Hortus | Aquilius, Nadia

  • Ein neuer Tag, ein neues Glück, zumindest sagte man das so, was Rom betraf, schien es mir nicht zuzutreffen. Athen fehlte mir, die Streitgespräche mit den Philosophen, den selbsternannten Rednern, hier in Rom schien es vor allem darauf anzukommen, laut genug zu sein und andere möglichst umfassend zu verunglimpfen. Ich schlenderte durch die Villa, um mir eine genaue Ortskenntnis anzueignen, nichts war peinlicher, als sich im eigenen Haus zu verlaufen, sollte man einmal Gäste empfangen müssen, und ich hielt auch nichts von der Sitte, sich von den Sklaven den Weg zeigen zu lassen. Der Garten schien mir am geeignetsten, um meine Gedanken ein wenig zu sammeln, vor allem geschah es dort selten genug, dass mir eine der grauen Küchenmäuse über den Weg lief.


    Eine meiner Schriftrollen hatte ich mit mir genommen, die Aufzeichnung einer, wie ich meinte, sehr gelungenen Rede eines griechischen Rethoren kurz vor Beendigung seiner Ausbildung, und vielleicht würde ich heute auch die Muße finden, mich der Klarheit seiner Argumentation wieder zu widmen. Gemächlich rollte ich die Schriftrolle aus und begann im Schlendern zu lesen - im Gegensatz zu so manch anderem zog ich die Bewegung während geistiger Tätigkeit vor, das lange Sitzen am Schreibtisch machte nur träge und zudem ließ es die meisten Männe vor ihrer Zeit fett werden. Während ich mich einer der anspruchsvolleren Passagen widmete, versank die Welt um mich herum in einem recht unwichtigen Nichts, und ich bemerkte nicht, dass vor mir auf dem Weg ein Hindernis aufgetaucht war - welches ich fast frontal rammte.

  • Seit dem sie wieder auf den Beinen war verbrachte sie sehr viel Zeit im Hortus. Es war der Platz gewesen an dem sie hatte gehen wollen und nun war es der Platz an dem sie wieder versuchte zu sich selbst zu finden. Im großen und ganzen versuchte sie schon der ganzen Zeit den Bewohnern der Villa aus dem Wege zu gehen, vor allem jegliche Sklavenbereiche mied sie großzügig um nicht wieder in diese gefählichen Situationen zu schlittern und reden tat sie eigentlich nur mit Furianus. Schön länger hatte sie Hannibal nicht mehr gesehen, was sie etwas verwunderte, aber sie wollte sich darüber keine Gedanken machen er würde schon wieder kommen oder vielleicht auch nicht. Aber mittlerweile war sie es ja gewohnt, dass Freunde die sie fand auch genauso schnell wieder verschwanden, ob es vielleicht an ihr lag? Man konnte es sehen wie man wollte und am besten war es darüber nicht all zu lange nachzudenken sonst würde man sich ständig nur im Kreise drehen.


    Heute war sie das erste mal wieder an der kleinen Mauer gewesen in die sie die Worte geritzt hatte. Keiner hatte bis jetzt etwas deswegen gesagt und sie stand an dem Platz und hatte Tränen in den Augen die sie aber bekämpfte so gut sie es konnte, dann drehte sie sich um und begab sich auf den Weg zurück. Sie würde sich etwas Arbeit suchen, damit sie sich nicht von den anderen zu sehr abhob. Ein dicker Kater, den sie schon vor zwei Tagen hier gesehen hatte, nahm ihre Aufmerksamkeit ein und sie fragte sich seit wann sie denn Katzen hier hatten als sie mit etwas oder wem zusammenprallte.


    Sie erschreckte sich so sehr, dass sie einen keuchenden Laut von sich gab und sich im ersten Moment an dem Etwas festhielt bis sie merkte, dass es ein Mensch war und zu ihm aufschaute. An ihren Augen konnte man den Schrecken erkennen und mit einem Mal ließ sie ihn los und stolperte zwei Schritte nach hinten. Fast hätte sie vergessen zu atmen zu geschockt war sie im ersten Moment gewesen zumal sie dachte einen der Sklaven vor sich zu sehen, aber anscheind war es nicht so, aber kennen tat sie den Mann auch nicht.


    Mit großen Augen blickte sie ihn an und ihr Herz meinte gleich aus ihrer Brust springen zu müssen und kein Wort wollte über ihre Lippen kommen.

