Ein Römer, ein sportula und ....?

  • Rom. Die ewige, die wundervolle, die einzigartige - und auch die immernoch verflucht schmutzige Stadt, dachte ich, als meine Sandale unvermittelt in einem Fladen Tierexkrement landete, das wohl von einem der exotischen Tiere stammen musste, die auf dem größten Markt der Stadt feilgeboten wurden. Seufzend scharrte ich den Dreck an einer ohnehin schon angedreckten Hauswand von meiner Sandale und schlenderte weiter, inzwischen allerdings aufmerksamer geworden für die unregelmäßigen Flecken auf dem Boden unter mir. Ich bewegte mich durch die übliche, bunte Menge, bestehend aus müßigen Männern, deren Togen verriet, dass sie zur vermögenderen Schicht der Bürger zählen mussten, Sklaven, die für ihre Herren einkaufen waren, und natürlich Frauen, die das vielfältige Warenangebot auf den Markt gelockt hatten.


    Wenn es irgend etwas gab, das mich ansatzweise mit Rom zu versöhnen wusste, waren es die Frauen, mit ihren oftmals verhüllten Gesichtern, den nahezu durchsichtigen Schleiern, der die Gesichter so reizvoll verhüllte, den über das Haar gezogenen Pallas, die eine verheiratete Frau oft verrieten, diesen reizenden, nach Blüten und allerlei Essenzen duftenden Geschöpfen unserer Phantasie. Mal wurde mein Lächeln von einer jungen Frau hier erwiedert, mal wurde ich von einer reiferen Dame dort angelächelt - zumindest für einige Augenblicke hatte ich das Gefühl, es hier aushalten zu können, wären da nicht immer wieder die übereifrigen Händler gewesen, die versuchten, mir ihre minderwertigen Waren anzudrehen, sobald sie die Stoffqualität meiner Toga registrierten. Man hätte meinen können, ich hätte die Standesbezeichnung 'Patrizier' mit roter Farbe auf meine Stirn gemalt, so viel Mühe hatte ich, einige Händler billiger Öle und Duftwässerchen loszuwerden, selbst diesen schmierigen Kerl, der mir Tränke zur Steigerung der Manneskraft - ich wusste wohl, dass ich sie nicht brauchte! - andrehen wollte, konnte ich schließlich abängen.


    Wie hatte Sallust doch so treffend geschrieben, als er Iugurthas Meinung über Rom illustriert hatte? In Rom könnte man alles kaufen, und bei Merkur, es stimmte. Selbst wenn man nichts kaufen wollte, gab es überall mindestens tausend und ein Angebot. Ich bog um die Ecke eines Tunikenstandes und fand ein Plätzchen, an dem ich kurz verweilen konnte, bevor ich begann, den Geschenkkorb von Furianus' Salutatio zu durchsuchen. Langsam aber sicher bekam ich Hunger, das Frühstück war ausgefallen, also musste nun der Inhalt des Korbes dran glauben. Gerade, als ich mich auf eine nahe Treppe zurückziehen wollte, fiel mir eine in der Nähe stehende Person auf ..


    Sim-Off:

    wer möchte, der darf :)

  • Natürlich war es eine Frau, der mein Blick galt, aber alles andere hätte mich auch selbst ziemlich erstaunt. Wahrscheinlich eine Römerin aus gutem Hause, stand die junge Dame an einem der Stände und betrachtete interessiert den dort ausgestellten Schmuck, als gäbe es nichts um sie herum, das in irgendeiner Form interessanter wäre. Welche Hingabe an glitzerndes Geschmeide! Ich würde die Frauen wohl nie verstehen, die ihre Herzen an goldenen Tand hängten, aber so waren sie eben, das ewige, unlösbare Rätsel. Aber hätten wir es denn anders gewollt? Zu duldsame Frauen hatten den großen Nachteil, irgendwann nicht mehr im Geringsten interessant zu sein, weil ihr eigener Wille im Willen des Mannes vollkommen verschwand. Nein, das war nichts für mich, und mit Nefertiri hatte ich mir auch eine recht bockige, eigenwillige Sklavin angeschafft, der ich ziemlich oft sagen musste, wo ihre Grenzen lagen. Doch ich wusste, dass ich es nicht anders gewollt hätte, dass dieses junge Wesen mit dem aufrührerischen Geist für meine Zerstreuung weit besser war als eine duldsame Jasagerin.


