Zwei Flavier und die Thermen

  • Ich mochte die Thermen wirklich, und es war einer der wenigen Orte in Rom, die ich mit einer gewissen Zufriedenheit besuchte. Es gab sehr wenige deutlichere Zeugnisse der römischen Kultur als gerade die Thermen und die Tempel, wenn diese beiden Wege nicht ausreichten, um dem Volk zu offenbaren, was der richtige Weg war, dann gab es immernoch die Kampfkraft der römischen Legionen. Gerade die agrippinischen Thermen waren ein Zeugnis der Überlegenheit Roms, die prächtige Wandgestaltung hob sie über alle anderen hinaus, ließ einen das hohe und edle Erbe unserer Vorfahren erneut spüren. Wir hatten die Thermen betreten und den Weg zum Trakt der Männer eingeschlagen - die Therme war groß genug, dass hier Männer und Frauen gleichzeitig baden konnten, wenngleich, wie es die Tradition und das Gesetz vorschrieben, getrennt voneinander. Ein Umstand, den ich wahrscheinlich noch bis in alle Ewigkeit bedauern würde, aber es ließ sich nun einmal nicht ändern.


    "Einer der wenigen wirklichen Vorteile Roms sind diese Thermen," bemerkte ich in Gracchus' Richtung und ging ihm in die Umkleideräume voran. "Wollen wir uns erst ein bisschen ertüchtigen oder willst Du gleich ins Wasser?" Wir bekamen die Marken für unsere Ablageplätze der normalen Kleidung und ich steuerte einen der dafür markierten Räume an, in denen einige Bänke auch Sitzplätze boten. Jetzt am Nachmittag war die Therme noch nicht ganz so voll wie am abend, wenn die Handwerker und Händler dazu kommen würden, die um diese Zeit noch arbeiteten, und so mussten wir uns nicht durch allzu große Massen an anderen Männern zu unseren Ablageplätzen kämpfen. Ich schlüpfte recht eilig aus der Tunika und stopfte sie in das kleine Fach, Gracchus dann abwartend anblickend. Je nachdem, was er zuerst tun wollte, würde ich die Sandalen mitnehmen oder nicht.

  • Nicht zu dicht folgte Gracchus seinem Vetter und erquickte sich bereits im Vorfeld an diesem Thermenbesuch, obgleich sie das Wasser noch nicht einmal sehen konnten. Schneller als er schauen konnte, war Aquilius schon entkleidet, drehte sich um und schaute ihn an. Gerade noch rechtzeitig konnte Gracchus seinen Blick in unverfänglichere Gefilde heben.
    "Ich denke..."
    Die Worte blieben ihm beinahe im Halse stecken, so verwirrte ihn die vorherrschende Situation. Es mochte Monate her sein, dass er Aquilius auf diese Weise in seiner unschuldigsten Art gesehen hatte und die vertraute Unvertrautheit schürte ein Feuer in ihm, welches an diesem Platze vollkommen fehl am Platz war. Er schluckte, drehte sich bedächtig zu seinem Fach hin und öffnete dies.
    "... eingangs sollten wir uns ein wenig beim Ringen erwärmen."
    In ihrer gemeinsamen Zeit in Achaia waren sie sich meist ebenbürtig gewesen, was ihre Körper betraf, wodurch das gemeisame Ringen nie an Spannung verlor, da der Sieger nicht von vorneherein fest stand. Gracchus zog seine Tunika aus, faltete sie sorgfältig zusammen und verstaute sie. Erst dann drehte er sich wieder zu seinem Vetter, ein hintergründiges Schmunzeln auf seinen Lippen und Gedanken in seinem Sinn, welche ausgesprochen den Samen seiner Karriere verdörrt, noch ehe dieser eine Chance zum Keimen gehabt hätte.

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  • "Du willst Dir also eine Tracht Prügel bei mir abholen?" neckte ich ihn gutmütig und schmunzelte breit. Das ringen mit ihm hatte ich immer sehr geschätzt, denn man hatte nie gewusst, wie es ausgehen würde - ausserdem mochte ich die Vielschichtigkeit dieses Sports. Bei kaum einem anderen Freizeitvergnügen hatte man so viel Körperkontakt und das Ringen war letztendlich auch schuld daran gewesen, dass mein Blick nicht nur Frauen galt. Tagtäglich mit gut gebauten Männern zu trainieren hatte mit der Zeit mein sehr römisches Weltbild ein wenig gewandelt ... aber bevor dieser Gedanke meiner äusserlichen Erscheinung abträglich sein würde, verbannte ich ihn auch schon wieder in den hintersten Winkel meines Kopfes.