  • Die Realität holte mich in Form eines Zusammenpralls nicht unangenehm wieder ein - meine Schriftrolle vollführte einen eleganten Bogen zu Boden, als sie mir aus der Hand glitt, dann jedoch fiel mein Blick auf mein Gegenüber und ich beschloß spontan, dass sie zu den eindeutig besseren Überraschungen der Villa Flavia gehörte. Große Augen, ein Blick wie ein gehetztes Reh, zitternde Lippen, kurz und gut fast die vollkommene Verkörperung einer Jungfrau vor ihrer ersten Nacht, aber wir befanden uns schließlich in Rom, und so verschob ich zumindest den Passus mit der Jungfrau in den Bereich des Unmöglichen. Ich lächelte sie freundlich, aber auch entschuldigend zugleich an, denn der Zusammenstoß war eindeutig mein Fehler gewesen, blickte sie dann auch mit einer gewissen Wärme an.


    "Verzeih mir, ich war zu sehr in Gedanken. Ich hoffe, du hast Dich nicht verletzt?" Damit reichte ich ihr meine Hand, denn sie wirkte, als bedürfe sie dringend eines gewissen Halts in ihrem Schreck. Mit der anderen richtete ich den Sitz meine Toga wieder, denn dieses unmögliche und unpraktische, aber leider traditionelle Kleidungsstück neigte allzu gern dazu, hässliche Knitterfalten zu entwickeln, wenn man es schief trug, und meine Lust darauf, mir eine neue drapieren zu lassen, war an diesem heutigen Tag denkbar gering, zudem vermisste ich noch immer Nefertiris geschickte Hände.

  • Sogar der dicke Kater, der sich doch nur ein ruhiges Plätzchen hatte suchen wollen sprang mit einem Satz auf und verschwand mit einem vorwurfsvollen Blick auf die beiden Störendfriede durch einige Büsche ins Nirgendwo. Sie schien ihn immer noch ziemlich entgeistert anzusehen und sie brauchte eine Weile um ihre Stimme wieder zu finden, nämlich dann als sich ihre Hände berührten und sie sich geistesgegenwärtig an ihm festhielt.
    Ihr Herz hämmerte immer noch heftig in ihrer Brust und das Zittern ließ nur ganz langsam nach. Alles hatte nur Sekundenbruchteile gedauert doch ihr schien es als würde alles in einer nie endenden Langsamkeit ablaufen. Im ersten Moment waren ihr so viele Bilder durch den Kopf gegangen, dass sie glaubte nun würde alles wieder geschehen, aber seine warme Stimme zeigte ihr etwas anderes.


    "Nein" kam endlich ein Laut übre ihre Lippen, die sie nun auch langsam wieder schloss. "Mir geht es gut , ich habe mich nur erscreckt, das ist alles. Ich hätte auch aufpassen müssen, das tut mir leid" entschuldigte sie sich und sah nicht unweit von ihnen beiden eine Schriftrolle liegen die wahrscheinlich ihm gehörte. Da hatte sie ja wieder etwas angestellt und das erinnerte sie an die Begegnung mit Sica in der Küche als sie das Geschirr auf den Boden fallen lassen hatte. Kurz schloss sie ihre Augen bei der Erinnerung und spürte wieder seine Hände auf ihrem Hals. "Entschuldige......das ist deine Schriftrolle?" fragte sie ihn und deutete mit ihrer freien Hand auf eben diese.

  • Leicht schlossen sich meine Finger um die ihren, vermittelten ihr ein wenig Halt, jedoch war ich doch recht erstaunt darüber, wie sehr sie erschrocken schien. Sich auf diese Weise zu begegnen war sicher ungewöhnlich, aber doch kein Beinbruch, und daran sterben würde sicher auch niemand. Würde dies auf dem Forum gesehen, wäre der Augenblick des Erschreckens sicher vorhanden, aber bei weitem nicht so übermächtig, und am Ende würden beide ihrer Wege gehen, um eine Beule schlimmstenfalls reicher.
    "Beruhige Dich erst einmal ...und setz Dich," damit führte ich sie vorsichtig beiseite, zu einer der im Garten aufgestellten Steinbänke, und sorgte dafür dass sie sich hinsetzte, nicht dass sie mir noch im Stehen umkippen würde. Wer sie wohl sein mochte? So viel weibliche Verwandtschaft gab es auch im römischen Zweig der Flavier nicht und meine eigene Verwandtschaft kannte ich leider viel zu gut, um zu wissen, dass sie nicht dazu gehörte.


