[Ein Park] Gedankenvoller Spaziergang

  • "Vielleicht gibt uns dieses Rennen wenig Aufschluss über die Gegenwart, aber doch sehr viel mehr über die Zukunft. Die jetztigen guten Fahrer werden ihren Zenit früher oder später überschritten haben und abbauen, und dann ist die Zeit der jüngeren Fahrer gekommen. Ich will nicht die Wíchtigkeit gewonnener Rennen zur jetztigen Zeit in Abrede stellen, aber niemand bleibt ewig an der Spitze, unsere Geschichte beweist das. Gerade deswegen sollte man doch ein gutes Auge auf vielleicht bald folgende Konkurrenz behalten, findet Ihr nicht?" Noch immer lächelte sie, als sie an seiner Seite einher schritt, ihre Haltung recht entspannt, wenngleich sie die Palla nun so trug, dass der dunkelrot anlaufende Fleck auf ihrer Stirn davon verdeckt wurde - es musste ihr ja schließlich nicht jeder deswegen neugierig ins Gesicht starren.


    "Du scheinst die Seite der Sieger jedenfalls sehr zu mögen, Caecilius Crassus," fügte sie nach einer Weile an. "Deine Karriere ist inzwischen fast sprichwörtlich geworden, und 'Reich wie Crassus' ist ein geflügeltes Wort geworden. Ich frage mich, wie lange wir hier noch unbehelligt spazieren können, ohne dass eine Meute heiratswilliger Mädchen und verheiratungswilliger Mütter hinter Dir her stürmt und hofft, mit Liebreiz und Schönheit ebenso auf die Seite der Sieger zu kommen." Das klang nun eindeutig belustigt, und sie musste bei der Vorstellung eines vor einer Masse flüchtenden Crassus auch irgendwie schmunzeln. Ob er jemals Niederlagen erlebt hatte? Denn nicht im Sieg, eher in der Niederlage beweist sich doch der wahre Mensch ...

  • Die von dir besagte Zukunft ist noch fern. Noch können sich diese Nachwuchsfahrer in einem Trainigslauf den Hals brechen. Sicher, bestimmt wrd auch ein Marsyas irgendwann den Rennsport an den Nagel hängen, aber zum einen ist das noch ein ganzes Stück weit entfernt und zum anderen, bis es soweit ist, werden wir noch viele Gewinne einfahren und viele Nachwuchsfahrer prüfen und gegebenfalls in unsere Reihen aufnehmen. Allerhöchstens war das Rennen ein Indiz für die mögliche Zukunft, wenn überhaupt. Und selbst wenn es mehr sein sollte, der dritte Platz ist in Ordnung und noch ausbaufähig.
    Nach dem Rennen hatte sich Crassus zwar über den dritten Platz maßlos geärgert, aber im nachhinein betrachtet, konnte er mit dem Ergebnis zufrieden sein. Besser wie die Veneta war man gewesen, das war ja schon mal was.


    Ich kenne keinen Menschen auf dem Erdkreis, der nicht lieber Sieger als Verlierer ist. Da werde ich bestimmt keine Ausnahme bilden. Bei ihren übrigen Worten schmunzelte auch Crassus leicht. So schlimm ist es heutzutage zum Glück nicht mehr. Ich bin davon überzeugt, dass wir noch den ganzen Mittag über so laufen könnten. Crassus betonte das letzte Wort etwas, immerhin wollte er nicht den ganzen Tag fern der Kaserne sein Denn selbst wenn jemand hier irgendwelche Anstalten machen würde, sie er deutete mit einer lässigen Handbewegung auf die Leibgarde würden schon dafür sorgen, dass ich meine Ruhe habe. Zumindest wenn sie nicht gerade wieder schlafen, so wie es vorher der Fall war. fügte Crassus etwas ärgerlich hinzu.

  • Die Finger ineinander verschränkend, blickte sie sinnierend auf eine weitere Statue, an der sie vorüberkamen. Eine nackte Schöne im griechischen Stil räkelte sich hier dem geneigten Betrachter entgegen und wieder einmal musste sie feststellen, wie sehr sie diese Kunst doch bewunderte. Die Menschen wirkten so vollkommen, fast perfekt, den Göttern näher als alles andere - und wenn man die Statuen betrachtete, konnte man sich selbst, so unperfekt man auch immer war, für einen Moment lang im Echo der künstlerischen Hand sonnen, die hier etwas für die Ewigkeit geschaffen hatte.
    "Ich weiss nicht, ob es so gut ist, immer auf der Seite der Gewinner zu stehen - denn je höher man schweift, desto tiefer wird man irgendwann fallen. Keinem Menschen ist Fortuna immer treu, und all jene, die Dich heute noch umschwärmen, lassen Dich am nächsten Tag fallen, weil sie fürchten, ebenso hinab gezogen zu werden. Wenn man dann wahre Freunde hat, hat man im Leben einiges nicht falsch gemacht, aber die wenigsten Menschen wissen ehrliche Anteilnahme zu erkennen und zu schätzen."


