Zwei spanische Reisenden auf dem Weg zum Glück!

  • Serpens schnaubte noch mal verächtlich und schüttelte den Kopf. Dabei musterte er Valeria mißmutig, die Drohung verfehlte jedoch nicht ganz seine Wirkung, denn er schwieg einen Moment. Langsam holte er tief Luft. "Das scheint mir doch eher fadenscheinig zu sein. Aber gut, wenn Du die Nichte des Legaten bist, würde mein Herr Dich bestimmt gerne sehen und Dir seinen Schutz anbieten wollen!"


    Mit einer Kinnbewegung deutete er auf die Sklavin, die schon am Rand der Waldlichtung angekommen war. "Sie ist geflohen. Und ein geflohenes Tier fängt man am Besten mit den Jagdhunden!" Er lachte laut auf und sein Lachen klang häßlich, bosartig und gemein. "Das Mädchen werde ich wieder mitnehmen. Aber vielleicht begleitet Du und Deine Männer mich ebenfalls. Die Villa meines Herren liegt nur eine Stunde von hier entfernt."


    Spöttisch sah er auf das Lager herunter und zog bedeutend die Augenbrauen hoch. "Das wäre für die Nichte..." Seine Stimme triefte dabei vor Spott. "...des Legaten sehr viel passender als in der Wildnis zu kampieren. Meinst Du nicht auch?"

  • Valeria überlegte. Eine Nacht in einem weichen Bett wäre sicherlich nicht schlecht. Andererseits wollte sie auch unbedingt weiter und der Reiter kam aus einer ganz anderen Richtung als die, in die die kleine Gruppe reiste. Fragend sah sie zu Apollonius, denn sie konnte keine Entscheidung treffen.


    Die Worte bezüglich der Sklavin machten sie wütend. Valeria hatte Sklaven nie als Tiere angesehen, sondern als Menschen. Manche konnten schließlich nicht einmal etwas dafür, dass sie in die Hände von Sklavenhändlern gefallen waren. Sie sah den Reiter mit versteinertem Blick an und entgegnete Spitz:
    "Dann will ich für dich beten und hoffen, dass du niemals durch feindliches Gebiet fliehen musst. Hinterher hält man dich auch für ein Tier."


    Kurz kam ihr der Gedanke, das Mädchen schlichtweg zu kaufen, dann aber fiel ihr ein, dass sie nicht einmal das Standesgeld hatte aufbringen können und sie sah wieder fragend zu Apollonius.

  • Valerias Worte brachten Serpens erneut zum Lachen. Er ließ probeweise seine Schwert herumsausen, was bei den angespannten Sklaven zu abwehrenden Bewegungen führte. "Ich war schon oft genug in Feindesland. Aber Dir soll versichert sein, ein römischer Soldat flieht nicht. Denn wir siegen immer!" sprach er voll der Gewißheit aus. Triefende Arroganz mit römischen Selbstbewußtsein sprach aus den Worten.


    Apollonius zuckte mit der Schulter. "Es wäre schon für Dich besser, wenn Du nicht auf dem Boden schlafen müsstest! Vielleicht sollten wir seiner..." Apollonius zögerte und sah den Römer mißmutig an. "Einladung folgen. Und dem Mädchen können wir wohl kaum helfen!" Bei den Worten, die Apollonius äußerte, erntete er von Phokas einen verächtlichen Blick, der jedoch stumm hinter den anderen Sklaven stehen geblieben war.


    Serpens verfolgte mit hochgezogenen Augenbrauen das Gespräch. "Hör lieber auf den Griechen. Nicht, dass Du Deinem Kind selber schadest, Nichte des Meridius!"

  • Valeria sah den Reiter ermüdet an. Sie mochte solch ein prahlerisches Gehabe nicht. Lucius Caninius Serpens...den Namen würde sie sich merken, das nahm sie sich vor. Sie vernahm Apollonius' Worte und seufzte ergeben, warf dann dem Mädchen einen traurigen Blick zu und wandte sich schließlich an den Hauptmann.
    "Wäre ich nicht gezwungen, würde ich mich dagegen aussprechen. Aber ich habe schließlich nicht nur an mich zu denken, also führe uns zu deinem Herren", sagte sie zu ihm und behandelte ihn damit wie einen Sklaven. :D
    Die boshafte Anspielung ignorierte sie einfach - und den Kerl dann übrigens auch, denn sie wandte sich um und ging wieder zurück zu der Sklavin und lächelte sie aufmunternd an. Wieder zeigte sie auf sich und sagte "Valeria."