    Dann folgte mein Blick ihrem Deuten, ich nickte kurz und hob die Schriftrolle wieder auf, rollte sie ordentlich zusammen und verstaute sie in den Falten meiner Toga. "Ja, das ist meine." Glücklicherweise war hier der Boden sauber und sie hatte nicht abbekommen, in sofern war kein Schaden entstanden und es fiel mir deutlich leichter, sie beruhigend anzulächeln. Wovor mochte sie wohl Angst haben? Ich konnte mir kaum vorstellen, so bedrohlich zu wirken, dass sie noch immer eine Furcht hegen musste. Ich setzte mich kurzerhand zu ihr, natürlich einen gewissen Abstand haltend, nicht damit sie noch mehr erschrecken würde. "Siehst Du, nichts passiert. Ich hoffe, Du bekommst keinen blauen Fleck oder etwas in der Art von unserer Begegnung," versuchte ich mich an einem auflockernden Scherz.

  • Nadia wusste nicht was sie von dieser Sitiuation halten sollte, denn etwas sagte ihr, dass sie am besten weggehen sollte und nicht hier bei ihm verweilen sollte. Sicher gehörte er zu der Familie oder war ein Gast, eines von beidem konnte ja nur zutreffen. Ungern wollte sie hier gesehen werden, denn wer wusste schon wer hier aufkreuzen würde. Vielleicht einer von ihnen, der das hier gegen sie verwenden würde oder aber Furianus der es vielleicht falsch auffasste obwohl sie mittlerweile das Gefühl hatte, dass er genügend Vertrauen in sie hatte. Völlig unter seiner Kontrolle ließ sie sich zu der steinernden Bank führen und setzte sich wobei sie ihre Tunika etwas richtete und ihr die Haare über die Schultern nach vorne fielen.
    "Ich bin ruhig, ich habe mich nur erschreckt" meinte sie total leise und sah ihm dabei zu wie er die Schriftrolle holte und sich dann wieder zu ihr setzte.


    Iht Lächeln ob seiner Bemerkung wegen den blauen Flecken wirkte ein wenig gekünzelt und sie sah dabei ein wenig betrübt aus. "Nein sicher nicht, ich denke ich halte schon einiges aus, aber ich hoffe ich habe dir nicht weh getan. Michb hat der dicke Kater abgelenkt der hier auf einmal rumstreunert" versuchte sie sich etwas von dem Geschehen abzulenken. Zurückhaltend blickte sie ihn an und fragte sich wer er wohl war.

  • "Du hast mir nicht weh getan, keine Sorge, ich bin nur kurz erschrocken. Es passiert einem schließlich nicht alle Tage, dass man eine hübsche junge Frau umrennt, auch wenn es sicherlich nichts wäre, wogegen ich etwas hätte," entgegnete ich scherzend und betrachtete mein Gegenüber beifällig. Zarte Haut, helles Haar, sie stammte sicher aus dem Norden, denn eine solche Sylphide wie diese junge Frau schien so wenig zu den dunklen Römern zu passen wie ein Nubier in einen Germanenstamm.


    "Aber ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Caius Flavius Aquilius, vor einigen Tagen erst hierher nach Rom zurückgekehrt, um mich hier ein wenig zu akklimatisieren. Mit wem habe ich denn das Vergnügen?" Wieder lächelte ich, in der Hoffnung, sie würde ein bisschen ihrer Angst verlieren, die ich mir überhaupt nicht erklären konnte, ausser ich wäre über Nacht in eine dreiköpfige, geifernde Hydra mutiert. Allerdings hatte mir der Spiegel an diesem Morgen einen solchen Umstand verschwiegen.

  • Da war sie wieder die Röte in ihrem Gesicht, die sich die Tage immer öfter in eben dieses geschlichen hatte. Einen ganz kurzen Augenblick musterte sie ihn und seine Augen und überhaupt sein ganzes Erscheinen. Es war schon seltsam wie sie in letzter Zeit neuen Leuten begegnete. Sie konnte darauf nichts erwieden und strich sich verlegen eine blondgoldene Strähne aus ihren Augen und erstarrte wieder etwas, als er seinen Namen nannte. Sie hatte es fast geahnt, irgendwie gefühlt, dass er ein Flavier war, aber sie hoffte, dass er nach Furianus ging und nicht nach den anderen.


    Sie schluckte und schaute hinab auf ihre Hände die sie ineinandergefaltet hatte. "Ich bin Nadia......Sklavin dieses Hauses" sagte sie als sie wieder ihren Kopf anhob und ihm dabei in die Augen schaute. Nun wartete sie darauf, dass ihm vielleicht das Lächeln vergehen würde, oder dass er aufstand und ging oder irgendeine Reaktion die sie von einem Flavier irgendwie erwartete. Ein Lächeln lag nicht mehr auf ihren Lippen, aber ihre Augen sprachen eine sonderbare Sprache.

