Atrium | Aquilius, Furianus

  • Sica führte den Besucher ins Atrium und hieß ihn dort zu warten. Er hoffte, dass dieser in der Zwischenzeit keine Dummheiten anstellte. Zufrieden nahm Sica zur Kenntnis, dass ein weiterer Sklave gerade einen Teil des Atriums säuberte, so dass der Fremdling noch unter Beobachtung stand. So begab Sica sich zu Flavius Furianus und berichtete ihm von dem Gast.


    Ein Flavier ist soeben eingetroffen, Herr. Caius Flavius Aquilius lautet sein Name und er wünscht euch zu sprechen.


    Nach einer kleinen Pause fügte er zur Sicherheit noch etwas an.


    Es wird einer dieser Hispanier sein. Vermutlich der Sohn des Aulus Flavius Atticus und somit ein Vetter Eures Vaters.

  • "Ein Hispanier?"


    Blickte Furianus verwundert auf. Er erinnerte sich an die Worte des Vaters, welcher ihm so fantasievoll von den hispanischen Verwandten schilderte, den Ärger, welchen sie in gewissen Abständen bereiteten.
    Mit Skepsis und Vorbehalt stand er schließlich auf und begab sich ins Atrium, wo er den Besucher - trotz Ungewissheit und Unsicherheit - freundlich begrüßte.


    "Salve, Caius Flavius Aquilius. Was führt dich hierher?"

  • Ich drehte mich um und betrachtete den Mann, der mir entgegen kam - selbst hatte ich heute eine meiner besten und sauberen Togen angelegt, mit einer schlichten weissen Tunika darunter, wie es die Tradition wollte. Letztendlich kannte ich die Geschichten über den restlichen Teil meines Familienzweigs genug, um zu wissen, warum man mir mit Vorsicht begegnen würde, aber sei's drum, das eigene Blut konnte man sich nicht aussuchen, ebensowenig die Verwandtschaft. Wenn meine Nichte unbedingt unter ihrem Stand heiraten wollte, dann würde sie schon sehen, was sie davon hatte.


    "Salve, Lucius Flavius Furianus," erwiederte ich und musterte ihn genauer. Dass er Secundus' Sohn war, sah man ihm nur zu gut an, gemischt mit der üblichen Art, wie man sich eben in der verdreckten Lebensaussaugerin Rom verhalten musste, um voran zu kommen. "Nun, ich bin von meinen Studienreisen aus Achaia zurückgekehrt und habe vor, eine Weile in Rom zu bleiben." Diese Eröffnung würde ihm nicht gefallen, und ich wusste genau, welchen dicken Wurm ich ihm damit in seinen Apfel drückte. Ich schenkte ihm ein breites Lächeln der Sorte männlich-markant, vielleicht würde es ihm den Wurm versüßen, wenn er in den Apfel biss. "Und was liegt denn schon näher, als in Rom die Verwandtschaft aufzusuchen und alte Bekanntschaften zu vertiefen?"

  • Eine Weile in Rom. Nun, an sich kein Problem, falls sich dieser Mann anständig und seines Standes entsprechend verhalten würde. Dies galt es nun zu ergründen.


    "An sich kein Problem, doch wie gedenkst du hier zu leben?"


    Etwas vorsichtig gefragt, doch Vorsicht galt es immer bei potentiellen Verfehlungen zu wahren.
    Doch eines war Furianus unklar. Die Bekanntschaften zu vertiefen? War er ein Mann, welcher sich auf die weiblichen Bekanntschaften früherer Tage bezog oder eher Bekanntschaften politischen Ursprungs gemeint waren? Furianus war sich jedoch sicher, dass sich diese Vertiefungen nicht auf die Verwandtschaft bezogen, denn es gab nichts zu vertiefen, da vorher auch nichts bestand. Er war ihm gänzlich unbekannt, sowie es Furianus für ihn auch sein müsste.
    Vielleicht war es von kluger Natur seinen Vater diesbezüglich einen kleinen Brief zu schreiben, um Hintergründiges über diesen Mann in Erfahrung zu bringen.

