ZitatOriginal von Caius Columnus
Caius klopfte kurz, steckte den Kopf rein, kündigte den Tiberier an und ließ ihn dann eintreten, bevor er verschwand.
Dolabella sah sich nach seinem Eintreten erst einmal um ohne ein Wort zu sagen
ZitatOriginal von Caius Columnus
Caius klopfte kurz, steckte den Kopf rein, kündigte den Tiberier an und ließ ihn dann eintreten, bevor er verschwand.
Dolabella sah sich nach seinem Eintreten erst einmal um ohne ein Wort zu sagen
Ich ließ einen Sklaven an der Porta klopfen.
ZitatOriginal von Spurius Tiberius Dolabella
Dolabella sah sich nach seinem Eintreten erst einmal um ohne ein Wort zu sagen
Seiana sah auf, als sie ein Klopfen hörte, und signalisierte Caius Columnus mit einem Kopfnicken, dass dieser den Besucher eintreten lassen solle, als er ihn ankündigte. Sie legte den Stylus beiseite, mit dem sie gerade Notizen in eine Wachstafel geritzt hatte, erhob sich und sah dem Mann aufmerksam entgegen, der nun eintrat. „Salve, Tiberius“, grüßte sie ihn, mit freundlicher Höflichkeit und dem für sie so typischen vagen Lächeln, das nichts so richtig zu verraten schien. „Kann ich dir einen verdünnten Wein anbieten?“ fragte sie dann zunächst, während sie mit einer leichten Geste zu einer Karaffe wies, die gemeinsam mit einigen Bechern am Rand des Tisches bereitstand. „Setz dich bitte. Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?“
ZitatOriginal von Manius Tiberius Lupus
Ich ließ einen Sklaven an der Porta klopfen.
Ion, der Türsklave der Acta, war es, der einem weiteren Tiberius öffnete. „Salve“, grüßte er den Besucher, höflich und reserviert zugleich. „Wie kann ich dir helfen?“
M. Aurelius Corvinus Decimae Seianae s.d.
Ich stehe ab sofort nicht mehr für das Amt des auctor per procura zur Verfügung, wünsche jedoch der Acta Diurna viel Erfolg unter ihrer neuen Leitung und weiterhin große Beliebtheit.
i.A.
Livius Pyrrus
ZitatOriginal von Decima Seiana
"Salve, ich bin Manius Tiberius Lupus. Ich würde gerne die Auctrix, Decima Seiana, sprechen. Wäre das möglich?"
Ion nickte. „Du hast Glück, sie ist gerade da.“ Er ließ den Tiberier eintreten und wies ihm den Weg zum Officium Auctrix, wo er kurz anklopfte, den Besuch ankündigte und hinter ihm die Tür wieder schloss.
„Salve, Tiberius“, grüßte Seiana den Mann, der in ihr Officium gekommen war. „Setz dich doch – darf ich dir verdünnten Wein anbieten?“ Sie wartete ab, bis er Platz genommen und geantwortet hatte, bevor sie fortfuhr: „Wie kann ich dir helfen?“
Seiana saß da, auf ihrem Stuhl, und starrte ins Leere. Die Nachricht Aurelius Corvinus', dass er nicht mehr für die Acta zur Verfügung stünde, hatte sie erschüttert – aber bei weitem nicht so sehr wie die Nachricht von seinem Tod, die sie kurz danach erhalten hatte. Sie konnte es nicht so recht fassen, weder dass es geschehen war, noch warum... obwohl der Tod eines Römers durchaus würdig war. Im Gegensatz zu Caius, dessen Tod sie ebenfalls immer noch nicht so ganz fassen konnte. So oder so: gemeinsam mit dem Skandal, der Rom derzeit aufwühlte, verhießen diese Neuigkeiten nichts Gutes. Und sie kam nicht umhin darüber zu grübeln, was das letztlich für sie und ihre Amtsübernahme hieß.
