„Den Magistraten Aurelius.“ entgegnete der Aemilier und nahm gelassen einen Schluck Wein. „Also, nehmt es mir nicht übel, aber wir sind schon recht viele Patrizier“, äußerte sich Fulvius Frugi, der ja plebejischer Abstimmung war, und zog eine Grimasse. „Ach, Fulvius, wir alle wissen, dass du Klient der Octavier bist. Und die können die Aurelier nicht leiden. Das konnten die noch nie.“ Fulvius’ Lippen formten einen verbissenen, blutleeren Strich. „Na und? Genauso wissen wir alle, dass Aemilius ein Freund von besagtem Aurelier ist!“ erwiderte Fulvius und verschränkte die Arme vor der Brust, so gut das eben im Liegen möglich war. Er würde nichts mehr sagen heute, nahm er sich vor. Das war vorerst aber auch gar nicht nötig, denn der magister übernahm erneut die Gesprächsführung. „Hm. Also, es spricht eigentlich nichts dagegen. Er hätte sogar genug Zeit, um sich einzuarbeiten, immerhin ist seine Amtszeit so gut wie vorüber. Und ist er nicht der Kopf der collinischen Salier? Da hätte er sogar schon Vorwissen“, überlegte Opimius Naso laut. Aemilius Atimetus klinkte sich nun wieder ein. „Es stimmt, er ist ein guter Freund von mir. Dennoch empfehle ich ihn euch nicht nur deswegen. Er war lange Zeit in der mantuanischen Verwaltung tätig und hat bereits die beiden probationes abgelegt. Darüber hinaus ist sein Name vielen bekannt, die im letzten Jahr die Wahlen verfolgt oder Erbanspruche geltend gemacht haben.“ Einige Epulonen nickten, andere taten gar nichts, Fulvius schmollte, und einer anderer schnarchte leise. „Hm. Hm, hm, hm. Das klingt wirklich, als sei er geeignet.“ „Findest du? Find ich nicht!“ meldete sich nun Fulvius Frugi doch wieder und verschränkte die Arme vor der Leibesfülle. Opimius unterdrückte einen gar zu bissigen Blick und zog es schließlich vor, den Quengler zu ignorieren. Vorerst zumindest.
Domus Opimia
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„Sind das die einzigen beiden Vorschläge?“ fragte Opimius Naso zugegebenermaßen etwas verwundert in den Raum hinein. Allgemeines Gemurmel, doch niemand äußerte sich mehr. Fast niemand. Fulvius räusperte sich übertrieben. „Also, mein Sohn, Severus, der ware auch geeig-“ begann er, doch Vitellius Rufio fiel ihm einfach mit einer leisen, aber scharfen Äußerung ins Wort. „Sich erst über Patrizier und Freundesbande beschweren und dann Sippenwirtschaft betreiben, also an seiner Stelle würde ich mal die Luft anhalten...“ Verhaltenes Gelächter erklang, Fulvius lief rot an und verstummte tatsächlich. Opimius leerte seinen Weinbecher und fühlte sich irgendwie fehl am Platze. Früher war er mal stolz darauf gewesen, sich magister der septemviri nennen zu dürfen. Aber heutzutage... Er blickte durch den Raum. Ein dicker Nörgler, zwei schwatzhafte Waschweiber, eine Schlafmütze... Er dachte daran zurück, wie Valerius Victor etwas Schwung in den Laden gebracht hatte. Ein netter Nebeneffekt war gewesen, dass man dem Jungspund mit der vielen Energie allerhand hatte aufdrücken können. Tja, das waren noch Zeiten gewesen...
„magister?“ „Äh, ja? Ja. Also... Nun, dann lasst uns zur Abstimmung schreiten. Ich denke nicht, dass es ein Fehler ist, den Magistraten Aurelius zu berufen.“ Notfalls konnte man ihn ja immer noch wieder rausekeln. Die Abstimmung nahm eine weitere halbe Stunde in Anspruch, doch schließlich hatte die Mehrheit der septemviri sich pro Aurelius Corvinus ausgesprochen. Opimius dachte an sein Weib, das daheim auf ihn wartete. Ihm war nicht danach, seine Heimkehr noch weiter hinauszuzögern. „Ich hätte da noch einen Vorschlag “, ließ Fulvius Frugi miesepetrig, aber mit schadenfrohem Unterton verlauten. „Das epulum Iovis steht bald an. Wäre das nicht eine prima Gelegenheit, um den Neuen zu testen?“ Sein Vorschlag stieß auf allgemeinen Zuspruch, schließlich bedeutete es weniger Arbeit für die anderen Epulonen, wenn sie alles auf den Aurelier würden abwälzen können.