    Wäre mein Vetter nur ein klein wenig in die Breite gegangen seit seiner Abreise von Achaia, aber nein, er war noch genauso trainiert und wohlgestaltet wie ich ihn in Erinnerung gehabt hatte - das würde ein ausgesprochen anstrengendes Ringen werden, soviel war mir jetzt schon klar. Ich neigte mich herab und löste die Sandalen, die umgedreht ihren Platz auf meiner Tunika fanden, bevor ich mich streckte, bis der Rücken ein leises Knacken von sich gab. "Wollen wir heute mit oder ohne Öl machen? Ich habe keins dabei, aber man bekommt hier sicher auch welches, wenn man fragt, hoffe ich .." Damit trat ich zum Durchgang, der auf einen Gang führen würde - der Innenhof, in dem andere Männer um diese Zeit trainierten, würde wohl nicht weit sein. Zumindest hoffte ich, dass sich Gracchus hier ein wenig auskannte, sonst würden wir am Ende noch im Schwitzraum landen, und das wollte ich noch eine Weile herauszögern.

  • Gracchus nestelte ein wenig unter seiner Tunika herum und hob schlussendlich einige Münzen empor. Als wäre er in den Thermen zuhause ging er anschließend voran durch den Durchgang hindurch und bog in einen Gang hinein.
    "Öl kann man dort vorn erwerben, nicht nur zum Ringen, auch für die Massage oder zum Einreiben nach dem Bad. Der Hof schließt sich gleich dahinter an."
    Mit keinem Zucken ließ er sich anmerken, welche Wirkung der Körper seines Vetters auf ihn hatte, ähnlich den Körpern der Männer um sie herum, doch noch um einiges heftiger. Er hatte lange gebraucht, bis er so weit war, nicht bei jeder muskulösen Brust in Verzückung zu geraten. Sein alter Sklave und Lehrer Sciurus hatte viel dazu beigetragen, mindestens ebensoviel wie zu Gracchus Lust am gleichen Geschlecht. Ein kurzer Stich durchfuhr sein Herz, als er an das letale Schicksal seines treuen Gefährten dachte, doch er schob diese Gedanken bei Seite. Der jetztige Sciurus war beinahe ebenso talentiert, wenn auch in dieser Beziehung Gracchus die Stellung des Lehrers einnahm. Er trat an den kleinen Stand, griff zielsicher zu einer Flasche und bezahlte sie. Nachdem er den Korken aus der Öffnung gezogen hatte, roch er kurz daran und reichte das Öl an Aquiliius weiter.
    "Ich hoffe, dieser Duft ist dir noch immer genehm."

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  • Ich war ihm gefolgt, denn er wirkte, als würde er sich hier ganz zuhause fühlen, und wem sollte ich mich sonst anvertrauen, wenn nicht meinem alten Freund und Vetter Gracchus? Für einige Momente lang dachte ich an Athen zurück, das gymnasion, in dem wir gemeinsam unter den Augen athenischer Lehrer trainiert hatten, während andere junge Männer uns beobachtet hatten. In Athen war es normal gewesen, sich gegenseitig anzufeuern, wenn einem der Kampf eines anderen gefiel, hier in Rom wurde auch angefeuert, aber nur, wenn ein Mann auf einen anderen traf und die Menge wusste, dass sie einander Feind waren. Die Wehmut und Erinnerung mischten sich für diesen Gedanken so sehr miteinander, dass mich unvermittelt ein leichtes Schaudern übermannte. Ob Rom wirklich das bieten würde, was ich mir trotz allem erhoffte? Ich hasste diese Stadt in diesem Moment ungleich mehr, aber die Gegenwart meines Vetters milderte diesen Abscheu ab.


    Mein Blick folgte ihm, als er zielsicher nach einem Fläschchen griff, und noch bevor er mir dieses Fläschchen geben konnte, driftete schon die herbe Geruchswolke des Öls zu mir herüber und ließ mich blinzeln, die verbannte Erinnerung einmal mehr beschwörend. Das aromatische Mischöl mit der starken Moschusnote ließ die Bilder Athens so deutlich vor mir aufsteigen, dass mir kurz ein Kloß im Hals saß, bevor ich nickte. "Du erinnerst Dich noch daran," presste ich schließlich mühsam die Worte hervor und atmete ein. "Soll ich Dir beim Einölen helfen, Vetter?" In Athen hatten wir uns immer geholfen, die Frage war allerdings, ob es hier in Rom auch statthaft war ... so vieles schien sich einfach geändert zu haben.