    Kurz verlor sich mein Blick in der Menge und als ich zu dem Schmuckstand zurück blickte, war die junge Frau verschwunden - ich seufzte kurz und wühlte in meinem sportula, um den Inhalt genauer in Augenschein zu nehmen. Ein Brot, ein dickes Stück Käse, in einen Fetzen Leintuch eingewickelt, eine Amphore einfachen Landwein, dazu Obst, was wollte man mehr? Furianus hatte sich bei seinen Klienten nicht lumpen lassen und so wurde mir ein recht angenehmes Mittagessen beschert. Ich suchte mir eine freie Steinbank, stellte das Körbchen neben mir ab und suchte mir einige Oliven aus ihrer Verpackung aus, um sie genüsslich zu verspeisen, sie hatten genau das richtige, halb bittere, halb süsse Aroma, das den Gaumen zu kitzeln verstand und meine Gedanken auf körperliche Genüsse richtete. Das bunte Markttreiben hatte etwas seltsam rastloses an sich, dem man mit dem Blick kaum für lange Zeit folgen konnte, ohne sich vollkommen in der Menge zu verlieren. Gemächlich ließ ich meinen Blick in Richtung der Weinstände schweifen, an denen ein recht großer Andrang herrschte, sowohl Sklaven als auch ihre Herren versuchten dort, ein gutes Geschäft zu machen.

  • Sim-Off:

    Ich hoffe, ich darf?


    Wieder einmal befand ich mich auf den Trajansmärkten. Seit meiner Ankunft in Rom suchte ich sie seltsamerweise häufiger auf als vor meiner Abreise hier. Besonders diesen einen Schmuckladen, an dem ich die Tiberierin kennengelernt hatte. Diesen hatte ich heute jedoch schon besucht und sie jedoch nicht wiedergesehen. Nun trugen mich meine Füße an einigen Weinständen vorbei. Ein Sklave sprach mich an und bot mir eine Weinprobe an, und da ich gerade nichts zu tun hatte, nickte ich schließlich und ließ mich an den Stand führen. Der Sklave verschwand wieder, um weitere potentielle Kunden zu werben, und steuerte auf einen Mann zu, der in der Nähe stand.

  • Sim-Off:

    Aber immer doch :)


    Ich überlegte, ob ich den Wein aus meinem gekl...liehenen sportula öffnen sollte, entschied mich aber dagegen, wer wusste schon, was dieser Tag noch bringen würde und es war immer von Vorteil, einen gewissen Vorrat bei sich zu führen. Wahrscheinlich würde ich mich wieder verirren und bevor ich an einem Marktstand irgendwo an einer Straße billigen Fusel kaufen würde, sollte mir Furianus' unfreiwilliges Geschenk viel eher beistehen. Dass der Sklave des Weinstandes mich nun ansteuerte, nachdem er einen anderen Römer in einer augenscheinlich gut gerafften Toga zur Probe verführt hatte, war mir nur recht und ich ließ mich, nachdem ich den letzten möglichen Krümel von meiner Kleidung geklopft hatte, gerne dorthin bringen. Weinproben hatten nun einmal den großen Vorteil, dass man sie nicht bezahlen musste und trotzdem ein Getränk bekam.


    "Salve!" sagte ich zu dem neben mir stehenden Mann und nahm meinen Probebecher in Empfang, diesen in seine Richtung hebend. "Man könnte sich fast daran gewöhnen, umsonst an ein Getränk zu kommen, nicht wahr?"

