[Cubiculum] Gästezimmer III

  • Claudia schaute sie skeptisch an.


    "Ich bin mir sicher, dass dein Vater stolz auf dich sein wird." sagte sie liebevoll und fügte dann hinzu: "Und ich bin mir sicher, dass er auch auf deine Mutter stolz war und ist."

  • "Nein!" sagte Minervina trocken, begründete aber nicht weiter warum. Verunglimpfen wollte sie Helena auch nicht, auch wenn sie es nicht anders verdient hatte. Sie würde Claudia nicht die volle Wahrheit sagen. Sie wäre entsetzt und das wollte sie sowohl der Mutter als auch der Tante nicht antun. "Sie wird sich bald wieder verloben." fügte sie an. Wann es schon danach aussah, behielt Minervina weiterhin bei sich. Es war, als spotteten die Götter auf die Liebe zu Metellus, dass sie kurz darauf den Leichnam Maximus' hierher sandten.


    Es war unverkennbar, dass Minervinas Blick sich verfinstert hatte. Sie kam mit dem Gedanken nicht zurecht, dass Mutter.. Sie spürte kaum, dass ihr die Tränen in die Augen geschossen waren ob der Ungerechtigkeit, die ihrem Vater wiederfahren war. Doch nun, da sie es merkte, hielt sie die Tränen tapfer zurück.

  • Schien selbst diese Nachricht bei Claudia aufzustoßen? Zu gut, dass sie noch nichts vom damals geglaubten Inzest berichtet hatte, zu welcher Zeit Maximus noch nicht einmal verstorben war. Minervina hatte den Blick wieder gehoben und blickte Claudia festen Blickes an. "Matinius Metellus. Der Sohn vom Proconsul, gewesener Duumvir dieser Stadt und nun bemüht Einstieg im Cursus Honorum zu finden." meinte sie nicht ohne Unbehagen in der Stimme. Sie mochte Metellus ganz und gar nicht. Mutter war damals schwach gewesen und er hatte ihre Schwäche für sich genutzt. In ihren Augen hatten sie beide versagt.

  • "Der Sohn des Proconsuls? Zumindest hat er demnach einen einigermassen akzeptablen Stand vorzuweisen." sagte sie nachdenklich. Aber war nicht die Matinia die Familie, in die Helena sich adoptieren liess?

  • "Ja, gewissermaßen schon. Aber meiner Meinung nach ändert das nichts. Die Liebe zwischen ihnen besteht schon länger als der Beschluss zu einer Verlobung und das finde ich gegenüber Vater nicht gerecht." meinte sie und wischte sich verstohlen während des Sprechens eine Träne aus dem Augenwinkel. So viel Kummer hatte ihr dieser Gedanke bereitet. Und nun weinte sie den Kummer beinahe hinaus, wo sie doch die ganze Zeit über so standhaft war. Warum jetzt?

  • Claudia erhob sich und ging die wenigen Schritte zu Minervina. Sie schaute ihr direkt in die Augen.


    "Liebe hat selten etwas mit Gerechtigkeit zu tun, dass wirst du dereinst auch lernen. Darüber hinaus musst du es so sehen, dass die Familie deiner Mutter aus einer Verbindung mit der des Proconsuls profitieren wird. Und in einem solchen Fall ist Liebe eher nebensächlich."


    Sie lächelte leicht.


    "Und lass dir von mir noch etwas sagen..." sagte sie und hob dabei Minervinas Kinn etwas an "... wenn du alleine bist kannst du weinen, wenn dir danach ist. Doch in Anwesenheit anderer Personen ist es von äusserster Wichtigkeit solchen Regungen, so stark sie auch sein mögen, nicht nachzugeben. Der Pöbel und auch deine Sklaven werden aufhören dich zu respektieren, wenn du dich durch soetwas zu ihnen hinab begibst."

  • Sie biss mit aller Macht die Zähne zusammen, um einem Tränenfluss wiederstehen zu können, doch als Claudia den Blick so direkt in ihre Augen haftete, senkte sie diesen und mit dem Wimpernschlag flossen ebenso die beiden Tränen aus den Augen hinaus, um über ihre Wangen zu rinnen. "Aber.." Doch sie sprach ihre Gedanken nicht aus. Damals war es Matinia Helena, die mit ihrem Bruder schlief, als ihr eigener Mann noch am Leben war. Minervina war weder blind noch taub und äußerst empfänglich für die Gefühle anderer. Es hatte ihr damals einen Stich versetzt.