    Sie passierten eine weitere Statue, diesmal eine Marsstatue, wenn sie sich nicht irrte, oder aber es war nur ein einfacher Krieger - zumindest sah er ausgesprochen gut aus, wie die meisten männlichen Gestalten, die im griechischen Stil gehauen worden waren. "Nun, Deine Leibwächter schienen zumindest in mir keine Gefahr für Dich gesehen zu haben, sonst hätten sie uns sicher voneinander fern gehalten," meinte sie amüsiert und warf einen Blick zurück auf die angelegentlich in andere Richtungen blickenden Männer. "Aber ich glaube, das werde ich allen jungen Frauen raten, die mir davon erzählen, dass sie Dich kennenlernen wollen - einfach umrennen lassen und schon ist man im Gespräch. Eine passende Fortsetzung für die ars amatoria von Ovid, findest Du nicht?"

  • Irgendwann einmal fielen Crassus die Blicke der Iulia auf die Statuen auf. Daraufhin musterte auch er die Statue. Die Statue war in der Form einer nackten Fraue, einer hübschen nackten Frau. Aber naja, hatte Crassus nicht zum ersten mal gesehen und irgendwie konnte er diesen Statuen insgesamt auch nichts abgewinnen. Das ging sogar fast soweit, dass sie ihm regelrecht auf die Nerven gingen - außer natürlich die Götterbildnisse. Als Geburtstagsgeschenke oder ähnliches, waren sie zwar ganz brauchbar, aber zum anschauen und darüber sinnieren oder gar entspannen? Eher weniger, so fand Crassus. Die Mitmenschen um einen herum waren da um Längen interessanter und verschiedener.
    Aber was sollte man dann anders machen? Auf jeden "Sieg" verzichten, weil man Angst hat, dass man danach wieder verlieren könnte? Immer versuchen, auf der Verliererseite zu stehen, damit man ja nicht so tief fallen kann? Ist doch blödsinn. Solange einem Fortuna hold ist, sollte man diese Gunst ausnutzen, wenn sie einem nicht mehr Hold ist, tja, dann muss man damit auch leben. Ihrer Bemerkung über Freunde hatte er nichts mehr hinzuzufügen und stimmte stumm zu.


    Crassus grinste breit: Hätte ich meinen Helm aufgehabt, hätte die ganze Sache auch durchaus schmerzhafter für dich ausgehen können. Ich würde nicht empfehlen, das zu einem Standardschema zu machen... es sei denn man steht auf Schmerzen. fügte Crassus mit einem spitzbübischen Grinsen hinzu.
    Ja, wäre vielleicht passend, aber wie gesagt, nur mit der Erwähnung, dass man soetwas nur bei Senatoren machen sollten, die in der Regel keinen Brustpanzer oder Helm tragen.

  • "Dem Glück sollte man nicht aus dem Weg gehen, das nicht - und das habe ich auch nicht gemeint, würde es doch an der Gunst der Fortuna lästern, das angebotene Glück nicht anzunehmen. Aber ich habe schon zu oft gesehen, dass eigentlich kluge Männer irgendwann verloren haben, das Wesentliche ihre Erfolgs zu sehen und begannen, überzuschnappen - sie glaubten, sie seien in allem erfolgreich, was sie nur anfangen würden, um dann geradewegs abzustürzen. So etwas finde ich nach wie vor erschreckend. Wenn man nicht ab und an eine Niederlage einstecken muss, aus der man lernt, dass man weder unfehlbar noch allmächtig ist, geschieht das nun einmal sehr viel leichter," meinte sie sinnierend und überlegte, wie es wohl den früheren Caesaren ergangen war. Gerade Kaiser wie Caligula oder auch Domitian und Nero waren ein gutes Beispiel für eine ziemlich verloren gegangene Bodenhaftung. Der jetztige Augustus schien glücklicherweise ein sehr umsichtiger Mann zu sein, der wusste, in welche Richtung er den Staat lenken musste, sodass das nicht zu befürchten stand.


