Mal wieder Kopfschmerzen

  • Gabriel bemerkte ihre hochgezogene Augenbraue. Hatte er was falsches gesagt? Naja, und wenn, sie konnte es ja ansprechen. Wenn nicht, war es ihr Problem. Und das mit dieser seltsamen Namensgebung hatte er nie begriffen. Ganz zum Leidwesen von Falco damals, aber er verstand es nicht. Und insofern meinte er es auch nicht unhöflich.


    Sie war also ein Magistrat. Das bewunderte er und schenkte ihr ein offenes Lächeln. »Meine Bewunderung! Aber ich gebe zu, dass mich die Politik nicht sonderlich interessiert.« Er sagte dies nicht unfreundlich, rein ehrlich. Aber er hatte seine Gründe.
    »Es ist sicherlich nicht einfach für Frauen, sich in der männlichen Domäne der Politik klar zu behaupten, oder? Ich hörte da so einiges.«


    Als er aufgestanden war, wankte er nicht mehr und mit einer Geste zeigte er der Frau an, dass sie Richtungsweisend war.

  • Kurz schmunzelte sie, als er die Tatsache des problematischeren Einstiegs in die Politik für Frauen erwähnte, um dann den Kopf etwas zu schütteln.
    "Als magistrata von Ostia fälle ich sehr wenige wirklich politische Entscheidungen, das ist auch nicht die Aufgabe eines Stadtverwalters. Die eigentliche Politik wird letztendlich nur hier in Rom gemacht, im Senat, bei den Magistraten, bei der Volksversammlung und natürlich auch durch den Kaiser. Ein Magistrat in einer Stadt sorgt viel eher dafür, dass alles läuft, wie es laufen soll und es weder Brände, noch Überfälle noch zuviel Armut gibt. Wir sind Problemlöser, die Politiker sind Problemdiskutierer ..." Sie passierten zwei Stände mit recht billig wirkender Kleidung, die sie keines Blickes würdigte.


    "In sofern ist die Öffentlichkeit, was die Stellung von Frauen in der Verwaltung angeht, sehr ruhig, denn es liegt auf der Hand, dass ohne die Beteiligung von Frauen an dieser Arbeit sehr viele Städte im Reich Probleme hätten, ausreichende Beamte zu finden." Der Blick glitt zu ihm empor, denn er überragte sie mühelos an Gestalt. "Dass es in Rom einen solchen Aufruhr wegen der Beteiligung von Frauen an der Politik gibt, empfinde ich als falsch, denn es verstellt den Blick auf die wirklich wichtigen Themen ..."

  • Gabriel hatte versucht, aufmerksam zu zuhören. Doch das Pochen in seinem Kopf wollte einfach nicht aufhören. Trotzdem lächelte er ihr freundlich nickend zu, als sie zu ihm hoch sah. Eher unauffällig schob er mal hier, mal da dezent einen Passanten zu Seite, damit sie zumindest nicht ständig aneckte, denn es wurde nun richtig voll auf dem Markt. Und er war stets darauf bedacht zu schauen, ob auch kein Langfinger in der Nähe war.
    »Oh, du arbeitest in Ostia?« fragte er interessiert nach. »Nun, da ist es sicherlich ruhiger als hier in Rom!«
    »Ich interessiere mich nicht sonderlich für Politik, muss ich gestehen. Das liegt sicherlich auch daran, dass ich eh nicht wählen darf. Und ich gebe dir Recht: Ich verstehe die Diskussionen um die Positionen der Frauen nicht. Es kommt doch nicht auf das Geschlecht an, sondern was man im Kopf hat.«
    Wieder war da ein schelmisches Lachen.
    »Oh! Vorsicht!!« stiess er plötzlich hervor und fasste sie sanft am Unterarm um sie davon abzuhalten, einen Schritt weiter zu machen, denn vor ihnen lag irgendwelcher Unrat.

  • "Es ist ruhiger, aber die Dinge, die in Ostia wichtig sind, unterscheiden sich auch von denen in Rom sehr grundlegend. Der Schwerpunkt Ostias liegt nun einmal mehr auf dem Aussenhandel und einer Sicherung der Warentransporte nach Rom, anstatt auf politischen Intrigen oder dem üblichen Machtgeschacher. Wer schnell Karriere machen will, ist dort sicher verkehrt," meinte sie amüsiert, beobachtete ihn aber immer wieder prüfend und aufmerksam, ob er noch Zeichen seiner vorherigen Schwäche zeigte.


