- Officium XXIII

  • Trotz aller familiären Differenzen schienen sich Piso und Quarto zu verstehen. Er nickte nur, es war klar, dass Quarto verstanden hatte. „Selbstverständlich hoffe ich ebenfalls nicht, dass es zu so einen Fall kommt. Wenn aber jener Mann mehr Macht sucht, als ihm zusteht... das wird ein Debakel. Ich denke, in der Stadt Rom selber hat er wenig Unterstützung... aber in den Provinzen schaut es anders aus...“, gab er zu Bedenken.
    „Es freut mich ganz außerordentlich, das von dir zu hören.“ Piso meinte es ehrlich. Die Aussöhnung der Aelier und der Flavier, ein Ziel, dass er selber schon lange vor Augen gehabt hatte, schien zum Greifen nahe! „Ich könnte mit jenen dreien reden. Sicher hätte sie Zeit, mit dir die Lage zu besprechen, und eine Übereinkunft zu finden. Aber du musst bedenken, dass meine Gens einen lang gehegten Wunsch hat, den du zu erfüllen imstande bist. Die Aufhebung der damnatio memoriae einer Person, die ich weder erwähnen muss noch darf.“ Piso blickte Quarto forschend an. Könnte er dies überhaupt?

  • Am Officium angekommen, klopfte ich an und betrat umgehend das Officium.
    In der Regel wartete ich nach dem anklopfen bis ich hereingebeten wurde. Doch hier nicht. Immerhin war ich nun der Vorgesetzte.
    "Salve Primicerius, Annaeus Varus ist mein Name, ich bin der neue Procurator a libellis."
    So stellte ich mich vor und wartete auf eine Reaktion meines gegenüber.

  • Sim-Off:

    Ah du bist Pal, nicht Pam, das habe ich nicht geschnallt ;)


    Innerhalb einer Sekunde geschahen mehrere Dinge. Die Türe ging auf. Die Augen aller wanderten zur Türe hin, durch die ein unbekannter Mann trat. Einige Notarii fingen zu wimmern vor Schrecken an, einer rief mit lauter Stimme Iupiter an (er möge ihn doch davor bewahren, ihn den Himmel auf den Kopf stürzen zu lassen), einer hub laut auf griechisch zu fluchen an, und einer fiel in Ohnmacht. Ein paar wandten sich widerwillig ab, um wieder ihrer Arbeit nachzugehen, und einige halfen dem Bewusstlosen.
    Alltag in der kaiserlichen Kanzlei, dachte Piso, als seine müden Augen über die Scharen der aufgeschreckten Notarii wanderten, zu jenem Kerle hin, der sich vor ihm aufgebaut hatte. Er musste wohl in Balbus‘ Alter sein. Ein Ritter ebenfalls. Der Flavier blinzelte ein paar Male, um sich aus dem Dämmerschlaf, in den ihn seine Arbeit gerne immer wieder versetzte, aufzuwecken.
    „Ahhhh... salve, Annaeus Varus. Ich habe dich schon erwartet.“, meinte Piso, der schon informiert worden war von einem Notarius, und stand auf. „Willkommen in der Kanzlei. Mein Name ist Aulus Flavius Piso. Freut mich sehr.“, meinte er. „Ich bin, wie du siehst, der Primicerius hier.“ Ein übler Job, den er schon viel zu lange machte. „Das hier ist das glorreiche Officium XXIII. Dein Officium ist übrigens gleich nebenan. Du bist schon mit deinen zukünftigen Aufgaben hier vertraut, oder?“, fragte er und musterte den Annaeer, als ob dieser ein Museumsexponat wäre. Sicherlich würde dem so sein, die Frage war eher, ob er die großen Fußstapfen, die Balbus hinterlassen hatte, ausfüllen konnte.