Aber es gab Wichtigeres zu tun. Unter anderem galt es die Frage zu beantworten, wer den Aurelier ersetzen sollte. Im Grunde kam in ihren Augen dafür nur Germanica Aelia in Frage, die den Posten ja bereits lange innegehabt hatte, bevor sie selbst zur Auctrix gewählt worden war. Nur fehlte ihr dann eine Lectrix. Oder ein Lector, je nachdem. Seiana grübelte, aber unter all denen, die für die Acta arbeiteten, gab es nicht wirklich viele, die in Frage kamen. Mit einem Seufzen rief sie einen Sklaven herein. „Hol mir Iunia Axilla her, so bald sie kommt.“
Nichts ahnend betrat Axilla das Domus der Acta. Inzwischen war sie schon einige Male hier gewesen, hatte das ein oder andere geschrieben oder zumindest bei der Recherche geholfen und sich den Kollegen vorgestellt. Noch immer fühlte es sich sehr komisch an, weil es im Grunde nicht das war, wovon sie überzeugt war, es gut zu können. Das, was sie für Nikolaos in Alexandria getan hatte, das war etwas gewesen, in das sie sich hineingefunden hatte. Das sie gelernt hatte, zu tun. Die Arbeit hier in der Acta war da noch ein wenig von entfernt. Vor allem, da sie nichtmal so recht wusste, was sie da tat. Sie schnappte Gerüchte auf und gab die weiter. Ob das wirklich so wichtig war, wusste sie nicht. Es fehlte einfach dieses Gefühl, dieses 'ich mache etwas wichtiges, weil ein anderer dadurch weniger zu tun hat'-Gefühl. Oder auch dieses 'Das Imperium braucht das'-Gefühl. Oder einfach nur das 'ich bin nicht egoistisch'-Gefühl.
Von daher war ihre Arbeitsmoral sehr ambivalent, und die meiste Zeit vertrödelte sie doch irgendwie mit nichtstun. Was nicht weiter schlimm war, schließlich wurde sie für Artikel bezahlt und nicht fürs Däumchen drehen und dasitzen und auf Inspiration warten. Trotzdem hatte Axilla ein sehr, sehr, SEHR ungutes Gefühl, als einer der Sklaven meinte, die Auctrix wolle mit ihr reden. Mit etwas schlechtem Gewissen und klopfendem Herzen also machte sich Axilla auf den Weg in das Officium von Seiana und klopfte an. Nach der obligatorischen Eintrittserlaubnis betrat sie es auch schon und blieb erstmal wie ein verschrecktes Reh in der Tür stehen. “Du wolltest mich sprechen?“ Sie hoffte, ihre Stimme wäre nicht ganz so unsicher, wie sie sich fühlte, aber Axillas schauspielerische Leistungsfähigkeit kam nur sporadisch zum Vorschein. Sicher, wie gut sie heute war, war sie nicht.
Es dauerte eine ganze Weile, bis es schließlich an der Tür klopfte, und obwohl Seiana sich darauf schon eingestellt hatte – immerhin wusste sie, dass die Iunia zwar durchaus feste Tage hatte, an denen sie kam, aber die Zeiten innerhalb dieser unregelmäßig waren –, gefiel ihr die Wartezeit dennoch nicht. Sie hatte ein Problem mit dieser Frau, nach wie vor. Sie bemerkte selbst, dass sie kritischer war ihr gegenüber, als sie es bei anderen gewesen wäre. Sie bemühte sich durchaus, sich das nicht anmerken zu lassen, und ihre ohnehin kühle Art unterstützte sie dabei, aber immer ließ sich das eben doch nicht vermeiden. Ihr Vorhaben jetzt war... nein, ganz sicher keine Form der winzigen Wiedergutmachung. Axilla half ihren Kollegen, wenn diese sie darum baten, sah über die Artikel, und dabei, das war das, was sie mitbekommen hatte, hatte sich herausgestellt, dass sie ein gutes Auge besaß. Und ein gutes Gespür. Beides war notwendig.