  • "Nadia ... ein schöner Name. Aus welchem Land stammst Du? So helles Haar lässt mich vermuten, dass Du germanische Eltern haben musst, oder vielleicht skythische ... verrätst Du es mir?" Am besten, ich verwickelte sie in ein Gespräch und ließ sie ein wenig von sich erzählen, die meisten Menschen verloren dabei ihre Scheu vor anderen. Kein Wunder, dass sie sich erschreckt hatte, wenn sie Sklavin war, in den meisten Haushalten genügte schon ein falscher Blick, dass eine Strafe lauern konnte, und ihr ganzes Verhalten ließ mich vermuten, dass ich in einem Haus gelandet war, in dem dies zum üblichen Verhalten gehören musste. So hielt ich ihren Blick und ebenso mein Lächeln, blieb ein wenig nach vorn geneigt und suggierte durch meine Haltung eine gewisse Aufmerksamkeit ihr gegenüber.


    "Vielleicht verrätst Du mir auch, welche Aufgaben Du in diesem Haus wahrnimmst? Bisher fehlt mir noch ein wenig der Überblick darüber, wer für was zuständig ist, und sobald meine eigene Sklavin hier ankommt, möchte ich sie nicht an die falsche Stelle schicken müssen," fügte ich noch an, mit dem Blick für einen Moment lang ihrem schlanken Finger folgend, der die Haarsträhne aus ihrem Gesicht gestrichen hatte. Wirklich, eine zarte Schönheit, und das in diesem Haushalt, der Tag begann, besser zu werden.

  • Da er nicht ging und immer noch lächelte entspannte sie sich ein wenig und konnte sogar leicht zurücklächeln, aber sie blieb weiterhin achtesam und vorsichtig. Sie wusste, man musste immer aufpassen was man in der Gegenwart eines Flaviers sagte oder machte. Sogar Furianus hatte sie gewarnt vor seiner Familie und das hatte sie niemals vergessen.


    Der dicke Kater fand den Weg wieder in den Garten und beobachtete die beiden Menschen die ihn vor einer kurzen Weile noch so erschreckt hatten einen Moment lang und schlenderte dann gemähchlich zu dem Baum um sich hinzulegen und zu schlafen.


    "Ich stamme aus Britannia und weiß nicht was meine Eltern waren. Ich konnte sie niemals kennenlernen und weiß auch so nicht viel über sie." Ihre Stimme war wieder sanft gewesen so wie sie immer sprach, mit dem leisen Unterton. Ihr Kopf lag ein wenig schräg und hin und wieder blickte sie ihn immer mal an, überlegte was sie sagen sollte.


    Seine Frage konnte sie eigentlich nicht wirklich beantworten, denn damals hatte Furianus sie als Leibsklavin gehabt bis zu dem Tag als sie wieder kam, da hatte er sie in die Küche geschickt, aber nun? Sie wusste es nicht. "Ich war die Leibsklavin von Furianus gewesen und im Moment kann ich dir meine Aufgaben gar nicht nennen. Es.....es war ein wenig durcheinander alles die letzten Wochen" meinte sie als Erklärung.

  • Die Leibsklavin von Furianus? Wenigstens in einem schien mein werter Verwandter einen richtigen Riecher zu besitzen, wenngleich ich mir bei seinem politischen Geschick noch nicht so recht sicher war. Nun, das würde die Zeit zeigen müssen, einen Blick für Schönheit schien er jedenfalls zu besitzen, was deutlich für ihn sprach.
    "Aus dem fernen Britannia ... dann hast Du eine lange Reise hinter Dir. Kommst Du denn überhaupt mit dem Klima hier zurecht? Das Wetter soll dort schon sehr anders sein als hier," meinte ich und blickte sie freundlich an. Sie schien so vorsichtig, das war wirklich erstaunlich. Wenn ich sie mit Nefertiri verglich, so strotzte meine kleine Ägypterin geradezu vor Selbstbewusstsein, trotz ihres Standes - und diese junge Frau schien genug Unsicherheit für gleich drei Frauen zu besitzen.