  • Irgendwie war in dem Officium eine gewisse Lethargie zu spüren. Lag es daran, das zwischen der Abberufung des alten Procurators und dem Eintreffen des Neuen in meiner Person doch ein paar Augenblicke verstrichen waren oder warum auch immer.
    Auf jeden Fall schien ich mit meiner Anwesenheit für ein wenig Verwirrung und gleichzeitig Aufsehen gesorgt zu haben.
    Ich ließ meinen Kopf einmal durch das komplette Officium kreisen und ein paar Köpfe gingen dabei schon in Deckung.
    "Sehr gut Flavius Piso." Dann hatte ich ja schon den richtigen Mann an der Angel. So wurde lästiges durchfragen erspart und ich konnte gleich zum Tagesablauf übergehen.
    "Ich möchte dich gleich in meinem Officium sprechen." Schlug ich gleich einmal einen scharfen Ton an. Noch bevor ich das Officium wieder verließ, blickte ich auf die anderen vermeintlich arbeitenden Personen in dem Officium und schüttelte nur den Kopf.
    Das glorreiche Officium XXIII geriet gleich zu beginn meiner Amtszeit ins wanken. "Weitermachen!" Mit dieser Aussage in den Raum verließ ich das Officium, um nur eine Tür weiter das meinige zu betreten.

  • Dass Varus neu in der Kanzlei war, würde man an seinen Gedankengängen sofort erkennen können. Hätte er das Officium gesehen, bevor Piso dort die Herrschaft übernommen hatte, hätte er Pisos Leistungen, den Haufen in Ordnung zu bringen, eher würdigen können. Denn obwohl es Rückfälle gab – wie zum Beispiel, wenn jemand Neuer ohne Vorwarnung ins Officium geplatzt war – oder wenn es besonders heiß war, und alle in einen Dämmerzustand verfielen – war Piso mit seiner Arbeit bisher doch zufrieden.
    Was Piso jedoch gar nicht gefallen wollte, war der Tonfall, in dem der Procurator ihn anherrschte. Erstaunt darüber, dass es ein Plebejer wagen konnte, ihn so zu behandeln, hob er die rechte Augenbraue. Als der Mann sein Officium verlassen hatte, wandte sich der Primicerius an seinen Obernotarius, Numerius Urbicus. „Komischer Vogel, der Annaeer, nicht wahr?“ „Mhmm...“, murrte der Numerier zurück und zuckte die Achseln. „Dann werde ich einmal zu dem rüber.“, versetzte der Flavier, stand auf und verließ rasch und geräuschlos das Offcium, um das sensible Äquilibrium dort nicht ins Wanken zu bringen.

  • Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso
    Trotz aller familiären Differenzen schienen sich Piso und Quarto zu verstehen. Er nickte nur, es war klar, dass Quarto verstanden hatte. „Selbstverständlich hoffe ich ebenfalls nicht, dass es zu so einen Fall kommt. Wenn aber jener Mann mehr Macht sucht, als ihm zusteht... das wird ein Debakel. Ich denke, in der Stadt Rom selber hat er wenig Unterstützung... aber in den Provinzen schaut es anders aus...“, gab er zu Bedenken.
    „Es freut mich ganz außerordentlich, das von dir zu hören.“ Piso meinte es ehrlich. Die Aussöhnung der Aelier und der Flavier, ein Ziel, dass er selber schon lange vor Augen gehabt hatte, schien zum Greifen nahe! „Ich könnte mit jenen dreien reden. Sicher hätte sie Zeit, mit dir die Lage zu besprechen, und eine Übereinkunft zu finden. Aber du musst bedenken, dass meine Gens einen lang gehegten Wunsch hat, den du zu erfüllen imstande bist. Die Aufhebung der damnatio memoriae einer Person, die ich weder erwähnen muss noch darf.“ Piso blickte Quarto forschend an. Könnte er dies überhaupt?


    Erwartungsgemäß verfinsterte sich Quartos Blick.
    “Die Aufhebung der damnatio memoriae? Das ist die Bedingung der Flavier für eine Verständigung? Ein hoher Preis! Ein wirklich hoher Preis, den du da verlangst!“

  • Es war wahrlich keine Überraschung, dass Quarto dies nicht schmeckte. Piso hob beschwichtigend die linke Hand. „Ich habe nicht Bedingung gesagt. Ich habe nur gesagt, dass wir, die flavische Familie, so etwas sehr gerne sehen würde. Es wäre eine Geste. Eine Geste. Genauso, wie es eine Geste von uns dir gegenüber wäre, wenn wir, in Namen unserer Familie, eine öffentliche Entschuldigung aussprächen für das Unrecht, dass deiner Familie angetan wurde.“, erwiderte er. Heißes Territorium... wenn seine Familie da bloß mitspielen würde...

