Hauptverhandlung IUD MAI I/DCCCLVI - Imperium Romanum vs. Medicus Germanicus Avarus

  • "Ich stelle nicht in Zweifel, dass er auf der Rostra eine Rede hielt, sowas hat er sicherlich öfter getan!
    Aber mit welchen Worten, zu welchem Thema und wie er dies tat, soll diese Verhandlung klären!"

  • "Diese Verhandlung soll doch eher klären, wie sich die Worte des Beschuldigten Senator Medicus Germanicus Avarus in einer Strafbarkeit auswirken."


    Eine kleine Notiz am Rande seiner Mitschriften fielen Mattiacus auf.


    "Die Rede des Beeschuldigten wurde ebenso von einem Scriba im Senat aufgezeichnet, als der Senator Medicus Germanicus Avarus sie eben dort wiederholte."

  • Livia schaut leicht verärgert ob der sich entwickelnden Diskussion.


    "Silentium."


    Sie wendet sich an Lucianus.


    "An der Tatsache, dass der Angeklagte an dem genannten Termin auf der Rostra sprach, bestehen scheinbar keine Zweifel. Die Verteidigung bestreitet jedoch, dass Senator Germanicus Avarus diese Rede sinngemäß so gehalten hat. Ist das korrekt? Welchen Inhalt hatte die Rede stattdessen aus eurer Sicht?"

  • Die Worte von Mattaicaus liess ich unkommentiert, da sich sogleich die Praetrix an mich wandte....

    Zitat

    Original von Tiberia Livia
    Sie wendet sich an Lucianus.


    "An der Tatsache, dass der Angeklagte an dem genannten Termin auf der Rostra sprach, bestehen scheinbar keine Zweifel. Die Verteidigung bestreitet jedoch, dass Senator Germanicus Avarus diese Rede sinngemäß so gehalten hat. Ist das korrekt? Welchen Inhalt hatte die Rede stattdessen aus eurer Sicht?"


    ... ich antwortete


    "Senator Avarus hat an diesem Termin gesprochen, das ist eine Tatsache!
    Ich bestreite auch nicht, dass die Rede sinngemäss diesen Inhalt hatte.
    Ich frage mich nur, ob es denn wirklich Leute gibt, die mit der Wachstafel an der Rostra stehen und alles, wortgetreu, mitschreiben?
    Und wenn es später geschah, würde ich mich wundern, wenn die niedergeschriebenen Worte hundertprozentig dem entsprechen, was gesagt wurde, kann sich doch ein Redner oft selbst nicht genau erinnern, welche Worte er gebraucht hatte...... aber das liegt nicht an mir, dies zu beurteilen, ich stelle die Frage lediglich in den Raum!"

  • "Den genauen Wortlaut der Rede werden wir wohl nicht mehr bis ins Detail rekonstruieren können. Doch der Sinn, welcher hinter diesen Worten steht, steht im Mittelpunkt dieser Verhandlung. Wenn die Verteidigung den Inhalt des vorgelegten Dokuments sinngemäß akzeptiert, dann können wir auf die Vernehmung der Zeugen vielleicht verzichten. Oder gibt es doch noch konkrete Beanstandungen an dem Text, Advocatus? Stimmt die Version des Angeklagten zum sachlichen Hergang der Dinge mit derjenigen der Anklage überein?"

  • Wieder wandte ich mich an Livia


    "Ehrenwerte Praetrix!"


    Zitat

    Den genauen Wortlaut der Rede werden wir wohl nicht mehr bis ins Detail rekonstruieren können.


    "Genau dies habe ich zu bedenken gegeben!"


    Zitat

    Doch der Sinn, welcher hinter diesen Worten steht, steht im Mittelpunkt dieser Verhandlung. Wenn die Verteidigung den Inhalt des vorgelegten Dokuments sinngemäß akzeptiert, dann können wir auf die Vernehmung der Zeugen vielleicht verzichten. Oder gibt es doch noch konkrete Beanstandungen an dem Text, Advocatus?


    "Wie schon gesagt, bestreite ich NICHT, dass die Rede sinngemäss diesen Inhalt hatte!"


    Zitat

    Stimmt die Version des Angeklagten zum sachlichen Hergang der Dinge mit derjenigen der Anklage überein?



    Ich nickte "Ja, durchaus!"


    Dann machte ich eine kleine Pause, holte einmal tief Luft und begann abermals...


    "Allerdings habe ich Einwände gegen die Anklage an sich!
    Der §84 Abs.1 besagt:


    Zitat

    (1) Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet.....