    Auf seine Worte hin musste sie jedoch leise lachen, die Augen blitzten vergnügt auf dabei: "Nun, ich werde an das mit dem Helm sicher denken, wenn ich diesen Hinweis weitergebe, aber gegen eine Uniform ist doch im Grunde nichts einzuwenden, meinst Du nicht? Soldaten und Offiziere sind zumindest gehalten, sich körperlich fit zu halten, und sehen entsprechend meist ein bisschen trainierter aus als Senatoren, die den ganzen Tag nur herumsitzen und sprechen - und gerade ein trainierter Körper steht bei den jungen Mädchen sehr hoch im Kurs. Muss wohl an den vielen Statuen liegen," sie nickte schmunzelnd zur Seite weg, einem weiteren durchtrainierten Männerbildnis entgegen. "Aber sag, welche Art von Frau könnte Dich verlocken? Nicht damit ich Dir lauter hoffnungsvolle Jungrömerinnen schicke, und sie sich ihr Haar meinetwegen alle blond gefärbt haben, und Du magst das gar nicht?" Der Gedanke hatte etwas sehr amüsantes für sich. Crassus auf der Flucht vor einer Horde blonder, kreischender Mädchen - seine Leibwächter wären chancenlos.

  • Crassus tat in Gedanken ihre Aussage bezüglich 'man braucht Niederlagen', als sinnloses Geschwätz ab. Wahrlich, Crassus hatte im Leben noch nicht viele Niederlagen erlebt. Eine handvoll vielleicht, wenn man die militärischen Kampfniederlagen dazu rechnete, und diese waren schon lange her. Er konnte und wollte um keinen Preis etwas verlieren und er war sich sicher, dass er auch nie etwas bedeutendes verlieren würde. Er war von den Göttern als Sieger auserkoren worden und dieses "harte" Schicksal würde er auch so annehmen, so dachte er. Anders konnte er sich seine Karriere und seinen Aufstieg nicht erklären - anders wollte er sich das auch gar nicht erklären.
    Aber an der Iulier Stelle würde er nicht anders denken, fuhr Crassus in Gedanken fort, wenn man überlegt, vor 150Jahren war die Iulia noch eine große und viel wichtigere Gens als sie es heute ist. Ja, das wäre ein Grund sich so etwas einzureden. Nicht, dass die Gens Iulia heute völlig unbedeutend wäre, aber im Vergleich zu vergangenen Tagen...


    Ein Offizier tut auch nicht mehr viel mehr als reden und am Schreibtisch sitzen. Die Bürokratie in der heutigen Zeit ist schon nicht mehr effektiv und die Gesetze tun ihr übriges. Bald werden Zeiten kommen, wenn das so weiter geht, in denen ein Centurio erst einmal einen Anwalt konsultieren muss, ob er überhaupt Latrinendienst anordnen darf, wegen dieser Strafe. Ich meine, die Gesetze sich zwar schön und gut, aber in der Einheit sollte man immernoch, mit dem Gesetz im Rücken, bestimmen dürfen, was für welche Strafe passend ist und wann man einen zum Beispiel unehrenhaft entlassen darf und wann nicht - ohne dabei Gefahr zu laufen, verklagt zu werden. War er jetzt bisschen am Thema vorbeigeschossen? Na, auch egal, so ist es halt, wenn man eher zufällig so ein heikles Thema anschneidet.
    Welche Art von Frau mich am ehesten verlocken könnte? Crassus konnte ein Grinsen nicht verkneiffen. Es gibt keinen bestimmten Typ, den ich bevorzuge, solange sie halbwegs gepflegt aussieht und nicht riecht, als ob sie gerade dem Tiber entstiegen wäre. ;)

  • Seine Worte ließen sie ein wenig aufhorchen - das klang nach Dingen, die ihn geärgert haben schienen, und solcherlei war natürlich bedeutend interessanter als das ganze vorherige Geplänkel. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwer ist, einen Offizier zu entlassen, der sich nicht auf seiner Position richtig verhalten hat - bei der Legio geht sowas wenn ich mich recht entsinne, recht schnell. Ist das bei den Vigiles anders?" Sie klang etwas erstaunt, irgendwie war es doch auch schwer vorzustellen, dass Fehlverhalten, das zu einer unehrenhaften Entlassung führen sollte, so schwer dann auch zu nutzen sein würde. Sonst machte das doch alles auch gar keinen Sinn .. sie blinzelte etwas, den Blick auf sein Profil gehalten, während die Gedanken etwas umher huschten. Ja, eindeutig, er hatte heftig geklungen, sie vermutete fast, dass er vor einer solchen Entscheidung gestanden war und sie nicht hatte so treffen können, wie er das gewollt hatte. Dass es selbst für einen Crassus anscheinend Grenzen gab, war gleichermaßen amüsant wie auch interessant ...


