[Ein Park] Gedankenvoller Spaziergang

  • Manche Tage waren ausgesprochen harmlos, fast langweilig, manche angefüllt mit hektischer Hast und Betriebsamkeit, die kaum Raum für freie Gedanken ließ. Die letzten Tage, ja nun Wochen hatten für eine bestimmte Römerin genug Aufregungen bereit gehalten, sodass sie nun, an ihrem ersten wirklich freien Tag ohne irgendeine Pflicht die Gelegenheit nutzte, um ihre Gedanken zu sammeln und einige Dinge, die sich in den vergangenen Tagen ereignet hatten, zumindest im Kopf ein wenig zu sortieren. So viele Menschen, so viele Ereignisse ... in der Casa Iulia war ihr die Luft zu eng geworden, sodass sie kurzerhand mit einer Dienerin als Begleitung in die Stadt gegangen war, um dort einen der kleinen Gärten in der Nähe des Forums aufzusuchen. Hier wetteiferten alte Bäume und noch ältere, im griechischen Stil geformte Statuen darum, sich den meist eher müßig dahin wandelnden Besuchern darzubieten, die in den seltensten Fällen überhaupt wegen des Kunstgenusses gekommen waren. Auch Iulia Helena bildete dabei keine wirkliche Ausnahme - sie mochte zwar die griechische Kunst, aber das tobende Gedankenwirrwar in ihrem Kopf lenkte sie davon ziemlich gut ab.


    Es gab so viel zu tun und sie wünschte, sie hätte jetzt die Möglichkeit, mit ihrem verstorbenen Gemahl zu sprechen. Dabei hatten sich die Knoten der Gedanken immer irgendwie aufgelöst, immer zumindest die nächsten Schritte deutlicher und klarer vor ihre Augen gelegt, aber es war nicht mehr möglich. "Titus, Du fehlst mir," flüsterte sie leise vor sich hin und blickte seufzend in den Himmel. Es war ein schöner, warmer und vor allem sonniger Tag, im Grunde ideale Bedingungen, um sich zu vergnügen und zufrieden zu sein, aber sie fühlte, dass ihr etwas fehlte. Seit der Fahrt auf dem Streitwagen hatte sich so vieles verändert. Nur zwei Berührungen, und doch tauchten sie alles in ein gänzlich anderes Licht, das sie mehr verwirrte als ihr helfen konnte, einen Weg für sich zu finden. Und dieser seltsame Traum ... sie blinzelte etwas und schritt langsam auf dem gepflasterten Weg zwischen den kleinen Rasenflächeln aus, die Dienerin im respektvollen Abstand, wie es sich gehörte, während ihre Herrin fast taub und blind für die Umgebung blieb ...

  • Es reichte. Dieses ewige herumsitzen im Officum, dieses ewige Dokumente durchwälzen nur um sie dann guten Gewissens zu siegeln, diese ewigen Besprechungen und diese nie enden wollende Planerei.
    Seit Crassus hier nach Rom gekommen war fühlte er sich doppelt so schnell altern als noch in Hispania. Als er noch einfacher Legionär war, sich um nichts kümmern musste und immer gesagt bekam, was er nun machen musste. Gerne dachte er an die alten Tage zurück. An das schöne, ruhige und fast duftende Hispania. An das Hispania mit den endlosen Feldern, mit den blühenden Bäumen und mit den schönen Frauen.
    Um seinen Kopf endlich wieder frei zu bekommen, beschloß Crassus sehr kurzfristig aus dem Officium auszubrechen. Erst hatte er ja vor, aus Rom rauszureiten, weit hinaus und sich irgendwo in das Gras zu legen um sich dann zu fragen, warum er damals eigentlich zu den Prätorianern gegangen ist und nicht weiter in Spanien sein Leben gefristet hat. Warum er so karrieregeil sein musste. Doch dann wurde ihm klar, dass es nicht gut war, wenn er sich so kurzfristig so weit von seiner Einheit entfernte, ohne leicht erreichbar zu sein. Also musste er mit einer der Parkanlagen Roms Vorlieb nehmen. Auch wenn er dort bei weitem nicht so gut wie in der völligen Natur abschalten konnte.
    Als er dann endlich, in Begleitung seiner Leibwache, die er seit einem Vorfall, bei welchem einer seiner Tribune zusammengeschlagen wurde immer bei sich führte, in einem der Parks ankam, eilte, ja, hastete er fast in das Zentrum des Parks, schloß die Augen und sog den Duft der "Natur" tief ein. Sicherlich, der Geruch erinnerte nicht mal im entferntesten an den Duft den er sich einbildete, wenn er an Hispania dachte, aber das war ihm auch egal. Für ihn zählte nur, dass er sich jetzt hier in dem Stückchen Natur den Duft, den er sich so oft vorstellte, aber so in Hispania bestimmt nie gerochen hat, viel besser vorstellen konnte. Er roch den Geruch so deutlich, dass er fast meinte er fühlte ihn durch seine Finger strömen.
    Nach einigen Sekunden, die er einfach nur mit geschlossenen Augen und weit von sich gestreckten Armen verstrichen ließ, begann er langsam zu laufen. Vor seinem inneren Augen sah er, wie er sich langsam durch ein goldenes Weizenfeld bewegte, langsam mit gespreizten Fingern durch die Ären fuhr, wie er immer weiter in das Weizenfeld hineinlief und der wohltuende Geruch immer stärker wurde....
    Er blinzelte verwirrt, glaubte einen Baum genau vor sich zu sehen und spürte schon im nächsten Moment einen stechenden Schmerz.
    Noch während er sich benommen an den Kopf fasst, wird ihm klar, dass er keinen Baum gerammt hat.