    Hier bezieht man sich, durch die Worte EINEN ANDEREN auf eine bestimmte Person. der Senator aber hat in seiner ganzen Rede keine bestimmte Person angesprochen und somit auch nicht gegen diesen Absatz im § gehandelt!


    Was den Abs.2 betrifft, welcher besagt:


    Zitat

    (2) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften eine üble Nachrede aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren,...


    Auch hier tritt wird klar definiert, dass man gegen EINE PERSON handelt, was der Senator, wie schon zuvor erwähnt, NICHT gemacht hat!
    Und schon gar nicht aus Beweggründen, wie sie im Gesetzestext beschreiben sind!


    Senator Medicus Germanicus Avarus hat lediglich die Geschichte, die vor ca. 800 Jahren passierte aus seiner Sicht, nach seiner Meinung und mit seinen Worten erzählt!


    Aus diesen Gründen bekennt sich der Senator für NICHT SCHULDIG!"

  • Livia lächelt erfreut und tauscht einen kurzen Blick mit den anderen Iudices. Dann wendet sie sich wieder zuerst Lucianus zu.


    "Auf die Erfüllung des Tatbestandes wollte ich noch garnicht hinaus, Advocatus. Es ging erst einmal um den objektiven Hergang der Tat. Doch da wird uns diesbezüglich nun einigen konnten, werden wir vorerst auf die Vernehmung der Zeugen verzichten können und uns der Erfüllung des Tatbestandes zuwenden."


    Sie gibt Mattiacus mit einem Wink zu verstehen, dass er auf die Argumentation der Anklage nun antworten darf und sie beiden Seiten etwas Raum für eine kleine, sich in angemessenem Rahmen bewegende, Diskussion lässt.

  • "Zur Erfüllung des Tatbestandes habe ich mich bereits in meiner Anklageerhebung geäußert.
    Nach meiner Ansicht kommt es hier auf den Empfängerhorizont an. Der Beschuldige Senator Medicus Germanicus Avarus hat in solch einer Art von Geschehnissen der Historie gesprochen, dass sich jeder in unserer Zeit lebende Patrizier angesprochen fühlen muss. Der Nebenkläger hat sich in einer solchen Weise von den Äußerungen des Beschuldigten Senator Medicus Germanicus Avarus gefühlt und dieser Umstand hat ihn zur Anzeige motiviert.
    Im Übrigen erschüttern die Worte des Beschuldigten Senator Medicus Germanicus Avarus die Grundfesten unserer römischen Gesellschaft und unserer Res Publica selbst, so dass er sich sogar glücklich schätzen kann, dass nicht schwerere Tatbestände angenommen werden."


    Sim-Off:

    Könnten wir die Verhandlung vielleicht am Montag weitermachen ? Ich bin das Wochenende leider nicht da und habe auch keine Möglichkeit, online zu gehen.

  • Ich überlgte und legte mir meine Worte im Kopf zurecht.


    Zitat

    "Der Beschuldige Senator Medicus Germanicus Avarus hat in solch einer Art von Geschehnissen der Historie gesprochen, dass sich jeder in unserer Zeit lebende Patrizier angesprochen fühlen muss. Der Nebenkläger hat sich in einer solchen Weise von den Äußerungen des Beschuldigten Senator Medicus Germanicus Avarus gefühlt und dieser Umstand hat ihn zur Anzeige motiviert."


    "Es mag sein, dass sich die Patrizier angesprochen fühlen, aber wie ich es schon sagte, der Senator hat KEINEN persönlich angesprochen. Auch den ehrenwerten Aedilis Curulis nicht! Aber der, in der Anklage angeführte, Gesetzesparagraph spricht eindeutig von einer persönlichen Anrede, welche aber nicht stattgefunden hat!
    Und somit erfüllt die Rede des Senator den Tatbestand in keiner Weise!"


    Zitat

    "Im Übrigen erschüttern die Worte des Beschuldigten Senator Medicus Germanicus Avarus die Grundfesten unserer römischen Gesellschaft und unserer Res Publica selbst, so dass er sich sogar glücklich schätzen kann, dass nicht schwerere Tatbestände angenommen werden."


    "Nun, dies liegt nicht in meiner Hand und auch nicht in der Hand des Senators. Hättest du ihm schwerere Tatbestände vorwerfen können, ich bin mir sicher, du hättest es getan, Quaestor Sacri Palatii!"

  • Furianus saß hinten und verfolgte den Prozess.