  • Ich stand an besagtem Weinstand und kostete gerade kritisch von einem mir dargebotenen Rotwein, als noch jemand an den Stand herantrat. Ein Patrizier, wie ich seiner Kleidung und dem Halbmond aus Elfenbein um seinen Knöchel herum entnehmen konnte. Er grüßte mich und ich lächelte zurück, hatte ich doch den Mund gerade voller Wein, den ich nun rasch herunterschluckte, ehe ich leicht grinsend sagte:
    "Salve! Ja, in der Tat. Und wenn es dann nicht noch billiger Fusel ist, der einem angeboten wird, so ist es umso schwerer, den Stand wieder nüchtern zu verlassen", scherzte ich zwinkernd.


    Die Peinlichkeit des Zusammentreffens mit Tiberia Livilla sollte sich nicht wiederholen, so sagte ich nach einem weiteren, prüfenden Schluck aus meinem Becher:
    "Ich bin übrigens Marcus Aurelius Corvinus."

  • "Freut mich, Dich kennenzulernen, Aurelius Corvinus. Ich bin Caius Flavius Aquilius," ich prostete ihm nochmals mit meinem Becher zu und nahm einen guten Schluck daraus. Tatsächlich, der Wein war erträglich. Nicht zu süss, nicht zu sauer, mit einem dezenten Nachgeschmack, ja, der ließ sich trinken.


    "Na, so viel werden sie uns sicher nicht probieren lassen, aber zumindest ist es ein Lichtblick in diesem Gedränge. Ich komme gerade von einer längeren Reise nach Achaia zurück und muss sagen, dass Rom immer wieder Überraschungen bietet, auch wenn man es eigentlich kannte." Ein weiterer Schluck des Weins rann meine Kehle hinunter und ich bemerkte, dass der Weinhändler uns recht aufmerksam im Blick behielt, wohl einen guten Geschäftsabschluss witternd. Das würde sich sicher noch ausnutzen lassen, für einen zweiten oder dritten Becher bestimmt.


    "Wenngleich das Gedränge hier eine der unangenehmeren Überraschungen ist, man könnte meinen, an allen Ständen gäbe es heute etwas umsonst ..." Ich ließ meinen Blick über die anderen Stände der Umgebung schweifen und schüttelte schließlich den Kopf.

  • Ein Flavier, ging es durch meinen Kopf. Eine angesehene patrizische Familie. Und ein netter Mann noch dazu, wie ich feststellte.


    "Es freut mich ebenso", sagte ich, nachdem ich einen weiteren Schluck getan hatte. Der Händler sah uns abwechselnd an und schien einen Kommentar zu erwarten. So schmunzelte ich und sagte:
    "Ich bin mir nicht ganz sicher. Hast du noch besseren Wein vorrätig? Vielleicht gar Falerner?"


    Fragend sah ich den hageren Händler an, der eifrig nickte und hinter einem Vorhang verschwand. Man konnte hören, wie er Anweisungen erteilte und Sklaven herumscheuchte. Ich grinste Aquilius zu. Man kam nicht oft an Falerner heran, der nichts kostete. Dann zog ein Kommentar seitens des anderen meine Aufmerksamkeit auf sich.
    "Achaia? Nein, wirklich? ich selbst bin auch erst seit einem knappen Monat wieder zu Hause. Darf ich fragen, was dich nach Griechenland trieb? Bei mir war es die Ausbildung."


    Ich lächelte breit und sah den Flavier an. Wie alt mochte er sein?
    "Ja, was das Gedränge angeht, hast du absolut recht. Da lob ich mir die kleinen Märkte in Achaia."

  • Ich konnte nicht anders als grinsen, die Art, wie er uns einen Falerner zugeschanzt hatte, gefiel mir. Falerner war schon etwas Besonderes, war er aber umsonst, kam er noch sehr viel gelegener - so erwiederte ich sein Grinsen aus tiefstem Herzen.