    "Na, das ist ja auch nicht so wichtig, solange Dein Herr weiss, welche Aufgaben er für Dich hat," versuchte ich ihre sorgenvolle Miene ein wenig zu zerstreuen. "Kannst Du mir etwas über diesen Haushalt erzählen? Momentan erscheint mir alles noch reichlich fremd und seltsam, sodass ich höchstwahrscheinlich demnächst noch die falschen Hausbewohner als Sklaven anspreche und mir einen riesigen Ärger einhandle." Nicht, dass mich diese Aussicht bekümmerte, aber irgendwie fand ich Gefallen an dem Gedanken, mich mit dieser hübschen jungen Frau ein Weilchen zu unterhalten - der Tag hätte wahrlich bedeutend schlechter aussehen können als das.

  • Und Nadia erinnerte sich auch noch genau an ihre Reise hier her und wollte sie eigentlich auch gleich wieder vergessen. So schön war sie nicht gewesen wie sie sich hatte hier her bringen lassen und wie sie hatte betteln müssen. Eine kurzzeitige Gänsehaut bildete sich auf ihrem Rücken, verschwand dann aber gleich wieder. "Die Reise war lang und nicht schön, aber ich bin hier und nur das zählt. Das Klima war dort sehr anders, feuchter und meisten doch kühler, aber ich bin anpassungsfähig" lächelte sie zueückhaltend und wieder rutschte diese Strähne in ihr Gesicht. Es war verhext, sie wollte nicht an Ort und Stelle bleiben und machte was sie wollte.


    "Ich habe nur mitbekommen, das in letzter Zeit sehr viele neue Flavier hier angekommen sind, aber leider kenne ich sie nicht. Irgendwie scheinen sie überall zu sein, aber nicht hier." Wieder war das Lächeln da welches bis in ihre Augen vordrang. Sogar ein ganz leises Kichern war von ihr zu hören, denn sie glaubte nicht, dass man die Sklaven hier verwechseln könnte. "Wenn ich es kann werde ich dir gerne helfen. Furianus kennst du ja sicher und dann war vor kurzem noch Marcus Flavius Aristides hier, aber dieser ist nun in Germanien." Nadia erinnerte sich noch genau an ihn, schließlich hatte er sie gerettet. "Dann weiß ich noch etwas von einem Zwillingsbruder von Furianus, aber auch ihn habe ich nie gesehen und dann der Herr Grachhus, aber auch mit ihm habe ich nichts zu tun. Eigentlich nur mit Furianus."


    So leicht schienen ihr die Worte über die Lippen zu kommen und sie begann sich langsam wohler zu fühlen. Er schien irgendwie etwas von Furianus zu haben glaubte sie.

  • Wie viel weicher ihre Züge wirkten, wenn sie nicht mehr von dieser seltsamen Furcht beherrscht waren. Zumindest schien sie sich jetzt ein wenig zu entspannen, sodass dieser Ausdruck eines verschreckten Rehs nach und nach aus ihren Augen wich und ihrem sonnigen Lächeln Platz machte - es hatte sich ausgezahlt, ein wenig Geduld und ein Lächeln zu investieren, um sie nun deutlich ruhiger zu erleben. "Und es bringt uns in den Genuss Deines Lächelns, so können wir nur froh sein, dass Du den Weg nach Italia gefunden hast," schmeichelte ich ihr mit einem belustigten Zwinkern in ihre Richtung. Komplimente würden vielleicht dieses Lächeln noch ein wenig mehr hervorlocken, und an diesem Tag wollte ich keine Frau unglücklich sehen, auch nicht eine Sklavin mit so großen, furchterfüllten Augen.


    "Nun, unsere Familie war schon immer recht reiselustig - und dadurch, dass es sowohl einen römischen als auch einen hispanischen Zweig gibt, ist immer recht viel Bewegung vorhanden. Furianus und sein Bruder repräsentieren den römischen Zweig der Familie, ich bin ein Teil des hispanischen Zweigs, und habe viele Jahre in Achaia verbracht, ebenso wie Gracchus ... es wundert mich nicht, dass Du nicht allzu viele der Verwandten kennst, ich treffe sie selbst kaum allzu oft an. Was bei manchen sicher kein Fehler ist," kurz glitten meine Gedanken in die Richtung der Flavia Messalina und ihrer ganzen Bagage, auch meine Nichte Calpurnia hätte ich nur zu gern übers Knie gelegt, um ihr diese schwachsinnige Verbindung mit einem Plebejer ein für allemal auszutreiben.


    "Wie gut kennst Du Rom, Nadia? Ich fürchte, mein Wissen von dieser Stadt ist inzwischen ziemlich eingerostet, dafür könnte ich mich in Athen blind zurechtfinden ..." Ein leises Seufzen entschlüpfte mir bei diesem Gedanken.