  • "Wie könnte ich je vergessen."
    Die Worte erstarben langsam, so dass das Vergessen beinahe nur noch ein Hauch in der heißen Luft der Thermen war. Bevor die Erinnerung jedoch all zu deutlich aus den tiefen Regionen des Verdrängens heraufsteigen konnte, räusperte sich Gracchus.
    "Da meine Hände noch immer nicht dazu geeignet sind, die Rückseite meines Körpers einzureiben, wäre ich dir sehr verbunden, wenn du meinen Rücken übernimmst. Im Gegenzug werde ich mich dem deinen widmen."
    Welch verlockende Aussicht, zum Greifen nah. Sciurus würde einiges auszuhalten haben an diesem Abend, denn noch war nicht aller Tage Abend und die Aussichten würden mit jeder verstreichenden Minute nur besser werden. Sie traten ein wenig zur Seite und Gracchus hielt seine geöffneten Handflächen seinem Vetter entgegen, dass dieser ihm Öl dort hinein goss. Mit einem Funkeln in den Augen trat er sodenn hinter Aquilius und hob seine Hände zu dessen Schultern. In dem Moment, in welchem seine Handflächen die Haut des Vetters berührten, war alles Vergessen und Verdängen passé, genauso schnell wie das Öl den Rücken hinab floss, flossen die Erinnerungen und mit ihr die Begierde. Gracchus atmete tief ein und ließ seine Hände über den Rücken gleiten, massierte Aquilius das Öl in die Haut und zeigte nur durch ein sehr feines Kräuseln seiner Lippen, dass überhaupt etwas in ihm vorging.

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  • Der Duft des Öls umschmeichelte meine Nase und ich konnte nicht anders, als der Woge an wiederkehrender Erinnerung hilflos gegenüber zu stehen. Gracchus brachte mir nicht nur die Gegenwart nahe, auch die Momente, die wir gemeinsam zuvor geteilt hatten, und es erschreckte mich, neben einer gewissen, prickelnden Erregung auch eine starke Wehmut zu empfinden. Das Gefühl, etwas verloren zu haben, das mir Rom nicht zurück geben konnte - oder würde.


    "Ich hätte gedacht, dass Dir Dein neuer Sklave vielleicht einige Verrenkungen beigebracht hat, damit Du ohne Hilfe das Öl auf den Rücken bekommst," scherzte ich recht brüsk und überlegte kurz, wie nahe dieser hellblonde junge Mann meinem Vetter wohl stehen mochte. Höchstwahrscheinlich näher als ich, befand ich und gab einen guten Schwung der duftenden Flüssigkeit in seine Hände. Als ich mich umwendete, schloß ich meine Augen. Er war der einzige Mann in Rom, dem ich jemals ohne Misstrauen meine Rückseite zuwenden würde, weil ich wusste, dass ich ihm vertrauen konnte. Vielleicht war es ein sehr blauäugiges Vertrauen, aber es war in Athen gewachsen und ich hoffte, es würde noch existieren.


    Doch als seine Hände meinen Rücken entlang hinab glitten, verloren sich die Gedanken im stillen Genuss seiner Berührung, dieser wissenden, und doch sanften Berührung. Ich hatte es nie vergessen, welches stille Vergnügen es bereiten konnte, den anderen einfach nur zu berühren, und ich atmete tief aus. Nicht schneller als zuvor, aber hörbarer, ein stummes Zeichen für ihn, dass ich zu genießen wusste, wie er mich berührte, mehr wagte ich noch nicht. Ein wenig reckte ich mich unter diesen Händen und umfasste das Ölfläschchen fester, damit es mir nicht entgleiten konnte. "Hast Du in letzter Zeit trainiert?" fragte ich, um nicht zuviel Stille entstehen zu lassen.