  • In einem Moment wanderten ihre Gedanken noch ziellos bei einer Fahrt in einem Gespann umher, im nächsten Moment machte es nur noch "WAMM!" und es wurde für einige Augenblicke lang dunkel um die Scriba zu Ostia, ohne dass sie gewusst hätte, was überhaupt geschehen war und warum. "Herrin!" rief die Dienerin aus und stürzte zu der Römerin, die bei dem unvermittelten Zusammenprall zu Boden gegangen war und dort erst einmal liegen blieb. Den Leibwächtern des Mannes einen giftigen Blick zuwerfend, versuchte die Dienerin, den Kopf ihrer Herrin auf den Schoß zu nehmen und tätschelte ihre Wange, zwischen Panik, Sorge und schlichter Angst sich bewegend, denn sie hatte ihre Herrin nicht vor dem entgegen kommenden Mann gewarnt, hatte geglaubt, diese würde ausweichen.


    Erst nach einer ganzen Weile blinzelte die Iulierin sehr langsam vor sich hin und blickte zweifelnd in den strahlend blauen Himmel, der jetzt irgendwie ziemlich schmerzte. "Was ... war das ...?" murmelte sie unsicher und versuchte sich aufzurichten, was nur sehr mühsam zustande kam. Sie bemerkte erst nach einigen Momenten, dass einige Passanten stehen geblieben waren und sowohl den Mann als auch die Frau neugierig anglotzten - dass sich zwei Menschen mitten auf dem Weg umrannten, kam schließlich nicht an jedem Tag vor. Nicht einmal in Rom, in der Stadt der tausend Möglichkeiten. "Das äh ..." Die Dienerin blickte zu Caecilius Crassus herüber, dann wieder zu ihrer Herrin. "Du bist mit einem Mann zusammengestoßen!" tuschelte sie eilig, während Iulia Helena nur leise seufzte. Ihr freier Tag begann, groteske Züge zu entwickeln. Hoffentlich war es nicht jemand, den sie kannte und hoffentlich war es zudem kein Senator ...

  • 'Die Germanen stehen vor Rom!', 'Der Götter Zorn lässt die Welt untergehen', 'Stirb du Schwein!' hallte es in Crassus Kopf wieder, als er sich noch leicht benommen und verwirrt umsah. Es war aus, dachte er sich, als er die Parkanlage um sich herum erkannte. Er war schon im Elysium. Sein Leben war gelebt und nun könnte er nie meh... Praefect! Praefect! abwehrend hielt Crassus seine Arme vor das Gesicht, als er einen Mann auf sich zu kommen sah. Doch, gegen seine Vorstellungskraft, wollte der Mann ihm nichts böses, sondern stützte ihn nur und erkundigte sich wie es ihm gehe. Langsam, sehr langsam, dämmerte Crassus was passiert war und ihm wurde bewusst, dass er noch lebte - so wie er bisher immer gelebt hatte. Er nahm seine Hände hinunter und rieb sich die Augen. Der Schmerz schien lange nicht mehr so groß zu sein, als es es noch während des Schockmomentes den Anschein hatte.
    Langsam, diesmal aber deutlich klarer, sah er sich noch einmal um. Inzwischen hatte sich seine Leibwache, die den Namen wohl kaum verdient hatte, um ihn versammelt und sorgte dafür, dass die Schaulustigen, die sich gerade versammelten, weiterliefen.
    Crassus Blick fiehl auf die Frau, die auf dem Boden lag und mit der er ganz offenbar kollidiert war. Auf einen Wink hin eilte einer seiner Begleiter zu der Frau, und der neben ihr kauernden Dienerin, und schaute, ob er irgendwie behilflich sein konnte. Auf einen anderen Wink hin und nach einem kurzen Wortwechsel eilte ein anderer Begleiter fort, um ein Gefäß mit Wasser und einigen Lumpen zum kühlen zu organiseren.
    Dann wandte sich Crassus wieder der Frau am Boden zu, die langsam wieder zu sich gekommen war und sich gerade aufrichtete. Er rieb sich die Stirn. Warum konnte er auch nie mit der momentanen Situation zu frieden sein? Er schüttelte den Kopf. Es half ja nichts. Er räusperte sich. Das war nun wirklich eine scheiß und verdammt peinliche Situation. Einen Moment lang spielte Crassus mit dem Gedanken einfach weiter zu laufen. Er verwarf ihn aber so gleich wieder. Immerhin hatte er seine Unifom an und wäre für jederman als Praefectus Vigilium erkennbar. Und wie würde das aussehen? Der Chef der Vigiles, der Freund und Helfer in der Not, rammt erst eine Frau und lässt diese dann auf dem Boden liegen.
    Dann wollte er sich wie üblich von einem seiner Begleiter, der sich durch deutlich bessere und teurere Kleidung von den anderen Begleitern abhob, vorstellen lassen. Aber auch diesen Gedanken verwarf er wieder. Auf festlichen und offiziellen Anlässen wäre das wohl angebracht gewesen, aber jetzt hier im Moment wohl weniger.
    So sanft als nur im Moment für ihn irgendmöglich erkundigte sich Crassus bei der Frau, ob und wie es ging.