„Nun gut“, schloss der Opimier schließlich die Sitzung. „Dann werde ich dafür sorgen, dass der Mann von seiner Berufung in unsere Reihen erfährt. Damit schließe ich die Versammlung.“ Prompt wachte der Schläfer auf und war einer der ersten, die den Raum verließen. Einzig Fulvius Frugi blieb noch eine Weile länger als die anderen und murmelte mürrisch herum. Zuletzt ging auch er.
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Es war meine zweite Sitzung, aber die erste in diesem neuen Jahr. Die letzte Zusammenkunft hatte meines Empfindens nach eigentlich nur einem Zweck gediehnt, nämlich, mir alle vorzustellen und mich auf die cena zum Amtsantritt festzunageln. Weiter war nichts geschehen. Heute aber versprach es spannend zu werden, dies zumindest ließ Vitellius Rufio verlauten, der angeblich bereits mit dem magister gesprochen hatte. Und jener wiederum hatte von einer "ernsten Angelegenheit" gesprochen. So trat ich denn ein, entdeckte meinen Freund Aemilius und steuerte diesen auch sogleich an, um mir die Liege neben ihm zu sichern.
Nach der obligatorischen Begrüßung folgten die üblichen Ermahnungen an die Schwatztanten der hinteren Reihe, und nach der dritten Bemerkung dieser Art war es tatsächlich auch still im Raum. "Also", sagte Opimius Naso und blickte gewichtig im Raum umher. "Ich hatte heute Nachmittag ein Gespräch mit einer jungen Dame von der acta, und ich habe ihr versichert, dass wir dem collegium pontificium in Kürze einen Maßnahmenkatalog zur Mehrung der Priesterschaft vorlegen werden, denn das ist der wichtigste Punkt unserer heutigen Tagesordnung." Stille breitete sich aus, und Aemilius lehnte sich zu mir herüber und murmelte etwas von "Wird auch Zeit", was uns gleich einen strafenden Blick einbrachte. "Na was soll man da schon groß tun?" meldete sich Fulvius Frugi zu Wort und schüttelte unwillig den Kopf. "Es will eben niemand dem cultus beitreten, da kann man nichts machen..."
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„Und wie willst du erwirken, dass sich mehr Bürger für ein Priesteramt entscheiden?“ fragte Fulvius Frugi zweifelnd. „Na, das liegt doch recht nahe, oder nicht? Wie kann man wohl die Leute ködern? Richtig, indem man mehr zahlt.“ Vitellius Rufio lehnte sich selig lächelnd zurück und genoss die Sprachlosigkeit, die im Raum wiederhallte. Kurz darauf entbrannte eine lebhafte Diskussion. Bemerkungen wie die, dass die sacerdotes bereits genug Geld bekamen, prallten auf inbrünstige Zustimmung, ein anderer wies auf die Abgrenzung zu denen hin, die ehrenamtlich in den Collegien saßen, und ein weiterer pochte darauf, Priesterämter schlichtweg per captio zu besetzen. In das Getümmel hinein richtete ich meine eigene, bescheidene Frage: “An welche Summe hattest du gedacht, Vitellius Rufio?“ Wie auf ein Zeichen hin, wandten sich die Blick nun zuerst mir zu, dann Vitellius Rufio. Ruhe kehrte ein, und hielt sich auch noch, als Vitellius Rufio sich vorlehnte und seinen Vorschlag kundtat. „Ich dachte da an dreihundertdreißig Sesterzen. Das sollte finanziell machbar sein und hoffentlich das Pflichtgefühl der Bürger den Göttern gegenüber ein wenig mehr stärken.“
„Dreihundertdreißig!“ Der magister septemvirorum klang empört. „Ja aber... Ist das nicht ein wenig viel?“ fragte er in die Runde, und seine Frage traf auf gemischte Reaktionen. ”Das sind grob gesehen dreißig Prozent mehr Entlohnung als bisher“, sagte ich. ”Angesichts der desolaten Zustände in den Tempeln und der dahinschmelzenden Priesterschaft würde ich behaupten, dass die Summe durchaus angemessen ist. Zumindest einen Versuch ist es wert, um mehr Leute zu verpflichten.“ „Das treibt aber keine Opferwilligen in die Tempel!“ bemerkte ein anderer, der dafür zustimmendes Gemurmel erntete. „Dies ist ein anderes Problem, dem wir uns zweifelsohne ebenfalls stellen müssen. Doch später“, bemerkte der magister. „Halten wir also fest, dass eine Erhöhung der wöchentlichen Zahlungen im Raum steht. Über den Prozentsatz kann man später immer noch debattieren. Gibt es noch weitere Vorschläge zur Problemstellung?“ Gemurmel setzte ein. Der Vorschlag der captio wurde nur kurz erneut diskutiert, dann fallengelassen. Stattdessen kam der Vorschlag, mehr Werbung für den cultus zu machen. Dem konnte ich nur zustimmen, und gern erklärte ich mich dazu bereit, dies in der nächsten Acta Diurna zu verwirklichen. ”Allerdings denke ich nicht, dass es genügt, nur in der Acta zu werben“, gab ich zu bedenken. „Ja, ich denke auch, dass wir besonders an öffentlichen Plätzen und auch an Schulen Werbung machen sollten!“ pflichtete Axius Serenus mir bei. Erneut wurde diskutiert. Womit sollte man werben, wie und wo. In welchem Umfang, in welchem Zeitrahmen, und wer sollte sich darum kümmern.
