rede auf dem Forum beigewohnt und war damals schon froh, dass es da Säulen und Podeste gibt, wo man sich hinsetzen oder anlehnen konnte. Das machte das dösen in der Sonne viel leichter. Manche der Herren verstanden wirklich nichts davon, wie man anderen etwas beibrachte. Bei manchen zählte es wohl auch zur Taktik, die Leute konfus zu reden. Am Ende klatschten sie, obwohl sie nichts verstanden hatten. Durch die Erinnerung dran entfuhr im ein Gähnen.
"Verzeih, ich musste mich gerade das Geschwafel von Politikern erinnern. Nun kennst du ja meine Meinung dazu!"
Dann stand er auf und holte Luft.
"Dann will ich mal erzählen! Auch wenn du das eh schon alles weist!
Nun, der Begriff capitolinische Trias kommt von diesem Hügel mitten in Rom, auf den ein Tempel steht, der drei Göttern geweiht ist. Ursprünglich waren dies Quirinus, Mars und Iupiter. Tja, den Ahnen war der Krieg anscheinend sehr wichtig, waren Mars und Quirinus, nachdem im übrigen ein anderer Hügel in Rom benannt ist, doch Götter des Krieges.
Warst du schon mal auf dem Quirinal? Wenn ich das Geld hätte, würde ich mir da eine hübsche Villa kaufen, aber dazu muss man wohl korrupt und Senator sein, um da hinzukommen. Dort hat der Quirinus im übrigen auch einen Tempel! Naja, irgendwie tut mir der Kerl ja schon leid, dass man ihn aus dem Capitol hinausgeworfen hat, vor allem, da es Leute gibt, die ihn mit Romulus gleichsetzten, was ja heute im Kult immer noch so ist. Mein Lehrer war ein Anhänger dieses Quirinus, hat es in Rom aber nicht mehr ausgehalten und sich in Capua niedergelassen. Und da Quirinus am stärksten in Rom verehrt wurde, hat er sich halt seinem alten Kollegen Iupiter gewidmet."Callidus räusperte sich und seine Wangen röteten sich leicht.
"Aber ich will nicht weiter schwafeln. Letztendlich haben Vater, Mutter und Kind triumphiert und sich in dem Tempel auf dem Capitol niedergelassen. Über den alten Iupiter habe ich dir ja schon etwas erzählt und auch auf seine Frau, die jeden seine Schritte mißtrauisch beäugt, bin ich glaube ich schon eingegangen. Sie ist für die Ehe zuständig und ihr sind die schnatternden Gänse am Capitol zugesprochen worden.
Tja und dann ist da noch die Minerva, die Göttin der Handwerker, Musiker und Dichter!"
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Helena hatte sich zu einem Schmunzeln hinreißen lassen. In der Tat, er schwafelte, doch es sollte sie nicht weiter stören. So nickte sie also nur zufrieden nach seinen Worten. Mit einem spielerischen Lächeln meinte sie dann: "Ich bin beinahe ratlos, sind dies doch Dinge die ich bei Schülern immer abfrage - was soll ich dir noch beibringen?" zwinkerte sie. Dann machte sie ein Gesicht, als sei sie in der Tat ratlos, ehe sie den Kopf schief legte. "Was hältst du davon, wenn wir den Unterricht in Form eines klenen Spaziergangs fortführen? Ich kann die Wände nicht mehr sehen und es lässt sich doch leichter lernen, wenn die frische Luft in die Nase zieht und der Wind das Haar kräuselt. Dort werde ich dir dann schon einmal ein wenig über die verschiedenen Methoden der Opferungen erzählen. Und auch über verbliebene Gottheiten." Doch ohne eine Antwort abzuwarten, stand Helena auf und griff nach der Palla, die auf einer Truhe lag. Es war nun allzu deutlich dass es kein Vorschlag, sondern eine Aufforderung war. Sie machten sich auf den Weg.
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Helena saß auf ihrem Platz und wartete auf ihren Bruder. Die Ausbildung hatte sich nun, ihrer Meinung nach, lange genug hingezogen. Heute würde sie noch einmal sein Wissen befragen, ehe sie ihm eine Prüfung abnehmen würde. Dann würde sie ja sehen, ob er würdig war, auch zu praktizieren.
Mit einem Blick nach draußen stellte sich erste Ungeduld ein, denn ihrer Meinung nach wurde es allmählich Zeit für sein Eintreffen. Sie konnte Unpünktlichkeit nicht leiden und Callidus befand sich am Rande zu dieser. Leise summte sie ein kleines Liedchen, während sie wartete.
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Callidus tauchte im Tempelbezirk zu seinem Unterricht auf. Er fand auf Anhieb die richtige Türe, horchte aber kurz. Da summte jemand ein Lied. Er musste lächeln, dann öffnete er die Türe.
"Hallo Schwesterherz!"
Er sah sie fragend an.
"Bin ich hier im falschen Raum? Musikunterricht steht wohl nicht auf dem Stundenplan?"
Dann musste er an gesungene Gebete denken.
"Oder üben wir Kultgesang!"