  • Es dauerte eine Weile, bis Iulia Helena realisiert hatte, dass der Mann in der Uniform sie angesprochen hatte. Noch etwas länger dauerte es, bis sie seine Uniform als die eines Offiziers der Vigilien erkannte, und die dann mit aller Wucht zurückkehrenden Gedanken beschäftigten sich vor allem mit einem Thema: Dass es ihr wieder einmal gelungen war, eine höchstwahrscheinlich nicht unwichtige Persönlichkeit auf die peinlichstmögliche Art und Weise kennenzulernen - erst rannte sie einen Senator fast um, jetzt stiess sie mit einem Offizier zusammen, morgen würde sie wahrscheinlich noch dem Kaiser selbst auf den Fuß treten und ihn dafür anraunzen, dass er im Weg stand. Kurz überlegte sie, dass es doch sehr von Vorteil war, dass der Hof sich derzeit in Germania befand, enthob es sie zumindest dieser Variation an Peinlichkeiten. Irgend etwas auf ihrer Stirn schmerzte, und sie war sich fast sicher, dass das eine Beule geben würde - sie fühlte sich, als sie sie im vollen Lauf gegen eine Wand gekracht, nicht gegen einen anderen Menschen.


    "Ähm," antwortete sie langsam und nicht gerade einfallsreich, um sich dann auf ihre Dienerin zu stützen und sich aufzurichten. Im Stehen sah es wenigstens nicht mehr ganz so schlimm aus, aber peinlich war es nach wie vor. "Es .. geht mir gut," fügte sie schließlich an und blinzelte ein paar Mal. Die Stelle an der Stirn begann sich leicht rötlich zu verfärben, aber ansonsten war sie eher vom Schock blass geworden denn von irgendeinem dadurch entstandenen Leiden. "Es ...tut mir leid ... ich habe Dich vollkommen übersehen, ich war in Gedanken ..." Gleichzeitig schimpfte sie sich wegen der laschen Erklärung innerlich aus, aber so war es eben gewesen.

  • Während die Frau vor ihm sich aufrappelte, fiehl Crassus zum ersten mal wirklich auf, dass sie eigentlich ganz ansehnlich war. Sie schien aus gutem Haus zu kommen, war noch jung, bestimmt noch nicht verheiratet und hatte bestimmt auch noch nie... Crassus verdrängte den Gedanken wieder ganz schnell, schließlich war das momentan wohl kaum die richtige Situation und noch weniger der richtige Ort für solche Gedanken.
    Der vorher ausgeschickte Begleiter kam wieder zurück - mit einem Eimer voll Wasser und einigen sauberen, weißen Lumpen bewaffnet. Er stellte die Sache zwischen der Iulierin und Crassus ab und bedeutete der Dienerin der Iulierin, dass sie sich ruhig bedienen könnte. Crassus nahm noch einmal tief Luft, während diesem Atemzug verfluchte er im Stillen seine Gefühlsduselei, und sprach dann mit festerer Stimme: "Freut mich zu hören, dass es dir gut geht." Auf die Schuldzuweisung wollte er nicht mehr zu sprechen kommen. Es war schließlich genauso seine Schuld gewesen, aber er hätte es hier in der Öffentlichkeit sowieso nicht zugegeben. Er rang sich zu einem kleinen Lächeln durch und überlegte einen Moment lang, was er nun machen sollte. Weitergehen, da er ja wusste, dass es ihr gut ging? Nein, das wäre sehr unhöflich gewesen. Und bisher wusste er ja noch nicht einmal, aus welchem Haus sie stammte. Also versuchte er erst einmal herauszufinden, welche Familie sie angehörte. Hoffentlich war es irgendetwas unbedeutendes, sodass er gleich mit einem guten Gewissen weitergehen konnte.


    Ist schon in Ordnung. fügte er noch hinzu. So nun war das mit der Schuld aber wirklich für ihn erledigt. Damit du überhaupt weißt, mit wem du gerade zusammengestoßen bist, möchte ich mich kurz vorstellen. Ich bin Eques Gaius Caecilius Crassus, meines Zeichens Reichpraefect, genauer der amtierende Praefectus Vigilium, dreifacher Phalera Träger, Sieger der letzten Militärwettkämpfe, Beisitzer in der Kurie von Italien und im Senat, Klient des ehemaligen Praefectus Urbi und derzeitigem Legions Legaten Senator Marcus Decimus Livianus. hatte er etwas vergessen? Er hoffte nicht, denn nomalerweise ließ er sich immer von einem seiner Sklaven vorstellen. Naja, was solls, er hoffte, dass er auch so etwas Eindruck machen konnte.

  • Auch das noch. Für einige Momente lang fühlte sie sich an ihre Unterhaltung mit Spurius Sulla erinnert, der auch ein solcher Freund der Ränge, Titel und Ehrungen war, um sie einem im geeigneten Zeitpunkt unter die Nase zu halten und damit zu wedeln. Es mochte nett gemeint sein, aber die Vorstellung des Praefectus Vigilium traf bei Helena auf einen bereits gereizten und pochenden Nerv. Während ihre Dienerin das Tuch in das kalte Wasser tunkte und ihr vorsichtig mit dem befeuchteten Tuch die rötliche Stelle auf der Stirn betupfte (als ob das irgend etwas ändern würde), sammelte sie zum einen Atem, zum anderen Beherrschung an und betrachtete ihr Gegenüber. Dafür, dass er sich nicht einmal dafür entschuldigte, an dem Unfall zumindest die halbe Schuld zu tragen, stand er recht selbstsicher vor ihr und schien sich wie der König am Bosporus zu fühlen. Männer! dachte Iulia Helena und lächelte ihn sanft an. Die beste Art, einem temporären Feind die Zähne zu zeigen, war noch immer zu lächeln ...