Als es also klopfte, bat sie Axilla herein – und spürte schon wieder diese fast schon irrationale Gereiztheit, als sie sah, wie die Iunia, erstarrt wie ein Kaninchen vor der Schlange, an der Tür stehen blieb. „Ja“, antwortete sie entsprechend knapp, bevor sie sich besann und eine halbwegs einladende Geste mit der Hand machte. „Setz dich bitte. Kann ich dir einen verdünnten Wein anbieten?“
Axilla kratzte sich einmal verlegen am Unterarm. Sie fühlte sich unwohl in Seianas Nähe. Sie hatte auch jetzt Monate nach Archias Tod noch immer so ein leichtes Schuldgefühl, weil dieser ja ursprünglich mit ihr verlobt gewesen war. Und so ganz wurde sie das einfach nicht los. Nur entschuldigen konnte sie sich auch nicht. Sie hatte es ja schon zwei Mal versucht! Für ein drittes Mal brachte sie nicht den Mut auf. Und hier im Haus der Acta, wo jemand mithören könnte, schon zweimal nicht.
So also ging sie richtig in den Raum, schloss leise die Tür hinter sich. Sie hatte noch immer nicht wirklich eine Ahnung, weswegen sie hier war, und ihre Phantasie begann, sich immer schrecklichere Gründe auszumalen. Gut, Seiana würde sie wohl nicht anschnauzen. Sie hatte eigentlich noch nie so wirklich laut gebrüllt. Aber leise war sie auch viel unheimlicher.
“Nein, ich will nichts trinken, danke.“ Axilla setzte sich einfach auf den angebotenen Platz und sah Seiana etwas fragend und unsicher an. “Was gibt es denn?“ fragte sie dann doch direkt, allen Mut zusammenkratzend. Sie mochte die Situation im Moment nicht. Unsicherheit vertrug sie nicht besonders gut.
Seiana unterdrückte ein entnervtes Seufzen – und bemühte sich ganz allgemein, die Gereiztheit zu beherrschen. Das brachte sie nicht weiter, weder in diesem Moment noch in irgendeinem anderen. Und, immerhin: die Iunia kam ohne Umschweife zur Sache, etwas, das Seiana sehr zupass kam. Sie war nicht sonderlich erpicht darauf, höfliches Geplänkel mit ihr auszutauschen. „Aurelius Corvinus steht für die Acta nicht mehr zur Verfügung“, brachte sie es also auf den Punkt, und parallel zu diesen Worten schob sie ihr die Wachstafel hin, die sie bekommen hatte. Dass sie nur wenige Stunden nach dieser Botschaft die Nachricht erhalten hatte, dass der Aurelier sich umgebracht hatte, verschwieg sie. Sie wusste nicht, ob die Iunia schon davon gehört hatte, aber falls dem so war, würde sie es gleich mitbekommen. Anderenfalls... nun, Axilla konnte immer noch fragen, aber Seiana hatte nicht vor, genug aus sich herauszugehen, dass sie ihr das von selbst erzählt hätte. „Was bedeutet, dass ich erneut umstrukturieren muss. Germanica Aelia wird den Posten als Auctrix PPA wieder übernehmen. Ich hatte an dich gedacht, was den Posten der Lectrix betrifft. Auf Probe zunächst, selbstverständlich.“
Das war jetzt etwas viel Information auf einen Haufen. Axilla war immernoch in der grüblerischen Betrachtung der Wachstafel gefangen, als Seiana schon Anfang, von Umstrukturierung in der Acta zu reden. Nur mit halbem Ohr zuhörend erschreckte es sie dann doch ziemlich, als die Decima plötzlich meinte, sie solle Lectrix werden.
“Hm?“ war der verwirrte wie sinnlose erste Kommentar zu der Sachlage, als Axilla sich blinzelnd von der Tafel losriss und Seiana nur fragend anschaute. Hatte sie gerade eben wirklich gesagt, sie wolle Lectrix werden? Sie?
“Ähm, ich...“ Das war mindestens genauso sinnig wie ihre erste Erwiderung, aber Axilla war perplex. Ihre Gedanken kreisten eben noch um die Frage, warum Aurelius Corvinus plötzlich keine Lust mehr zu haben schien, als sie sich im nächsten Moment schon mit der eigenen Beförderung befassen mussten. Und das alles vor dem Hintergrund, dass das da ihr gegenüber Seiana war.