  • Ärgerlich brummte der Reiter, ignorierte jedoch seinerseits Valerias Wortwahl und nickte leicht. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit der Frau zu, die in Richtung des Reiter blickte und Panik bekam. Verletzt wie sie war und eigentlich nicht mehr fähig zu laufen, kam sie mühsam auf ihre Beine. Sie warf Valeria noch einen verzweifelten und gehetzten Blick zu und wollte losstürmen. Serpens knurrte wütend auf und lenkte sein Pferd in schnellen Sätzen an den Sklaven am Rande der Lichtung vorbei. Schon war er an der Frau dran und beugte sich akrobatisch und gewandt nach vorne. Ohne das Pferd mit den Zügeln zu lenken, packte er die Frau und warf sie sich über den Sattel. Die Frau schrie angstvoll auf, bekam jedoch mit dem Knauf seines Gladius einen wuchtigen Schlag auf den Kopf verpasst. Dann zügelte Serpens wieder sein Pferd und drehte es um.


    Grinsend sah er zu Valeria. "Ich führe Dich über die Strassen zu der Villa. Befehl Deinen Leuten alles zusammen zu packen. Dann können wir los!" Er pfiff wieder leise und sein Hund sprang an seine Seite. Die Sklaven sahen den Reiter voll des Haßes an, hatten jedoch die Aktion des Veteranen nicht verhindern können. Apollonius seufzte auf und nickt Valeria zu. "Packt alles zusammen!" befahl er seinen Sklaven. Die zögerten erst, sahen zu dem Medicus und widerstrebend machten sie sich an die Arbeit. Apollonius stüzte weiter Valeria. Leise flüsterte der Medicus. "Ist Dir der Herr jenes Mannes ein Begriff?"

  • Valeria sah den Mann geringschätzig an. Irgendwie würde sich ein Weg finden, wie der Sklavin geholfen werden konnte. Für den Moment aber konnten sie wirklich nichts tun. So blickte sie den Medicus nur traurig an und schüttelte dann den Kopf.


    "Nein, ich habe keine Ahnung. Der Name Domitius Caesantus sagt mir nichts. Vielleicht auch so ein Soldat", mutmaßte sie.
    "Apollonius, mir ist nicht wohl bei der ganzen Sache. Der Kerl behandelt das Mädchen wie ein Stück Dreck und dass keiner von uns seinen Herren kennt, lässt ein ungutes Gefühl in mir aufkeimen."


    Im Vorbeigehen warf sie erst Marcus und dann Phokas ein um Verzeihung heischendes Lächeln zu, die beide umherliefen und die Wagen wieder beluden.

  • Apollonius nickte langsam. "Immerhin ist er kein Germane!" meinte Apollonius leise. Von Römern hatte er doch eine sehr viel bessere Meinung als von Germanen, die in seinen Augen nur unkultivierte Barabaren waren. Marcus lächelte Valeria kurz an, warf dem Reiter jedoch wieder einen Haß erfüllten Blick zu. Phokas nickte Valeria aufmunternd zu und warf die Decken auf die Ladefläche, was auch erstaundlich war. Bis dahin hatte Phokas nie einen Finger gerührt, was solche Dinge betraf. Apollonius half dann Valeria wieder auf den Wagen. Nach einigen Minuten waren sie dann wieder aufbruchsbereit. Jason trat das Feuer aus und schwang sich als Letzter auf den Kutschbock.


    Serpens nickt schweigend. Die Frau auf seinem Sattel rührte sich schon seit dem Schlag nicht mehr und wahr scheinbar bewußtlos oder sie verstellte sich dementsprechend. Serpens trat seinem Pferd leicht in die Seite und trabte voran. Die Wägen folgten ihm und wieder auf die Strasse zurück. Eisiges Schweigen lastete nun über den Wägen. Keiner der Sklaven wollte wohl etwas sagen und nur ab und an gaben die Maultiere einen Laut von sich. Ansonsten war nur das Stampfen der Tiere, das Poltern der Wägen und die vielen Nachtgeräusche zu hören. Die Zeit verging und der Mond, eine halbe Scheibe, wanderte langsam über die Baumwipfel entlang, dann zügelte Serpens sein Pferd, um die Wägen wieder aufholen zu lassen. Mit seinem Kinn deutete er auf eine Abzweigung, eine schmale und unbebaute Strasse. Er dirigierte sein Pferd auf den Weg und trabte langsam los, so dass er wieder einen kleinen Vorsprung bekam. Die Wägen polterten hinterher und Valeria wurde erst etwas durch geschüttelt. Doch Marcus zügelte dann die Maulesel und fuhr langsamer. Nach einigen weiteren Minuten lichtete sich der Wald und Valeria sah auf ein kleine Talsenke herunter. In den Wald der Senke war eine große Bresche geschlagen worden.