    "Nun ja, es wird doch immer viel geredet, wenn der Tag lang ist und man keine besseren Themen hat. Es ist ja auch so leicht, das Engagement von Frauen in der Politik als ein Bruch der Traditionen darzustellen. Ich gestehe, es fällt mir auch nicht leicht, mir eine Frau im Senat vorzustellen, aber das bedeutet doch nicht gleich, dass alles schlecht ist, was eine Senatorin tut. Sie wird diesen Sitz sicher nicht wegen ihres Lächelns oder einer gut gelegten Frisur bekommen haben." Sachte schüttelte sie den Kopf und zuckte überrascht zurück, als er ihren Arm berührte.


    "Oh, das habe ich gar nicht gesehen!" Sie machte einen großen Bogen um das auf dem Boden liegende und lächelte ihn warm an. "Du scheinst heute wirklich zu meinem dauerhaften Retter auserkoren. Ich komme bald in Versuchung, Dich als Leibwächter zu engagieren, wärst Du nicht schon ein stolzer Vigil." Ihre blauen Augen funkelten vergnügt und für einen Moment überlegte sie tatsächlich, wie es wohl wäre, sich dauernd von einem so attraktiven Mann begleiten zu lassen.

  • Als Iulia das mit dem auserkorenen Retter, dem Leibwächter aber vor allem das mit dem stolzen Vigil sagte, da schien Gabriel, der nicht gerade klein war, noch ein Stück über sich hinaus und spannte ein wenig stolz seine Brust. Er bekam selten Komplimente und freute sich daher um so mehr. Und dennoch grinste er leicht verlegen, aber auf eine selbstbewusste und schelmische Art.
    »Du wirst es mir nicht glauben, aber ich hatte schon an solch eine Arbeit gedacht. Aber nun habe ich größeres vor.«
    Auch er war um den Unrat herum gegangen und geleitete sie dann weiter.
    »Ich werde eine Detektei gründen.« Seine Worte klangen stolz und voller Entusiasmus. Doch dann ging er auf ihr davor gesagtes ein: »Ich denke auch, dass eine Frau etwas bewegen kann. Wenn man sie nur lässt und nicht grundsätzlich gegen alles ist, was sie vorschlägt, nur weil sie eine Frau ist!«

  • Verschmitzt lächelnd schritt sie an seiner Seite einen recht breiten Stand mit Töpferwaren entlang und lauschte seinen Worten - dass er sich über ihr Kompliment zu freuen schien, gefiel ihr, die meisten Männer hatten damit doch eher Probleme, ein freundliches Wort anzunehmen, ohne sich dann wieder mit einem Gegenkompliment zwingend bedanken zu müssen, um die Worte eine Frau zu übertreffen.


    "Eine Detektei? Das ist einmal eine überraschende Idee. Wieso gerade das Leben als ... nun ja ...Schnüffler? Männer, die Informationen beschaffen oder hinter angeblich fremd gehenden Ehefrauen herstreunen, sind nicht gerade beliebt und leben auch nicht gerade ungefährlich," meinte sie nachdenklich und blickte ihn etwas zweifelnd an. Dass er einstecken konnte, hatte er ja bewiesen, aber ob man sich das jeden Tag antun wollte, war eine ganz andere Sache.

  • Natürlich wollte Gabriel ihr nicht gleich erzählen, dass er früher mal ein hervorragender Dieb und Einbrecher war und daher die Szene bestens kannte, wenn auch nicht gerade in Rom.
    »Nun, gefährlich ist eine Sache. Das ist es auch als Vigil. Neulich habe ich einen Mann vor einem Mob beschützt und wäre fast erschlagen worden.« Er sagte dies sehr nüchtern, denn es erinnerte ihn wieder an die daher rührenden Kopfschmerzen.
    »Und beliebt? Das ist mir egal. Als ehemaliger Sklave und jetziger Libertus bekomme ich eh genug Haß entgegengesetzt und Verachtung, das macht mir nicht mehr wirklich viel aus. Aber ich stelle mir das spannender vor, als bei den Vigiles. Zur CH durfte ich leider nicht und so entschied ich mich so. Da bin ich mein eigener Herr, das ist doch sehr viel wert. Und ich denke ... naja, ich hoffe, genug Aufträge zubekommen.«


    Kurz war sein Blick abgelenkt, als ihm ein junger Mann auffiel, der irgendwie nicht ganz hier herpasste. Er hatte keine ärmlichen Kleider an, aber er wirkte irgendwie sehr unscheinbar ...

