Tablinum | Furianus, Cicero

  • Sciurus führte den Besucher bis zum Tablinum. "Wartet einen Augenblick, Herr."


    Er klopfte an die Tür, trat in den Raum und wartete, bis Furianus Kenntnis von ihm nahm. "Herr, Aurelius Cicero, Magistratus von Mantua ist hier. Er bittet um ein Gespräch mit Euch."

  • Dann sah ich Furianus, der sich in eine neue Toga hüllte und eine sehr gute Figur machte. Ich lächelte.


    "So mancher Würdenträger läuft mit gramgebeutelter Miene umher und hat schwere Säcke der Tränen unter den Augen. Dir scheint die verantwortung hingegen gut zu Gesichte zu stehen."

  • Eine andere Antwort hatte ich nicht von Furianus erwartet. gerne hätte ich mich noch mit ihm in diesem sanften Ton der Schmeichelei erfreut, doch zu viele unangenehme Themen plagten meine Schultern.

  • Nachdem ich es mir bequem gemacht habe, schaute ich Furianus musternd an.


    "Ich erinenre mich noch an unser letztes Gespräch hier, als wir gut gelaunt philosophierten und uns kennenlernten. Leider plagen mich heute einige Sorgen. Zwar nicht mich persönlich betreffend, sondern menschen, die mir am herzen liegen. Doch ist dieses ja das Gleiche!
    Zwei schwere Steine liegen mir auf der Brust. Den einen Stein vermag ein guter Jurist zu entfernen. Den zweiten, pikanteren, nur ein guter Freund. Wenn überhaupt."

  • Furianus bedeutete einem Sklaven beiden Wein einzuschenken und hörte Cicero derweil zu, fragend richtete er sich ein wenig auf.


    "Nun, vielleicht liegt es in meiner Kraft beide Steine zu entfernen. Doch stellen sie für mich derzeit noch ein Rätsel dar, ihr Gewicht weiß ich nicht einzuschätzen und demnach auch nicht die Kraft, die ich für sie aufbringen müsste. Präzisiere dich bitte, Freund, und ich versuche dir zu helfen."

  • Kurz am Wein nippend, kam ich denn auch zur Sache.


    "Das eine Problem, das der juristischen natur, das wird sich schnell klären lassen. Ich erwarte noch einen Gast in Deinem Hause."


    Schmunzelnd kniff ich ein Auge zu.


    "Mein Scriba aus Mantua, der auch zugleich der Klient der Aurelia ist, der wurde zu Unrecht angezeigt. Aus verständlichem Grunde lege ich nun das gesamte Gewicht, das ich zu bieten habe, in die Waagschale. Auch wenn er nicht ernstlich etwas zu fürchten hat, denn ich kenne die römische Gerechtigkeit, so verlangt es die ehrwürdige Sitte des Patronates, sich dieser Angelegenheit mit vollster Kraft zu widmen. Deshalb bin ich nicht bei irgendeinem Juristen.


    Deshalb bin ich bei dem EINEN Juristen."


    Ein leichtes Grinsen lag bei meinen Worten.

  • Furianus lachte.


    "Entschuldige."


    Und er wurde ernster, doch das Lächeln blieb.


    "Ich verkenne den Ernst der Lage nicht, keineswegs, doch der EINE Jurist, nun. Der eine Jurist, welcher noch niemals als Jurist agierte? Doch ich danke dir für deine Worte, sie schmeicheln mir ungemein."


    Nun wieder ernster und nach einem genussvollen Schluck des Weines...


    "Wenn dein Klient zu Unrecht bezichtigt wird, so werde ich mein Debüt als Advocatus gerne bei diesem Fall geben. Wir sollten aber doch, der Vollständigkeit halber, seine Ankunft erwarten. Ein guter Grund, um deine zweite Sorge anzusprechen."

  • Ich ließ mir nichts anmerken, doch hatte ich anscheinend meine Nichte falsch verstanden? Ich ging davon aus, mein lieber Furianus war ein erfahrener Jurist. Da mein Scriba aber eh unschuldig war, da würde der aufgeweckte Furianus das sicherlich meistern.