    Sim-Off:

    Ich hoffe ich darf dem Prozess beiwohnen, wenn nicht, dann löscht das ruhig ^^


    Lucianus, o tempores, wie konnte er sich nur auf sowas einlassen. ;)


    Und dann noch solche Vorwürfe das Gesetz spreche nur von einer natürlichen Person. Ohje, Furianus schüttelte den Kopf.
    Wenn das Gesetz es so vorsieht, dann könnte Furianus nun durch die Straßen Roms gehen und sämtliche Familien Roms aufs Gröbste beleidigen, er hätte ja sowieso keine Strafe zu fürchten.
    Oder er würde sämtliche gegnerische Factios öffentlich demütigen und beleidigen können, vielleicht den ganzen Kaiserhof, oder Cultus Deorum, das Militär wäre da auch nicht übel.
    Ach, einfach alles beleidigen, was sich aus mehr als einer Person zusammensetzt, dann hätte er ja sowieso nichts zu befürchten. ;)

  • Sim-Off:

    @Furianus: Beiwohnen - Ja. ;) Aber versuche bitte nicht, durch gedankliche Erörterungen auf den Prozess einzuwirken. Wenn du etwas zur Diskussion beitragen möchtest, dann mach das bitte korrekt über deinen Advocatus und zwar so, dass es jeder hören kann. :) Danke.


    Livia verfolgt die vorgebrachten Argumente und macht sich ab und an eine kleine Notiz. Sie lässt die beiden Seiten vorerst eigenständig aufeinander eingehen und ihre Argumentation selbst entwickeln. Nach dem Wortbeitrag der Verteidigung sieht sie also abwartend zur Anklage und wartet auf deren Antwort.

  • Mattiacus sah, dass von ihm nun eine Erwiderung erwartet wurde.


    "Sehen wir uns den Paragraphen doch einmal an....."


    Mattiacus nahm den Gesetzestext hervor.


    "Die Paragraphen sind überschrieben mit "Delikte gegen die Ehre". Das die Worte des Beschuldigten die Ehre der Patrizier und, damit vieler Römer verletzt, darüber sollten wir uns alle klar sein. Doch schauen wir weiter.


    Du meinst, nur weil im Paragraph nur von "einer Person" gesprochen ist, heisst das nicht, dass man es nicht auf ein oder mehrere oder vielleicht viele oder sogar alle beziehen kann ? Denn hier beginnt unsere Arbeit, unsere Arbeit der Advocati und Juristen. Wir müssen die abstrakte Norm auslegen und auf einen konkreten Sachverhalt anwenden. Wir haben die Rede des Beschuldigten, die die Ehre der Patrizier beleidigt, und wir haben die abstrakte Norm.
    Es erscheint nicht recht und billig, dass man eine ganze Gruppe von Personen beleidigen kann und dann sich darauf berufen kann, dass im Gesetz nur von einer Person die Rede ist. Daher lege ich das Gesetz so aus, dass der Paragraph nicht nur eine Person, sondern auch viele Personen meint und man dieses hinzulesen sollte und muss."


    Mattiacus legte den Gesetzestext beiseite.

  • "Genau darum geht es, verehrter Quaestor Sacri Palatii! Um Auslegung!
    Genauso wie du den Gesetzestext auslegst, kann man auch die Rede des Senators auslegen. Und wer sich darin angegriffen fühlen möchte, wird das auch tun."


    Kurz pausierte ich und nahm mit ebenfalls den Gesetzestext zur Hand


    "Aber gut, wenn du so willst, werde ich auch nochmal auf den Gesetzestext eingehen, in dem steht:


    Zitat

    (1) Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, .....


    Hier steht ganz klar: EINEN ANDEREN und ich halte mich an diesen Text und lege ihn nicht einfach irgendwie aus.
    Und nochmal: Senator Avarus hat keine Person persönlich angesprochen. Er hat nichteinmal eine lebende Standesschicht angesprochen. Er hat Ahnen angesprochen, Ahnen die schon lange nicht mehr unter uns weilen."


    Wieder machte ich eine kleine Pause um den Text weiterzulesen und mir meine Worte zurecht zu legen.


    "Weiter steht im Gesetzestext:

    Zitat

    (2) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften eine üble Nachrede aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von 3 bis 5 Monaten oder Geldstrafe von 400 bis 1.600 Sesterzen


    Auch hier wieder dasselbe: EINE, im politischen Leben des Volkes stehende, PERSON!
    Erstens, wie schon oft erwähnt, hat Senator Avarus keine einzelne Person angesprochen. Und Zweitens schon gar keine im politischen Leben stehende Person!
    Kann er ja auch gar nicht, denn er hat über Ahnen gesprochen, die bereits im Elysium weilen und somit nicht im politischen, ja in gar keinen Leben stehen!"