    Felder reihten sich aneinander, düster beleuchtet von dem fahlen Mondlicht. In der Mitte der Felder lag eine römische Villa auf die der Weg zustrebte. Die Wägen folgten dem Weg und kamen an einigen griechischen Statuen vorbei, die den Rand der Strasse säumten und kühl und erhaben auf die Ankommenden herunter starrten. Dann kamen sie zu einer hohen Steinmauer, die das Anwesen umzog und nur Einlass über ein massives Holztor bot. Vor der Mauer stand ein hölzernes Kreuz, an dem ein Mann festgebunden war. Doch er schien schon seit einiger Zeit tot zu sein. Marcus angewiderter Blick blieb daran hängen und er starrte schließlich verschlossen vor sich hin.


    Das Tor wurde vor Serpens aufgerissen und so konnten auch die Wägen mitsamt Valeria und ihrem kleinen Gefolge hineinpoltern. Ein großer Platz war vor der römischen Villa und der Platz wurde von Baraken aus Holz umgeben. Menschen strömten aus den Hütten heraus. Sie waren nicht so sonderlich groß, wie man sich Germanen vorstellen würde, aber hellhaarig und hellhäutig. Desweiteren auch ziemlich mager und sahen herunter gekommen aus. Sie blickten mit großen Augen auf Serpens und die Frau. In manchen der Gesichter war Bestürzung zu sehen. Eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, stürzte nach vorne und hängte sich schluchzend an die Frau auf dem Sattel. Wütend knurrend trat Serpens nach ihr, so dass sie mit Wucht wieder nach hinten geschleudert wurde.

  • Valeria sagte keinen Ton während der ganzen Fahrt, sondern sah sich nur fröstelnd um und starrte Löcher in den Wald. Sie hatte kein gutes Gefühl bei der ganzen Sache; und als endlich die Talsenke vor den Wagen auftauchte, war sie so müde, dass sie bereits an Apollonius lehnte und vor sich hin dämmerte. Ihre rechte Hand hatte sie dabei wie schützend auf den Bach gelegt und die Mundwinkel zuckten leicht, wenn sie im Halbschlaf an etwas dachte oder träumte. Bei der ruckartigen Bewegung, mit der der Medicus sich schließlich angewidert abwandte, als das Kreuz mit dem Toten in Sicht kam, erwachte sie wieder und rieb sich blinzelnd die Augen, um schließlich erschrocken die Luft einzuziehen und mit angehaltenem Atem den Mann am Kreuz ansah.


    "Ihr Götter", flüsterte sie. Dann polterten sie auch schon durch das Tor und in den Hof hinein, in dem sich schnurstracks eine Menge Leute versammelten, darunter wohl auch eine Angehörige der Frau auf dem Pferd. Valeria schürzte missbilligend die Lippen und sah sich dann auf dem Hof um.


    "Wo sind wir hier nur hin geraten?" fragte sie den Medicus flüsternd. Und wie mochte der Hausherr erst sein? Ängstlich hakte sie sich bei Apollonius unter und harrte der Dinge, die da kamen.

  • Apollonius, der alles eher ohne eine Miene zu verziehen hinnahm, sah sich mit gerunzelten Augenbrauen um. "Eine gute Frage, Valeria! Aber der Hausherr wird Dich sicherlich mit Respekt behandeln." versuchte er die Schwangere zu überzeugen. Jede Aufregung war nicht gut für die junge Frau. Die Wägen kamen zum Halten als Serpens sein Pferd zügelte und die Hand hob. Mit einer schwungvollen Bewegung sprang er vom Pferd herunter. "Artis!" rief er laut und harsch. Aus der Gruppe löste sich ein hagerer und älterer Mann, der sich tief vor Serpens verneigte. "Ja, Dominus?" fragte er leise. "Artis, lauf hinein und sag Deinem Herren Bescheid, dass eine junge Frau hier ist, die behauptet Decimus Meridius' Nichte zu sein!" Artis nickte, verneigte sich und lief schnell auf die Villa zu.


    Serpens wandte sich seiner Beute zu und zog sie grob vom Pferd herunter. Er sah zu einem der Sklaven. "Du! Bring sie in die Keller!" Der Sklave zögerte, doch die Angst überwog und er ging auf Serpens zu. Vorsichtig nahm er die Frau von ihm ab und schleppte sie weg und in eine andere Richtung. Serpens nickte zweien Männern zu, die ebenfalls gerüstet waren und dem Sklaven folgten. Mit zwei Schritten war Serpens dann am Wagen heran und reichte Valeria grinsend die Hand. "Wenn ich Dir behiflich sein darf?"