    "Ja, die andere Geschichte. Nun, es darf ein niemand erfahren, das ich überhaupt diese Frage stelle. Falls Du also meinst, es könnte zu Problemen führen, so schweige einfach."


    Fragend schaute ich ihn an, dann kam ich zum Punkt.


    "Kannst Du mir etwas über Deinen Verwandten Tiberius Flavius Quirinalis erzählen? Wer und was ist er? Wie ist er?"

  • Es weckte Staunen in Furianus. Warum wollte Cicero was über diesen Verwandten erfahren? Doch er unterließ eine Frage.


    "Nur so viel, dass ich seinen Namen nur aus Dokumenten, genauer gesagt, der Ahnentafel kenne. Doch warte einen Augenblick."


    Furianus stand auf und ging in ein anderes, kleineres Zimmer, kam dann mit einer langen Schriftrolle wieder. Nach einigen weiteren Momenten des Schweigens und Forschens blickte er auf.


    "Er lebt in Hispania, doch ist er..."


    Furianus hielt inne und blickte kurz auf das Dokument.


    "Er ist kein echter Flavier. Quirinalis wurde laut diesem Dokument von Caius Flavius Catus adoptiert. Caius Flavius Catus war ein großer Mann, hörte ich, er war mein Adoptivbruder.
    Flavius Quirinalis ist außerdem Klient meines Vaters. Mehr kann ich dir nicht sagen, Cicero, da ich ihn schlicht nicht kenne. Ich verbinde diese Daten mit dem Namen, doch das Gesicht dazu erblickte ich noch nie."


    Nun konnte er nicht mehr warten, die Neugier war zu groß, reizte ihn.


    "Cicero, gibt es einen negativen Grund, warum du nach ihm fragst?"

  • Ich kam näher an Furianus heran, so als hätte ich die Befürchtung, man könnte uns belauschen. Auch wollte ein erkennbares Signal geben, wie wichtig es mir war.


    "Nun, es gibt einen Grund für mich, warum dieser Mann mein Interesse erweckt. Weißt Du vielleicht, ob er sich just in Italia aufhält?"


    Auch wenn ich diesen jungen Mann erst wenige Monate kannte, er wuchs mir ins Herz. Ein Furianus, ja, das wäre was. Aber ein Quirinalis?


    "Ich möchte mich zunächst nicht weiter äußern. Verstehe mich nicht falsch. Es ist nicht, weil ich kein vertrauen zu Dir hätte. Es ist, weil ich als liebender Verwandter mich in Dinge einmische, die mich nichts angehen. Doch das traurige Augenpaar eines mir lieben Menschen, das lässt mich nicht ruhen."


    Ich hoffte nur, Furianus würde mich nicht für senil oder wirre halten. Aber ich könnte ihm nichts von der Geschichte mit meiner Nichte erzählen. Ich selbst hatte ja nicht einmal ein recht, mich einzumischen. Und dennoch tat ich es. Und ich hoffte, es würde ein Geheimnis zwischen ihm und mir sein. Ihm, dem ich mehr und mehr vertraute und ihn wie einen Sohn ansah. In Gedanken verloren nickte ich Furianus zu und setzte mich erneut.

  • Er akzeptierte seine Beweggründe ihm dies nicht zu offenbaren und nickte ruhig.


    "Nein, ich weiß es nicht. Zumindest wurde mir nichts davon berichtet."


    Seine Neugier war geweckt, er würde Quirinalis wohl befragen müssen. Vorausgesetzt dieser hielt sich in Italia auf. Für solche Dinge nach Hispania zu reisen kam nicht in Frage, doch er war neugierig. Vielleicht gab es ja Strittigkeiten zwischen Quirinalis und einem Aurelier, dass er jedoch so schnell wie möglich beseitigt wissen wollte, da er befürchtete die Freundschaft Ciceros zu verlieren.
    Wein war nun angebracht, was sich Furianus natürlich gerne gönnte.


    "Falls ich dir helfen kann, falls es Unstimmigkeiten unbestimmter Art zwischen Flavius Quirinalis und der Gens Aurelia gibt, so zögere nicht es mir zu sagen."