  • Ich nickte "Verständlich, dass du bei deiner Auslegung bleibst und ich bei meiner....."


    Eine kurze Pause, um mir meine Gedanken zu machen....


    "..... und genau aus diesem Grund stehen wir ja hier vor der Praetur!" fügte ich hinzu und blickte zu Livia.

  • Livia zieht sich ein Blatt Papyrus heran und wirft einen kurzen Blick darauf. Anschließend wendet sie sich an den Ankläger.


    "Die Dissertation meines Gemahls wird den Anwesenden Advocati sicherlich bekannt sein. Er führt darin aus, dass es grundsätzlich gesehen drei verschiedene Möglichkeiten gibt, die Ehre eines Menschen zu beeinträchtigen. Somit gibt es den Vorwurf einer konkreten Tatsache, aus der nach allgemeiner Ansicht ein negatives Werturteil über den Betroffenen folgt. Da die Rede des Germanicus jedoch nicht auf konkrete Tatsachen in Bezug auf die Kläger einging, ist dies wohl nicht der anzuwendende Fall. Eine weitere Möglichkeit ist ein Werturteil, das sich konkret auf bestimmte persönliche Eigenschaften des Bezichtigten und damit auch auf Tatsachen bezieht. Da der Redner aber auch in dieser Hinsicht nicht konkret wurde, ist es ebenfalls auszuschließen. Uns bleibt somit als Letztes die unmittelbare Äußerung eines ehrmindernden Werturteils."


    Sie nimmt noch einmal die der Rede zugehörige Mitschrift zur Hand und überfliegt einige Zeilen erneut.


    "Da die Anklage sich in ihrer Argumentation vor allem auf die Patrizier als Zielgruppe der Behauptungen bezieht, lässt sich der Stein des Anstoßes innerhalb der gesprochenen Worte vermutlich schon ein wenig eingrenzen. Ich zitiere...


    Das Rudel Familien, das alles kontrollierte, nannte sich selbst Patrizier und besaß alles Land von irgendwelchen Wert. Da sie im Grunde nichts anderes waren als wohlhabende Bauern, legten sie fest, dass nur wohlhabende Bauern Anspruch auf Ruhm und Würde hätten. Geld was aus einer anderen Quelle wie der Landwirtschaft stammte galt uns unrein, weil es Geld war, was sie nicht bekamen.


    Quaestor, bitte nenne und erläutere uns die konkreten Punkte in diesem Text, welche dieses ehrmindernde Werturteil aus eurer Sicht inwiefern repräsentieren. Korrigiere mich und ergänze dies, falls ich im weiteren Teil der Rede noch etwas relevantes übersehen habe."

  • Furianus konnte sich auf seinem Platz fast nicht halten. Was machte die Tiberia da?
    Furianus wandte sich an Balbus, der neben ihm saß.


    "Das kann doch nicht wahr sein, warum liest sie nicht einen Satz weiter?. Sieh."


    Furianus nahm sogleich die Abschrift und deutete mit dem Finger auf einen Satz.


    ...Die geringeren Menschen waren die Plebejer, die ein bischen zu spät gekommen waren, um das beste Land für sich zu beanspruchen, weil das schon an den ersten Trupp Banditen gegangen und an deren Nachkommen weitervererbt worden war....


    "Man beschimpft die Patrizier als einen Trupp Banditen, das ist unmöglich."


    Er war gereizt und man konnte es an seinen schnellen Bewegungen erkennen.

  • Mattiacus nahm den Redetext wieder zur Hand.


    "In der von dir zitierten Stelle wird das Kind zum ersten mal beim Namen genannt. Schon davor spricht der Beschuldigte von unserer Res Publica als ein Banditenstaat, was schon jedem Römer mehr als beleidigen sollte. Dieses Werturteil ist schon sehr wertmindernd.
    Gleich nach dieser Stelle spricht er wieder von den Patriziern als erste Gruppe von Banditen. Die Patrizer stellen unsere vornehmsten Familien und sie als Banditen zu bezeichnen ist so evident ehrmindernd, dass es jedem auffallen muss.
    Der gesamt Vorgang, in dem unser Rom groß und mächtig geworden ist wird mehr als ehrmindernd in den Dreck gezogen."

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