  • "Ich möchte aber, dass er jeden mit Respekt behandelt - auch dich, Marcus, Brutus und die anderen", gab sie leise zurück, noch ehe sie jemand anderer hören konnte. Sie verfolgte die grobe Behandlung der entflohnen Sklavin mit missbilligender Miene und rätselte schon, wie sie der armen Frau wohl helfen konnte, als Serpens vom Pferd sprang und Valeria vom Wagen helfen wollte. Sie überlegte nur kurz; dann sagte sie kühl: "Ich denke nicht", und warf Marcus einen auffordernden Blick zu. Sie mochte diesen Menschen nicht und fühlte sich immer weniger wohl. Fast schon bereute sie die Entscheidung, so spät am Abend noch hierher gekommen zu sein; ja, überhaupt hierher gekommen zu sein. Aber sie ließ sich das nicht anmerken. Als sie endlich neben dem Wagen stand, sah sie sich wieder einmal um und gähnte hinter vorgehaltener Hand. Ein Blick zu Apollonius und Valeria zeigte ihm mit gerunzelter Stirn, was sie von dem Ganzen hier hielt. Die Frage war eigentlich nur noch: Wer war der Dominus und wie würde er sich verhalten?

  • Von Apollonius quitierte Valeria einen etwas ungläubigen Blick. Apollonius war durchaus Realist und konnte mit der Unhöflichkeit oder Dreistigkeit von Römern eigentlich ganz gut leben. Er wußte ja, dass sie tief im Inneren allessamt Barbaren waren, auch wenn sie sich die griechische Kultur einverleibt haben. Aber sie waren nun mal ein Volk von Soldaten und Bauern und keine Schöngeister. Aber etwas sagen konnte der Medicus dazu auch nicht mehr. Denn Serpens war schon heran getreten.


    Serpens sah Valeria wieder mit einem spöttischen Lächeln an und ließ seine Hand sinken. "Wie Du meinst!" Brüsk wandte er sich von Valeria ab und wartete einige Schritte von den Wägen entfernt, bis Apollonius und Marcus Valeria vom Wagen geholfen haben. Dann erst wandte Serpens wieder seinem Blick Valeria zu. Er nickte ihr kühl zu und ging auf die Villa zu. Dabei ruhten viele Augenpaare der Sklaven und Angestelten auf der Reisegruppe. Unter seinen und Valerias Füßen knirschten leise die Kieswegsteine bei jedem Schritt. Marmorne Statuen säumten auch hier den Weg zu dem Eingang. Eine metallbeschlagene Tür, die in dem Moment auch geöffnet wurde. Der Diener Artis trat hinaus. Hinter ihm kam ein Mann heraus gelaufen. Der Mann war etwas kleiner als Valeria, dafür jedoch mit einen recht drahtigen Körper, so weit man es sehen konnte. Er trug eine lange, blütenweiße Toga mit purpurnem Rand, der bestimmt so teuer war wie diese Villa. An seinen Sandalen konnte man einen kleinen goldenen Halbmond erkennen. Er hatte seine Finger vor seinem Bauch in einander verschränkt und kam lächelnd auf Valeria zu. Als er näher kam, erkannte Valeria auch, dass er dunkelhaarig war, ein etwas rundliches Gesicht und eine leicht gerötete Nase.


    Er streckte seine Hand aus, trat an dem mürrischen Serpens vorbei und ergriff Valerias Hand und ihr Handgelenk. "Die Nichte des Legaten! Es ist mir eine große Freude, Dich in meiner Villa willkommen zu heißen. Oh, ich sehe, Du bist in anderen Umständen. Was für eine Qual muss die Reise für Dich sein. Wenn ich mich vorstellen darf...Publius Domitius Caesantus!" Sein Blick fiel auf die Begleitung von Valeria und dann auf die Wägen. Erstaunt runzelte er die Stirn. "Ist Deine Leibwache nicht mitgekommen?"

  • Zusammen mit Apollonius schritt Valeria nun der Tür entgegen. Sie wunderte sich über so viel Prunk und Glanz und wurde immer neugieriger, was den Herren des Hauses betraf - zugleich aber auch immer skeptischer. Hin und wieder warf sie dem Medicus einen Blick zu; wie um sich davon zu überzeugen, dass er noch da war und sie keinen bösen Traum durchlitt. Und dann, als sie beinahe angekommen waren, öffnete sich die Tür und der Sklave trat heraus, dicht gefolgt von einem Mann, der irgendwie...seltsam aussah. Äußerlich scheinbar ein Patrizier, was den ganzen unnötigen Luxus erklärte, sah der Mann aus, als hätte er zu viel Falernerwein getrunken.