Letztlich bekam „der Neue“ den Auftrag, sich mit dem collegium pontificium in Verbindung zu setzen und den pontifices die Vorschläge des collegium septemvirorum zu unterbreiten. Wenig Arbeit für die anderen, eine Herausforderung für mich.
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Noch einmal an der Toga gezupft. Saß sie richtig? Nein, der Part am linken Arm war ein wenig verrutscht. Etwas höher mit dem Arm... so... genau so. Das war perfekt. Genau so konnte er sich sehen lassen.
Als Piso noch seine Toga aussortierte, stand er schon vorm Eintrittstor zur Casa Opimia. Sie stand ganz günstig eigentlich. Er musste nicht so elend lange von der Villa Flavia dorthin hatschen wie zum Palatin, und, joa, damit konnte er leben.
Hände gerieben. Diskret zog er irgendwo ein Taschentuch heraus und schnäuzte sich. Mit einer gewissen Satisfaktion blickte er auf die mitnichten ungewaltigen Rotzschlänzer im Taschentuch und steckte es wieder ein. Einmal durchgeatmet, noch einmal an die Stelle getastet, wo er seinen Brief verstaut hatte – er war noch immer da - Hand erhoben, und... geklopft. Wie üblich mit Kraft und dreimal, sodass man es innen auch hören würde. -
"Heute? Na von mir aus. Obwohl ich eigentlich noch ein Geschenk für den kleinen Gaius besorgen wollte... Hm. Naja, so lange wird das nicht dauern, nehme ich an. Und versprochen ist versprochen, nicht wahr?" Opimius Naso begann zu pfeifen, ließ seinen Schreiber stehen und schlenderte ins tablinum, wo er sich summend vor dem Fenster postierte und hinaus sah. Er hatte veranlasst, ein Vogelhäuschen aufzustellen und erfreute sich nun an dem bunten Geflatter und dem zwitschernden Streit um die besten Körner.
Unterdessen hatte der scriba den ianitor informiert und sich dann mit unzähligen Wachstafeln ins Arbeitszimmer zurückgezogen. Nun war es fast Zeit für den Besuch des Flaviers, und tatsächlich klopfte es kurz darauf auch schon beachtlich laut an. Der Türsklave öffnete. "Salve. Du musst Flavius Piso sein?"
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Sim-Off: Das ging ja zackig.
Die Tür ging auf, und Piso bot sich der Anblick eines nicht sehr interessanten Ianitors. „Salve.“, grüßte er zurück. „Das stimmt. Ich bin Aulus Flavius Piso. Erwartet mich der Magister Septemvirorum bereits?“ Hoffentlich tat er das, denn alles andere wäre mehr als nur ein Affront. Obwohl, wenn der Ianitor wusste, wer erwartet wurde, standen die Chancen gut, dass sein Termin nicht vergessen worden war. Piso versuchte, über die Schulter des Sklaven hinweg einen Einblick in die Casa Opimia zu erhaschen, doch er konnte nichts erkennen. Er konnte nur etwas hören... klang das nicht wie... das Gezwitscher von Amseln? Waren das schon Hirngespinste, die er vor lauter Angespanntheit zusammensponn?
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"Das tut er. Immerhin hat er dich eingeladen", erwiderte der stinknormale Türsklave und machte eine einladende Geste hinein. "Willkommen in der domus Opimia. Du kannst mir deinen Mantel geben. Der Herr befindet sich im tablinum. Du findest den Weg? Bona Saturnalia!" Immerhin waren Saturnalien, und dass es überhaupt zwei Sklaven gab, die hier Dienst taten, lag daran, dass sie dafür bezahlt wurden und ihnen Geld wichtiger war als ausschweifene Besäufnisse in der Innenstadt.
