Auf der Suche nach Livianus

  • Ich stapfte durch den Regen und war besorgt. Anders konnte man es nicht nennen. Wo ging man hin, wenn man allein sein wollte? Wohin ging man, wenn man vom Tod der Frau erfahren hatte, die man liebte? Die Antwort war einfach: Dorthin, wo niemand einen fand. Aber so schnell gab ich nicht auf. Ich ging weiter durch den Regen und suchte Livianus. Natürlich fand ich ihn nicht. Und ich würde ihn auch nicht finden, das war sicher. Er war fortgeritten - das hatten die Wachen mir sagen können. Und ein mann zu Pferd war schneller als ein Mann ohne Pferd. Noch dazu kannte Livianus sich als Legat hier besser aus als ich, was noch erschwerend hinzu kam.


    Wasser rann mir in den Nacken und ließ mich frösteln. Na, wenigstens schien die Sonne nicht, dachte ich ironisch. So passte das schlechte Wetter wenigstens zu der Stimmung, die gerade herrschte. Ich hatte Aelimia gemocht, wenngleich ich sie auch nur selten gesehen hatte. Für mich war ihr Verlust schon sehr traurig und stimmte mich nachdenklich. Wie musste das erst für Livianus sein? Ich ging zwischen den Häusern hindurch, über das kleine Forum der Stadt und passierte schließlich das Stadttor. Livianus hatte ich nicht gefunden und das würde sicher auch so bleiben. Aber das war ich ihm schuldig. Also suchte ich weiter.

  • Eine gute halbe Stunde später lief ich immer noch durch die Pampa. Kein Livianus in Sicht und keine Wetteränderung. Das deprimierte mich. Ich war mir sicher, dass ich ihn nicht angesprochen hätte, wenn ich Livianus wirklich gefunden hätte. Sicher hätte ich nur sein Pferd genommen und langsam fort geführt, einfach damit er wusste, dass er nicht allein war. Als meine Schwester starb, hätte ich dieses Gefühl gebraucht. Aber ich war nur ein Sklave und keiner konnte oder wollte es mir schenken. Ich strich meine Haare aus der Stirn und fluchte, weil ich in eine Pfütze gelaufen war, die mit ihrer Größe dem Rhenus Konkurrenz machte. Noch einige Schritte ging ich weiter, dann blieb ich stehen. Das hatte keinen Sinn.


    Wem wollte ich hier etwas beweisen, Livianus oder mir selbst? Ich hob die Hand und sah gen Himmel. Grau in Grau. Dann sah ich zurück. Die Stadt war noch als kleiner Hügel in der Ferne zu erkennen. Noch einmal wandte ich den Blick vor mich, dann wandte ich mich um und lief zurück. Mehr als eine heftige Erkältung würde ich wohl nicht haben, wenn ich zurück war. Hoffentlich ging es Livianus gut, soweit man das in dieser Situation wünschen konnte. Vielleicht war er ja auch schon wieder im Castellum.

  • Viele Schritte und unendlich viel mehr Regentropfen später passierte ich wieder das Stadttor. Ich wusste nicht, warum die Wachen mich passieren ließen, ohne mich aufzuhalten, vermutete aber, dass sie von Livianus darüber in Kenntnis gesetzt wurden, dass ich mit der Suche einer Sklavin beauftragt war. Vermutlich behelligten sie mich deswegen nicht. Ich lief also über das Forum und zurück zum Castellum. Langsam fror ich doch wie ein Hund. Zu Pferd musste es noch kälter sein als zu Fuß. Ich fragte mich, ob es im Elysium auch manchmal so kalt wurde, schob den Gedanken aber rasch fort und ging weiter.


    Vor bei am Tempel des Mars, an dessen Eingang ich stehen blieb und den wolkenverhangenen Himmel ansah, vor dem der prächtige, weiße Tempel thronte.
    "Mars, schenke ihm die Kraft, die er jetzt braucht", bat ich, ein einfacher Sklave, den großen Kriegsgott. Ich verweilte noch einen Moment. Dann ging ich weiter und kam kurz darauf halb erfroren am Castellm an.

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