    Valeria musterte den Mann und war nicht wenig erstaunt, als dieser plötzlich an seinem Hauptmann vorbei ging und sie begrüßte. Kurz fragte sie sich, wie einflussreich dieser Mann war und was sie auf seine Worte hin antworten sollte. Sie spürte die Blicke vieler Menschen im Rücken und fühlte sich mehr als unbehaglich. Allerdings war sie nicht auf den Mund gefallen und der Meinung, dass Worte ihre Stärke waren. Also nickte sie dem Mann zur Begrüßung zu und ließ ihn gewähren.


    "Ich danke dir für deine Gastfreundschaft, Caesantus. Die bisherige Reise war ganz passabel, ich konnte nicht klagen - was sicherlich der Verdienst meiner Begleitung ist. Mein Name ist Decima Valeria; und dies hier sind mein Leibarzt und einige Sklaven, die mich bisher sehr zufriedenstellend geschützt haben. Ich wäre dir sehr verbunden, wenn sie sich ebenfalls gebührend ausruhen könnten", sagte sie unmissverständlich. Sie wollte nicht, dass Marcus und die anderen genauso unwürdevoll behandelt wurden wie das arme Mädchen, auf dass sie sicherlich später noch zu sprechen kommen würde. Apollonius warf sie einen kurzen Blick zu, der ihn bat, das Spiel mitzuspielen, das sie begonnen hatte. Später würde noch genug Zeit zum Reden sein.

  • Um Publius Domitius Caesantus' Mundwinkel zuckte es ganz kurz gequält, als Valeria ihn doch relativ vertraulich mit seinem Cognomen ansprach. Doch er verlor darüber kein Wort, sondern lächelte gleich drauf wieder höflich. Der Erwähnung des Leibarztes maß Domitius jedoch kaum Bedeutung zu und so sah er noch nicht mal in Richtung des Medicus, der stumm an Valerias Seite blieb. "Verehrte Decima Valeria, es ist mir eine Freude, Dich in meinem Haus als Gast willlkommen zu heißen!" sprach er, wobei seine Worte ein wenig aalglatt wirkten. Zu höflich und zu freundlich ausgesprochen, gepaart mit einem Lächeln, was seine Augen nicht wirklich erreichte. "Und um Deine Gefolgschaft wird sich schon entsprechend gekümmert werden. Hab da keine Sorge!" fügte er im gleichen Tonfall zu. Er lächelte Valeria an und reichte ihr den Arm. "Meine Verehrteste, wenn Du mich hineinbegleiten möchtest? Ein gutes Mahl und ein angenehme Schlafunterkunft werden Dich erwarten. Desweiteren auch die Möglichkeit eines Bades, sofern Du es wünschst!"


    Er wollte Valeria schon in die Villa führen, als plötzlich aus der Dunkelheit eine Frau auftauchte. Sie war recht alt, trotzdem eine sehr groß gewachsene Frau. Ihre Haare waren nach hinten geflochten und vollkommen weiß. Ihr Gesicht wirkte wettergegerbt und von vielen Falten durchzogen. Doch am auffäligsten war ihr haßerfülltes Gesicht. In einer kehligen Sprache sprechend, kam sie drohend auf Domitius zu. Domitius erstarrte an Valerias Seite und sah die Frau wie einen Geist an. Die Frau sah auch Valeria an und strafte sie mit demselben haßvollen Blick. Hinter den Römern war nur eine atemlose Stille zu vernehmen. Alle Blicke waren auf diese Frau gerichtet, die vor dem Patrizier stehen blieb. Sie knurrte langsam einige Worte hervor und plötzlich hob ihren Blick zum Himmel und schrie etwas in dieser fremdartigen Sprache. Dann zog sie von dem Rücken einen flatternden Vogel hervor. Sie spuckte vor die Füße des Patriziers und dann auch vor Valeria und mit einem Ruck drehte sie dem Vogel den Hals um. Voll der Abscheu für die Römer warf sie den Vogel direkt auf die Füße von Valeria und Domitius. Triumphierend sah die Frau auf die Beiden.