    "Ah, nun redest Du Dich aber heraus! Du kommst mir mit Ovid, wenn u Deine eigene Meinung sagen sollst, machst Du das vor Deinen Männern auch?" neckte sie ihn schmunzelnd, denn dieser Wunsch nach einer gepflegten und sauber riechenden Frau ließ sich auch im Werk des Schriftstellers, der ars amatoria, fast mit ähnlichen Worten nachlesen. "Ein jeder Mann hat doch seine Traumfrau, diesen über allem stehenden Wunsch nach einer fast perfekten Gefährtin, und den willst Du jetzt für Dich behalten? Das ist nicht gerecht, jetzt bin ich gerade neugierig geworden." Während Helena noch überlegte, wie sie ihm dieses Geständnis entlocken konnte, blickte ihre Dienerin in eine andere Richtung des Parks, wo sich ein seltsamer Gesang erhoben hatte- einige halbstarke Männer, die einen neuen Gassenhauer brüll-sangen. "Der Tiber so blau, so blau ..."

  • Crassus schüttelte den Kopf. Nein, die Gesetzeslage betrifft alle Einheiten Roms; egal ob Legion oder Vigiles. Aber sie ist relativ neu, erst ein paar Jahre alt. Aber soviel ich weiß, sieht man das bei der Legio nicht so eng. Hier dagegen in Rom, in direkter Nachbarschaft zu der Basilica Ulpia sieht das, so könnte ich mir das erklären, anders aus. Hier meint jeder, er könne erst einmal Klagen gehen und schauen was bei rauskommt. Mehr als gewinnen kann man ja nicht. Und egal wie das Urteil aussieht, ob Abgewiesen oder Stattgegeben, der Ruf der Einheit und der des Kommandeurs wird dadurch geschädigt. Crassus schüttelte resignierend den Kopf. Damals in der Legio IX war das Leben doch noch so einfach gewesen.. Ich habe immer öfters das Gefühl, dass ich als Offizier in einer Einheit mehr Politik betreiben muss, als dass ich mich um die Einheit an sich kümmern darf.
    Auch Crassus war klar gewesen, dass er als Offizier nicht mehr so leben würde, wie er es noch als einfacher Legionär gemacht hat, aber trotzdem, keiner hatte ihn gewarnt, in was für heikle Situationen man sich begibt. Natürlich hatte man schon Vorstellungen gehabt und wusste, dass es nicht immer einfach werden würde, aber irgendwie waren die Vorstellungen durch die Euphorie der Beförderung getrübt und alles sah viel einfacher aus.


    Iuppiter bewahre, nein! Crassus lachte etwas Die Hälfte meiner Männer würde Ovid nicht einmal kennen, geschweige denn schon einmal etwas von ihm gelesen haben. Crassus selbst, musste er zugeben, hatte nur Auszugsweise die Ars Amatoria gelesen.
    Sein Blick wanderte über den Park und landetete dann bei der Iulia. Einen Moment lang musterte er sie von der Seite und erinnerte sich an seine Legionärszeit in der er oft mit seinen Kameraden solche Gedanken nach der Traumfrau austauschten. Auch wenn die anderen Kameraden dabei immer richtig aufblühen zu schienen, hielt sich Crassus im Hintergrund und sagte meist nichts dazu. Damals tat man es als Schüchternheit oder so etwas ab. Aber es war keine Schüchternheit gewesen, sondern Crassus hatte sich lediglich nie seine Traumfrau vorgestellt. Es hatte keinen Reiz für ihn, sich irgendetwas vorzustellen, dass er sowieso nie sehen würde und nie erreichbar gewesen wäre. Er zuckte nur mit den Schultern. Es gibt ehrlich keinen bestimmten Typ, der bessere Chancen als ein anderer hätte. Wobei ich Senatorentöchter eigentlich bevorzugen würde... meinte Crassus, breit spitzbübisch grinsend.
    Die Gruppe Männer, die offenbar schon einiges getrunken hatten, hatten offenbar den glorreichen Einfall auch weiter in den Park zu gehen und so wie es schien, würden sie den Weg nehmen, auf welchem Helena und Crassus gerade gingen.

  • "Hier in Rom betreibt doch ein jeder Politik," meinte sie leichthin, während sie sich noch größte Mühe gab, auf das lauter werdende Gröhlen nicht zu achten, ihre Dienerin hingegen warf immer wieder einige besorgte Blicke in die Richtung der näher kommenden Schar, dann zu den Leibwächtern. Hoffentlich würden sie diesmal ihrer Bezeichnung gerecht werden! "An jeder Ecke von Rom geschieht eine politische Handlung, sei es der Patron, der morgens seine Klienten zur salutatio empfängt und ihnen seine Meinung zu aktuellen Themen ausspricht, sei es der Gang über das Forum, seien es die Reden, die man immer wieder hören kann, Du als Offizier wirst natürlich besonders begutachtet werden - selbst unser Gespräch könnte man politisch betrachten, eine Annäherung der beiden alten gentes Iulia und Caecilia. Möglicherweise folgt uns bald ein ganzer Schwarm an Spekulationen - und so wird es mit allem sein, was Du tust. Deine Stellung ist inzwischen zu prominent, als dass es anders sein könnte, die Menschen kennen Deinen Namen, und Deine Handlungen erwecken Interesse. Doch wie leicht ist es zu steuern ... ein Artikel in der Acta Diurna hier, eine Wandmalerei mit Beschimpfungen dort, vielleicht noch der ein oder andere Spottvers ... ich würde fast vermuten, Du bist längst nicht mehr Offizier allein. Du musst Dir nur darüber klar werden, dass sich etwas geändert hat."