  • "Du scheinst Schläge irgendwie anzuziehen - oder Tritte," meinte sie recht trocken und lachte dann leise auf. "Nimm es mir nicht übel, aber ich mache mir wirklich Sorgen um Deine Gesundheit, wenn Du keine Uniform mehr trägst, die zumindest einige Deiner Körperteile vor Schwierigkeiten schützt."
    Sie hatte den jungen Mann nicht bemerkt, und unterschied sich darin kaum von vielen anderen Bewohnern Roms, die eine Gefahr wohl erst dann als Gefahr ausmachten, wenn sie groß, breitschultrig und mit einem Messer bewaffnet war, und so plauderte die Magistrata munter weiter.
    "Es erstaunt mich, dass man Dich als Libertus beschimpft. Du musst Deinem Herrn treu gedient haben, dass er Dich frei gelassen hat, und das verdient Anerkennung ... letztendlich ist es wie mit den Frauen in der Politik. Es zählt, was jemand leistet, nicht, in welche Ecke man ihn wohl stellen könnte."

  • Wieder lächelte Gabriel ein wenig stolz, als sie diese Worte sprach. Überhaupt war sie in seinen Augen eine kluge und weitsichtige Person, so gar nicht arrogant ihm gegenüber.
    »Ich danke dir. Ja, es ist nicht gerade einfach. Aber mich bekommt kaum etwas klein, auch wenn ich viel erlebt habe. Und ja, Marcus Didius Falco wurde mir ein richtiger Freund.«
    Seine Miene wurde ein wenig wehmütig, weil er nun fort war.


    »Und eine Uniform mag schützen und auch Respekt vor anderen implizieren ... manchmal zumindest, aber das sind keine Werte, denen ich nachjage. Das sind nur äussere Dinge, die etwas darstellen, was nicht unbedingt sein muss. Ich ziehe die Offenheit vor. In meiner Ausbildung ...« Er lachte nun herzhaft. »Ging ich meinen Ausbildern sicherlich manchmal an die Nerven, weil ich das alles zu locker sah. Naja, das ist mein Wesen. Aber ich habe es geschafft, mich nicht kleinkriegen zu lassen.«


    Er beobachtete unaufällig den Mann, doch dieser tat bisher nichts, als umherzustreifen. Doch Gabriel bemerkte, dass er keinerlei Interesse an den Ständen hatte, sondern eher an den Menschen. Er behielt ihn, so gut er konnte, im Auge.


    Dann aber wandte er sich wieder an Iulia. »Aber ich rede ja nur noch von mir. Zugegeben, ich würde gerne mehr von dir hören, aber ich möchte auch nicht unhöflich sein ...«
    Er meinte es vollkommen ernst. Er wusste, dass er neugrierig war und kein Blatt vor den Mund nahm, aber er wollte Iulia auch nicht unhöflich gegenüber sein.

  • Für einen Hebräer machte dieser Gabriel wirklich etwas her. Vielleicht hatte der Kontakt zur römischen Zivilisation wirklich seine guten Seiten zum Vorschein gebracht, was wieder einmal bewies, dass der Einfluss der römischen Kultur bei solchen seltsamen Völkern wie den Hebräern letztendlich doch ein guter sein konnte.


    "Solange Du Deine Pflichten erfüllt hast, ist das 'wie' nicht immer das letzte Maß aller Dinge. Mein Ahn, der göttliche Caius Iulius Caesar, hat sicher kein Leben nach den allgemein gültigen Normen geführt und ragte umso weiter aus allen hervor, die seinen Weg begleitet haben," entgegnete sie sinnierend und lächelte etwas. Da war er wieder, dieser ewige Zwiespalt zwischen Tradition und Fortschritt. Einerseits war es gegen die Tradition, dass Frauen in die Politik gingen, aber es führte auch zu Fortschritt ... wahrscheinlich hätte man tagelang darüber diskutieren können.