    In dem Moment löste sich die Starre aller, die die Frau scheinbar über die Anwesenden geworfen hatte. Der Patrizier würgte leise. Serpens riss seinen Gladius hervor und sprang auf die Frau zu und bohrte ihr das Schwert von hinten durch den Leib. Die Frau sank auf den Boden, den Blick auf Valeria und Domitius gerichtet und der Triumph stand ihr bis zum Schluss ins Gesicht geschrieben. Dann fiel sie auf den Boden. Ängstliches Geschrei und panisches Flüchten war von hinter Valeria zu hören und in dem Moment sprang auch Marcus an Valerias Seite, um ihr Schutz zu bieten. Dabei griff er auch nach ihrem Arm, sollte sie wanken.

  • Valeria zweifelte nicht daran, dass man sich 'um ihre Gefolgschaft kümmern würde' - nur auf welche Weise war die Frage. Sie warf dem Medicus einen kurzen Blick zu und nahm den Arm, den Caesantus ihr anbot, aus purer Höflichkeit und weil sie keinen Streit anfangen wollte. So ließ sie sich in die Villa führen, denn die Aussicht auf ein warmes Bad war wirklich mehr als verlockend. Allerdings kamen sie nicht weit, denn plötzlich blieb der Hausherr abrupt stehen. Valeria ging noch einen Schritt und musste dann zwangsläufig ebenfalls stehen bleiben. Da sah sie auch schon den Grund für dieses seltsame Verhalten.


    Eine Frau, die aussah wie die Hexe, vor der Valeria sich in Kindstagen schon immer gefürchet hatte, stand plötzlich vor ihnen. Sofort überzog eine Gänsehaut ihren Körper, die Augen starr auf dieses alte Mütterlein gerichtet, von der irgendwie eine finstere Aura ausging. Vielleicht lag es an ihrem Gesicht, dass aussah, als vermute sie den Tod persönlich in Caesantus und seinen Begleitern. Vielleicht waren es aber auch diese düsteren Worte in einer Sprache, die Valeria nicht verstand. Jedenfalls wich sie instinktiv zurück und schräg hinter diesen Patrizier.


    Als die Alte plötzlich diesen kleinen, hübschen Vogel scheinbar aus dem Nichts hervorzog, wollte Valeria schon erleichtert aufseufzend. Doch statt das Gesicht in einem liebenswerterten Ausdruck erstrahlen zu lassen, brach die Frau dem kleinen Geschöpf mit einem trockenen Knacken das Genick. Valeria schrie entsetzt auf und ließ den Patrizier los. Sie tat einen Schritt zurück und wäre um ein Haar rücklings die Treppe herunter gestürzt, doch zum Glück prallte sie nur unsanft gegen den Medicus, der glücklicherweise hinter ihr stand. Entsetzt sah sie sich um. Keiner rührte sich. Auch dann nicht, als die Hexe den Vogel zwischen Caesantus und Valeria warf und vor ihnen beiden ausspuckte.


    Und dann brach ein Durcheinander aus. Valeria sah plötzlich, wie Menschen unkoordiniert umherliefen, sich gegenseitig anrempelten, stießen und Dinge in einer fremden Sprache riefen, wie dieser Hauptmann die Frau mit dem Schwert durchbohrte, der Patrizier sich würgend direkt vor ihren Füßen erbrach und Marcus hinter sie trat. Keinen Augenblick zu spät, denn Valeria schwankte bedrohlich hin und her und wäre um ein Haar gefallen, als sie vor dem sGift und Galle spuckenden Patrizier und der toten Hexe zurückweichen wollte. In ihren Augen flackerte es ängstlich und als sie die Treppe eine Stufe herunter trat, brach hinter ihrer Stirn ein Schwindelgefühl aus und in ihrem Baum ziepte es ganz schrecklich. Valeria war mit einem Male kreidebleich und ging keuchend in die Knie.


    "Nein!" rief sie noch. Dann wurde der Schmerz so stark, dass sie die Ohnmacht mit einem erleichterten Seufzer empfang.

  • Valeria spürte nur noch, wie zwei starke Arme sie auffingen. Dann glitt die gnädige Bewußtlosigkeit heran und umfing sie mit den sanften Schwingen Morpheus, der sie in die tiefen Ebenen hinabtrug und sie dort behütete. Ihren Geist zumindest....