    Dass er seine Vorliebe für Senatorentöchter gestand, liess sie allerdings leise auflachen. "Ah, dieser Geschmack nach Macht und einer reichen Mitgift, nicht wahr? Also, sollte ich einsame Senatorentöchter kennenlernen, die sich zu benehmen wissen, schicke ich sie zu dir, allerdings gibt es da ein kleines Problem - die meisten sind recht häufig bereits vergeben. So leicht wird sich dieser Wunsch also nicht erfüllen können," scherzte sie lachend und schüttelte dann den Kopf. Männer hatten bisweilen schon sehr seltsame Vorstellungen vom Leben, aber dazu waren sie eben auch Männer. Die Schar der offensichtlich ziemlich angeheiterten Bacchusfreunde nahm tatsächlich den Weg auf die beiden Spaziergänger zu, ausgelassen johlend und lachend, einer hatte den anderen gerade in den Schwitzkasten genommen, während die anderen um sie herum liefen, lachten und gröhlten, als seien sie alleine im Park unterwegs - nun konnte auch Helena nicht mehr umhin, die Gruppe wahrnehmen zu müssen und hob kritisch beide Augenbrauen an.

  • Crassus schüttelte energisch den Kopf: Dass ICH schon lange mit einem Bein in der Politik stehe ist mir auch durchaus bewusst. Und mir ist auch klar, dass ein Optio bei einer der Stadteinheiten Roms, sich auch langsam Sorgen um seinen Ruf machen muss. Eben weil er auch schon zum Teil Politiker ist, sein muss. Aber für die Politik gibt es den Cursus Honorum. Für was brauch man dazu noch die Militäreinheiten? Natürlich, ein Tribun und Kommandeur einer Einheit wird weiterhin zur Hälfte Politiker sein, aber der "kleine" Centurio sollte sich in Ruhe auf seine achtzig Mann konzentrieren können - ohne, dass er sich groß um andere Sachen Gedanken machen muss. Kann ja nicht Sinn und Zweck der ganzen Sache sein.
    Crassus dachte an das Gespräch mit dem ehemaligen Centurio Annaeus Metellus in seinem Officium. Dieser hatte ja auch behauptet, dass er den ganze Tag mit Schreibkram beschäftigt gewesen wäre. Auch wenn Crassus fest davon ausging, dass es nur eine Ausrede war, so musste Metellus ja doch irgendwie auf die Idee mit dieser Ausrede gekommen sein. Und so weltfremd ist die Ausrede ja nicht einmal.


    Ach! Crassus winkte ab Kein Problem ist unüberwindbar. In Kindertagen ist das Laufen noch ein Problem, in der Legion ist der befehlshabende Centurio das schier unüberwindbare Problem, in Rom das überall herrschende Chaos... und nun ist es halt ein Senator. Crassus lachte laut und musterte die Iulia abermals von der Seite. Ja, irgendein Schattengewächs war sie nun wirklich nicht und brauchte sich auch nicht vor Senatorentöchtern verstecken. Aber moment mal! Das Lied kannte Crassus doch. Schnell wand er seinen Blick wieder von der Iulia ab und schaute, woher das Lied, welches er noch neulich Nacht gegröhlt hatte :D, herkam. Die Ernüchterung war groß, es schienen nur ein paar besoffene Männer zu sein, die dabei waren überschüssige Energie abzubauen. Gerade als er seiner Leibgardgarde einen Wink geben wollte, erkannte er, dass sie schon dabei war, sich so um Helena, ihre Dienerin und Crassus zu stellen, sodass sie von den Männern ersteinmal abgeschirmt waren und niemand ein versteckten Dolch im Rücken fürchten musste.