  • Ein feines Lächeln kräuselte Gracchus Lippen, als er ein wohliges Zittern unter seinen Händen spürte. Es bereitete ihm eine gewisse kindliche Freude das Öl etwas weiter, als über den Rücken zu verteilen. Wie beiläufig führte er dabei das Gespräch fort.
    "Sciurus bringt mir nichts bei, mein lieber Vetter. Von jenem, der seinen Namen vor ihm trug, habe ich vieles gelernt, dies ist wahr, und ich bin sicher, auch du wirst dich an einige von Sciurus' Lektionen sicherlich noch gut erinnern. Doch in der heutigen Beziehung ist er der Schüler."
    Gracchus dachte einen Augenblick lang nach, wie weit er für Aqulius gehen würde. Doch er brauchte nicht lange, um sich einzugestehen, dass er der einzige Mann in Rom war, dem er jemals ohne Missgunst seinen Sklaven zur Verfügung stellen würde, weil er wusste, dass er ihm vertrauen konnte.
    "Wenn du es möchtest, kann ich ihn dir gerne einmal in dein Cubiculum schicken."
    Er war noch bei eben diesen Gedanken, als er auf Aquilius Frage bezüglich des Trainings hin antwortete.
    "Natürlich."
    Erst dann wurde ihm gewahr, dass sein Vetter offensichtlich den Ringkampf ansprach.
    "Ein wenig zumindest, wenn auch in moderatem Maße und seltener, als es womöglich gut wäre um den Körper in Form zu halten."
    Er strich ein letztes Mal über die Schultern seines Vetters, klatschte ihm dann spitzbübisch auf den Popo und lachte leise.
    "So mein Lieber, nun lass dich nicht nur umsorgen, sondern komme deiner Pflicht als Ringpartner und guter Vetter nach und öle mich nur kräftig ein. Nicht, dass ich hernach im Nachteil liege, weil ich dich nicht, du mich aber wohl gut greifen kannst."

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  • Ich erinnerte mich, und wie ich mich erinnerte! Es hatte mich nicht erstaunt, dass Gracchus seinem Sklaven den Namen Sciurus gegeben hatte, war dies doch ein Name, der sich auch für mich mit angenehmen Erinnerungen verband, wie musste es da erst meinem Vetter ergangen sein. Der letzte Satz seiner Erklärungen allerdings ließ mich trotz seiner weichen, massierenden Hände aufhorchen - eine klarere Aussage zu Sciurus' Tätigkeit für meinen Vertrauten würde ich wohl nicht erhalten, und es erklärte so manches. Ein heißer Stich des Neides auf diesen vom Glück beschenkten Sklaven traf mich bis ins Mark, aber ich wusste, es war sinnlos, darüber nachzudenken. Für einsame Stunden hatte ich schließlich auch weiche Arme, die sich um meinen Körper schmiegen würden.


    "Beizeiten, mein Vetter, ich will Dir schließlich nicht eine Freude Deiner Freizeit abspenstig machen," antwortete ich so etwas ausweichend und atmete abermals leicht ein, während ich glaubte, er müsse inzwischen dei Gänsehaut allzu deutlich sehen können, die sich meinen Rücken empor zog. Den frechen Poklapser quittierte ich allerdings mit einem leichten Schnauben und schüttelte den Kopf. "Sollte man nicht alle Vorteile nutzen, die sich einem auf dem Weg zum Sieg bieten, mein lieber Gracchus?" Ich nahm das Ölfläschchen erneut zur Hand und entkorkte es gemächlich.
    "Wenn Du gegen mich gewinnen willst, muss ich Dich schon von oben bis unten in das Öl tauchen," neckte ich ihn und goss mir die duftende Flüssigkeit in die Handfläche, bevor ich hinter ihn trat und diese langsam auf seinen Schulterblättern verteilte. Seine Haut war noch so weich, wie ich sie in Erinnerung gehabt hatte, und so musste ich mich sehr beherrschen, nicht die Augen zu schließen und ihn einfach mit meinen Fingern zu ertasten. "Aber das werden wir ja gleich sehen," plauderte ich weiter, hoffend, dass es meine Gedanken ablenken würde.

  • Gleichmäßig ging Gracchus' Atem, in gleichem langsamen Rythmus hob und senkte sich seine Bauchdecke. Sciurus Hände waren geschickt bei dem, was er tat, doch in Aquilius Händen steckte mehr als Können und Erfahrung, es steckte Vertrauen in ihnen, die Wärme eines Bandes, welches seit ihrer Jugend zwischen ihnen existierte und über jede Entfernung dehnbar war, um im geeigneten Augenblick in seine perfekte Form zurück zu springen.
    "Aber mitnichten, Aquilius, du würdest mir doch nichts abspenstig machen."
    Er streckte ein wenig die Brust durch und neigte den Kopf nach vorn, als sich Aqulius seinem Nacken widmete.
    "Ich habe alle Zeit der Welt mit Sciurus..."
    Der Name verklang leise auf Gracchus' Zunge, während seine Gedanken zu fernen Tagen schweiften, getrieben von Aquilius' Worten, ausgesprochen in einem unschuldigen Plauderton, doch für Gracchus hörbar von Zeit zu Zeit mit einem leichten Zittern garniert.
    "Ich werde ihn dir schicken. Keine Widerrede. Rom ist nicht Athen..."
    Wieder verklang das letzte Wort in einem Schwall aus Sehnsucht. Vieles war in dieser Hinsicht in Achaia einfacher gewesen, dort, wo der Name Flavius allenfalls von Felix geprägt worden, dort, wo der Name Flavius einer vor vielen Namen war. Die einfachste und beste Möglichkeit in Rom war ein Sklave, doch einen passenden Sklaven zu finden war indes nicht unbedingt einfach. Da Aquilius keinen Sklaven mit nach Hause gebracht hatte, würde es einige Zeit dauern, bis er sich eingelebt hatte. Die Lupanare Roms waren zwar nicht unbedingt schlecht, gegenteilig, es gab einige hochwertige Etablissements darunter, doch ein Besuch dort war immer mit einem Risiko verbunden.