    ...doch dann sah Valeria drei Gestalten über sie beugen. Grelles Licht war im Hintergrund und ließ die Konturen verschwimmen. Erst nach einer Weile erkannte Valeria drei Frauen. Sie sahen alle aus, wie die alte Frau. Nur war die Eine jung und hübsch, die Zweite sah wie eine Matrone aus und die Dritte wie die alte Frau. Sie starrten Valeria an. "Der Fluch der Drei, die doch Eins sind, wird Dich verfolgen, Römerin!" Valeria verstand die Worte, doch nach Latein klangen sie nicht. Ihre Hände griffen nach Valeria, Klauenhände und sie griffen nach Valerias Bauch. "Schandkind!" schrie die Matrone, "Mörderin! Römerin!" rief die alte Frau, "Verräterin!" schrie die junge Frau dabei.


    "Valeria! Valeria!" ertönte eine drängende Stimme von Valerias Seite. Eine Stimme, die die Frauen mit einem Schlag verschwinden ließ. Doch um sie herum war immer noch Schwärze und Valeria merkte, wie sie aus dem Traum aufwachte. Apollonius beugte sich besorgter Miene über Valeria. Unter ihr war ein Bett und weiches Leinen zu spüren. Doch die Hände der alten Frau an ihrem Bauch ebenso. Apollonius nahm Valerias Hand und strich ihr mit einem feuchten Lappen über die Stirn. "Hörst Du mich?"

  • Valeria glitt durch die Schwärze. Doch plötzlich waren da diese drei Frauen, die drei Hexen! Sie redeten in einer Sprache, die sie nicht verstand; und doch wusste sie, was die Worte bedeuteten. Valeria schlug wild um sich, immer wieder versuchend, die Hände dieser ruchlosen Gestalten von ihrem Körper zu wischen, doch es gelang ihr nicht. Die drei Frauen griffen immer wieder nach ihr; und so laut und verzweifelt sie auch schrie und so sehr sie auch versuchte, die Frauen mit Händen und Füßen abzuwehren, es gelang ihr nicht.


    Plötzlich waren sie verschwunden und sofort machte sich wieder dieses Schwindelgefühl hinter ihrer Stirn bemerkbar und der stechende Schmerz im Bauch, der nun nicht mehr so schlimm wie gerade noch war. Dann merkte die junge Decima wieder diese schrecklichen, grapschenden Hände auf dem Bauch und noch ehe sie die Augen wieder öffnete, strampelte, trat und schlug sie wie in diesem schrecklichen Traum wild um sich. Sie spürte, wie sie endlich etwas traf und die Hände plötzlich fort waren, als sie panisch wimmerte und mit angsterfüllten Augen um sich sah. Wo war sie? War die Frau noch da? Und plötzlich war da Vaters Gesicht, das....nein, das war Apollonius, der sie besorgt aus seinen von Falten umringten Augen ansah. Unendliche Erleichterung überkam Valeria. Sie griff nach Apollonius und drückte sich fest an ihn, der Körper zusammengekauert und nun leise weinend.


    "Mach dass sie weggehen", schluchzte sie.
    "Sie sollen fort gehen, sie dürfen es nicht haben....sie tun ihm weh!"

  • Um Valeria herum, war der Raum sehr dunkel. Doch einige wenige Öllampen erhellten ein doch wohlausgestattetes Schlafgemach, das eindeutig von Frauenhand eingerichtet wurde. Das Bett war auch sehr weich und bequem. Sehr besorgt hielt Apollonius Valeria fest, damit sie sich nicht selber noch weh tat. "Valeria!" sagte er fester Stimme zu ihr, aber auch mit einem warmen Unterton, den sie bis jetzt noch nie in dieser Art bei ihm gehört hatte. "Hab keine Angst. Es war nur ein Traum. Die Frau ist weg!" Er strich ihr über die Stirn, war aber ein wenig hilflos in seiner Gestik.


    In dem Moment beugte sich eine alte Frau über Valeria. Doch obwohl für einen Moment sie wie die Hexe wirkte, verschwamm das Bild sofort. Denn die Frau trug eine römische Palla über den Schultern. Ihre weißen Haare waren sorgsam hochgesteckt und ein warmes und freundliches Lächeln war auf ihrem Gesicht. Ihre dunklen, gutmütigen Augen lächelten wie das Lächeln auf ihren Lippen. "Psst!" sie fuhr Valeria in einer natürlichen Geste über die Wange und hatte etwas sehr beruhigendes in ihrer ganzen Art, wie sie sich neben Valeria setzte und kaum etwas sagte. Apollonius warf der Frau einen Blick zu und nahm Valerias Handgelenk, um ihren Puls zu messen. Eindeutig eine hilfose Aktion, die er tat, um seine eigene Unsicherheit zu verbergen.


    Dann sprach die alte Römerin leise und mit dunkler Stimme. "Du musst Dich nicht mehr fürchten. Es tut mir so leid, meine Liebe, dass Du das mit ansehen musstest!" Sie sah auf Valerias Bauch. "Darf ich fühlen?"