Axilla schluckte und wünschte sich, sie hätte doch den Wein genommen, dann hätte sie jetzt einen kräftigen Schluck zur Beruhigung nehmen können. So aber musste sie ihre Gedanken anders zur Ordnung bringen. Sie schob Seiana die Wachstafel wieder zurück und sammelte sich kurz, ehe sie antwortete.
“Das ist eine ziemliche Überraschung. Entschuldige bitte, das musste ich erstmal... verdauen. Ich, also, ich würde gern. Zur Probe, natürlich.“ So wirklich fassen konnte Axilla es noch nicht. Und daher konnte sie sich auch noch nicht so wirklich freuen. In ihrem Kopf kreiste unablässig eine Frage: Warum ich?
Natürlich. Seiana hatte geahnt, wie die Iunia reagieren würde, weil sie irgendwie immer so reagierte, jedenfalls wenn die Decima mit ihr sprach. Seiana gönnte sich einen Schluck Wein und schwieg einfach nur, während sie die Iunia weiterhin ansah und darauf wartete, dass sie etwas Zusammenhängendes sagte. Sie war müde, und sie war immer noch... fertig von den Neuigkeiten. Vor allem von der Nachricht vom Freitod des Aureliers. Sie hatte keinen Nerv, sich darüber Gedanken zu machen, was die Iunia in diesem speziellen Augenblick dazu bewegte, sich so zu geben wie sie sich gab. Vermutlich war sogar tatsächlich ein Anteil Überraschung dabei, denn das hatte sie ganz sicher nicht wissen können, was sie erwartete. Wenn sie nur nicht so... so unschuldig tun würde. Und sie entschuldigte sich irgendwie laufend, was Seiana noch mehr entnervte. Ihr wäre es lieber gewesen, wenn die Iunia einfach mit offenen Karten gespielt hätte. Hätte ich nicht erwartet, dass ausgerechnet du ausgerechnet mir das anbieten würdest. Immerhin hab ich dich übertrumpft. So etwas in der Art, damit hätte Seiana umgehen können. Mit offener Ablehnung. Offener... Herablassung. Offen zur Schau gestelltem Anderssein. Aber das hier gehörte vermutlich ebenso mit zu dem, was sie so anders, sprich, besser machte. Seiana zuckte kurz unwillig mit dem Kopf, wie um eine lästige Fliege zu vertreiben – indes, die Fliege waren ihre Gedanken, und ebenso wenig wie eine Fliege ließen sich diese so einfach vertreiben. Aber sie verbannte sie dennoch. „Dann hätten wir das geklärt. Hast du irgendwelche Fragen?“ Sie musste ihr die Möglichkeit geben, Fragen zu stellen. Immerhin war sie nicht nur die Auctrix, sie war selbst lange Zeit Lectrix gewesen, und die Germanica war nicht hier, um Axilla einzuarbeiten. Nein, das würde wohl oder übel sie selbst übernehmen müssen, wenigstens bis zu einem gewissen Grad.
Man musste nicht unbedingt die Empathie eines übermenschlichen Wesens besitzen, um zu merken, dass Seiana Axilla nicht leiden konnte. Und die Iunia war alles andere als ein Holzklotz, was sowas anging, von daher bemühte sie sich, jedes Gespräch möglichst kurz zu halten. Sie hatte nach wie vor keine Ahnung, warum Seiana sie überhaupt hier angestellt hatte, und im Grunde wollte sie das nicht einmal so dringend herausfinden. Nur machte es diese Begegnungen unheimlicher. Es war fast, als würde Seiana die ganze Zeit auf etwas bestimmtes lauern, was Axilla tun sollte. Nur hatte sie keine Ahnung, was das denn sein sollte. Sollte sie sich doch nochmal entschuldigen wegen Archias? Sie hatte es nun schon zwei Mal versucht, und jedesmal hatte Seiana abweisend reagiert.Und Axilla konnte sich schöneres vorstellen, als ein drittes Mal wegen etwas angefaucht zu werden, was nun schon ein Jahr fast zurücklag und wofür sie ja nichtmal so wirklich was konnte. Sie hatte Archias immer wieder gesagt, er solle Seiana trotzdem heiraten. Nur er wollte nicht. Und dass die keinen anderen Mann inzwischen hatte, das war auch nicht Axillas Schuld. Von daher verdrängte sie aufkeimende Schuldgefühle hinter einer Mauer von rechtschaffenen Ausreden und bemühte sich, hier nur schnell wieder weg zu kommen.