    "Ich war auch zum Lernen dort - in Athen, um genau zu sein. Mein Vater hatte den Wunsch, mir eine umfassende rhetorische Bildung angedeihen zu lassen, und dazu habe ich mich mit den Philosophen befasst, deren Gedanken die der unseren so entscheidend beeinflusst haben." Dass zu meiner Lebensphilosophie dort auch ein ausgiebiges Verkosten all jener Freuden gehört hatte, die einem Anhänger der Stoa den kalten Angstschweiß auf die Stirn getrieben hätte, musste ich schließlich nicht extra dazu sagen.


    "Wo in Achaia hast Du denn gelernt, wenn ich fragen darf? Vielleicht waren wir zur selben Zeit in Athen und haben uns nur nie getroffen," meinte ich schmunzelnd und nahm meinen Probebecher Falerner entgegen, der Corvinus und mir von dem eifrigen Händler gereicht wurde. "Hm, der ist gut," meinte ich nach einem Probierschluck und nickte anerkennend. Wirklich ein sehr angenehmer Wein, nicht zu mild, mit einem vollmundigen Geschmack - doch, hätte ich jetzt genug Geld dabei gehabt, hätte ich mir wohl eine Amphore erstanden.

  • "Corinthos", sagte ich.
    "Und zwar aus den selben Gründen. Auch meinem Vater war es wichtig, dass ich eine angemessene Ausbildung erhalte. Ich kann nicht klagen, sie war jede Sesterze wert."


    Ich musste amüsiert schmunzeln, hatte ich doch vor kurzem erst einen Helvetier getroffen, der mir ebenfalls in Achaia über den Weg gelaufen war. Die Parzen und ihre Schicksalsfäden waren eben niemals zu durchschauen und das Imperium schien kleiner als es eigentlich war bei solchen Begebenheiten. Den Becher nahm ich mit einem dankenden Nicken an und kostete. Fruchtig und dennoch nicht zu süß umschmeichelte der Wein meinen Gaumen. Ich schloss kurz genussvoll die Augen, ehe ich schluckte und den Flavier ansah.


    "In der Tat. Einen solchen Wein findet man doch höchst selten."
    Wieder zum Händler gewandt erkundigte ich mich nach dem Preis.
    "Was soll eine Amphore Falerner denn kosten?"

  • Also musste ich wohl einen Politiker vor mir haben, so schien es mir zumindest - aber es war ja nicht verkehrt, aus der Ausbildung etwas gemacht zu haben. Dass ich mich letztendlich für einen anderen Weg entschieden hatte, war meine eigene Entscheidung gewesen, nicht die meines Vaters, der sich mehr Politiker in der Familie gewünscht hatte. Gemächlich ließ ich mir noch etwas mehr des Gaumenkitzlers schmecken und seufzte genüsslich. Ich würde Gracchus von diesem Stand erzählen müssen, um ihn zu überreden, einige dieser Amphoren für die Villa anschaffen zu lassen.


    Während der Händler mit Corvinus um den angemessenen Preis für eine Amphore feilschte - er hatte die übliche Gewohnheit der römischen Händler übernommen, anhand der Kleidung den Preis festzusetzen und ließ sich auch nur sehr schwer von seinen exorbitanten Preisvorstellungen abbringen - lauschte ich den Worten der beiden und betrachtete meinen aurelischen Gesprächspartner. Er war wohl einige Jahre jünger als ich mit meinen fünfundzwanzig, aber er wusste sich zu benehmen, als sei er in meinem Alter, etwas, das ich sehr wohl mit Wohlwollen zur Kenntnis nahm. Über die Qualität seiner Ausbildung bestand kein Zweifel.
    "Du hast Dich sicher der Politik zugewandt, nehme ich an?"

  • Dieser Händler war einfach unverschämt. Der Preis, den er nannte, war natürlich viel zu weit oben angesetzt. Ich ließ mich auf einen kurzen Disput ein und nannte schließlich die höchste Summe, die ich zu zahlen bereit war. Der Wein war einfach zu gut als dass man ihn einfach hätte stehen lassen können. Schließlich seufzte der Weinhändler und nickte abgehackt. Mit einem Lächeln auf den Lippen wandte ich mich Aqulius zu, der mich augenscheinlich gemustert hatte. Was die Politik betraf, runzelte ich kurz die Stirn.