  • Als sie Apollonius' beruhigende Worte hörte, merkte sie gleich, dass etwas anders war. Oder gaukelten es ihr die Sinne nur vor? Sie wischte sich die Tränen fort und sah sich zum ersten Mal richtig in dem Raum um, in dem sie sich inzwischen befand. Die Einrichtung war geschmackvoll und luxuriös. Apollonius Versuch, sie liebevoll zu trösten, glückte ihm auf Anhieb, denn als er ihren Puls fühlte, konnte er anhand dessen erkennen, dass sie sich wieder etwas beruhigt hatte.


    Doch dann fiel ihr Blick auf die Frau! Sie zuckte zusammen und wich kurz etwas zurück. Dann fiel ihr auf, dass sie und die Tote als einziges Merkmal die weißen Haare gemeinsam hatten; und sie entspannte sich wieder etwas. Und als die Frau, die wahrscheinlich Dame des Hauses oder Mutter des Mannes waren, der sie bei sich aufgenommen hatte, sich auf das Bett setzte, wahr Valeria eher müde als angespannt. Sie fühlte sich so schrecklich ausgelaugt und erschöpft. Statt einer Antwort allerdings, griff sie nach dem Handgelenk der Frau und legte ihre Hand dann vorsichtig auf ihren Bauch, der noch immer schwach weh tat.


    "Wer bist du?" fragte sie die Frau verwundert und schläfrig zugleich. Dann fiel ihr etwas ein und sie sah Apollonius an.
    "Marcus und die anderen....wo sind sie, geht es ihnen gut? Was ist...was ist mit der Frau geschehen? Wer war das und warum hat sie das getan?"

  • Prüfend tastete die Frau über Valerias Bauch. Sie fuhr mit sanfter Hand darüber hinweg, drückte jedoch kenntnisreich an der ein oder anderen Stelle. Dabei nickte sie langsam und schließlich beugte sie sich auch über Valerias Bauch und legte ihr Ohr darauf. So blieb sie für einen Moment still ehe sie sich wieder erhob. "Domitia! Das ist mein Name, Valeria!" Wie es denn Anschein hatte trug jene Dame noch die altmodische Namenswahl, wo eine Frau nur nach ihrer Gens benannt war.


    Domitia setzte sich wieder neben Valeria und nahm ihre Hand. "Die Frau? Oh, meine Liebe, das ist eine lange und sehr schreckliche Geschichte. Ein Zeugnis über den Haß, der zwischen uns Römern und den Germanen herrscht. Wobei Du wissen solltest, dass die Germanen nicht ein Volk sind, wie wir es sind!" Domitia seufzte leise, es klang auch sehr traurig. "Wegen all jenem Schrecklichen musste auch meine Stieftochter letztes Jahr sterben. Es war wirklich schauderhaft. Aber mach Dir keine Sorgen, meine Liebe, die alte Frau war verrückt. Sie ist es schon seit vielen Jahren!"


    Domita wandte sich zu einem Tisch und nahm einen Becher, den sie Valeria reichte. "Trink das! Es wird Dich stärken und Dir gut tun. Auch Dein Kind braucht eine Stärkung!"

  • Domitia....seltsam. Valeria betrachtete das Tun der Fraun und warf einen fragenden Blick zu Apollonius, der nur schweigend dasaß und beobachtete. Sie wandte sich wieder zu der Frau, die ihren Namen kannte, weil sie scheinbar von Apollonius davon wusste. Und was sie der jungen Decima über die alte Frau erzählte, ließ Valeria erschaudern.


    "Das...das tut mir leid für dich. War sie Germanin? Ich hoffe, dass nicht alle germanischen Frauen so sind wie sie. Warum hat sie das nur getan? Ich kenn....kannte sie doch gar nicht."
    Valeria konnte nicht begreifen, warum das alles geschehen war und was die Alte damit hatte bezwecken wollen. Sie folgte der Bewegung Domitias mit den Augen und sah dann skeptisch die grünliche Flüssigkeit an, die sich in dem Becher befand. Was auch immer das war...


    Sie sah den Medicus an und nippte schließlich an dem Zeugs. Hätte sie es mal lieber nicht getan, denn was immer es war - es schmeckte scheußlich! Valeria verzog das Gesicht und reflexartig schüttelte sich voller Ekel.
    "Urgh. Wie kann etwas gesund sein, dass so abscheulich schmeckt", sagte sie anklagend zu niemand bestimmten in die Runde.

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