  • Wieder lachte sie leise, aber auch, um eine gewisse Nervosität zu verbergen, die sich in ihrem Magen zusammenballte, das Gemenge bei den ludi florales in Mantua war ihr noch zu gut im Gedächtnis. Dort war sie in der Menge fast gestürzt, als ein Passant sie angerempelt hatte, und es war sicher keine angenehme Erinnerung. Sie mochte die großen Massen nicht wirklich, wenngleich sie sich daran besser gewöhnt hatte als ihr Bruder - und jetzt einer gröhlenden und angetrunkenen Schar Männer auf freiem Feld sozusagen gegenüber treten zu müssen, gefiel ihr nicht. Sie trat einen Schritt weiter an Crassus' Seite, innerlich hoffend, er würde das jetzt nicht falsch verstehen und glauben, sie wollte sich ihm ungeziehmend nähern - aber was blieb ihr auch anderes übrig, diesen Kerlen mit den seltsamen Liedern wollte sie ganz sicher nicht nahe kommen.


    "Du klingst, was die Vermischung Deines Amtes mit politischen Entscheidungen angeht, nicht besonders erfreut - ist es etwas, das Dich sehr oft stört und es Dir schwer macht, deine Aufgaben zu erfüllen? Als Laie kann man sich das oft nicht vorstellen, wie es in einer fast militärischen Einheit wirklich zugeht, und mein Wissen beschränkt sich auf die legio, nicht aber auf die Truppen innerhalb Roms. Zumindest klingt das alles nicht wirklich erfreulich ..." Sie ließ den Rest des Satzes offen und blickte der Gruppe Männer, die sie nun fast erreicht hatten, mit gemischten Gefühlen entgegen. Irgend etwas in ihr rief, dass sie einfach nur hier weg wollte, es war die dümmste Idee seit langem gewesen, an ihrem freien Tag ausgerechnet hier spazieren zu gehen. "DerTiber ist so blau, so blau, so blau wie WIIIIIR .." gröhlte der Anführer der Gruppe, und versuchte, einen der Leibwächter lachend anzurempeln. "Schau doch nich so sauertöpfig, sing mit!" rief ein anderer aus der Gruppe und tanzte um die fünf herum, sodass seine ausgesprochen lose flatternde Toga hinter ihm wie eine Flagge herwehte. Sehr sehr leise murmelte die Iulierin: "Ich will hier weg .."

  • Verwundert, aber auch überrascht nahm Crassus wahr, dass sich Helena ihm noch einen Schritt genähert hatte. War das eine neue Masche? Erst einen auf gut erzogen, brav und so weiter zu machen, nachdem man absichtlich einen angerempelt hat, um dann, wenn sich der Gesprächspartner kooperatv zeigte und auf das Gespräch einstieg, eine weitere Annäherung zu versuchen? Crassus Blick landete wieder bei der gröhlenden Meute. Ob sie sich wohl deshalb ihm genähert hatte? Vielleicht war das mit den Männern und dieses Vorhaben, sich noch weiter der begehrten Person zu nähern, ja auch aubgesprochen? Sodass die begehrte Person kein Verdacht schöpfen würde...
    Kopfschüttelnd verwarf Crassus den Gedanken. Das alles wäre doch irgendwie viel zu weit hergeholt und irgendwie zu viel des Guten. Kein normaler Mensch würde sich so viel Mühe machen, nur um erste Kontakte zu knüpfen. Andereseites, was war heutzutage noch normal?


    Nein, ich bin auch nicht sonderlich glücklich darüber. Denn das ist nichts ganzes und nichts halbes. Weder bin ich nur Politiker noch bin ich nur Militär. Und ich hasse halbe Sachen. Was ich mache muss Hand und Fuß haben, sonst werde ich nie damit zufrieden sein. Sein Blick hatte inzwischen die Gruppe junger und besoffener Männer fixiert. Langsam umschloß Crassus rechte Hand den Griff seines Gladius und er erkannte, wie es seine Leibgarde, die offiziell der Vigiles angehörig waren und somit Waffen innerhalb des Pomeriums tragen durften, es ihm gleich tat. Crassus würde keinen Moment zögern und auch hier, mitten in Rom einen Römer niederstrecken, wenn sich dieser ihm zu sehr näherte, sodass er einen Angriff befürchten musste. Sein Blick hatte inzwischen drohend den Anführer der Gruppe fixiert. Der Blick sollte dem Anführer klar machen, dass, sollte er wirklich Ärger wollen, ihn auch jederzeit bekommen konnte. Während er sich schon in Gedanken sah, wie er auf den Anführer zustach, brachte ihm der geflüsterte Wunsch der Iulierin völlig aus den Konzept. Er blinzelte oft und sah verwirrt zu Helena. Sie hatte er irgendwie ganz vergessen. Er lächelte ihr kurz zu, lockerte seinen Friff an seinem Gladius etwas und nahm wieder Blickkontakt mit dem Anführer auf.
    Dem einen Leibwächter, dem es inzwischen genügte, dass da einer dauernd um sie herum sprang machte ihm, nachdem er seine freundlichen Worte überhört hatte, mit einem Schubser darauf aufmerksam, dass er nicht alleine hier war.