    "Von mir selbst gibt es nicht viel zu berichten, Didianus Gabriel," sagte sie und das Lächeln entspannte sich wieder ein wenig. Durch die sehr höfliche, distanzierte Anrede ihres Gegenübers glaubte sie die Fronten geklärt und fuhr fort: "Ich bin die Magistrata von Ostia, mein Vater ist der Magistrat von Mogontiacum und ich bin Witwe ... um es sehr kurz zu fassen." Wieder blitzte es vergnügt in ihren Augen auf. "Was interessiert Dich denn?"

  • Bevor er auf ihre Frage antwortete, sagte er: »Du kanns mich Gabriel nennen. Den Zusatz habe ich mich nicht gerade ausgesucht. Und ich mag ihn nicht!« Auch er stellte etwas klar, jedoch freundlich.


    »Was mich interessiert? Nun, du sagtest, ich soll nicht nur dein Schatten sein. Und ich danke dir, daher meine Frage. Ich lerne gerne Menschen aus Rom kennen, da ich hier nun einmal lebe. Auch wenn ich ROm nicht als Heimat oder ähnlichen ansehe. Ich habe ja schon etwas erzählt, wollte aber nicht unhöflich sein.« Wieder war da dieses charmante Lächeln: Doch nicht aufdringlich, sondern nur selbstbewusst.
    »Du bist Witwe? Oh, das tut mir leid. Hast du Kinder?«

  • "Warum magst Du den Namen der gens nicht, die Dich adoptiert hat?" Das überraschte sie dann doch ziemlich, denn eigentlich war eine Adoption eine sehr ehrenvolle Angelegenheit und für den Adoptierten meist ein deutlicher Schritt nach oben im gesellschaftlichen Gefüge. Verblüfft blickte sie Gabriel an, einige Male blinzelnd, denn so etwas hatte sie wirklich noch nie zuvor gehört.


    "Dass Dich auch mein Leben interessiert, ist sehr nett gemeint, aber ich weiss nicht, was Du wissen möchtest - was Dich daran interessiert. Immerhin könnte ich Dir eine ganze Menge über die richtige Beseitigung jahrealter Spinnenweben erzählen, weil es auch dafür besondere Techniken gibt und ich mir das vor einer Weile sehr intensiv aneignen musste. Ob Dich das allerdings interessiert, ist eine ganz andere Sache," meinte sie dann, leicht schmunzelnd. "Und meine Kinder sind, wie auch mein Mann, bereits im Elysium," fügte sie mit einer ruhigen Entschlossenheit hinzu, die andeuten sollte, dass dieses Thema für sie abgeschlossen war.

  • Gabriel schluckte kurz, als er den letzten Satz vernahm. Aber er spürte auch, dass sie nicht mehr darüber reden wollte. Verdammt, er konnte es ja nicht wissen, als er nach ihren Kindern fragte, aber nun tat es ihm leid. Dennoch interessierte es ihn natürlich, aber er hielt inne.


    Stattdessen schaute er noch mal nach dem seltsamen Mann, der vor ihnen einige Meter ging. Aber dieser tat nichts. Dann antwortete er: »Oh, so gesehen, sollte ich wohl stolz sein ... was den Namen angeht. Aber jeder weiss daraufhin, was ich war oder was ich bin. Das wirst du vielleicht nicht verstehen. Ich achte die Familie Didia sehr, wirklich!« Mehr sagte er nicht.

  • "Bei diesem Namen weiss man nur, dass Du von einem Mitglied der Familie Didia adoptiert wurdest, und mehr nicht," sagte sie ruhig, fast ein wenig ermunternd.
    "Und darauf kannst Du, denke ich, mit Recht stolz sein und musst Dich dessen nicht schämen. Dass ein Sklave so sehr von seinem Herrn geschätzt wird, dass er die Freiheit erlangt, ist selten, aber dass er dann noch durch eine Adoption ausgezeichnet wird - das dürfte in Rom recht einzigartig sein. Aber wenn Du nicht möchtest, dass ich Deinen nomen gentile benutze, werde ich Dir diesen Gefallen tun."


    Sie brauchte einige Momente, die Erinnerung an ihre Kinder zu verdrängen, diese beiden Söhne, die nicht hatten leben dürfen, genauso wie ihr Vater - ein leises Seufzen kam über ihre Lippen, aber sie hoffte, dass es im Trubel der Menschenmenge untergegangen war. Manche Erinnerungen schmerzten einfach, egal wie alt sie waren, wie sicher verwahrt man sie auch geglaubt hatte; manchmal genügte nur ein Wort, um alles wieder zurück zu holen und die alte Wunde wieder aufzureißen.