  • Ich schlug mir leicht auf die Knie. Oh, Furianus, guter Furianus. Wie sehr schätze ich Dein aufrichtiges Engegement. Doch hier scheint es mir, das es mich in Verlegenheit zu führen droht. Kurz überlegte ich. Wer wüsste, was in seinem Kopf nun vorginge. Ich wollte wahrlich keine schlafenden Dämonen erwecken. Es sei, ich schaute ihn mit ernster Miene an und bedeutete, das nun Gesagte wäre ein Geheimnis, das auch eines bleiben sollte.


    "Es steht mir nicht zu, darüber zu reden. Wenn mein bruder es erführe, so würde ich zurecht gescholten werden. Also, es muss unter uns beiden bleiben. Das musst Du mir schwören, sonst lass uns das Thema wechseln. Ich bewege mich derzeit auf einem schmalen Grat, zwischen Pflicht und Liebe."

  • Pflicht und Liebe...Furianus wusste nicht was er ihm zu sagen versuchte.
    Selbstverständlich hätte er ihm gerne noch einige Fragen diesbezüglich gestellt, doch schienen sie nun nicht erwünscht. Interesse wuchs und die Neugier überwältigte seine Gedanken.
    Doch er besann sich wieder, der Verstand dominierte.


    "Ich verstehe und gehe deinem Wunsch nach, sage es niemandem. Doch erzähle mir, wie geht es Aurelius Antoninus, Eugenius und Deandra?"

  • Wissend nickte ich und begann mir dem Rande, der mir wichtigen Geschichte.


    "Antoninus ist wie immer am Kämpfen. Eugenius ist ein eigensinniger Streiter, welche Gedanken er derzeit hat, das weiß ich nicht. Doch wird Rom einiges zu erwarten haben, von diesem hellen Verstand."


    Dann unterbrach ich dezent, um auf mein eigentliches Anliegen zu kommen. Ich wusste wohl, Furianus würde es unter uns belassen. Zwar verursachte es mir leicht Magenbeschwerden, doch sprach ich es dennoch aus.


    "Meine Gedanken bewegen sich derzeit um meine geliebte Nichte. Sie bedeutet mir viel und es liegt ein trüber Schatten auf der Seele, der mit dem Namen Flavius zusammenhängt."


    Eigentlich wollte ich fortfahren, doch ein Husten unterbrach mich unwillentlich.

  • Furianus hörte Cicero mit einem Lächeln auf den Lippen zu, doch der letzte Satz...
    Seine Augen weiteten sich, er setzte sich auf und umfasste seinen Becher so stark, dass seine Handknochen weiß wurden.


    "Schweige nicht, Cicero! So sprich und stoße mir den Dolch ins Herz!"


    Entfuhr es ihm und er schaute gebannt sein Gegenüber an. Ein Schatten auf der Seele, ein Schatten, der seinen Namen trug. Furianus konnte nicht mehr klar denken, die Neugier ward vergessen, verworfen, sie wich der Angst, der Enttäuschung.

  • Beschwichtigend versuchte ich auf Furianus einzuwirken, von dessen Gefühlswelt ich erstaunt ergriffen war.


    "Oh, stürze Dich nicht in ein Unglück, das Deiner nicht würdig ist, mein Freund. Das könnte ich nimmer mir verzeihen. Besagter verwandter von Dir machte meinem Bruder einen Antrag*. Er wolle doch das Herz meiner Nichte besitzen, und mein Bruder ist dem wohlgesonnen. Nun weiß ich aber , wie das Herze meiner mir lieben Nichte schlägt. Wohl mag Dein Verwandter ein aufrechter Mann und Ehepartner sein. Doch ist das Herz der Deandra längst vergeben.


    Nun, ich dürfte mich nicht einmischen, doch wie gesagt, das Wohl meiner nichte gilt mir fiel. Deshalb wünsche ich wohl, die Sache irgendwie klären zu können. Und das ohne viel Aufsehens."


    Sim-Off:

    *Die Formulierung konnte ich mir nicht verkneifen

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