  • “Und ihr würdet außerdem öffentlich anerkennen, was ohnehin schon rechtskräftig festgestellt wurde? Das nämlich die erzwungene Scheidung Longinas von meinem Onkel Lucius Aelius Lamia ungültig war und deshalb auch ihre Ehe mit dem Mann, dessen Namen wir nach euren Wünschen künftig wieder aussprechen sollen?“

  • Piso blickte Quarto nachdenklich an, einige Zeit, bevor er schließlich was sagte. „Wurde dies festgestellt? Ich habe nur gehört, Aelius Lamia wurde überredet, Domitia Longina gehen zu lassen.“, versetzte er. „Eine Anerkennung der Ungültigkeit würde ungeahnte Konsequenzen haben. Im schlimmsten Fall müssten wir Flavier dann alle als Domitier unser Schicksal fristen müssen!“, versuchte er dem Aelier klar zu machen.

  • Orbilenus, der getreue Laufburschennotarius, hatte Piso den Brief zugeschanzt. Der Primicerius las nun mit ernstem Gesichtsausdruck den Brief.



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    Administratio Imperatoris




    Decius Germanicus Corvus ist als Praefectus Alexandriae et Aegypti zu entlassen und durch Gaius Caecilius Crassus zu ersetzen.


    Appius Terentius Cyprianus ist als Praefectus Legionis - Legio XXII zu entlassen und durch Tiberius Octavius Dragonum zu ersetzen.


    Appius Terentius Cyprianus ist zum Praefectus Alae - Ala II Numidia zu ernennen.


    Alle Betroffenen sind unverzüglich schriftlich über die Entlassungen und Ernennungen zu informieren.




    Potitus Vescularius Salinator




    Das sah ganz nach einem Job für ihn aus, denn das, was Imperiosus gemacht hätte, musste in seiner Abwesenheit er machen. Der Procurator a libellis musste mit einer solch direkten Anweisung nicht belastet werden, denn Piso konnte dies genau so gut machen. Er las sich die Ernennungen nochmals durch. Germanicus Corvus entlassen, Caecilius Crassus als Praefectus Aegypti eingesetzt. Ein schwerer Schlag für die gens Germanica. Piso lächelte leicht, doch dies verschlug sich ihm, als er die nächste Nachricht las. Terentius Cyprianus abgesetzt? Das war doch... ein Klient von Purgitius Macer? Das war gar nicht gut. Ihn ersetzte ein gewisser Octavier, von dem Piso noch nie gehört hatte. Cyprianus wurde in eine Ala in Germanien abgeschoben. Das kam einer Degradierung gleich. Es war nun tatsächlich so, dass das Personal in Aegyptus ausgetauscht wurde. Er machte sich heimlich ein paar Notizen... und fing dann an zu schreiben.

  • Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso
    Piso blickte Quarto nachdenklich an, einige Zeit, bevor er schließlich was sagte. „Wurde dies festgestellt? Ich habe nur gehört, Aelius Lamia wurde überredet, Domitia Longina gehen zu lassen.“, versetzte er. „Eine Anerkennung der Ungültigkeit würde ungeahnte Konsequenzen haben. Im schlimmsten Fall müssten wir Flavier dann alle als Domitier unser Schicksal fristen müssen!“, versuchte er dem Aelier klar zu machen.