  • Dass sie sich Crassus genähert hatte, war mehr oder minder ein recht alter Reflex gewesen, und erst als sie seinen kurz erstaunt wirkenden Blick bemerkte, wurde ihr klar, wie falsch man ihren Schritt auch verstehen konnte - sie wünschte sich fast, sie könnte es rückgängig machen, aber irgendwo in ihrem Inneren hatte es eine stumme Entscheidung gegeben, die in die Richtung ging, Schutz bei einem bewaffneten Mann gegen eine Menge zu suchen - wie sie es früher oft genug bei ihrem Gemahl getan hatte, wenn sie an Markt- oder Festtagen gemeinsam unterwegs gewesen waren. Er immer in Uniform, die Toga hatte er höchst ungern und selten getragen, und er hatte auch nur zu gut gewusst, dass sie es nicht mochte, in einer allzu großen Menge unterwegs sein zu müssen und keinen Platz für sich zu haben. Der Anführer der kleinen Trinkertruppe schien zwar ziemlich angeheitert, aber er war anscheinend kein lebensmüder Säufer, denn die Gesten der Leibwächter und des Crassus selbst waren recht eindeutig gewesen - und angeheitert gegen kampfbereite Bewaffnete vorzugehen, wünschte sich im Grunde seines Herzens wohl keiner der 'Tiber so blau' Sänger.


    "Eh, bleib mal locker!" raunzte der Anführer in Crassus' Richtung, aber viel näher kamen die Trinker nicht, einer der sehr heftig schwankenden Männer wurde nun von einem seiner Kumpane gestützt und es sah alles nach einem vorsichtigen, schwankenden Rückzug aus. Helena nutzte die Tatsache, dass nun wieder mehr Platz war, sofort aus und nahm den gebührenden Abstand ein, das Kinn etwas anhebend. Irgendwie war es auch peinlich, so instinktiv eine gewisse Angst gezeigt zu haben und sie hoffte inständig, dass er darauf nicht eingehen würde. Man musste es ja nicht noch weiter austreten. Unter dem wachsamen Blick der Vigiles entfernte sich die Trinkerschar nun doch etwas schneller, als sie gekommen war, und im Sicherheitsabstand zu Crassus und seinen Männern erklang auch das Sauflied wieder. "TIBER so BLAU so BLAU wie WIR!" Die Iulierin nahm Zuflucht zu der letzten Option, die ihr im Moment blieb, um ein gewisses Gesicht zu wahren: Moralische Entrüstung. "Man sollte doch meinen, dass um diese helle Tageszeit noch nicht die halbe Stadt dem Wein gehuldigt hat," bemerkte sie und rückte ihre Palla mit einer energischen Handbewegung zurecht.

  • Halts Maul und sieh zu, dass du Land gewinnst! raunte der eine Leibwächter dem Anführer zu und er beobachtete zufrieden, wie die Gruppe offenbar den Rat befolgte. Kopfschüttelnd ließ auch Crassus von seinem Gladius ab und sah zur Iulia, die nun wieder einen Schritt zur Seite gegangen war. Das sprach ja eigentlich dafür, dass sie sich nur wegen der Gruppe ihm genähert hatte. Aber nun, wo die Gefahr vorbei ist, nimmt sie wieder einen gebührenden Abstand ein, fuhr Crassus in Gedanken fort. Andereseits, vielleicht hat sie den Umstand mit den betrunken Männern auch nur ausgenutzt um zu schauen, wie Crassus reagierte, sollte sie sich ihm nähern. Hätte er sie nicht beinahe ignoriert, so wie er es tat, weil er sich auf die Männer konzentrierte, würde sie vielleicht noch näher an ihm laufen. Also wollte sie dann nur die Lage sondieren und schauen, was Crassus tat, wenn sie sich näherte, um dann zu wissen, was sie tun musste. Entweder die momentane Taktik beibehalten und sich ihm weiter annähern, oder aber umdisponieren, sich noch einmal zurückziehen und eine neue Angriffsmöglichkeit abwarten.


    Crassus machte einen abwertende Handbewegung Ach, jeder war mal jung und wer weiß, vielleicht hatten die ja irgendetwas besonderes zu feiern. Vielleicht wurden sie ja erst vorher vom Probatus zum Miles bei den Cohortes Urbanae befördert oder hatten sonst was zu feiern. er drehte sich um, um den Männern noch einen letzten Blick hinterherzuwerfen. Aber eigentlich hast du ja schon recht. Man sollte zu mindest erwarten können, dass sie sich erst am Abend so benehmen und soviel getrunken haben, sodass sie nicht einmal mehr geradeaus laufen können.