    "Nun ja, momentan bin ich magistratus von Mantua. Ich bin mir noch nicht sicher, was meinen weiteren Weg angeht", gab ich zu.
    "Mein Vater sähe es sicher gern, wenn ich in seine Fußstapfen träte. Doch der Götterkult hat einen hohen Status in meiner familia. Ich weiß noch nicht, für was ich mich letztendlich entscheiden werde.


    Ich legte den Kopf leicht schief und betrachtete den jungen Flavier. Er sah gut aus, keine Zweifel. Kurz dachte ich an die Zeit in Achaia, verbannte den Gedanken jedoch beinahe augenblicklich in das hinterste Kämmerchen meines Bewusstseins.


    "Und du?" fragte ich mit einem Lächeln auf den Lippen, während der Händler noch immer den Falerner für mich organisierte.

  • "Magistratus, nicht schlecht ... Mantua soll vor allem im Sommer sehr reizvoll sein, habe ich gehört, ich war nur noch nie dort. Würde sich eine Reise dorthin lohnen?"
    Wahrscheinlich würde er mir gleich von seiner Stadt vorschwärmen, zumindest erwartete ich das mit recht großer Wahrscheinlichkeit. Aber ich war zu lange nicht mehr in Italia gewesen, dass mir ein wenig Schwärmerei nicht auch einen Hinweis darauf geben würde, wohin ich meine kleine Nefertiri schleppen konnte, um mich mit ihr entspannt zu vergnügen. Zu schade nur, dass Gracchus bald heiraten würde, er hätte sicherlich auch seine Freude an einem ausgiebigen Urlaub gehabt. Der Tempel des Iuppiter würde ihn früh genug zu einem ernsten Mann machen, fürchtete ich insgeheim.


    "Nun, ich werde mich dem Götterkult zuwenden. Meine gens stellt genug angehende und aktive Politiker, ich will nicht der zehnte sein, der dasselbe tut - und der Ruf des Marskults hat mich schon seit Jahren beschäftigt. Es war mir wichtig, dem Wunsch meines Vaters nachzukommen und die Ausbildung zu beenden, aber nun kann ich diese Entscheidung frei treffen. Letztendlich ist auch der Weg zum Priesterdasein eine gute Alternative zur Politik und der Götterkult scheint mir in dieser Stadt sträflich unterbesetzt."
    Zumindest nach dem, was ich bisher alles gehört hatte, sprach neben meinem Wunsch, Mars zu dienen, auch die Absenz vieler wichtiger Priester und vor allem der Patrizier in Priesterstellen dafür, es zu versuchen. Ob mein Gegenüber wohl alle Sitten der Griechen kennengelernt hatte? Ich schmunzelte bei dem Gedanken an ein sehr überraschtes Gesicht des jungen Aureliers bei einer solchen Frage.

  • "Das würde sie sich", bestätigte ich nickend.
    "Es sind derzeit vielerlei Dinge in Planung oder Durchführung. Momentan werden die Arbeiten an einem amphithreatrum abgeschlossen, das jenem in Epidaurus Konkurrenz machen wird."


    Ich lächelte den Flavier entgegen der Sonne an und musste dabei leicht blinzeln. Er würde sich also dum Marskult verschreiben.
    "Möchtest du den Weg eines sacerdos gehen oder willst du flamen werden? Ich muss zugeben, ich spiele mit dem gleichen Gedanken aus denselben Gründen. Neulich versuchte ich, dem Göttervater zu opfern. Bis ich einen zuständigen sacerdos auftreiben konnte, waren beinahe die Früchte, die ich zu opfern gedachte, verdorben", übertrieb ich grinsend.


    "Der Dienst an den Göttern stellt eine gute Alternative dar, da hast du recht. Ich werde das demnächst mit meinem Vater besprechen. Er ist ein weiser Mann und wird mir sicher einen klugen Rat geben können."