    “Das meinem Onkel Unrecht angetan wurde, dass hat ein kaiserliches Dekret bereits vor bald fünf Jahren festgestellt. Über die Gültigkeit seiner Scheidung von Longina sollte das Collegium Pontificium entscheiden.“, erklärte Quarto, musste dann aber einräumen: “Das hat es aber bis heute nicht.“

  • Das dem so war, wusste Piso gar nicht. Aber wenn es Quarto so sagte, würde das schon seine Richtigkeit haben. Er verzog unwillkürlich die Lippen, als er nachdachte.
    „Das wäre womöglich eine sehr vernünftige Variante.“ Ob das Pontifikat, angeführt von Tiberius Durus und mit Manius Gracchus in seiner Mitte, dagegen entscheiden würde? Er wusste es nciht. „Ich für meinen Teil hätte nichts dagegen. Doch ich kann nicht für alle in eminer Familie sprechen.“ Er dachte nach. „Was wäre, wenn wir, die Gens Flavia, dir eine Einladung zu einer gemütlichen cena ausprächen, wo wir dann gemeinsam diese Sachen klären könnten. Zusammen mit den Senatoren meiner Familie. Wie würdest du das finden?“ Er blickte Quarto an und fügte hinzu, um seine Worte zu unterstreichen: „Unser Koch ist sehr gut. Er bereitet vor allem Geflügel so her wie kein anderer in Rom.“

  • Quarto spitzte die Lippen.
    Eine Einladung in die Höhle der Löwen?
    Aber wenn man mit den Löwen Frieden schließen wollte, dann durfte man keine Scheu zeigen.
    Und die Aussicht auf besonders lecker zubereitetes Geflügel tat ihr übriges.


    “Ich würde mich freuen.“, antwortete er deshalb.
    “Besprich dich mit deinen Verwandten. Ich erwarte dann die Einladung, voll der Vorfreude auf die Künste dieses wunderbaren Kochs.“

  • Quarto schien einen Moment mit sich selbst zu ringen, bevor er etwas herausbrachte. Piso lächelte. Es war vollbracht. Nun müsste er nur noch die männlichen flavischen Familienmitglieder überzeugen. Er würde sofort zu ihnen gehen, wenn er mit seiner Arbeit fertig war.
    „Ich danke dir, Senator. Bald, so denke ich, wirst auch du dich der Kochkünste unseres Attalus versichern können.“ Er war zufrieden mit sich selber – ob die anderen Flavier das auch sein würden?

  • “Ich freue mich darauf.“


    Quarto erhob sich leise schnaufend.


    “Nun will ich dich nicht länger von deiner Arbeit abhalten. Der Procurator a libellis wird mir sonst noch zürnen. Also verabschiede ich mich. Wir sehen uns bald wieder.“

  • „Gut, in diesem Fall werde ich alles in die Wege leiten!“ Mögen mich die Götter unterstützen, dachte sie der Flavier und nickte, als der Senator seine Intention verlautbarte, zu gehen.
    „Schön. Dann... wir sehen uns, so hoffe ich, eh bald wieder.“, meinte Piso. „Und ich denke nicht, dass dir der Procurator zürnen würde. Er ist ein sehr umgänglicher Mensch.“ Er lächelte ein wenig, bevor er „Vale“ sagte, seinen Kopf senkte und sich wieder an seine Arbeit machte.

  • “Vale, Aulus Flavius Piso, und bis bald.“, verabschiedete sich Aelius Quarto.


    In Gedanken versunken ging er. Woran er wohl dachte? An gebratenes Hühnchen, gegrillten Kapaun, eingelegte Taubenbrüstchen und fetten Gänsebraten? Oder an die politischen Möglichkeiten, die sich mit einem Ende der alten Feindschaft ergeben könnten?

  • In Pisos Officium kam ein Brief geflattert. Besser gesagt, eine tabula getscheppert. Jene legte nämlich ein Notarius geräuschvoll auf Pisos Tisch. Piso las sie sich durch.



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    Administratio Imperatoris



    Tiberius Prudentius Scipio ist unverzüglich in den Ritterstand zu erheben.



    Potitus Vescularius Salinator




    Schon wieder etwas vom PU, diesem elenden Fettsack. Prudentius Scipio? Noch nie gehört. Solche Leute würden nun die ritterliche Laufbahn beschreiten können... und er nicht. Seufzend machte sich Piso daran, eine Ernennungsurkunde auszustellen. Immerhin schien es ein Verwandter von Balbus zu sein, der Mann konnte nicht so schlecht sein.

  • Der Pratorianer führte Lucianus zum Officium des kleinen P.a.l. und postierte sich dort vor der Tür um auf den Consular zu warten, für den er zuvor noch schnell an der Tür klopfte und sie öffnete.









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