Er trat nun völlig ein und schloß hinter sich die Türe, setzte sich dann hin und faltete brav die Hände.
"So, mein Pontifex! Ich wäre dann soweit für meine nächste Lektion!"
Er sprach dies ganz trocken, wusste er doch nicht, ob Helena für ein Späßchen bereit war.
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Helena sah ihm mit gutgelaunter Miene entgegen. Er war anscheinend doch noch nicht völlig unpünktlich aufgebrochen und sie musste nicht unnötig lange warten. Kurz verdüsterte sich ihre Miene, aber das gute Wetter hatte die Laune der noch recht schwächlichen Helena bis ins Unfassbare gesteigert und rasch ward ihr Gesich wieder milder. "Nein, die Gesänge finden erst ab deinem nächsten Rang statt, für welchen ich dich baldigst prüfen möchte. Ich werde kurze Absprache mit der Flaminca halten und mich dann um deine Prüfung kümmern. Heute soll vorerst dein letzter Unterricht stattfinden." meinte sie gut gelaunt. "Hast du ein wenig des Codex religiosus schon drin? Und wie stets mit der Religionsfibel? Hast du gelernt?"
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Callidus dachte an den Gesetzestext. Er mochte Gesetze nicht, waren sie doch oft für normale Bürger unzugänglich in der Art ihrer Sprache und Ausführung und langweilig zu lesen. Auch wenn er nicht bestritt, das manche Menschen Gesetze nötig hatten.
"Ja, den Codex kenne ich! Auch wenn ich ihn dir nicht auswendig herunter sprudeln kann. Meistens lernt man Dinge erst richtig, wenn man sie anwenden darf und die Teil des täglichen Handwerks werden!"
So hoffte er, dass er wirklich bald den nächsten Rang erreichen würde um auch mal etwas produktives zu tun. Er langweilte sich auf diesem Rang und wollte Aufgaben und Verantwortung.
"Die Fibel des Pontifex habe ich auch gelesen udn zum Teil kannte ich die Praxis durch meinen Ziehvater schon!"
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"Sehr gut. Dann werde ich den weiteren Rest so durchgehen, dass ich sehe wie du für die Prüfung bereit bist und wie ich es bisher immer getan habe." meinte Helena mit einem Lächeln und strich ihr Haar zurück. Sie war ruhiger geworden und nicht mehr das fröhliche, beinahe überdrehte Mädchen von einst, was sie zu missen begann. Aber vielleicht würde die Ehe mit Metellus sie wieder ein wenig aus dieser Ruhe heraus reißen. "Was also kannst du mir über Opferungen sagen? Sei nur ausführlich und weite unblutige wie blutige Opfer aus. Nur sprudel es nicht herunter, denn ich bin schon eine alte Frau." zwinkerte sie.
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'Frage - Antwort, Frage - Antwort...', Callidus seufzte vor sich hin.
"Dann will ich also mit meinem Vortrag anfangen!"
Er räusperte sich kurz und begann dann zu erzählen.
"Nun, das Opfer ist nur ein Teil des ganzen Rituals und steht niemals alleine da. Immerhin will man mit dem Opfer etwas bezwecken und das muss man in Form eines Gebetes verpackt der Gottheit auch mitteilen. Als erstes soll ein Opfer erstmal die Aufmerksamkeit der Gottheit erregen, denn das Imperium ist groß und es gibt viele Tempel. Dazu geeignet sind z.B. unblutige Gaben, die man an einem Altar darbringt, dass kann ein Hausaltar im Wohnhaus sein, ein Altar, wie man ihn häufig an Strassenkreuzungen findet, oder auch ein Altar in einem Tempel. Hier findet man oft die mobilen Altare, die foculi, die man auch vor den Tempel stellen kann, wenn man eine große öffentliche Zeremonie zelebriert. Ich habe das schon oft gesehen und musste ihn meisten heraustragen, weil mein Lehrer nicht mehr so viel Kraft in den Armen hatte. Tja, was sind unblutige Gaben? Nun dies kann viel sein. Ein Opferkuchen oder andere Arten von Speisen, Weihrauch, aber auch kostbare Gegenstände oder Geld. Dann haben wir da noch die Votivgaben. Auch das veschütten von Wein ist sogesehen eine unblutige Gabe, wenn auch nicht immer mit einem Gebet verbunden!"
Callidus blickte zu Helena, ob das bis hier alles korrekt war und er dann fortfahren könnte.
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Helena lauschte seinen Worten, doch gewissermaßen strengte es sie sehr an. Die Konzentration war ihr eigentlich noch nicht wieder gegeben, seit sie ihre Vergiftung erlitten hatte, doch sie musste sich ihrem Bruder zuliebe ein wenig am Riemen reißen. Die letzten Worte waren beinahe zu einem unzusammenhängenden Text verschwommen, dennoch nickte Helena mit einem freundlichen Lächeln. "Gut, Bruderherz. War es das, oder folgt noch mehr?" wählte Helena eine Frage, die er auch als Fangfrage auslegen konnte, doch dass sie nicht besonders gut auf seine Worte achetete, sollte nicht unbedingt zu ihm durchdringen.