    "Ich freue mich, Deine Bekanntschaft zu machen, Caecilius Crassus - ich hoffe, Du verzeihst mir, wenn ich keinen Deiner Titel benutze, es sind so viele, dass man sich gar nicht entscheiden kann, welcher denn nun zu benutzen ist ... ausser Du sagst mir, wie Du gern angesprochen werden möchtest," sagte sie freundlich und hoffte, er würde die zarte Ironie der Worte entweder verstehen und damit auch, was sie damit meinte, oder stumpf genug sein, es zu überhören. "Ich bin Iulia Helena, Scriba zu Ostia, und Witwe des praefectus castrorum Titus Albius Severinus." Das sollte zumindest die Fronten ein wenig gerade rücken und ihm klar machen, dass er hier weder vor einem unerfahrenen Mädchen stand noch vor irgendeinem Gewächs aus der Subura - immerhin war sie eine der Nachfahrinnen des Caesar und des göttlichen Augustus. "Lass mich raten, Du gehst gerne zur Erbauung spazieren?" Es hörte sich wie harmloses Geplänkel an ... ausgesprochen harmloses Geplänkel, garniert mit einem hinreißenden Lächeln.

  • Natürlich fiel Crassus die Ironie ihrer Worte auf. Sie war ja eigentlich nicht einmal mutwillig zu überhören. Dabei war sie eigentlich unnötig, denn jeder in ganz Rom wusste, dass man ihn mit Praefectus Vigilum ansprach, da dies der höchste und aktuellste Titel war. ;)
    Na klasse. Eine Iulia. Die Gens Iulia war zwar lange nicht mehr so bedeutend wie sie es früher noch war, aber trotzdem, völlig unbedeutend wird sie wohl nie sein können. Außerdem fiel jetzt eine ganz schnelle Verbaschiedung unter den Tisch, da die Familie wohl kaum zu den niedersten gezählt werden konnte. Also jetzt erst einmal so tun als ob man sich wirklich Sorgen um sie machen würde. Aber Moment mal: Bei der Militärakademie hatte er doch auch mal mein einem Iulius zusammengearbeitet. Jetzt müsste man nur noch auf den Namen kommen. Er war doch damals ein Tribun bei der Legio IX, oder?


    Wie? Achja, klar. Was hilft besser? Etwas an der frischen Luft spazieren gehen eigentlich ein perverser Gedanke bei dem Gestank in Rom von frischer Luft zu reden oder aber einige Runden in den Thermen schwimmen. Aber um in die Thermen gehen zu können, brauch man viel mehr Zeit Deshalb muss ich wohl mit dem Spazierengehen vorlieb nehmen.

  • Noch schwankte sie zwischen einem berechtigten Zorn wegen der schmerzenden Stelle an ihrer Stirn und einem gewissen Amüsement. Wahrscheinlich hätten viele Frauen Roms so manches darum gegeben, an ihrer Stelle zu sein und sich mit einem der begehrtesten Junggesellen der Stadt zu unterhalten, dass ihm hier keine anbetende Schar junger Maiden im heiratsfähigen Alter folgte, war ohnehin erstaunlich genug - denn wie hatte Ovid es nicht geschildert, als es darum ging, die komplizierten Beziehungen zwischen Männern und Frauen zu beschreiben? Eine Frau musste einem Mann schließlich auch die Gelegenheit geben, sie zu sehen, um sie dann zu erobern - und wo gab es bessere Gelegenheiten als an Orten der Bildung oder Zerstreuung wie diesem? Stattdessen lief sie in Gedanken durch den Park und krachte unverhofft in genau den Mann, um den es in Rom genug Gerüchte und Hoffnungen gab ... ihr Bruder würde ihr kein Wort glauben, wenn sie ihm davon berichtete. Aber eine Gelegenheit mehr, einen vielleicht für seine Zukunft wertvollen Kontakt herzustellen, dann würde aus der zu erwartenden Beule vielleicht etwas nützliches erwachsen.


    "Du musst sehr beschäftigt sein, dass Dir Deine Arbeit keine Zeit für die Thermen lässt - doch ist nicht das Leben viel zu kurz, um es nicht mindestens ein wenig zu genießen? Die Arbeit ist natürlich wichtig, aber wenn Du dich gänzlich darin aufreibst, wird Dir irgendwann nichts mehr Freude und Erfüllung bereiten - was schade wäre, braucht man doch gerade für Deine vielen Aufgaben ein ruhiges Herz und einen klaren Kopf." Ein wenig Plauderei konnte jetzt nicht schaden, unansehnlich war er schließlich auch nicht und sein Gesichtsausdruck verriet zumindest genug, dass sie vermuten konnte, dass ihre Ironie angekommen war, wohin sie gehörte - alles weitere würde sie sich für einen passenderen Zeitpunkt aufheben. Und, ganz als zürne sie ihm kein Bisschen mehr, lächelte sie ihn auf eine sanfte, weiche Weise an, die zumindest eine Andeutung von den Lebensfreuden verhieß, denen man sich nicht verschließen sollte, wollte man seine Jahre genießen.