  • Wieder begann sie ihn leicht zu beobachten, nach diesen Worten. Wie er ihr schmeichelte und schnell trugen seine Worte Früchte, denn genau so fühlte sie sich, geschmeichelt von seinen Worten ihr gegenüber. In ihre Augen trat dieses Leuchten von früher was sie immer begleitet hatte bevor sie hier her gekommen war und ihre Wangen nahmen diese rötlichschimmernde Farbe an. Ihr Lächeln dran bis in ihre Augen vor und in einer sanften Bewegung begann sie sich wieder die Haare aus ihrem Gesicht zu streichen und sah dann etwas auf die Steinbank, denn zwischen ihnen war ja noch ein kleines Stückchen Platz. "Danke für deine Worte" sagte sie sanft. Warum nur wurde ihr damals gesagt sie sollte sich vor den anderen Flaviern in acht nehmen wenn es doch welche zu geben schien die keinen so schlimmen Unterschied machten wenn sie mit einem Sklaven sprachen, dies waren wieder Dinge die sie nicht verstand, aber das wurde hier langsam zur Gewohnheit.


    "Ich wusste nicht einmal, dass es zwei Zweige dieser Familie gibt, aber vielleicht bin ich dafür einfach noch nicht all zu lange hier." Von ihrer kurzzeitigen Flucht aus diesem Hause mal abgesehen, war sie wirklich noch nicht so ewig hier, dass sie sich mit der Familie hätte beschäftigen können, denn die meißte Zeit hatte sie sich immer in der Nähe von Furianus aufgehalten und den Rest damit sich vor den anderen zu verstecken oder aber in einer verfallenen Insula zu hoffen, dass man sie nicht fand.


    "Ich glaube Rom kann man nie kennen, denn es gibt immer wieder etwas zu entdecken hier in dieser großen Stadt. Wenn ich draussen bin finde ich mich zurecht auch wenn ich das ein oder andere mal nachfragen muss, aber bis jetzt kam ich immer an mein Ziel. Ich kenne einige Orte, aber kann sie dir nicht alle mit Namen nennen. Märkte, Parks und Gärten sind die Orte an denen ich meißtens bin. Wenn es darum geht jemanden durch die Stadt zu führen würde ich das sicher schaffen, aber erzählen könnte ich nur wenig über diese Stadt, dazu bin ich immer noch zu fremd" erzählte sie ihm.


    Ein lauer und leichter Wind kam auf. nur sanft aber ausreichend um immer wieder an den Haaren zu ziehen oder am Saum der Tunika und leicht bewegten sich die Blätter des Baumes in dessen Nähe sie saßen.

  • Ob Furianus wusste, was für eine süsse Sylphide er da direkt vor der Nase hatte? Eigentlich war ich mir fast sicher, dass sie wahrhaftig eine Leibsklavin sein musste, alles andere hätte ihn eher als Knabenliebhaber oder hoffnungslos blind erscheinen lassen. Wäre sie meine Sklavin gewesen, hätte sie sicherlich um diese Zeit deutlich andere Dinge zu tun gehabt als im Garten spazieren zu gehen ... aber bevor diese Gedanken sich im Blick meiner Augen allzu deutlich reflektieren konnten, betrachtete ich sie lieber noch ein wenig. Nefertiri fehlte eindeutig in meinem Alltag, um mich zu entspannen und mir diese Neigung ein wenig zu lindern, die Gedanken bei der Gegenwart hübscher junger Frauen in die falschen Richtungen wandern zu lassen.


    "Ich spreche nur die Wahrheit, Nadia, und die Wahrheit sollte man sich niemals scheuen zu sagen," entgegnete ich ihr lächelnd, diese reizende Röte auf ihren Wangen zufrieden betrachtend. Sie musste wirklich noch sehr jung sein, dass sie einige Schmeicheleien wie diese schon erröten ließen, die meisten Römerinnen hätten sich dabei wohl nur zu einem müden Lächeln herabgelassen.
    "Was meine Familie angeht, so ist es wohl auch nicht wirklich wichtig, zwischen den Zweigen zu unterscheiden, es macht es nur einfacher, die einzelnen Abstammungen auseinander zu halten, ohne dauernd eine Ahnentafel mit sich schleppen zu müssen."