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"Nun, zur unblutigen Gabe wäre es das, aber dann haben wir ja noch das blutige Opfer. Das Thema ist etwas schwieriger, weil es hier viel zu beachten gibt und man kann das Thema auch nicht völlig verallgemeinern. Je nach Ritus und Gottheit gibt es da bestimmte Vorgaben, so dass ich kaum auf konkrete Fälle eingehen kann, habe ich doch meistens nur Zeremonien zu Ehren Jupiters beigwohnt, wo ich dann auch stärker auf die Handlung geschaut habe. Im Grunde kann mans sagen, dass Geschlecht, Alter, Art und Farbe des Tieres von Bedeutung sind. Bevor das Tier geopfert wird, muss es gereinigt werden und dann hilft ein Opferdiener dem Leiter der Zeremonie. Du weißt schon dieses Age, Agene...!"
Callidus räusperte sich.
"Tja und dann wird die Eingeweideschau zelebriert um zu sehen, ob die Götter das Opfer angenommen haben. Anschließend werden den Göttern die Eingeweide vorbehalten und das Fleisch wird gekocht und es wird das Opfermahl abgehalten!"
Callidus blickte zu Helena, ob ihr seine Antwort reichte.
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Sie nickte zufrieden und hatte es dieses Mal sogar fertig gebracht, den Worten in vollem Ausmaß zu lauschen, ohne dass die Müdigkeit oder Schwäche sie überkam. "In Ordnung." sagte sie erst nur und ließ sich seine Worte nochmals durch den Kopf gehen, während sie ihn eingehend musterte. Dann fragte sie: "Welche Besonderheiten des Tieres konntest du bislang denn bei Iuppiter immer ausmachen?"
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"Nun, zur Weinernte wird ihm ein Lamm geopfert und an den Iden jeweils ein männlichen Stier!"
sagte er kurz und prägnant.
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Etwas zu kurz, befand Helena und fragte: "Welche Farben waren denn zu beobachten? Und aus welchem Grund?" fragte sie also weiter und sah ihm prüfend in die Augen. Zum Glück hatte sie zumindest an dieser Stelle aufgepasst.
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Beinahe streckte Callidus Helena gespielt die Zunge heraus. Er ließ es dann aber besser doch.
"Himmelsgottheiten: weiß, Feuergottheiten: rot und Unterwelt: schwarz! Wenn man das denn immer so klar definieren kann!"
sagte er gelangweilt. Er mochte dieses Spiel nicht!
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Helena seufzte und lehnte sich nach hinten, während er so lieblos diese gar nicht mal so unwichtigen Worte herunter ratterte. "Das ist korrekt, ebenso wie dein Einwand mit der nicht eindeutigen Definition. Welches Tier würdest du Neptun opfern?" Doch noch bevor er zur Antwort ansetzen konnte, lehnte sie sich nach vorn. Nun würde sie es ihm aber einmal zeigen. "Und mein Ergebnis steht fest. Die nötige Reife für einen Popa hast du noch längst nicht." Sie versuchte ernst dreinzuschauen, doch in ihren Augen blitzte der Schalk.
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"Nun, da ich mich mit dem Neptunkult nie befasst habe, kann ich dir das nicht sagen! Wie ich schon sagte, gibt es nicht immer irgendwelche allgemeinen Regeln, nach der man gehen kann. Oft sind uns doch Bräuche und Riten aus längst vergangener Zeit überliefert, so dass man nicht mehr weis, wieso man das und das tun muss!"
Er hob und senkte die Schultern.
"Vermutlich wird es sich wohl um ein männliches Tier halten und wenn ich an Neptun denke, dann denke ich an Wasser und Luft!"
Auf ihre Anspielung ging er nicht ein.
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Helena hob in altgewohnter Manie eine ihrer Brauen an, um kurz darauf zu schmunzeln. Heute schien Callidus jener zu sein, der keinen Spaß vertrug. Oder aber er bedauerte ehrlich und musste nun an ihrer verspielten Kritik nagen. "Das ist richtig. Welche Farbe würdest du allerdings wählen, wenn du die Rchtlinien betrachtest, die immer wieder neu 'aufgelegt' werden, um es den Schülern leichter zu machen?"
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"Nun, hast du schon mal einen blauen Stier gesehen? Ich nicht, vielleicht ein weißes Tier, denn Neptun ist kein Gott der Unterwelt nach meinem entsinnen!"
sprach er etwas ratlos und schaute sie neugierig an.
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Helena ließ ein leises Seufzen vernehmen. Eigentlich hatte sie sich so geäußert, dass keine Zweifel da sein sollten, dass er sich Schritt für Schritt voran arbeiten sollte. "Sage doch einfach, was du vermutest. Wennn es nicht stimmt, kann ich dich immer noch korrigieren. Aber lerne, dass du endlich klar deine Aufgaben und deine Position erkennst, denn ich schätze das ist für dein erstrebtes Dasein wichtig." meinte sie und wartete ein weiteres Mal auf Antwort, während ihre Haltung an Disziplin verlor.
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