  • Nun war Crassus aber etwas verwirrt, er ließ sich jedoch nichts anmerken - hoffte er zu mindest. Eben noch die Ironie in ihren Worten und die nicht zu verleugnende Provokation, doch nun auf einmal einen fast umsorgenden und bemitleidenden Tonfall. Schlagartig wurde ihm wieder klar, warum er lieber in einen Lupaner ging und sich keine Ehefrau suchte. Mit der Lupa musste er nicht reden und noch weniger musste er sie verstehen - meistens war das schon auf Grund der Sprachbarrieren nicht möglich.
    Bei einer Ehefrau war das schon etwas verzwickter. Ab und an reden war wohl leider Pflicht und etwas kennen sollte man den Lebenspartner auch. Es war ja nicht so, dass man dickste Freunde werden müsste und jede Nacht das Lager teilen müsste, aber man sollte auf öffentlichen Anläßen, wie Empfänge oder Feiern, zu mindest nicht so offensichtlich als zwei verstrittene und sich nichtssagende Lebenspartner erkannt werden können. Crassus fröstelte etwas bei dem Gedanken und er redete sich schnell ein, dass eine Heirat ja noch viel Zeit hatte, ein Erbe würde schon noch kommen...


    Freude kann ich auch noch später erfahren. Dann, wenn ich guten Gewissens sagen kann, dass ich für Rom alles in meiner Macht stehende getan habe und ich jeden Moment meines Lebens für Rom bereit gestanden habe. Doch, solange ich noch gerade stehen und ein Gladius führen kann, kann ich auch noch Rom dienen. antwortete Crassus. Sicher hatte er auch jetzt schon seinen Spaß am Leben - und den nicht zu knapp - aber das musste ja nicht jeder wissen - zu mindest würde man es nicht aus seinem Mund erfahren. Außerdem, das ganze patriotische Gefassel, von wegen "alles für Rom!" machte fast immer einen selbstlosen Eindruck. Und ein selbstloser Eindruck war eigentlich ein guter Eindruck.
    Doch sag, was hat dich nach Ostia gezogen? Der ewige Lärm und Gestank Roms? Die endlose Unruhe?

  • "Man könnte fast meinen, Du hättest einige Iulier in Deiner Ahnenreihe, genau das höre ich von fast allen meiner Verwandten," meinte sie schmunzelnd und seufzte dann unüberhöbar. "Aber was ich dabei nicht wirklich verstehe, ist diese Hingabe an den Kriegsdienst. Ich bin meinem Gemahl lange genug auf seine verschiedenen Stationierungsorte gefolgt, und das Kriegshandwerk ist beileibe weder heroisch noch irgendwie ein Spiel, wie es Männer gern darstellen. Neben einem Leben voller Pflicht und mit dem Schwert in der Hand muss doch etwas mehr kommen als nur das. Mars ist kein schlechter Herr, aber selbst ein Mars findet stets den Weg zu Venus zurück. Schon die Götter zeigen uns, dass der Krieg nicht vollkommen der Lebensinhalt sein kann," fügte sie dann sinnierend an und schritt mit zierlichen Bewegungen neben ihm aus, inzwischen hatten sie, Crassus' Leibwachen, von denen einer den Eimer trug, und Helenas Dienerin im Schlepptau, ein langsames Spaziertempo aufgenommen, was das öffentliche Interesse an ihnen weit wirkungsvoller zerstreute als alles andere.


    "Nun ... Ostia ... die Arbeit hat mich dorthin gezogen. Ich wollte nicht nach Misenum oder Mantua gehen, also blieb nur Ostia als Alternative für ein gewisses Einkommen. Mein Bruder ist derzeitig Probatus bei den Cohortes Urbanae, und er soll ein Zuhause haben, wenn er von der Kaserne Freizeit bekommt - irgendwann wird er heiraten und bis dahin soll der Haushalt funktionieren, damit ihn seine Gemahlin gut versorgen kann. Und da es mir zuwider ist, meinen Vater stets um Geld zu bitten, muss ich eben sehen, wie welches ins Haus kommt - patrizische Zurückhaltung und das Verbleiben im Haus kann und will ich mir nicht leisten. Müssiggang ist doch stets der Beginn eines Niedergangs."

  • Die Versuche von hier wieder schnell abzuhauen hatte Crassus inzwischen aufgegeben. Es hätte und hatte ja doch nicht geklappt und jetzt blieb ihm eigentlich nicht viel mehr übrig, als sich diesem Gespräch zu fügen. Auch wenn es Crassus momentan nicht gefiel, so ist doch so ein kleines, unverfängliches Gespräch besser zum Abschalten geeignet als jeder andere stundenlange Spaziergang, während welchem man sowieso nicht den Kopf frei bekam.


    Welches schöneres Gefühl gibt es denn als zu wissen, dass man hier, in vorderster Front, keine 100Meter vom Feind entfernt, die Familie, die Heimat schützt? Und man selber von den Göttern beschützt wird, damit man schützen kann? Natürlich ist der Krieg schmutzig und an sich nicht heroisch und auch sehr verlustreich, viele junge Römer sind dafür schon gestorben. Aber eben diesen jungen Männern haben wir es zu verdanken, dass Rom noch steht. Wenn man dann irgendwann nach seinem Kriegsdient nach Hause kommt, seinen Acker bestellt und den Rest seines Lebens mit der Familie in Frieden verbringen kann, da wieder andere junge Römer diese alten Veteranen mit der Familie schützen, dann hat man doch mehr als nur Krieg als Lebensinhalt gehabt, oder?
    Diese Hoffnung, endlich nach Hause zu kommen und anderen den Krieg zu überlassen, ist doch das einzige, was einem am Leben erhält, wenn man schweiß durchnässt, völlig erschöpft von einem wilden Germanen angegriffen wird. Und wie es kommt, dass fast jeder Soldat Roms heroisch über den Krieg spricht? Ich denke das liegt daran, dass man einfach stolz ist, dass man überlebt hat.