  • "Nun, ich hatte gehofft, Aufnahme im Schoß der Familie zu finden," sagte ich lächelnd und beobachtete Furianus beim Nachdenken. Dass sein Verwandter gerade einiges nachzudenken hatte, war ungefähr so klar wie die Orakelsprüche der Sybille rätselhaft waren, immerhin dürfte er einige Schwierigkeiten haben, mich in das hispanische Flaviergeschlecht einzuordnen. Ich konnte die Gedanken förmlich hinter der Stirn des Furianus hin- und her huschen sehen, und es fiel mir zugegebenermaßen nicht ganz leicht, meine eher gleichmütige und gelassene Miene beizubehalten. Sollte ich ihn erlösen?


    "Rom bietet so viele willkommene Möglichkeiten der Fortbildung, dass ich kaum umhin komme, nach einem ausgiebigen Studium der Rethorik in Athen auch die hiesigen Möglichkeiten zu nutzen, scheint doch gerade die Schola Athenaiensis viele interessante Kurse alleinig in Rom zu veranstalten." Nein, ich würde ihn noch ein bisschen schmoren lassen. Sollte er ruhig darüber nachsinnen, ob ich dieselben frevelhaften Vorhaben ausführen würde wie Oryxa, ob ich wie Calpurnia eine ausgesprochen lästerliche Vorliebe für Plebejer an den Tag legen oder ob ich gar Obscuro nachschlagen würde. Mal sehen, auf was er von selbst kommen würde oder ob ich ihn in die richtige Richtung würde schubsen müssen.

  • "Löblich."


    Sagte er kurz und etwas apathisch.
    Wieder einer mehr, der kein eigenes Einkommen erlangen würde.
    Furianus machte sich Gedanken, eher Sorgen, da er scheinbar zum Allgemeinversorger der Gens avancieren würde - mit der Zeit sicherlich.


    "Strebst du kein Amt an?"


    Er musste konkreter werden, denn die Andeutungen schienen nicht verstanden.
    Furianus, welcher mitten im politischen Leben gefangen war, musste die Fassade wahren, da erschien dieser Mann als potentielle Gefahr. Aber er müsste diese Sorgen wohl aufgeben, wenn Aquilius eher nach Bildung als öffentlicher Unruhe sinnte.

  • Mein Gegenüber schien zum maulfaulen Teil der gens zu gehören, aber ich konnte ihn fast auch verstehen - schließlich wollte sich Furianus einem Fremden gegenüber sicher keine Blöße geben. Ich entblößte bei meinem Lächeln die rein weißen Zähne - auf solche Merkmale zu achten hatte ich früh gelernt, schließlich wirken gesunde Männer deutlich vertrauenserweckender als kranke.


    "Nun, auf lange Sicht natürlich, dieser Weg ist uns Flaviern schließlich nie fremd gewesen, nicht wahr? Aber ich halte nichts davon, die Dinge zu überstürzen und möchte mich erst in Roma akklimatisieren, schließlich ist eine politische Laufbahn sinnlos, wenn man kaum Leute kennt," sagte ich und wechselte das Standbein. Höflichkeit schien hier im Haus jedenfalls nicht gerade üblich, langsam sollte das obligatorische Anbieten von Wein und einer Nascherei zutage treten, aber vielleicht lag in diesem Fehlen auch eine verborgene Aussage meines Verwandten. Nein, Rom war definitiv nicht meine Stadt und würde es wohl nie werden, aber wie sagte man so schön? Alle Wege führen nach Rom, selbst wenn man in Athen gelebt hatte.

  • Politik? Furianus Herz, könnte man meinen, machte einen leichten Sprung. Wahrlich wusste er sich, jedenfalls in seiner Gesellschaft, zu benehmen. Aber Politik, ein sehr guter Köder, wodurch Furianus sogleich lächeln musste.


    "Löblicher, Flavius Aquilius."


    Er blickte sich um und breitete seine Hände aus.