    Bei ihren Worten über Rom musste ich unwillkürlich schmunzeln - sie hatte leider nur zu recht. Ich war zwar eine Weile hier gewesen, aber auch für mich gab es immer wieder neue Ecken, neue Gassen zu entdecken, die mir absolut fremd waren. Der Moloch Rom wuchs eben
    so unkontrolliert wie das Wurzelwerk eines alten Baumes, irgendwann war es alles ein einziges Geflecht, das man entweder komplett umhacken musste, oder aber akzeptieren. Ich war mir noch nicht ganz sicher, für welchen der beiden Wege ich mich entscheiden sollte. "Wenn Du einmal die Zeit fändest, mich ein wenig herum zu führen, wäre ich dir sehr verbunden. Zumindest zu den wichtigsten Orten - nichts ist peinlicher als ein Römer, der sich in Rom verirrt." Der Wind zuppelte ein wenig an meiner Toga, aber es störte mich nicht, hatte er doch den angenehmen Nebeneffekt, ihr Haar immer wieder in einzelnen Strähnen und weicher Bewegung über ihr Gesicht zu treiben.

  • Es war vielleicht ganz gut, dass sie seine Gedanken nicht lesen konnte, denn Nadia baute grade ein Vertrauen zu ihm auf welches nur selten bei ihr war, denn dem einzigen Menschen dem sie blind vertraute eigentlich war Furianus und sonst keiner. Naja eigentlich auch noch Hannibal, aber er war ja nicht hier. Immer wieder traf ihr Blick seinen und sie konnte nicht anders als ihn immer wieder anzulächeln, denn es war wie als sie mit Hannibal zusammen am Tiber war, er wusste genau wie er ihre Ängste nehmen konnte und das geschah auch hier. Langsam wurde sie wieder sie, Nadia wie sie einmal war und doch blieb etwas scheues zurück.


    "Man hört solche Worte nicht oft, vor allem nicht in letzter Zeit" meinte sie leise und wandte ihren Kopf ganz leicht zur Seite. Ein Schmunzeln huschte über ihr Gesicht, denn die Vorstellung jeder würde mit einer großen Tafel rumlaufen amüsierte sie ein wenig und das zeigte sich auch als Glitzern in ihren stralend blauen Augen.


    "Ich würde mich freuen wenn ich dir die Stadt, soweit ich das kann, zeigen dürfte. Jederzeit denke ich, wann du es möchtest. Nur hoffe ich, dass ich auch eine gute Führerin sein werde." Ihre Finger taten wieder einmal ihr Werk, da das laue Lüftchen sie anscheinend Ärgern wollte.

  • "Mit Rom scheint es wirklich bergab zu gehen," sagte ich und legte ein gewisses,fast teathralisches Vergnügen in den Klang meiner Stimme. "Wenn Du schon sagst, dass Komplimente selten geworden sind in der letzten Zeit, dann muss wohl Deine ganze Umgebung blind sein für das, was zu sehen ist. Vielleicht bedarf es eines Römers aus Achaia, um klare Tatsachen zu formulieren." Ein wenig warf ich mich in die Brust, als würde ich eine Rednerpose einnehmen, und gefiel mir selbst in dem Gedanken, ihr einfach ein wenig Vergnügen zu bereiten. Wahrlich, irgendwann würde ich mich wahrscheinlich wegen meiner Neigung zum Lächeln einer schönen Frau bis auf die Knochen blamieren, aber an diesem Tag schien es sowohl erlaubt als auch möglich zu sein.


    "Dann sollten wir das in den nächsten Tagen einmal angehen, was meinst Du? Ich werde mir Zeit nehmen und hoffen, dass Dich Deine Pflichten nicht zu sehr in Atem halten werden - ansonsten kann ich Deinen Herrn auch danach fragen, ob er Dich für diese Zeit freistellt. Was ist dir lieber?" Es war mir lieber, ihr diese Entscheidung zu überlassen, ich kannte die Gepflogenheiten in diesem Haushalt noch nicht gut genug, um einfach entscheiden zu können, und so bedächtig mir Furianus auch erschienen war, manche Männer reagierten ausgesprochen grätzig, wenn man ihnen in ihrem Revier dazwischen funkte. Man musste es schließlich nicht übermäßig provozieren, Reibungspunkte würde es in Zukunft sicher noch genügend geben.

  • "Vielleicht sind nicht die Komplimente gänzlich selten gewoden, aber Komplimente an Sklaven sind doch schon eine Seltenheit. Und leider habe ich mit Komplimenten schlechte Erfahrungen machen müssen und handhabe sie vorsichtiger als wer anderes vielleicht. Zwar sind sie oft ehrlicher natur, aber können sie einen in arge Schwierigkeiten bringen." Nadia erinnerte sich leider zu gut daran wie hier alles begann mit ihren Strafen und dem Misstrauen von Furianus. Es war der Beginn ihres Leidens und sie dachte ungern zurück an die Zeit wo alles mit einem kompliment begann und in einer Katastrophe endete. Er war nicht nur amüsant sondern auch sehr charmant dieser Mann neben ihr und sie musste bei seinen Posen anfangen zu lachen, wobei sich die kleinen Lachfältchen um ihre Augen zeigten und das Grübchen welches sie hatte.