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  • Geschmeidig glitten meine Hände über den Nacken meines Vetters entlang und verteilten das Öl sorgfältig über die Schultern, dann die Schulterblätter und schließlich, dem Rückgrat folgend, auf den unteren Partien seines Rückens. Ich ließ mir Zeit damit, denn dieses erste Berühren nach so langen Wochen, Monaten, wollte ich genießen können, so gut es ging, auch wenn ich ebenso genau wusste, dass ich damit meine Schwäche eingestand. Die Schwäche, ihn zu begehren, wie ich ihn in Athen begehrt hatte, und nicht hatte aufhören können, an ihn zu denken und ihn zu vermissen.


    "Das ist sehr großzügig von Dir, Gracchus, und ich danke Dir sehr für Dein Vertrauen," erwiederte ich schließlich, obwohl es mir schwer fiel, mir eine genussreiche Nacht mit seinem Sklaven vorzustellen, wenn doch er es war, den ich für mich wollte. Langsam fuhr ich mit den abgespreizten Daumen sein Rückgrat entlang, hinterließ fühlbar ein Zeichen meiner Kraft auf seiner Haut, bevor schließlich sein ganzer Rücken ölig schimmerte. Mir wurde der Mund trocken, als ich die Muskeln meines Vetters unter der Haut spielen sah, und so trat ich schnell zurück, um nicht in Versuchung zu geraten, ihn noch einmal zu berühren. "Athen fehlt mir," sagte ich leise und blickte zu Boden, tief dabei einatmend. "Es schien dort sehr vieles leichter zu sein." Er war der einzige, dem ich das gegenüber eingestehen konnte, weil ich wusste, dass er es verstand.

  • Die Situation erinnerte Gracchus mehr und mehr an Achaia, denn es war eine von Aquilius' Eigenheiten wie er mit seinem Daumen über Gracchus' Rückgrat fuhr und es führte wie all die vergangenen Male dazu, dass Gracchus seinen Rücken leicht durchbog und ein leichtes Schaudern durch seinen Körper glitt. Er drehte sich um und legte seinem Vetter verstehend die Hand auf die Schulter.
    "Ich weiß."
    Als er seine Hand zurück zog, fuhren seine Finger wie beiläufig über Aquilius' Hals. Sein Stimme nahm einen weichen Tonfall an.
    "Aber ganz so schlimm ist es nicht, Aquilius. Du wirst schon bald erkennen, dass auch Rom seine Vorzüge und Möglichkeiten hat. Es ist nicht umsonst das Zentrum der Welt."
    Konkreter konnte und wollte Gracchus nicht werden, hatte er doch selbst erst zu wenig entdeckt, was die Freuden Achaias ausgleichen würde. Wurden die Sünden der Jugend und kleinere Verfehlungen in der Ferne noch geduldet, so wurde in Rom jede Aktion mit Argusaugen gemessen und die kleinsten Verfehlungen mit einer Reaktion gestraft. Der Schritt nach Rom war für ihn wie ein Schritt in das Erwachsensein gewesen, der mit den Schwierigkeiten auf Kreta begonnen und mit der Ankunft vor der Porta der Villa Flavia geendet und ihm mit aller Gewalt vor Augen geführt hatte, dass es Zeit war, sich dem Leben zu stellen. Was geschehen war, war notwendig gewesen, denn allzu lange schon hatte sich Gracchus zuvor seinen Pflichten entzogen. Um sich selbst und seinen Freund aufzuheitern, neckte ihn Gracchus ein wenig.
    "Du musst dich nur schicklich und deinem Stand angemessen benehmen, anderfalls wirft dich der Hausherr aus der Villa und du wirst in der Subura Unterschlupf suchen müssen. Das sollte dir jedoch nicht allzu schwer fallen, ich hörte, dass die Ansprüche des Hausherrn nicht sehr hoch hängen."
    Er ließ sich ein wenig Öl auf die Handfläche fließen und begann, den Rest seines Körpers damit einzureiben.