    "So sei willkommen, in diesem Hause, welches ich von meinem Vater anvertraut bekam. Falls du es nicht weißt, ich selbst bin in der Politik tätig und beschreite derweil den Cursus Honorum. Ich bin Aedilis Curulis."


    Vielleicht wusste er diese Anspielung der Kontakte und Prestige zu deuten. Das Lächeln Furianus`sollte dies nochmals unterstreichen.

  • "So hast Du sicherlich den Wunsch, dem cursus honorum weiter zu folgen - eine sehr gute Einstellung. Es gibt zuviele, die sich auf den ersten Ämtern drängeln und dann nicht mehr weiter schreiten, weil ihnen die Begabung und der nötige Einfluss dafür fehlen," erwiederte ich und ließ mein Lächeln andauern. Politik schien hier das Zauberwort zu sein, das mir Türen öffnen konnte, aber was wollte man von der übersättigten, fetten capitale auch anderes erwarten? Der ganze Dreck Roms musste schließlich auch irgendwo produziert werden und wer schien dazu geeigneter als die Männer, die sich tagtäglich in hohlen Phrasen über das Reich ergingen.


    "Ich danke Dir für Dein Willkommen - meine Sklaven mit dem Gepäck werden dann noch folgen, ich hoffe, ihr könnt hier ein cubiculum für mich erübrigen?" Es war eine rethorische Frage, aber ich stellte sie dennoch, immerhin würde sich kein Flavier ernsthaft dem Verdacht aussetzen wollen können, seinen Verwandten die Tür zu weisen - zumindest nicht den Verwandten, die noch ihre Sinne beisammen hatten. Ich trat also auf ihn zu, umarmte ihn nach bester Mannessitte und drosch ihm einmal kräftig die Rechte auf's Kreuz, damit er nicht glauben sollte, sich hier einen Schwächling ins Haus geholt zu haben - manchmal wirkten solche Gesten weit mehr als jedes Wort.

  • Dieser emotionalen Geste nicht gewahr, war er doch überrascht, als er umarmt und danach verdroschen wurde. ;)


    "So denn mir das Volk Vertrauen schenkt, werde ich sicherlich weiterhin Rom in dieser Funktion dienlich sein."


    Ein Zimmer, eine der überflüssigsten Fragen, hatte Furianus doch selbst erst vor einigen Wochen bemerkt, wie verlassen die Villa war.
    Mit einer Handgeste bedeutete er den Sklaven sich auf die Suche nach einem geeigneten Cubiculum zu machen.


    "Sicherlich bist du müde und willst sogleich zu Bett. Oder du wählst das Triclinium mit einigen Köstlichkeiten."


    Sagte er nun unsicher lächelnd, noch immer von diesem Schlag benommen. Der Medicus musste wohl um eine Untersuchung beordert werden, des nachts.

  • "Warum sollte das Volk einem Flavier nicht vertrauen?" Ich wusste genau, es gab tausend Gründe, und die meisten davon fingen mit M oder O an, aber so deutlich musste ich ihn ja nun auch wieder nicht entmutigen.
    "Es wäre mir durchaus recht, mich von der Reise erholen zu können, der Tag war lang und die Straßen wie üblich staubig - unser Gespräch können wir schließlich auch frisch und ausgeruht am morgigen Tag fortsetzen, wenn Du möchtest." Ein wenig gutes Wetter schadete nicht und dieses vage Zusammenkneifen der Augen bei meinem Hieb auf seinen Rücken befriedigte mich zumindest vorerst genug, um für diesen Abend mit Rom zumindest ansatzweise versöhnt zu sein. Jetzt noch ein Bett, Ruhe und ein paar Becher Wein und meine Welt würde wieder besser aussehen als noch am heutigen Morgen.

  • Ich folgte meinem Verwandten und war in Gedanken schon halb im Schlaf begriffen - dieser miese Tag endete wenigstens annehmbar, mit einem Bett, einem Dach über dem Kopf und vor allem keinen schnarchenden Nachbarn, dafür schienen die Wände dick genug zu sein.

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