Als Opimius Naso Schritte hinter sich hörte, wusste er, dass sein Gast den Weg gefunden hatte. Er beendete sein leises Summen und wandte sich um, um den Flavius erstmalig zu mustern. "Ah, du bist Flavius Piso? Interessant! Du siehst deinem Verwandten Gracchus gar nicht ähnlich!" war die etwas eigentümliche Begrüßung seitens Naso.
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Fantastisch, man hatte ihn nicht vergessen, obwohl es die Saturnalien waren. Pisos Laune steigerte sich drastisch. „Danke.“, meinte er und gab dem Sklaven den Mantel, den er sich doch noch im letzten Moment übergestreift hatte, denn der Winter war nun doch ein bisschen zu kalt, um einherzugehen wie mitten in der Sommerfrische. „Ich hoffe, dass ich ihn finde.“ Die Casa schien nicht allzu kompliziert zu sein, und im Grunde waren sie auch alle gleich angelegt. „Ebenfalls fröhliche Saturnalien.“, wünschte Piso dem Ianitor und machte sich dann, durchs Vestibulum und durchs Atrium hindurch, auf ins Tablinum.
Die letzten Töne eines gar nicht unästhetisch anmutenden Summen verklangen, als der Flavier ins Zimmer eintrat. Der Mann war wohl musikalisch veranlagt! Dies machte ihn Piso sympathisch, noch bevor der Opimier überhaupt noch ein Wort gesagt hatte.
„Salve, Magister Septemvirorum Marcus Opimius Naso.“, begrüßte Piso den Mann, wohl der Tatsache eingedenk, dass der Mann ihn nicht gegrüßt, sondern nur sein Aussehen kommentiert hatte. Piso dachte kurz nach, war das jetzt ein Kompliment, eine Beleidigung, oder wie? Nach außen hin aber bewahrte er sich ein freundliches (durch saure Arbeit antrainiertes) Politikerlächeln. „So? Hmm. Das hat noch keiner gesagt.“, machte er also nur und hoffte, ihm würde ein Sitzplatz angeboten werden. -
Opimius Naso verengte die Augen ein wenig und brach dann in schallendes Gelächter aus. "Dann wurde es ja allerhöchste Zeit!" Beim Vorbeigehen zu der Liegengruppe klopfte er Piso zweimal flüchtig auf die Schulter, dann ließ er sich ächzend nieder und deutete auch seinem Gast dabei, Platz nehmen zu dürfen. Dann fiel ihm ein, dass er noch keinen Wein angeboten hatte, und er wandte sich suchend um, bis ihm einfiel, dass seine Sklaven sich zum Großteil in der Stadt vergnügten. Naso zog eine kurze Leidensgrimasse und richtete sich dann wieder auf. "Kann ich dir einen gemischten Wein anbieten, Flavius?" fragte er und schenkte schon einen Becher ein.
Wenig später reichte er Piso balancierend seinen randvoll gefüllten Becher und lehnte sich schnaufend zurück. Eine Hand ruhte auf seinem Bäuchlein. "So. Man hat mir erzählt, du möchtest gern ein septemvir werden?" stellte Naso fragend fest und sah Piso aufmerksam an. Wer genau hinschaute, der bemerkte, dass es den magister aufs Äußerste interessierte, was der Flavius dazu zu sagen hatte. Und es war deutlich, dass er mehr als ein Ja zur Antwort erwartete.
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Ein Bote aus der Villa Flavia Felix überbrachte jenes Schreiben für den Magister Semptemvirorum, um welches Flavius Piso seinen Vetter hatte gebeten. Allfällig geschah dies vor der Audienz des Flaviers, allfällig danach - der Bote hatte keinerlei Kenntnis darüber, wiewohl dieses Wissen ihn auch nicht sonderlich tangierte.
Magister Septemvirorum Opimius Naso, Domus Opimia, Roma
Pontifex M' Flavius Gracchus Magistro Septemvirorum Opimio Nasoni s.p.d.