  • »Verstehe mich nicht falsch ...« begann Gabriel langsam und seltsam leise und fast schon melancholisch. »Aber jeder weiss, was ich war. Es klebt an mit wie ... naja ...« Er fand keine Worte.
    Gerne häte er mehr gesagt, aber er spürte auch, dass es an seinen Kopfschmerzen lag, dass er etwas dazu neigte, melancholisch zu werden.
    Doch dann wandte er sich wieder Iulia zu, welche scheinbar nun ihrerseits ein wenig mit den Gedanken woanders war.
    »Es ist nur so, dass ich ... wie soll ich es es sagen?« Dann wischte er seine Worte und Gedanken mit einer Geste weg. »Ach, es ist auch egal. Ich danke der Gens Didia sehr. Kenntst du sie?«


    Er beobachtete den Mann vor ihnen weiter. Noch tat er nichts auffälliges. Dann wandte er den Blick an Iulia und versuchte in ihrem Gesicht zu lesen. War seine Frage wegen ihren Kindern falsch gewesen? Es schien so und es tat ihm leid. Aber nie würde er weiter fragen. Er respektierte diese Frau sehr.

  • "Du bist, was Du bist, und kein Blick, kein Wort wird es jemals ändern können, ja. Aber so ist es doch eben. Lebst Du dadurch schlechter, dass Du einen besonderen Weg gemacht hast? Was kümmern Dich Blicke oder Worte? Du wirkst nicht wie ein Mann auf mich, der über das, was er ist, so unglücklich wäre - Du trittst vielmehr sehr beharrlich für andere ein. Wer das nicht erkennt, auf dessen Meinung kannst Du ohnehin verzichten," sagte die Iulierin und reckte das Kinn kurz vor, als wolle sie mit ihren kämpferischen Worten gleich den nächsten angehen, der es wagen würde, ihren unverhofften Retter anzugreifen.


    "Die gens Didia sagt mir natürlich etwas, aber ich habe bis auf Dich noch kein Mitglied dieser Familie persönlich kennengelernt. War Dein ehemaliger Herr nicht Senator? Du musst mir meine Wissenslücken verzeihen, ich war die letzten Jahre nicht hier in Rom und muss mich selbst erst wieder orientieren," sagte sie mit einem leichten Lächeln und ließ ihren Blick aufmerksam auf ihm ruhen.

  • Leider musste Gabriel ihr widersprechen, in gewisser Maßen.
    »Ich mag sein was ich bin, aber was du auch immer meinst. Und solltest du ansprechen, dass ich ein Sklave war, so lass uns darüber nicht mehr sprechen. Oder ich verstehe etwas falsch. Es ist schon richtig: Ich war, was ich war, aber warum muss das ewig an mir kleben?«
    Gabriel spürte, wie ein wenig bei dem Thema das Blut in ihm wallte. Dabei meinte sie es sicherlich nicht böse.
    »Aber ich habe meine Schuld getan. Man liess mich frei und dennoch ... es klebt an einem. Warum nicht irgendwann vergeben? Nein, die Römer wissen es ja besser!« Er klang nun leicht erzürnt, ohne gegen sie zu sein. Aber das war Gabriels Stolz. Und niemals würde er diesen aufgeben.


    Dann antwortete er knapp: »Falco war Praefekt der Vigiles! Und er ist ein guter Mann. Der beste Römer, den ich bisher traf!«

  • Er schien recht empfindlich zu sein, was seine frühere Sklavenschaft anging, das musste sie doch mit einem gewissen Erstaunen feststellen, was auch die geschwungenen Brauen zu einer Wanderung die Stirn empor veranlasste.
    "Ich meinte damit, dass Du durchaus darauf stolz sein kannst, als was Du heute erscheinst," versetzte sie in einem nun kühler gewordenen Ton. "Nicht jeder hätte mir geholfen, nicht jeder hätte mit seinem Körper für eine vollkommen Fremde eingestanden. Das sind Qualitäten, für die man Dich schätzen sollte, und dahinter stehen denke ich alle anderen Fragen zurück."