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  • Die Hand auf der Schulter konnte ich noch irgendwie ertragen, eine ganz normale Geste, kein Mensch hätte sich jemals dabei etwas gedacht, wenn ein Mann dem anderen eine Hand auf die Schulter gelegt hätte. Aber die Fingerspitzen, die zufällig meinen Hals entlang glitten, ließen einen heftigen Schlag durch meinen Körper gehen und ich spürte die Reaktion, die ich nicht verhindern konnte: Eine heftige Gänsehaut zog sich trotz des Öls meinen Rücken entlang herunter und ich musste tief durchatmen, um ihn nicht sofort heftig an mich zu ziehen.


    "In Rom," sagte ich und hoffte, dass meine Stimme nicht zu belegt klang bei der Antwort. "In Rom gibt es mehr Möglichkeiten, das ist wahr, und mehr Wege als in der Provinz. Zumindest hat Rom derzeit einen großen Vorteil Athen gegenüber, den man nicht unterschätzen sollte." Ich machte eine Kunstpause, damit das folgende nicht zu schnulzig klingen würde, denn anders wusste ich ihm nicht für seine tröstliche Gegenwart zu danken. "Du lebst hier und unsere Freundschaft lebt hier weiter." Irgendwann würde ich etwas sehr Dummes begehen, das war mir klar, und ich fürchtete diesen Moment ebenso, wie ich ihn herbeisehnte.


    Seine Worte ließen mich lachen. "Das ist mir auch schon aufgefallen und ich denke, wir sollten uns darum bemühen, dieser Entwicklung entgegen zu wirken, um nicht selbst irgendwann dazustehen wie die Wilden aus Germania. Allein dieser Strabo, ich dachte, mich tritt ein Pferd," sagte ich und schüttelte den Kopf, um dann das Ölfläschchen von ihm entgegen zu nehmen und mich selbst dem einölen zu widmen. Tunlichst vermied ich dabei den Blick zu ihm und versuchte, mich auf mich selbst zu konzentrieren, wusste ich doch, dass ich ihn ansonsten nur hungrig angestarrt hätte. So dauerte mein Einölen auch ein gutes Stückchen länger als sonst.

  • Die Worte bezüglich ihrer Freundschaft kommentierte Gracchus nicht weiter. Die Spannung zwischen ihnen war bereits greifbar und jedes weitere Wort würde nur dazu führen, dass einer von beiden sich womöglich vergessen würde, noch bevor sie den Sand des Ringerarreals unter ihren Füßen spürten. Stattdessen erfreute er sich an Aqulius ehrlichem Lachen und der Betrachtung der Ölung. Die scherzhaften Worte ließen ihn beinahe vergessen, wie ernst die Situation im Grunde genommen war, doch waren sie nicht hier, um sich weiter darum zu Sorgen, sondern um die Gegebenheiten in der Villa so zu belassen, wie sie nun einmal zu dieser Zeit waren. Gracchus, welcher längst damit fertig war, sich mit dem Öl einzureiben, beobachtete seinen Vetter mit einem feinen, zufriedenen Lächeln, bis auch jener bereit war.
    "Dort vorn ist gerade ein Arreal frei geworden. Bist du bereit?"
    Er nickte zu einer freien Ringfläche hin.

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  • Ich stellte das fast leere Fläschchen mit deutlich mehr Nachdruck beiseite, als nötig gewesen wäre, und doch hatte diese Geste eine befreiende Wirkung für mich. Langsam streckte ich mich und nickte meinem Vetter zu, ohne ihn indes allzu lange anzusehen. Den Anblick seines eingeölten Körpers hatte ich viel zu lange vermissen müssen, um jetzt riskieren zu wollen, darauf zu deutlich zu reagieren.


    "Ja, ich bin bereit. Ich hoffe, Du kannst Dich an den Gedanken gewöhnen, heute eine Menge Staub schlucken zu müssen," erwiederte ich mit einem nicht ganz ehrlichen Grinsen, denn eigentlich widerstrebte es mir, ihn zu Boden zu schicken. Aber dieses wilde Funkeln in seinen Augen, wenn wir miteinander rangen, das wollte ich umso mehr wiedersehen. Wir begaben uns in den Innenhof der Therme, in welchem schon andere Männer dabei waren, ihre Kraft miteinander zu messen - es gab einige auf dem Boden mit Markierungen umgrenzte Bereiche, in denen Paare gegeneinander antreten konnten, und eines jener auserwählten wir uns für unseren Kampf.