  • "Hm, ich sehe schon, ich werde das für die nächste Zeit ins Auge fassen müssen. Italias Schönheiten sind die letzten Jahre doch ziemlich an mir vorüber gegangen, dafür hielt mich Achaia viel zu sehr im Bann. Hast Du jemals Athen besucht? Ich vermisse die geschwätzigen Griechen und die Agora, den Wein, diese dunkeläugigen Frauen und Männer ..." Seufzend ließ ich meinen Satz enden, bevor mich das Heimweh zu sehr übermannen würde. Noch immer fühlte ich mich in Rom reichlich fremd, und das Gefühl irgendeiner Heimat wollte sich nicht einstellen, obwohl es eigentlich zurückkehren sollte. Vielleicht lag es auch daran, dass ich nicht zum römischen Zweig der Familie zählte, sondern zum hispanischen, wer wusste das schon.


    "Ich denke, ich werde versuche, den Weg zum flamen zu machen, wie es uns Patriziern zukommt - der flamen martialis ist nicht umsonst unserem Stand vorbehalten, nicht den Plebejern. Warum sollte man nicht versuchen, nach den Sternen zu greifen, wenn man sie vor sich hat? Es gibt keinen Gott, der so sehr das Wesen des römischen Mannes verkörpert wie Mars, und ich wünsche mir sehr, dass es sich niemals ändert und die Öffentlichkeit wieder mehr an den Glauben und unsere Traditionen erinnert wird." Was er über den Iuppiterkult sagte, ließ mich allerdings die Stirn runzeln, denn sehr gut hörte sich das nicht an. "In der Zukunft solltest Du ohne Schwierigkeiten einen sacerdos im Iuppitertempel finden können, mein Vetter Flavius Gracchus wurde unlängst erst zum sacerdos erhoben."

  • Wie wahr! Als er von den griechischen Besonderheiten schwärmte, nickte ich wehmütig. Auch ich vermisste all jene Dinge, die es hier in Rom nicht gab. Selbst die Trauben schienen mir süßer gewesen zu sein in meiner vorübergehenden Wahlheimat. Ich seufzte.
    "Ich kann vollumfänglich nachempfinden, was du da sprichst. Mir ergeht es genauso, doch ist es auch schön, die familia nach so langer Zeit wiederzusehen und sich wieder wie ein zum Ganzen gehörendes Teil zu fühlen."


    Ich lächelte den Flavier an und wollte gerade etwas erwidern, als endlich der Händler kam und die Amphore brachte. Gut gelaunt zahlte ich den zuvor ausgehandelten Preis und gab einem Sklaven einen Wink, der sich zuvor dezent im Hintergrund gehalten hatte und die amphora nun in Empfang nahm. Wo waren wir stehen geblieben? Ahja.
    "Deine Worte beeindrucken mich, Aquilius, und machen mir Lust am Priesterdasein. Wieder hast du Recht uns wieder klingst du weise. Vielleicht sollte ich mich einmal näher informieren. Sag, was sind die Voraussetzungen, um flamen zu werden? Der Götterglaube war schon immer stark in meiner gens. Daran soll es nicht scheitern."


    Ich überlegte kurz und sah Aquilius dann fragend an.
    "Sag, hättest du Lust, mit mir diesem Falerner zu Leibe zu rücken? In einem ruhigen Tablinum oder Hortus und mit einem guten Wein redet es sich besser als im Getümmel des Pöbels."

  • "Nun, meine familia ist leider nicht dergestalt, dass ich mich danach gesehnt hätte, sie wiederzusehen - dafür ist zuviel in den letzten Jahren vorgefallen, aber wieder mit meinem Cousin vereint zu sein, war dann doch ein Trost. Letztendlich ist es wohl eine Frage der Zeit, bis ich mich wieder an Rom gewöhnt habe ... die schwatzhaften Philosophen auf der Agora und ihre abstrusen Theorien findet man hier schließlich auch, wenngleich meist eher auf der rostra," erwiederte ich mit einem ausgesprochen trockenen Unterton in meiner Stimme. Meine Meinung vom Großteil der römischen Politik war nicht besonders positiv, auch geprägt durch die Ausbildung der Rhetoren Athens. Hier wurde zu viel heiße Luft gewirbelt, und zuwenig wirklicher Inhalt kam zum Tragen.