    Ahh, ich verstehe. Da drängt sich mir aber gleich die Frage auf, ob ihr keinen Patron habt, der euch dahingehend unterstützt.

  • "Dabei gibt es allerdings ein wesentliches Problem," meinte sie sinnierend und blickte für einige Momente lang in den Himmel. Wie oft hatte sie dieses Gespräch doch mit ihrem verstorbenen Gemahl geführt? Mit Titus hatte sie sich gern gestritten, zumindest in den letzten Jahren ihrer Ehe, denn auf den Streit folgte stets eine Versöhnung, die nicht oft im Cubiculum geendet hatte und meist mit sehr viel Leidenschaft verbunden gewesen war. Auch wenn sie kontroverse Meinungen gehabt hatten, irgendwann hatten sie ihre gegensätzlichen Fronten akzeptiert und damit leben gelernt, dass man eben nicht immer übereinstimmen konnte. Ein wehmütiger Ausdruck glitt bei diesem Gedanken über ihr Gesicht, und wieder einmal wurde ihr bewusst, wie sehr sie Titus noch immer vermisste. Den Gedanken jedoch energisch beiseite schiebend, führte sie den Satz von eben fort.


    "Was geschieht, wenn man den Kriegsdienst nicht überlebt? Wenn man die Familie zu spät gründet, sieht man seine Kinder nicht mehr aufwachsen, falls man denn überhaupt dazu kommt, welche zu zeugen. Wo bleibt denn das schöne Leben nach dem Kriegsdienst, wenn man es nicht einmal erlebt? So viele junge, kräftige Männer sind in der Ferne gestorben, und können die Kraft ihres Erbes nicht mehr weitergeben. Ich will nicht in Abrede stellen, dass Rom verteidigt werden muss, und ich bewundere jeden Soldaten, der in der Verteidigung des Vaterlandes stirbt wie mein Gemahl, aber es ändert nichts daran, dass es Söhne nur gibt, wenn man sie zeugt, nicht wenn man nur im Feld für Mars und Rom unterwegs ist." Seine Worte über den Patron hingegen ließen sie aufhorchen. Wollte er nur wissen, wo er sie einzuordnen hatte, oder suchte er neue Klienten? "Was den Patron angeht, so hat sich mein Bruder noch nicht entschieden, wen er sich als patronus wählen soll - eine solche Verbindung sollte immer mit Bedacht gewählt werden."

  • Crassus nickte verstehend. Auch ihm war klar, dass das ja der Hacken an der Sache war.


    Natürlich ist eben das, das Problem an der ganzen Sache. Aber es ist leider nicht zu ändern. Kriege werden immer Verluste mit sich bringen, es werden immer Römer an den Grenzen sterben müssen, damit wir hier in Ruhe leben können und dafür sorgen können, dass es mehr römischen Nachwuchs gibt. Bisher hat der Krieg immer nur so viel Opfer gefordert, wie es Rom auch verkraften konnte, sodass es nicht unterging oder ausstarb. So wird das auch in Zukunft weitergehen. Die Kriege werden weiterhin tragische Verluste fordern, die übrig gebliebenen und überlebenden Soldaten werden dafür sorgen, dass Rom nicht ausstirbt.
    So werden alte Familien aussterben, neue geboren. Die Welt bleibt in Bewegung. Ich selbst war im Krieg, habe Kameraden fallen sehen, habe sie zu Grabe gebracht - es war schmerzhaft. Aber gleichzeitig habe ich mir geschworen, dass ich dafür Sorge, dass ihr Erbe nicht vergessen wird, dass noch in vielen Generationen ihr Opfer bekannt sein wird. Nun liegt es wieder an mir, an einem Überlebenden, dafür zu sorgen, dass es die besagten Generationen überhaupt gibt.
    So haben auch die Gefallenen einen Teil an der Nachwelt geleistet. Die Gefallenen sorgen für die Erinnerungen, die Überlebenden für den Nachwuchs, der die Erinnerungen aufnimmt und weitergibt. Man muss keine Kinder haben um die Nachwelt mitzuformen. Und je tapferer die Gefallenen ihrem Schicksal entgegensehen, umso mehr junge Römer werden sich dem Kriegsdienst verpflichten.


    Sicher, die Wahl eines Patrons ist eine wichtige und sollte wohl überlegt sein, denn sie kann das ganze Leben verändern.