    Schließlich standen wir uns gegenüber, hörten das Schnaufen, Keuchen und Lachen der anderen, und mit einem Mal fühlte ich mich, als sei die Zeit in Achaia zurückgekehrt. Für einen Moment roch ich Athens Straßen, und hörte sein unterdrücktes Atmen, wenn es mir gelungen war, ihn in den Schwitzkasten zu nehmen. "Fangen wir es an, knurrte ich, den Gedanken an seine sich nach außen wölbenden Lippen verdrängend, wenn er stöhnte.

  • Mit leuchtenden Augen postierte sich Gracchus in dem Kampfarreal und funkelte seinen Vetter an.
    "Nichts liegt mir ferner, als diesen Staub auch nur einzuatmen. Eher wirst du es sein, der sich vor mir am Boden wälzt."
    Entzückt betrachtete er, wie sich Aquilius' Sehnen anspannten. Beinahe gleichzeitig gingen sie beide in Position, die Füße fest in den sandigen Grund gestemmt.
    "Möge der Bessere gewinnen und mögest du deinen Platz unter mir einnehmen."
    Die Zweideutigkeit seiner Bemerkung brachte ein fröhliches Grinsen auf Gracchus' Gesicht, wie es sonst äußerst selten an ihm zu sehen war. Mit einem Nicken verständigten sich die beiden wie es früher schon so oft geschehen war, auf den Beginn des Kampfes. Sogleich erlosch das freundschaftliche Grinsen und Gracchus biss die Kiefer in Konzentration aufeinander, während er Aquilius aus zusammengekniffenen Augen taxierte. Sie umschlichen einander, lauerten auf die Aktion des Gegenübers, bis Gracchus seine sichere Position aufgab und mit einer raschen Bewegung vor Aquilius stand und dessen Oberarme ergriff, was jener seinerseits sogleich mit einem Gegengriff erwiderte. Es dauerte nicht lange und die beiden waren ineinander verkeilt, trotz des Öls, welches sie immer wieder den Halt ihrer Griffe einbüßen ließ. Gracchus schnaubte und drückte seinen Vetter mit aller Kraft zurück und aus seiner Sicht zur linken Seite hin. Würde Aquilius sich zur rechten Seite dagegen stemmen, so würde Gracchus den Vetter mit einem schnellen Ruck nach Rechts über sein Bein auf den Boden befördern. Es war eine einfache Taktik, welche Gracchus schon recht früh perfektionniert hatte und welche bei seinem Vetter fast immer funktionniert hatte, bis Aquilius begonnen hatte, mit entsprechenden Gegenmaßnahmen zu kontern. Doch womöglich hatte der Vetter mit vielen anderen gerungen und einige seiner alten Taktiken würden auch an diesem Tag Erfolg zeigen.

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  • Sein zweideutiger Scherz lenkte mich einige Momente lang ab, aber glücklicherweise nicht zu lang - hatte er das erreichen wollen? Alleine der Gedanke, in einer anderen Umgebung unter ihm zu liegen, hatte etwas sehr betörendes an sich, aber diesem Gedanken durfte ich nicht nachgeben. Ich beobachtete ihn genau, wie er sich auf den Kampf vorbereitete, verglich unseren letzten Kampf in Achaia mit diesem Moment - und wurde prompt durch seinen Angriff überrascht. Ab diesem Moment waren alle Gedanken an irgendwelche Vergnügungen ausgeschaltet, ich wollte einfach nur beweisen, dass ich noch immer der Ältere war. Derjenige, der gewinnen würde. So reagierte ich instinktiv auf sein Stemmen nach links und drückte mich von der anderen Seite dagegen, fühlte, dass sich sein Körper spannte, dann kam der unvermeidliche Ruck - verdammt! Ich hatte mich narren lassen und war auf diesen verdammten alten Trick hereingefallen, den er schon vorher des öfteren gebracht hatte, meist zu meinem Nachteil.


    Ich konnte gerade noch ein Bein anwinkeln und kam halb auf dem Knie, halb auf der Seite auf, aber noch nicht auf den Schultern - diesmal begann ich meine Kraft sinnvoller einzusetzen und versuchte, Gracchus' Stand durch schiere Muskelkraft zu erschüttern, indem ich ihn zu mir zog, bis ich mir sicher war, wieder halbwegs sicher die Füße unter dem Boden zu haben. Ich fasste nach, versuchte seinen Arm zumindest halb zu drehen, dass er meinem Zug nachgeben würde müssen, wenn er den Schmerz nicht aushalten wollte, und hoffte einfach das beste. Dass er noch immer so gut trainiert schien, hatte mir einen gründlichen Strich durch die Rechnung gemacht und mir an einer Hälfte des Körpers eine Sandpanade eingetragen, als sei ich ein Stück Fleisch zur abendlichen cena. "Solange ich nicht vor Dir lande," antwortete ich mit einem Keuchen auf die Herausforderung von vorhin und suchte seinen Blick.