    Als Minervina hörte, wie Claudia wieder die Stimme - und auch ihr Kinn - erhob, richtete sie nahezu weinerlich wieder den Blick in die Augen ihrer Tante. "Aber.. vor dir.. darf ich doch?" fragte sie leise und hiermit meinte sie auch tatsächlich ausschließlich vor Claudia. Beinahe beschämt senkte sie den Blick wieder. "Ich werde mir deinen Rat zu Herzen nehmen, denn ich wäre gern wie du." murmelte sie und ballte ihre Hände zu Fäusten, auf welche sie hinab blickte. Sie wäre wirklich gern wie Claudia und sie war wohl der einzige Mensch, auf den sie immer hören würde.

  • Sie nickte leicht und gab ihr damit die Erlaubnis. Dann sprach sie weiter: "Wenn wir in Rom sind, werden wir aus dir eine junge Dame machen, so wie die Götter und dein Vater es für dich vorsahen."

  • Minervina konnte sich unter dieser 'Androhung' nichts vorstellen. Sie war wohl noch nicht besonders selbstsicher, aber an anderen Stellen sah sie nicht, wo sie keine richtige 'Dame' sein sollte. Daran, dass es vielleicht die Rumtreiberei mit einem Peregrinus oder der Nähe zu Sklaven zusammenhängen könnte, hatte sie nicht gedacht, denn das war in diesem Hause völlig normal für sie. Sie wusste nur, dass sie sich standesgemäß benehmen musste, doch auf den Stand ihres Gegenüber hatte sie seltenst geachtet.


    So nickte sie lediglich gehorsam und schluckte sie restlichen Tränen hinunter. Hauptsache sie würde nicht so schwach und zugleich sturköpfig wie ihre Mutter. "Mein einziger, persönlicher Wunsch ist es, so zu sein, wie Vater mich gern gesehen hätte. Es mag willenlos klingen, aber ich liebe niemanden so sehr wie ihn und bin gewillt, alles für seinen Stolz aufzugeben." fügte sie beinahe feierlich an. "Wann gedachtest du, abzureisen?"

  • Sie lächelte anerkennend.


    "Sobald ich hier alles erledigt habe. Ich gehe davon aus, dass es gegen Ende der Woche soweit sein dürfte, dass wir aufbrechen könnten. Du hast also noch ein paar Tage Zeit dich von allen zu verabschieden."


    Sie war sich nicht sicher, ob Minervina wusste, dass dies auch ein Abschied von ihrem bisherigen Leben bedeuten würde, da sie in dieses nicht zurückkehren würde.

  • "Von vielen muss ich mich nicht verabschieden. Ich habe mir nie viele Freunde gesucht und meine Familie ist größtenteils in Rom. Lediglich Mutter und meine beiden Onkels sollte ich verabschieden." meinte Minervina sinnierend und seufzte einmal leis. Wenn man dies hier überhaupt als ihre Familie bezeichnen würde. "Der schwerste Abschied wird vermutlich jener von Tarraco sein. Ich habe die Stadt liebgewonnen und sehe mit Skepsis dem übergroßen Rom entgegen." gestand sie ihre Ängste, was die neue Heimat anging.


    "Dann lasse ich dich aber jetzt auch erst einmal allein. Meld dich wenn du etwas brauchst.." meinte Minervina kurz. Sie brauchte nun ein wenig Zeit für sich um alles besprochene so weit zu verarbeiten und sich an alles zu gewöhnen. Sie wandte sich zur Tür und als sie an dieser stand, drehte sie sich noch einmal um. "Ich habe dich vermisst!" sagte sie mit einem warmen Lächeln und entschwand dann aus dem Raum.

  • "Rom ist anfangs erschreckend, doch es wird dir gefallen." sagte sie und schaute ihr nach.


    "Ich dich auch..." erwiderte sie, bevor Minervina den Raum verliess und sie sich um etwas Ruhe kümmerte.

  • Die Tage vergingen wie im Flug und die Abreise stand bereits vor der Tür.


    Claudia hatte ihre Sachen bereits abholen lassen und liess nun noch einmal den Blick durch das kleine Kämmerlein schweifen. Mit einem Lächeln verliess sie es.

  • Helena hatte die Sklaven angewiesen, ein Gästezimmer für ihre Freundin Arria herzurichten, die in diesem aber vermutlich langfristig verweilen würde. Nun war es so weit und Helena überprüfte selbst noch einmal den Raum. Er war sehr hell und freundlich. Auf dem Tisch stand ein Strauß mit frischen Blumen, die ihren Duft im Raume verteilten. Das Bett war frisch gemacht und Staub gewischt. Zufrieden strich Helena noch einmal über das Bettlaken, verließ dann aber wieder den Raum.

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