    "Sehr gerne und ich denke das alles wird kein Problem sein für mich freie Zeit zu finden, aber dennoch möchte ich nicht, wenn das in Ordnung wäre, dass Furianusn davon erfährt. also ich würde vielleicht nicht unbedingt mit ihm offen darüber reden, ich weiß nichtw arum, aber vielleicht könnte er irgendwelche Schlüße daraus ziehen und das möchte ich vermeiden." Nadia selber tat im Moment nicht all zu große Arbeiten im Haus, da sie sich noch ein wenig schonte, aber freiwillig arbeitete. Nur konnte es auch sein, dass sie die nächsten Tage schon frei sein würde, aber dazu musste noch einiges erledigt werden.

  • "Komplimente, die einen in Schwierigkeiten bringen? Das kann ich mir kaum wirklich vorstellen, was sollte an einem Kompliment denn so schrecklich sein?" Was ging in diesem Haushalt wohl vor sich, dass sie auch jetzt noch wirkte, als fürchte sie insgeheim eine Strafe? Wie ein strenger Herr war mir Furianus nicht erschienen, aber anscheinend hatte ich mich in diesem Gedanken getäuscht. Dass sie unseren bevorstehenden Ausflug vor ihm verschweigen wollte, erstaunte mich kurz, aber auch das schien in die überlegte Richtung zu deuten. Hatte ich da eine eventuell doch dunklere Seite des Furianus entdeckt oder täuschte ich mich in meiner Annahme, dass letztendlich doch jeder in Rom schlecht war, die Schlechtigkeit nur besser oder schlechter verbarg? Die Jahre in Achaia hatten mich eine gesunde Distanz zum Moloch Rom einnehmen lassen, genährt von einem Misstrauen jenen gegenüber, die sich eher vergnügten denn wirklich etwas leisteten.


    Ich war zwar auch kein Kind von Traurigkeit, aber ich hatte nie vergessen, was es bedeutete, der Sohn eines Patriziers zu sein. "Wie Du möchtest, er wird ja auch nicht den ganzen Tag im Haus sein und mit etwas Glück sind wir längst zurück, wenn er abends wieder ins Haus kommt." Furianus die falschen Schlüsse ziehen? Was sollte er schon denken, dass ich seine Sylphide verführen wollte? Jeder Mann wäre ein Idiot gewesen, der nicht wenigstens den Gedanken daran ehrlich zugab.

  • Was machte sie eigentlich immer? Sie schaffte es immer wieder, dass die anderen merkwürdige Gedanken aufkommen ließen wenn sie nie mit der Sprache rausrückte und genau das tat sie ja nicht. In Gedanken schallte sie sich wie so oft und fragte sich was er wohl für ein Bild von Furianus haben musste. "Du musst wissen, dass nicht alles schön in meinem Leben war und einige Probleme schon da waren, die sich aber nun wohl, so hoffe ich zumindest, in Luft auflösen werden. Vielleicht kann ich es dann auch einmal erklären, aber ich glaube nicht, dass das der richtige Zeitpunkt jetzt ist. Alles fing damals mit einem Kompliment an" versuchte sie sich zu erklären, damit er nicht ganz auf eine falsche Bahn gelenkt wurde. Sie wollte Furianus niemals schlecht machen, denn im Grunde hatte er auch viel für sie getan und zwar sehr viel, auch wenn es nicht immer so gewesen war, aber das wusste Furianus selber und sicher sah er auch seine eigenen Fehler ein.


    Sie schaute ihn von unten herauf an und ein klein wenig durch ihre Haare die seitlich ins Gesicht fielen. "Nein er ist sehr beschäftigt in letzter Zeit und ich bekomme ihn auch nicht oft zu Gesicht. Ich denke das werden wir ganz sicher sein. Ich hoffe meine Rundführung wird dann keine Enttäuschung werden" meinte sie ein wenig schmunzelnd. "Was soll ich dir alles zeigen? Oder soll ich mir etwas ausdenken?" fragte sie ihn sanf und legte ihre Hand auf die Bank um sich festzuhalten und spürte die Kühle die von ihr ausging und langsam in ihre Fingerspitzen kroch.

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