    Ein wenig neidisch betrachtete ich die Amphore, die nun den Besitzer wechselte, und ich nahm mir sehr fest vor, hier noch einmal her zu kommen, um mir ebenfalls einige Amphoren des vorzüglichen Falerners zu sichern. "Ich spreche nur das aus, was ich mir über lange Jahre hinweg überlegt habe. Es war nicht leicht, die Entscheidung zu treffen, mich nun doch gegen den Wunsch meines Vaters zu stellen, und ich will diesen eingeschlagenen Pfad nun nicht mehr verlassen. Was die Voraussetzungen für den flamen angeht ... nun, soweit ich weiss, muss man dem patrizischen Stand angehören, um sich zu qualifizieren, aber dem forsche ich derzeitig ebenso nach. Es gibt wohl einige Änderungen im cultus deorum, nunja. Das wird sich sicher in den nächsten Tagen weisen."


    Erfreut blickte ihn ihn auf seinen Vorschlag hin an. "Nur zu gerne - und falls Du Hunger haben solltest, kann ich gleich etwas Gutes beisteuern. Mein Vetter Furianus hat heute morgen seine Klienten begrüßt und da war ein sportula übrig - nichts eignet sich besser für einen langen Spaziergang durch die Stadt." Dass ich es mir geklaut hatte, musste er ja nicht wissen.

  • Ich hob eine Augenbraue und betrachtete den Flavier. Er schien in der Tat nicht den besten Draht zu seiner Familie zu haben, wenn er so sprach. Sein trockener Ton und die Bemerkung über die Redner ließen mich grinsen. Immerhin war auch mein Vater einen von jenen, die auf der rostra zum Volk sprachen. Entweder, er hielt partout nichts von römischen Rednern, oder aber er mochte die Politik generell nicht. Ich fragte mich, welches von beidem wohl zutreffen mochte, da sagte er zu, den Wein mit mir zu verköstigen. Ich lächelte und machte eine auffordernde Handbewegung.


    "Dann lass uns gehen. Die Villa Aurelia ist nicht weit von hier. Danke für dein Angebot, aber dort wird sich auch sicherlich etwas zu essen auftreiben lassen. Oder würdest du lieber in eine Taverne einkehren? Mir soll es gleich sein. Allerdings dürfte da mitgebrachter Falerner nicht gern gesehen sein", sprach ich schmunzelnd.


    Ich warf einen Blick auf sein sportula und folgte dann seinem Körper nach oben, um ihm ins Gesicht zu sehen.
    "Die Voraussetzungen für den Posten des flamen... Nun, wir werden sehen, was genau vorausgesetzt wird. Von diesen Änderungen habe ich gehört, aber ich muss gestehen, dass ich derzeit nicht genau durchblicke, was nun neu ist und was alt."

  • Anscheinend bekam ich meinen Rundgang durch die Stadt doch auf die ein oder andere Weise - wenngleich er mich wohl in eine ganz andere Richtung führen würde als gedacht. Die Villa Aurelia, wieso auch nicht. Immernoch besser als eine überfüllte oder stickige Taverne, bis zum Rand gefüllt mit anmaßendem Pöbel. Nein, das musste jetzt wirklich nicht sein.


    "Die Villa Aurelia klingt gut," antwortete ich ihm also. "Diesem Falerner würde ich heute wohl überall hin folgen, solange es nicht die cloaca maxima ist oder etwas in dieser Art." Ausserdem war ich durchaus neugierig darauf, wie ein Mann wie er wohl lebte, ich hatte die Villa der gens Aurelia bisher noch nicht betreten, auch wenn sich unsere Familien natürlich kannten. Etwas allerdings ließ mich stutzen - die Art, wie er mich angeblickt hatte, dieser lange Blick meinen Körper hinauf. Immerhin war er in Achaia ausgebildet worden, sollte das bedeuten, dass er alle griechischen Sitten aus eigener Anschauung kannte?