    Sie blickte ihn direkt an, ohne seinem Blick in irgendeiner Form auszuweichen, und sollte er es nun auf eine Auseinandersetzung anlegen, nun, die konnte er bekommen - ihre Haltung hatte sich etwas gestrafft, sie wirkte, als würde sie durchaus einer Herausforderung entgegen treten.

  • Gabriel bemerkte ihre etwas kühlere Halltung. Und er wollte sich sagen, dass dies wohl typisch war für die Aristoskraten in Rom. oder warum verhielt sie sich auf einma kühler?
    Aber vieleicht ging er auch nur fest, denn dann horchte er ihren Worten.
    Auch wenn er nun ernster wirkte, so sprach er dann: »Ich bin mir meiner sehr bewusst. Vielleicht zu bewusst. Ich weiss, was ich war. Aber ich weiss auch, was ich bin. Und dies war ich immer, in meinem Herzen frei. Und das können keine Peitschenschläge aus mit prügeln!«


    Für einen Moment schwieg er. Ja, da kam etwas in ihm durch, mit dem er sich in seinem Leben auseinandergesetzt hatte, es jedoch niemals akzeptier thatte.


    Und dann versuchte er auf ihre Worte einzugehen.
    »Ich habe dir geholfen, weil ich es für selbstverständlich erachte, egal wer du bist, oder wer ich bin oder war. Manche mögen es anders sehen. Und ich danke dir für deine Meinung. Aber es ist alles nicht so einfach.«
    Er liess sich ihre Worte auf der Zunge zergehen: 'Das sind Qualitäten, für die man Dich schätzen sollte, und dahinter stehen denke ich alle anderen Fragen zurück.'


    Er war nun tatsächlich etwas verwirrt. Und seine Kopfschmerzen liessen nicht nach und so sagte er freundlich, aber bestimmt: »Ich weiss, wer ich bin. Egal, wie man über mich denkt. Und ja, ich bin stolz, dass ich heute das bin, was ich bin. Aber ich bilde mit darauf nichts ein. Ich bin es, und es tut gut und hilft. Dennoch bin ich hier in Rom nicht frei. Ich könnte gehen und tue es nicht. Das ist meine Entscheidung. Aber vielleicht will ich es noch nicht, denn das Leben hält einige Überraschungen parat, die es wert sind, sie sich anzusehen.« Gabriel lächelte nun sehr charmant, aber auch schelmisch.
    »Überraschungen so wie eine Frau wie dich!«

  • Ein ehemaliger Sklave, dessen Traum vielleicht nicht bei der Freilassung endete. Für seine Kinder würde er sicherlich das Bürgerrecht erhalten, so er sich eine Frau nahm, aber ihm selbst würde es verwehrt bleiben. Vielleicht war das der Gründ für die vielen Fragen, den Zorn in seinen Augen, auch die Beschämtheit ob seiner Adoption. Mitglied einer gens zu sein und es doch nicht vollständig zu sein, bedeutete einen ewigen Zwiespalt. Ihre Gedanken sprangen umher, und sie glaubte zu begreifen ...
    "Peitschenschläge," sagte sie leise und sinnierend. Diese Form der Strafe war bei ihren Sklaven niemals nötig gewesen. Was musste passiert sein, dass man ihn so misshandelt hatte? Wenn sie bedachte, dass die Sklaven der Casa Iulia fast Familienmitglieder waren, deren Persönlichkeit durchaus geschätzt und akzeptiert wurde, so erschien ihr die Peitsche als Strafe barbarisch.


    "Die Idee, als privater Ermittler zu arbeiten, ist denke ich, jedenfalls eine gute - die Cohortes Urbanae sind vielleicht effizient, aber sie werden sicher nicht überall hin gehen können, nicht überall sein. Ein Mann wie Du, ohne Uniform, hätte gewiss Vorteile auf bestimmten Gebieten," sagte sie, als sei dies die Antwort auf seine Selbstreflexion. Stränge begannen sich zu verbinden, Gedanken formten Ideen. Vielleicht würde es ganz nützlich sein, einen Ermittler zu kennen, um bestimmte Dinge zu erfahren, denen sie nicht selbst nachgehen konnte. Wissen war in Rom noch immer Macht.
    "Ich hoffe, ich bin eine positive Überraschung," entgegnete sie schelmisch in einem Ton, der fast eine positive Antwort vorauszusetzen schien.

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