Für den zu kooptierenden Platz im Collegium Septemvirorum möchte ich dir meinen Vetter Aulus Flavius Piso auf das Beste empfehlen. Nicht nur, dass er eine vorzügliche kultische Erziehung genossen hat und der Götter Wohl ihm stets ein großes Anliegen ist, in den letzten Jahren machte er sich zudem im Verwaltungsapparat des kaiserlichen Palastes überaus verdient, ist mit sämtlichen Aufgaben planerischer, wie verwaltungstechnischer Art somit bestens vertraut. Nun ist es ihm darüber hinaus ein besonderes Bedürfnis, dem Staate nicht nur in seinem bisherigen Amte dienlich zu sein, sondern gleichwohl in den Reihen des Cultus Deorum, wofür ein Septemvirat in Hinblick auf seine administrativen Kompetenzen geradezu prädestiniert scheint, wiewohl das Collegium sich eines zuverlässigen, pflichteifrigen und fleißigen Collegae könnte versichert sein.
Mögen die Götter stets dir und den Deinen gewogen sein!
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Am Tag der Einladungsaussprechung
"Und das hat tatsächlich ein Sklave aus dem Hause der Flavier gebracht?" wollte Naso wissen, nachdem er das Schreiben hatte sinken lassen. "Jawohl, Herr. Er hat es gesagt und ich habe sein Zeichen deutlich gesehen", beteuerte der Sklave, der das Dokument angenommen und schnellstens überbracht hatte. Opimius Naso kratzte sich kurz an seinem Bauch und sah dann wieder skeptisch auf die Unterschrift und das Siegel hinab. Der letzte Brief, den er von Flavius Gracchus erhalten hatte, hatte anders ausgesehen. Definitiv! Naso legte das Schreiben beiseite. "Sag mir, ist es in Mode gekommen, seine Sklaven an seiner statt unterschreiben zu lassen?" fragte er und meinte das durchaus ernst. Er konnte kaum glauben, dass diese hingeschlunzte Krakelei tatsächlich von dem Senator und pontifex Manius Flavius Gracchus stammte, ebenso wenig wie das deutlich fehlerhafte Siegel. Er selbst hätte lieber ein neues Dokument aufgesetzt, als ein solches abzugeben. Der Sklave indes sah nur ratlos drein und zuckte mit den Schultern. Naso seufzte. "Ich wünsche, dass du dich darüber erkundigst, Fluctus! Immerhin muss man auch in meinem Alter mit der Zeit gehen... Und wenn es nun in Mode ist, außer dem Diktat sonstig nichts weiter zu tun, dann wird diese neue Praktik auch im Hause Opimia Einzug finden!" befahl er, und der Sklave nickte. "So. Und nun lad diesen Flavius Piso ein." Damit winkte Naso Fluctus fort und sann darüber nach, ob es dem pontifex wieder schlechter ging oder ob er nicht selbst unterschrieben und gesiegelt hatte. Denn die Worte waren so, wie er es von Flavius Gracchus erwartet hätte. Allerdings hatten sie die beabsichtigte Wirkung vorerst verfehlt, da der magister mehr über die Schreibumstände nachsann als über den vorgeschlagenen Kandidaten.
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Zuerst schaute der Priester ein wenig bedröppelt drein ob Pisos wohl etwas trockener Feststellung, bevor er loslachte. Der Flavier lachte ebenfalls, als der Opimier antwortete. „Da hast du wohl Recht, Magister Septemvirorum.“, meinte Piso und nahm dankbar den Platz, den ihm Naso anbot. „Oh, vielen Dank, ja, bitte.“, meinte er erfreut über den Umstand, dass er doch noch etwas zu trinekn bekommen würde. Der Wein wurde dankbar angenommen und gesürfelt, sowie der Becherrand seinen ihm vorgestimmten Weg an die Lippen des sich gerade Hingesetzen fand.
Der Wein war nicht mal schlecht, musste er sagen. „Ein guter Tropfen.“, erwähnte er am Rande, bevor das eigentliche Vorstellungsgespräch begann.
Piso nickte. „Das stimmt, ich will dem Collegium beitreten.“ Er machte eine kurze Pause, während der er den Priester ansah und sich einen Satz, beziehungsweise ein paar jener Sorte, zusammenbastelte.