  • "Solange sie das in einer Taverne oder einem Lupanar machen, habe ich nichts gegen einen gewissen Hang zum Wein, aber am hellichten Tag? Das wirft kein allzu gutes Bild auf diese Leute. Ein anständiger Römer sollte tagsüber einer Bechäftigung nachgehen und wenn er die nicht hat, eine suchen. Immerhin ist es nicht so, dass es hier im Imperium nicht genug Aufgaben gäbe, die nach fähigen Händen suchen würden!" sagte sie, etwas heftiger vielleicht, als sie es gewollt hatte. Zumindest eines an ihr sprach gegen die Theorie des Crassus, eine Reaktion, die man nicht beeinflussen konnte, wenn man es wollte. Die Iulierin war ziemlich blass geworden, was bei einem vorher angenehm leicht gebräunten Gesicht doch eine ziemliche Veränderung darstellte - auch wenn sie sich jetzt Mühe gab, das durch ihre Palla zu verdecken, ganz gelang es nicht.


    Sie schritt nach ihren Worten einige Zeit still neben ihm aus, die Dienerin hatte sich wieder etwas zurückfallen lassen, und Iulia Helena beschäftigte sich damit, ihren Atem zu kontrollieren, dass er wieder ruhiger werden würde. Sie verfluchte ihre alte Furcht, diese elende Furcht, die nicht allzu oft auftrat, aber meistens dann, wenn es absolut nicht passte - und dass ausgerechnet Crassus der Zeuge hatte werden müssen, gefiel ihr gleich noch sehr viel weniger. "Wo waren wir stehengeblieben?" fragte sie, um das Gespräch wieder in Gang zu bringen, das lange Schweigen war kein wirklich guter Zustand.

  • Crassus sah sie bei ihrer energischen Reaktion fast erschrocken an. Nur wegen einigen besoffenen Kerlen musste man doch nicht so ein Theater daraus machen. Es waren nämlich bestimmt nicht die einzigen Besoffenen in ganz Rom... aber Moment mal. Bei dieser Musterung der Iulia fiel Crassus auf, dass sie ihm irgendwie blasser vorkam. Hatte sie eben wirklich Angst gehabt? Das würde sich ja mit ihrem Wunsch, den sie leise geäußert hatte, als sie die Männer passierten, decken. Crassus dachte ja erst, er hätte sich nur verhört, aber so langsam keimte in ihm der Verdacht, dass sie wirklich eine riesen Angst hatte und sich wirklich an einen anderen Ort gewünscht hatte. Nun konnte er sich ein kleines Schmunzeln nicht verbergen. Er beschloß allerdings sich dazu nicht mehr zu äußern, sonst würde er vielleicht noch durch eine Nachlässigkeit sie ausversehen darauf ansprechen und das wäre ja nun wirklich nicht die feine Art. Er nickte nur stumm und dann war das Thema für ihn gegessen.


    Gerade als er auf ihre Frage antworten wollte, beugte sich ein Leibwächter zu ihm und flüsterte ihm einige, wenige Worte ins Ohr. Crassus nickte stumm und sah dann bedauernd, aber auch entschuldigend zur Iulia: So leid es mir auch tut, aber es scheint, dass mich meine Verpflichtungen wieder eingeholt haben. Ich habe in einigen Minuten eine Stabskonferenz und kann dort selbstverständlich nicht fehlen.

  • "Aber ja," sagte sie schnell und nickte ihrer Dienerin zu, die wieder zu ihr aufschloss, um an ihre Seite zu treten. "Ich möchte Dich auch ungern von wichtigen Aufgaben abhalten, Caecilius Crassus." Damit neigte sie ihm den Kopf zu und zog die Palla wieder so weit vor das Gesicht, dass es dieses fast gänzlich zu verbergen imstande war. "So bleibt mir nur, Dir für diese interessante Unterhaltung zu danken und Dir noch einen ruhigen Tag zu wünschen - mögen die Götter Dir lächeln." Nach diesem Gruß, der freundlich gesprochen worden war, wandte sie sich ab und setzte den begonnenen Weg in die Richtung fort, aus der die randalierenden jungen Männer gekommen waren - dort würden kaum neue sein, dachte sie bei sich und entfernte sich samt der Dienerin mit ruhigen Schritten.


    Auf jeden Fall war es eine interessante Begegnung gewesen - auch wenn jetzt dafür ihre Stirn schmerzte und sie sicherlich einige Tage eine Hinterlassenschaft tragen würde, die sie an den Präfekten erinnerte. Wie konnte man auch einfach jemanden auf offener Straße umrennen? Es war amüsant und seltsam zugleich. Den Kopf etwas schüttelnd, duchquerte sie zügig den Park und ließ die Erinnerung vorerst hinter sich ...

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