  • Aquilius reagierte genau auf jene Weise, wie Gracchus dies erhofft hatte und stemmte sich gegen ihn. Doch es genügte nicht, um ihn in den sandigen Boden zu drücken und Gracchus sah sich alsbald selbst in schlechter Position. Er biss die Kiefer aufeinander, um den Schmerz in einem Arm zu ignorieren, schließlich jedoch gab er nach und befreite sich mit einer Drehung aus dem schmerzenden Griff. Jedoch ließ er seinem Vetter keine Zeit, ging gleich zum nächsten Angriff über, in dem er noch in der Drehung eine Position seitlich hinter Aquilius einnahm und sich dann mit seinem gesamten Schwung und Gewicht gegen den Vetter drückte, wohl wissend, dass er dabei seinen eigenen Stand aufgeben und sie letztlich beide im Sand landen würden.
    "Lande nach mir, denn ich werde dir einen Schritt voraus sein."
    Er presste die Worte mit einem Schnaufen heraus.

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  • Er hatte zweifellos trainiert! Wenn ich geglaubt hatte, auf einen weicher gewordenen Gracchus zu treffen, so hatte ich mich in diesem Augenblick absolut einer falschen Vorstellung hingegeben und würde wohl heute Lehrgeld für meine Fehleinschätzung bezahlen müssen. Gracchus entwand sich meinem Griff - viel geübter, als ich es in Erinnerung gehabt hatte - und da kam schon der nächste Angriff. Ich musste wirklich absolut außer Form sein, oder er hatte sich so entschieden verbessert, ich wusste es nicht zu sagen, denn in diesem Moment war ich viel zu sehr damit beschäftigt, nicht auf dem Boden zu landen. Sein Gewicht traf mich unvorbereitet, ich suchte mit einer Hand nach Halt, griff seinen Schenkel damit, dann wurden wir zu einem wackeligen Konglomerat flavischen Fleisches, schwankten, rangen abermals.


    Schon fühlte ich den Boden unter mir, unter meinen Schultern, wölbte instinktiv den Rücken durch, damit er mich nicht sofort auf den Sand pressen und damit besiegen würde, den Blick zu ihm hinauf gerichtet. Seine Augen funkelten wild, wilder als üblich, viel lebendiger, als er sich sonst unter anderen Menschen gab, und diese Lebendigkeit ließ mich mit einem Mal lächeln. "Das ... bist Du .. ohnehin," gab ich keuchend zurück und wagte noch einen letzten Angriff, indem ich mein rechtes Bein um seine zu schlingen versuchte, um ihn so aus dem Gleichgewicht zu bringen.


    Sim-Off:

    [SIZE=7]Sorry, ganz übersehen .. *hust*[/SIZE]

  • Aquilius hatte augenscheinlich die Ertüchtigung seines Körpers schleifen lassen, war er doch in Achaia immer der Überlegene der beiden Vettern gewesen. Die andere Alternative war, dass sie nun den Wendepunkt ihrer Beziehung überschritten hatten, dass nicht mehr die Stärke des Älteren, sondern die Agilität des Jüngeren über Sieg und Niederlage entschied. Doch Aquilius war nur unwesentlich älter als Gracchus und von einem Zustand, welchen man als alt bezeichnen konnte noch Jahre entfernt. Darum verließ sich Gracchus nicht auf seine Beweglichkeit, sondern drückte mit schierer Kraft auf seinen Vetter ein. Er atmete tief, stemmte seine Beine gegen den Sand und verlagerte alles Gewicht auf seinen Oberkörper, um den Muskeln zusätzliche Überzeugungskraft zu verleihen.
    "Möchtest du ... aufgeben?"
    Schon spürte er die Zange, in welche Aquilius ihn nun nahm, stemmte jedoch weiterhin mit all seiner Kraft dagegen. Doch der feste Halt im sandigen Boden war in Gefahr, ein Herauswinden seiner Beine war ebenso unmöglich, würde er damit doch jegliche Stabilität aufgeben. Es blieb nichts weiter, als seine Schulter auf seines Vetters Brust herabzudrücken und darauf zu bauen, dass jenem die Luft ausgehen würde.

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