„Die Entscheidung, mich für den vakanten Sitz zu bewerben, entstand aus meinem Wunsch heraus, dem Imperium besser und umfangreicher zu dienen, als ich es bisher tat. Wie du vielleicht schon aus den Briefen, welche dir womöglich schon Senator Tiberius Durus und Pontifex Flavius Gracchus geschickt haben, weißt, bin ich momentan Kanzleibeamter. Mein Wunsch ist es jedoch, dem Reich mehr als nur auf einer sekulären Ebene zu dienen. Vielmehr will ich es unternehmen, sicher zu stellen, dass das Reich die Götter auf seiner Seite hat, dass der Pax Deorum aufrecht erhalten wird. Ich habe mich bereits umfangreich gebildet, was geistliche Angelegenheiten angeht, und seitdem ich in die Sodalität der Arvalbrüder aufgenommen worden bin, ist der Wunsch in mir, priesterliche Dienste zu leisten, umso stärker geworden. Als Septemvir könnte ich dies am Besten machen, habe ich doch umfangreiche Erfahrungen in der Kanzlei gesammelt, was Verwaltungsarbeit und Organisation angeht.“
Endlich konnte er wieder tief Luft holen. -
Naso betrachtete vergnügt, wie es Piso scheinbar mühelos gelang, seinen randvoll gefüllten Becher nicht überschwappen zu lassen. Fast war er ein wenig enttäuscht, dass sein Gast diese Probe so mir nichts, dir nichts gemeistert hatte. Was dann an Worten folgte, hatte Naso im Grunde schon viele Male gehört. Man wollte den Göttern, dem Kaiser und Rom dienen, hatte dafür schon fleißig gelernt und würde alle Kraft in dieses neue Tätigkeitsfeld stecken. Ebenso oft hatte der magister bisher vermeintlich interessiert zuhörend dagesessen und hin und wieder an Stellen, in denen es kleine Pausen gab, genickt. In Wirklichkeit aber sah Opimius Naso zu seinen Vögelchen, so oft es ihm möglich war, ohne unhöfllich zu erscheinen, und fragte sich, ob man wohl für über die Feiertage noch genügend Körner im Hause hatte.
Dann entstand eine etwas längere Pause, und als Naso den Flavier ansah, bemerkte er dessen aufmerksamen Blick und ob dessen tiefen Einatmens auch einen kurzzeitigen Sauerstoffmangel im Raume. "Ah", machte Naso und nickte gewichtig. Die jungen Leute waren doch irgendwie alle gleich. "Und warum sollen es die septemviri werden? Ich bin mir sicher, dass du auch in einem der anderen Collegien hervorragend aufgehoben wärst. Die haruspices beispielsweise suchen gleich zwei Nachfolger. Die haben sicher auch was zu verwalten. Pomonius Pius, der Arme, ist von einem Wagen überfahren worden, als er schlafgewandelt ist", erklärte Naso, "Und der dicke Strabo von den Luperciern ist an einem Hühnerbein erstickt, so heißt es zumindest. Warum also ein septemvir?"
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Jetzt, da der umtrunkerfahrene Piso durch vorsichtiges Süppeln den Weinpegel im Becher auf ein akzeptables Niveau gesenkt hatte, war es viel einfacher, noch einen Schluck zu tätigen, was er nun auch tat.
Natürlich war Piso so wie viele andere junge Männer. Obwohl er sich oft einbildete, unendlich weit über anderen zu stehen, tat er das nicht, wie der Magister es richtig erkannte.
Wieso also die Septemviri, lautete die Frage. Piso war durchaus geschmeichelt davon, dass der Magister befand, er wäre gut geeignet für die Haruspices. Er hatte sich ja auch schon überlegt, ob er sich nicht an jene wenden sollte. Doch die Leberschau war doch ein wenig zu unästhetisch, dachte sich Piso. Doch dies reichte als Argument nicht. Es wunderte ihn doch ein wenig, dass es noch spektakulärere Arten und Weisen zu Sterben gab als die vom toten Septemvir Stolo (der in seiner Casa mir nichts, dir nicht, umgekippt war), und dass solch eine Todeswelle bei den Collegien wütete, doch hielt er sich nicht lange mit solchen Gedanken auf.