  • "So viel sich auch wandelt, Rom bleibt bestehen und die ältesten Familien ebenfalls. Die Geschichte unseres Reiches lehrt uns, dass Wandel bisweilen notwendig ist, aber ohne die Rückbesinnung auf die Werte unserer Ahnen wären wir nicht, was wir sind. Es wird wohl immer ein Weg zwischen Wandel und Tradition sein müssen .." Für einen Moment dachte sie an das Motto ihrer gens, das genau auf diese Art Lebensweise ausgerichtet war. Traditio et progresso, Tradition und Fortschritt. Auch heute schien ihr das Motto richtig gewählt und es würde wohl immer so bleiben. "Die Frage ist doch nur, ob Du einer jener sein möchtest, die heldenhaft für Staat und Vaterland fallen oder ob Du Dir ein Leben wünscht, das mehr bietet als ein gladius und die kalte Umarmung des Todes. Etwas dazwischen wird immer nur eine Notlösung sein." Sie blickte sinnierend auf eine griechische Statue am Rand des Weges, die einen ziemlich gut ausgestatteten Jüngling zeigte, der mit einem Diskus posierte.


    Diese griechischen Statuen hatten schon etwas für sich, überlegte sie und seufzte innerlich. Zum einen keine Kleidung, zum anderen waren die Künstler bei bestimmten männlichen Attributen durchaus großzügig - aber bevor sie diesen Gedanken weiter verfolgen konnte, wendete sie schnell den Blick ab, immerhin wollte sie nicht, dass sie dieser Mann beim genüsslichen Betrachten einer wohlgestalteten Statue erwischte. "Gibt es denn gar nichts, das Dir Deine Freizeit versüßt? Gladiatorenkämpfe? Wetten? Wagenrennen?"

  • Jeder Soldat da draußen wünscht sich mehr als das Gladius und Scutum in seinen Händen. Jeder möchte so schnell als nur irgendmöglich, aber vorallem auch gesund, wieder in die Heimat zurückkehren. Ich habe keinen Soldaten erlebt, der in die Legio gegangen ist, um zusterben. Aber der Feind vor einem, fragt einen nicht, ob man zurückkehren möchte. Er haut drauf, egal was man sich wünscht. Und dann kannst du Glück haben und du überlebst, oder aber du hast kein Glück. Dann musst du aber so tapfer sein und dem Tod mutig in die Augen sehen, damit die Nachwelt dein Erbe bewahren kann.
    Kein Soldat lebt mit der Notlösung, wie du sie nanntest, aber jeder Soldat ist gewillt, seinen Willen, seine Meinung zu ändern, sollte es anders kommen als erhofft.


    Crassus sah auf den Boden vor sich und schritt langsam neben der Iulierin vorran. Langsam hob er seinen Blick und blinzelte einen Moment lang in die Sonne und fragte sich warum, er eigentlich damals in die Legio eingetreten ist. So nötig hatte er das Geld nicht, schließlich war sein Cousin ja Senator gewesen. Ja, es war nur das Fernweh gewesen. Crassus, jung, motiviert, ungeduldig, wollte die Welt sehen und erleben. Und wo geht das besser als in der Legio? Einen Moment fragte er sich, ob er mit dem heutigen Wissen noch einmal eintreten würde. Er zögerte. Doch dann kam die Überzeugung wie eine Flut über ihn. Ja! Er würde sich noch einmal zum Kriegsdienst verpflichten.


    Ich engagiere mich in meiner Freizeit in der Factio Praesina. Aber leider hat das nichts mehr mit versüßen zu tun, nachdem ich zum Princeps der Factio gewählt wurde. Hatte ich davor als Reichspraefect nur wenig Freizeit, jetzt habe ich so gut wie keine mehr.

  • "Letztendlich klingt das Los eines Soldaten weniger heroisch, eher ... traurig," sagte sie nachdenklich, ein wenig leiser als zuvor. Wahrscheinlich würde er das nun einer weiblichen Emotionalität zuschreiben, aber im Grunde konnte sie das Soldatenleben schon sehr lange nicht mehr als heroische Angelegenheit ansehen. Es war zu oft geschehen, dass ein geschätzter Kamerad ihres verstorbenen Gemahls nicht zurückgekehrt war, zu viele alte Freunde bei der Einheit, die im Feld blieben. Auch sie hatte mit so manchem gelacht und gescherzt, ihnen das Gefühl gegeben, für einen oder zwei Abende fern dem immerwährenden Krieg zu sein und sich fühlen zu können, als hätten sie eine Familie, ein Heim, das ihnen eine gewisse Geborgenheit zu vermitteln imstande war. Und sie hatte mit den Jahren das Gesicht ihres Gemahls immer mehr versteinern gesehen, als neben seinen Freunden auch beider Kinder gestorben waren ... leise und nun doch etwas schwerer holte sie Atem und versuchte mit aller Gewalt die Erinnerungen zu verdrängen, die zurückkehrten.


    Dass er dann da Zauberwort 'Praesina' sagte, war nur eine willkommene Abwechslung - und ein neues Thema, über das sie würden streiten können, wenn sie es nicht geschickt genug anstellte. So zog sie es vor, ihre eigene Fatioanhängigkeit erst einmal im Dunklen zu lassen. "Was reizt dich denn an der Praesina so? Ich meine, jeder hat seine Gründe, warum er sich einer bestimmten Factio anschließt, was waren denn deine für die Praesina, wenn ich fragen darf? Immerhin ist die Arbeit eines Princeps ja nicht gerade gering, da muss man seine Factio schon sehr schätzen."