    "Das hast Du mit mir gemein, Aurelius Corvinus, dieses ganze Ausbildungssystem hier in Rom scheint mir noch reichlich schleierhaft. Aber ich habe gute Hoffnung, dass sich dieser Nebel alsbald lichten wird, auf dass man eine klare Antwort erhält. Es ist ja nicht so, dass der Götterkult keinen Nachwuchs suchen würde, ich habe schon so manche Beschwerde vernommen, dass es zu wenige geben würde, die sich für diesen Weg entscheiden würden." Ich blickte ihn recht direkt an und betrachtete ihn forschend ... ein altes, allzu vertrautes Bild kehrte zurück und wollte sich nicht unterdrücken lassen. Irgend etwas an ihm erinnerte mich ...

  • Aquilius' Erinnerung an etwas oder jemanden zerstreute ich mit einem kurzen Auflachen und einem Schwenker nach rechts in eine schmalere Gasse, die alsbald zur Villa Aurelia führen würde. Ich musterte ihn kurz von der Seite, ehe mein Blick dann doch an dem sportula hängen blieb, das er mit sich führte. Kurz fragte ich mich neugierig, was da wohl alles drin sein musste, dann ssah ich schmunzelnd auf den Weg vor meinen Füßen.


    Der Flavier war freundlich und seine Art amüsant. Vielleicht würden wir bald öfter miteinander zu tun haben. Als ich darüber nachdachte, kam mir eine weitere Frage in den Sinn.
    "Bald sind die ludi apollonaris, zu denen der aedilis ein Wagenrennen veranstalten wird. Welcher factio gehörst du an? Ich bin ja für die Aurata..."


    Und wieder hing mein Blick kurz an seinem trainierten Oberkörper fest. Kurz dachte ich an Periklis und unsere gemeinsame Zeit. Für einen Moment wirkte mein Blick abwesend und in die Ferne schweifend, dann räusperte ich mich und sah zu Aquilius, der mich just in diesem Moment recht direkt ansah. Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln, weil ich in diesem Moment Periklis vor mir sah und nicht jenen Flavier, mit dem ich gleich dem Falerner zu Leibe rücken würde.
    "Vielleicht werde ich beim cultus deorum vorstellig werden", sagte ich leise. Im nächsten Moment kamen wir an der Villa an.

  • "Bisher habe ich mir noch keine factio gesucht, und ich habe es auch nicht wirklich eilig damit gehabt. Wagenrennen sind sicher nicht unspannend, aber ich muss gestehen, dieses plebejerhafte Gegröhle liegt mir nicht ganz so sehr wie vielleicht anderen. Die Aurata .. hm, die waren in den letzten Rennen nicht so gut plaziert, oder? Was reizt dich denn an dieser factio, dass Du ihr zugeneigt bist?" Factiones, sicher, das hatte ich fast vergessen. Das hatte man davon, wenn man zu lange in Achaia gelebt hatte, man vergaß die wichtigsten römischen Freizeitvergnügungen zugunsten der Beschaulichkeit Athens vollkommen. Wenngleich die olympischen Spiele immer sehr begeistert gefeiert worden waren und ich es mir auch einmal angetan hatte, ihnen beizuwohnen.


    "Wir könnten uns bei den ludi apollonaris treffen, wenn Du Lust hast - gemeinsam so ein Fest zu besuchen macht meist deutlich mehr Spaß. Vielleicht treffen wir auch auf meinen Vetter und seine Verlobte, die sich sicher freuen würden, Dich kennenzulernen," überlegte ich dann, während wir uns schon durch die Menge bewegten und ich mich seiner Führung durch die Straßen Roms anvertraute, hoffend, später einigermaßen den Rückweg zu finden. "Reizt Dich auch der Kult des Mars - oder favorisierst Du einen anderen Gott?" Und damit bogen wir schon um die Ecke, die Villa im Blick ..

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