“Ich lese die Artikel vor der Veröffentlichung Korrektur, editiere Rechtschreibfehler und bei schwerwiegenden inhaltlichen Problemen wie Kritik am Senat oder sowas frag ich dich. Richtig?“ Axilla war zwar naiv, aber nicht doof. Sie würde das schon hinbekommen, da hatte sie wenig Bedenken. Sie hatte größere, was passieren würde, wenn doch irgendein Senator einen Scriba suchen würde oder eine vergleichbare Position frei werden würde. Denn nach wie vor galt für Axilla, dass sie eigentlich gerne wieder eine ähnliche Stellung hätte wie damals in Alexandria. Nur sprach sie das an dieser Stelle nicht aus.
Ihre Überraschung schien die Iunia überwunden zu haben, was Seiana dann doch positiv registrierte. Vor allem, da Axilla nun selbst ziemlich geschäftsmäßig wurde und nicht mehr das unschuldige Reh gab – was es in erster Linie war, was Seiana so… nun ja, aufregte, auch wenn sie selbst es nicht einmal so wirklich benennen konnte. „Genau das. Wenn dir Sinnfehler auffallen oder falsche Informationen, dann kannst du die Artikel auch inhaltlich korrigieren. Natürlich kannst du dich auch mit den jeweiligen Autoren noch einmal besprechen, wenn du dir nicht sicher bist.“ Ja, diese Geschäftsmäßigkeit gefiel Seiana weitaus besser. Sie neigte sich nach vorn und zog die Tafel wieder zu sich, auf der der Scriba ihres Patrons ihr im Auftrag des Aureliers mitgeteilt hatte, dass er nicht mehr zur Verfügung stand. Nachdenklich starrte sie einen Augenblick darauf, dann zog sie schweren Herzens eine weitere Wachstafel zu sich, die sie beschriftet hatte, während sie auf die Iunia gewartet hatte, und schob sie ihr zu. Auf dieser Tafel stand ebenfalls nicht sonderlich viel. Lediglich, dass der ehemalige Auctor und jetzige Auctor PPA Marcus Aurelius Corvinus verstorben war, war darauf zu lesen, zusätzlich die Notiz, dass die Acta daher ebenfalls unter Trauer war, und dass der Termin für den Trauerzug rechtzeitig bekannt gegeben würde, so ehemalige Mitarbeiter des Aureliers ihm die letzte Ehre zu erweisen wünschten. „Gib diese bitte Androklís, wenn du gehst.“ Neben dem Türsklaven Ion gab es noch Androklís, den Redaktionssklaven, wenn man so wollte, der im Wesentlichen dafür zuständig war, sich darum zu kümmern, dass in der Acta gearbeitet werden konnte. Wenn das Domus nicht geöffnet war, übernahm Ion diverse Reparaturen und alles, was handwerklich anfiel. Androklís hingegen kümmerte sich beispielsweise darum, dass der Vorrat an Materialien stets gefüllt war, übernahm Botengänge und andere Aufgaben. „Er soll einen größeren Aushang für den Redaktionsraum fertigen, mit meiner Signatur, und Informationen für die freien Mitarbeiter vorbereiten, die selten hereinkommen.“
Gut, sie hatte richtig verstanden, was ihre Aufgabe wäre. Nicht noch irgendwelche Sondersachen, von denen sie keine Ahnung hatte, sondern einfach wirklich nur Korrekturlesen. Inhaltlich wie rechtschreiberisch. Das war machbar. Axilla war doch ein wenig erleichtert.
Und noch viel erleichterter war sie, als Seiana das Ende des Gesprächs einläutete. Naja... zumindest etwa drei Sekunden lang. Solange brauchte es nämlich, bis sie die Tafel an sich genommen hatte und anfing, zu lesen. Sie war schon aufgestanden, wollte eigentlich möglichst schnell raus, aber als ihre Augen über die Zeilen huschten, setzte sie sich doch noch einmal kurz hin, ohne darüber nachzudenken.