  • Crassus musterte die Iulia von der Seite. Sie schien in traurigen Erinnerungen zu schwelgen. War ihr ja eigentlich auch nicht zu verübeln, hatte, so viel hatte Crassus ja schon mitbekommen, sie doch ihren Mann im Krieg verloren. Und, so hatte sie ebenfalls gesagt, war sie ja auch immer mit ihrem Mann, und damit mit der Legio, mitgereist. Das musste für eine Frau das schwerste Leben überhaupt sein, dachte sich Crassus weiter. Sie, als eine der wenigen ehrhaften Frauen, unter so vielen Männern, die die Huren im Tross auch bald besser beschreiben konnten, als ein gewöhnliches Legionslager. Er schüttelte den Kopf und bemitleidete Iulia fast wegen ihrem Schicksals. War es doch fast sicher keine Hochzeit aus Liebe gewesen. Andereseits, sagte er sich und zuckte gedanklich mit den Schultern, hatte sie mit einem Praefectus Castrorum sicher keinen armen Mann geheiratet, der ihr, sofern ihm die Heirat gefiel, auch einige Wünsche erfüllen konnte. Wie auch immer es war, es ging Crassus ja doch nichts an.


    Was einen an der Praesina reizt? Na, mal ehrlich, so eine Frage konnte ja nur eine Frau stellen, die wieder mal gar keine Ahnung hatte. Die Professionalität bei den Grünen ist im gesamten Imperium unangefochten. Da ist es nicht verwunderlich, dass sich die besten Fahrer auch dort befinden. Denn eine gute Oganisation ist die halbe Miete - und für die andere Hälfte sind eben diese besten Fahrer zuständig. Du siehst also, die Präsina kann eigentlich gar nicht verlieren.
    Und wenn man gefragt wird, ob man diesen Posten übernehmen würde, dann sagt man nicht Nein. Nicht bei dieser Factio. Da ist die restliche Arbeit fast egal.

  • Ein leichter Wind kam auf und ließ ihre Palla darin flattern, während einer der Leibwächter des Crassus sichtlich angestrengt überlegte, wie er den lästigen Eimer loswerden könnte, den er immer noch mit sich herum trug - ein erwachsener, aufrechter Römer, der seinem Herrn mit einem Eimer in der Hand hinterher lief. Allein die Dienerin der Iulia Helena schien mit ihrem Schicksal als stumme Begleiterin der beiden sich Unterhaltenden recht einverstanden zu sein, doch auch sie warf hin und wieder einen sinnierenden Blick auf Crassus. Ein so berühmter Mann ging mit ihrer Herrin spazieren! Das würden ihr die Küchensklaven nie glauben, da war sie sich sicher. Ihre Herrin indes lächelte leicht vor sich hin, während sie den Worten ihres Begleiters lauschte. Er schien wirklich von seiner Factio begeistert - und es war auch das erste Mal, dass er aus dieser furchtbaren Selbstgefälligkeit herauskam und ein wenig Feuer bewies. Wie dieser Mann wohl ohne Uniform und ohne sämtliche Pflichten sein mochte? Ein angenehmer Unterhalter vielleicht nicht unbedingt, dafür schien er zu sehr auf sein Ego fixiert, aber sicherlich ein sehr interessanter Gesprächspartner.


    "Nun, die Praesina ist sicherlich eine interessante Factio, aber wenn ich mich nicht irre, können auch andere Factiones mit guten Fahrern aufwarten und stellen eine ernsthafte Konkurrenz dar, beispielsweise die Aurata oder die Veneta. Hast Du Dir die Nachwuchsrennen bei den letzten Ludi Martialis angesehen? Plinius von der Praesina zog schließlich dann doch deutlich den Kürzeren gegenüber Thrax und Patroklos. Ich bin mir sicher, im Laufe der Karriere dieser drei wird es noch das ein oder andere sehr spannende Rennen geben - und zum Gewinnen gehört schließlich nicht nur Professionalität, sondern auch der entsprechende Wagemut - wie überall im Leben, im Krieg wie in der Liebe. Wer nichts wagt, kann nie gewinnen."

  • 'Pah, Frauen!', dachte sich Crassus, 'war ja klar, dass sie wieder keine Ahnung hat. Ein Nachwuchsrennen. Jetzt vergleicht die den Nachwuchs schon mit den richtigen Fahrern! Wie absurd.' Innerlich schüttelte er nur den Kopf und sah mit einer hochgezogenen Braue zu der Iulia. Der Tod ihres Mannes muss sie wohl ganz wirr gemacht haben. Als ob die Aurata überhaupt eine Konkurrenz für die Präsina wäre. Crassus wartete eigentlich nur darauf, dass man die Aurata während einem Rennen zwei mal überrundete. Veneta? War ja schon einmal die richtige Richtung, aber ein wirklicher Konkurrenten war das auch nicht. Purpurea vielleicht, ja, die noch am ehesten... aber Aurata?
    Wie der Name schon sagt, war das ein "Nachwuchsrennen." Das hat ungefähr so viel Aussagekraft, wie ein leeres Fass Wein. Von diesem Rennen aus, kannst du absolut keine Rückschlüsse auf die Factios und deren Stärken an sich ziehen. Das wäre idiotisch. Nimm lieber die letzten richtigen Wagenrennen... das müsste die der Factio Veneta gewesen sein. Und wer hat da, welch Überraschung, gewonnen? Lupus von der Präsina.


    triumphierend sah er zu der Iulia. Aurata eine ernsthafte Gefahr, pah! Der musste man mal einige Lektionen im Wagenrennsport beibringen, sie hatte ja gar keine Ahnung. Oder zu den nächsten Wagenrennen mitnehmen. Aber so kann es definitiv nicht weiter gehen.

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