„Die Aufgaben der Septemviri sind in ihrer Natur solche, mit denen ich schon gut vertraut bin von meiner Arbeit in der Kanzlei her, und deshalb denke ich, dass ich als Septemvir von größerem Nutzen sein kann als in sonst einem Collegium. Ich habe mich nicht blindlings entschieden für irgendein Collegium, sondern für das, für welches ich mich am Besten geeignet halte.“ Er blickte kurz nach oben und faltete seine Hände kurz, bevor er wieder zu Naso hinschaute. „Ich bin juristisch gebildet, und somit habe ich einen guten Einblick in das weltliche wie auch das religiöse Recht gewonnen, mit welchem sich die Septemviri doch häufig im Rahmen ihrer administrativen Arbeit beschäftigen. Auch habe ich umfassende Bildung in der Wirtschaftskunde hinter mir, welches ohne Zweifel sehr nützlich wäre beim finanziellen Aspekt der Arbeit eines Septemvirs. Der aufgrund der organisatorischen Arbeit, die man als Spetemvir zu leisten hat, substanziell ist. Zudem studiere ich an der Schola Atheniensis die Ausrichtung von Feierlichkeiten. Noch habe ich mein Prüfungsergebnis nicht zurückerhalten, aber ich bin zuversichtlich.“, versicherte er Naso. „Da die Septemviri auch dafür zuständig sind, denke ich, dass ich der richtige Mann bin für die Füllung des Posten.“ -
Als Piso nach oben schaute, sah auch Naso hinauf. Er konnte allerdings nichts Besonderes entdecken an der Decke, also sah er kurz darauf wieder Piso an, der den Posten als septemvir bestens für sich geeignet hielt. Nun, Nasos Meinung dazu war ausschlaggebend, nicht die Pisos. Allerdings hatten sich gleich zwei pontifices für ihn ausgesprochen, der eine mündlich, der andere schriftlich, und obwohl einer von denen sicher nur einen Verwandtschaftsdienst geleistet hatte, war der andere selbst mal septemvir gewesen. Allein schon deswegen war Naso geneigt, ohne wenn und aber zuzustimmen. Nachdenklich sah er Piso an. Was der so alles erzählte, klang im Großen und Ganzen doch recht nützlich für das Collegium. Und noch ahnte Naso nicht, dass auch der pontifex pro magistro darum gebeten worden war, ein Empfehlungsschreiben auszustellen. Wenn das in die domus flatterte, dann konnte er gar nicht anders, als zuzustimmen. Es sei denn, er wollte sich selbst die dicksten Wackersteine in den Weg rollen, die in Rom zu finden waren.
Zu Piso gewandt sagte er allerdings erstmal nur eines: "Hm." Nachdenklich ruhte sien Blick weiterhin auf Piso. Und vermutlich verblüffte er ihn erneut, als er vollkommen vom Thema abwich. "Ich werde über dein Ansuchen nachdenken. Wie stehst du eigentlich zu den pontifices Flavius Gracchus und Aurelius Corvinus?"
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Hm. Jaaaa... Wie konnte man das interpretieren, fragte sich Piso innerlich, als er seine rechte Hand leicht anhob und begann, sich philosophisch an seinem Kinn zu knubbeln. War das jetzt positiv? Oder kam dieser Laut einer Abweisung gleich? Natürlich musste Piso wissen, dass er gute Chancen hatte – denn welcher andere Kandidat hatte gleich 3 Pontifices hinter sich? Aber trotzdem, ein Teil von Piso war zaghaft, denn so überoptimistisch er war, was seine Gesangskunst anging, so realistisch, fast pessimistisch war er, was seine Karriere betraf.
Bevor Piso weitere Mutmaßungen anstellen konnte, verkündete der Priester, er werde nachdenken. Er fragte sich wieder, ob dies ein gutes Zeichen war. Nun, der Mann musste das Ganze ja noch mit den restlichen Septemviri absprechen.
Als Piso sich aber schon gedacht hatte, der Priester würde ihn nun rauswerfen, warf dieser noch eine Frage auf ihn. Piso wunderte sich immens über die Frage, aber er würde die beantworten, keine Frage.
„Nun, Flavius Gracchus ist mein Vetter. Ich halte sehr viel von ihm, in vielerlei Hinsicht ist er so etwas... ja, wie ein Vorbild für mich. Er ist ein sehr trefflicher Mensch, und auf jeden Fall ein würdiger Pontifex.“ Was Aurelius betraf, war es nicht mehr ganz so eindeutig. „Bisher habe ich Pontifex Aurelius nur zweimal gesehen, und nur einmal habe ich mit ihm eine längere Konversation bestritten. Er erscheint mir aber sehr kompetent und sympathisch.“ Mehr konnte er auch nicht sagen dazu. -
Opimius Naso hob eine Augenbraue, was ihn ein wenig wie ein alter Kauz mit zerrupften Federn aussehen ließ. Er hätte vermutet, dass Piso in Bezug auf den Aurelius auf dessen Frau verwies, die ja bekanntlich auch eine Flavia war. Dass er das nicht tat, verwunderte ihn doch ein wenig. Die Braue sank jedoch rasch wieder. "Dein Vetter also, und dein Vorbild", wiederholte er und nickte zufrieden. "Da hast du dein Vorbild weise gewählt. Flavius Gracchus ist einer der engagiertesten und treuesten Vertreter des cultus, die ich kenne. Wenn du mich fragst, ist er zu noch Höherem bestimmt als zum Pontifikat!" Das war vielleicht ein wenig zu viel des Guten, aber das war nun einmal Nasos Meinung. "Aber sag mir, leidet er nicht unter einer Schwächung? Ich war erstaunt, als ich sein Empfehlungsschreiben las... Die Unterschrift ist kaum mehr zu entziffern", sagte Naso bedauernd und schüttelte den Kopf. "Hat er denn die Gicht?" fragte er ein wenig besorgt, schüttelte dann aber erneut den Kopf.