Als Seiana vorhin gesagt hatte, Aurelius Corvinus stünde der Acta nicht mehr zur Verfügung, hatte sich Axilla nichts gedacht. Oder schon, aber etwas harmloses. Dass er einfach keine Zeit mehr hatte, so als Senator und Pontifex und Ehemann und Patrizier und weißdergeieralles. Dass er schlicht keine Lust mehr hatte, sich mit der Acta zu beschäftigen. Dass er verreiste. Irgend sowas. Aber doch nicht, dass er TOT war! “Dann bleib ich ihm die rosa Orchidee wohl schuldig...“, murmelte sie kurz vor sich hin, ehe sie merkte, dass sie ja noch immer in Seianas Officium war und nicht auf dem Weg nach draußen. Ein Umstand, den es sofort zu korrigieren galt.
“Ich geb es dann weiter. Wird alles erledigt.“ Axilla winkte noch einmal mit einer knappen Geste mit der Wachstafel und machte sich dann auch flugs auf den Weg raus aus dem Officium, ehe die Chance vertan war und sie sich weiterhin fragen musste, warum Seiana sie so taxierte und etwas von ihr zu erwarten schien.
Auch an der Wand neben dem Acta-Gebäude war wieder Wahlwerbung aufgetaucht.
„Beherztes Handeln – für Rom!
Die Mosaikenleger empfehlen Sextus Aurelius Lupus zur Wahl.“
Die Reaktion der Iunia zeigte deutlich, dass sie von dem Tod des Aureliers noch nichts gehört hatte. Immerhin, so weit hatte der Klatsch also noch nicht die Runde gemacht. Allzu lange dürfte es allerdings nicht mehr dauern, bis ganz Rom darüber sprach, dachte Seiana. Irgendwo in ihrem Kopf begann ein leichtes Hämmern, als sich der Schlafmangel der letzten beiden Nächte bemerkbar machte. Sie musterte die Iunia, während diese wiederum die Tafel musterte und etwas vor sich hinmurmelte, was Seiana kurz stutzig werden ließ. Rosa Orchidee? Von was sprach Axilla? Hatte sie sich womöglich auch noch für den Vorfall entschuldigt, den Caius auf der aurelischen Hochzeit verursacht hatte? Dann allerdings hätte sie sich doch eher bei Ursus entschuldigen müssen, nicht bei Corvinus. Letzterer war es aber, der ein Faible für Pflanzen hatte. Gehabt hatte, korrigierte sie sich, und das letztlich war es, was sie wieder in die Gegenwart brachte. Was auch immer die Iunia mit ihrem Patron zu schaffen gehabt hatte, gehörte in die Vergangenheit. Auch wenn Seiana der Gedanke nicht wirklich gefiel, dass die Iunia Kontakt mit den Menschen hatte, die ihr selbst nahe standen. „Danke“, erwiderte sie knapp, als Axilla ihr zusicherte, dass sie die Aufgabe an Androklís weiter geben würde, sah ihr nach, wie sie beinahe fluchtartig ihr Büro verließ... und stand dann selbst ruckartig auf, um sich ans Fenster zu stellen, aus dem sie für einige Momente schweigend hinaus starrte.
Ein Calator der Pontifices kam zum Haus der Redaktion. Im Namen des Pontifex pro Magistro gab er einen Aufruf ab, der in der nächsten Ausgabe der Acta Diurna umgehend zu veröffentlichen war.
IN NOMINE SENATVI POPULIQUE ROMANI - Zeugen gesucht - Das Collegium Pontificium sucht zur Klärung der Umstände Zeugen, die am Fest der Nemoralia im Hain der Diana zu Nemi teilgenommen haben und Hinweise über die dort vorgefallenen Geschehnisse bieten können. Diese haben sich beim Pontifex pro Magistro Manius Tiberius Durus in der Villa Tiberia zu melden.
gez. Manius Tiberius Durus
ET PONTIFICIS MAXIMI
- PONTIFEX PRO MAGISTRO -
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