"Nun denn. Ich bitte dich, nein, ich erwarte von dir, Flavius, dass du ihm meine aufrichtigsten Genesungswünsche persönlich übermittelst!" setzte Naso allem noch die Krone auf, ehe er sich selbst aufsetzte. "Das wäre dann alles. Ich werde dein Ansuchen mit den anderen besprechen und mich wieder bei dir melden, wenn wir einen Entschluss gefasst haben."
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Dieser Opimier schien ein recht lustiger Wicht zu sein, so wie er dreinschaute. Piso konnte sich vorstellen, dass er mit dem Typen noch hervorragend zusammen arbeiten würde können, und biss sich sachte auf die Unterlippe, um nicht loszulachen. Celerina hätte er vielleicht erwähnen können, doch er kannte sie leider nicht sehr gut, und wären ihm Fragen gestellt worden, was sie anging, wäre er aufgeschmissen gewesen.
Er lächelte, doch dies gefror ihm, als Naso meinte, Gracchus sollte nach Höherem streben als nach dem Pontifikat. Ach, wenn Opimius Naso nur wüsste, wie Piso Gracchus beschworen hatte, Rex Sacrorum, oder Flamen Dialis, zu werden... aber das Schicksal schien es anders zu meinen. Er nickte also nur vage, ein Nicken, das alles bedeuten konnte.
Und der Opimius setzte noch einen drauf, als er Gracchus‘ Unterschrift erwähnte. Pisos Lächeln schwand komplett. Er hatte nicht extra auf Gracchus‘ Unterschrift gesehen, als der Brief entstand, und er verbiss sich nur mit größter Mühe die Frage, ob er den Brief sehen könnte. Doch er wusste die Antwort auch, ohne den Brief zu sehen.
Es war die selbe Antwort auf die Frage, wieso Gracchus zu nichts Höherem aufsteigen würde als das Pontifikat. „Es ist...“ Die Götter sollten ihn verdammen, wenn er Familiengeheimnisse ausplaudern würde. „...nur etwas temporäres.“ Er lächelte dem Opimier zu, auch wenn das Lächeln nicht hundertprozentig richtig aussah. Was er gesagt hatte, war gelogen.
Es war nicht nur etwas zeitweiliges, was Gracchus hatte.
Sein Lächeln entkrampfte sich. „Ich werde es ihm natürlich ausrichten, und ich bin mir sicher, er wird sich sehr freuen über deine guten Wünsche.“, umschrieb er, was wohl der Opimier gemeint hatte. „Ich danke dir sehr für die Zeit, die du für mich gefunden hast, und...“ Und? „...das Gehör, das du mir geschenkt hast.“ Er erhob sich. „Vale, Magister Septemvirorum.“ -
Sah schon etwas gekünstelt aus, dieses Lächeln. Das erkannte sogar Opimius Naso, dessen Sehkraft schon nicht mehr so gut war wie in jungen Jahren. Schriften verschwammen teilweise sehr arg vor seinen Augen und wurden nur besser, wenn er sie ein wenig weiter weghielt. Aber er hatte ja Sklaven, die ihm vorlesen konnten!
Als Piso dann behauptete, es sei nur etwas Temporäres, wanderte die Augenbraue wieder hinauf. Naso verkniff sich die Frage nach dem langen Griechenlandaufenthalt und den Zusammenhängen mit der Krakelschrift des pontifex. Vielleicht, überlegte er, würde er Piso diesbezüglich ausquetschen, wenn er denn dann septemvir war. Sofern es dazu kam. Denn dann schuldete der Flavius ihm ja was, und die Wahrheit würde Naso schon genügen. "Vale, Flavius!" Und als Piso schon fast wieder draußen war, fügte er hinzu: "Ach, und io Saturnalia!"
Der Sklave an der Tür reichte ihm seinen Mantel und tippte sich kurz an die Stirn. "Schönen Tag noch, Herr!" sagte er und grinste. Dann fiel die Tür hinter Piso zu.
Sim-Off: Einen herzlichen Dank für dieses erquickende Rollenspiel!
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