Ein Festessen... ohne bestimmten Anlass

  • Hungi antwortete nicht, er lächelte nur. Er hätte nicht gedacht, daß seine Frau, zweifelsohne angestachelt durch das Mahl und ihr Wissen dahinter, nach der - wie soll man das gnädig umschreiben - 'glücklosen' Hochzeitsnacht jetzt schon sexuelle Spannung empfinden würde, und nicht nur das, viel bemerkenswerter fand er, daß sie dieses Gefühl nicht unterdrückte. Ob sie es aus Verwirrung vergaß, oder ihr dies bewußt war, diese Frage konnte er in diesem Moment nicht beantworten und wollte dies eigentlich auch gar nicht.


    Langsam stand er auf und bewegte sich ebenso langsam zur Kline seiner Frau. Auch sein Herz schlug etwas schneller und auch stärker, wie immer, wenn er kurz davor ist, einer Frau zum ersten Mal beizuwohnen. Sicher war dies jetzt technisch gesehen nicht das erste Mal für beide, aber in dieser Stimmung... Kurz hielt er inne, als er sich zu ihr setzte. Er war sich nicht ganz sicher, ob seine Frau auch dasselbe wollte wie er. Auf der anderen Seite wußte er nicht, ob wieder eine solche Gelegenheit so schnell kommen würde. Also zuckte er innerlich mit den Schultern und beschloß, einfach weiterzumachen. Wenn sie nicht wollte, wovon er eigentlich aber auch nicht wirklich ausging, würde er das in den nächsten Momenten schon bemerken, und wenn er Pech hatte, mit Schmerzen.

  • Nachdenklich sieht Livia an die gleichmäßig cremefarbene Decke und lässt ihre Gedanken schweifen. Sie erinnert sich noch gut an die sonderbare Wärme, die der Wein und das gute Essen in ihr erzeugt haben. Inzwischen ist diese wieder verschwunden und einer anderen Wärme gewichen. Sie zieht ihre Decke höher, bis über die Schultern und dreht sich auf die Seite, den Blick weiterhin in die Ferne gerichtet. Auch die Unsicherheit und das leichte Bangen vor dem scheinbar Unausweichlichen ist nun Vergangenheit. Stattdessen denkt Livia nach und lässt das Geschehene noch einmal an ihrem inneren Auge vorüberziehen. Unter dem Einfluss des speziellen Gerichts ist sie ihrem Gemahl dieses Mal nicht ausgewichen. Anders als bei der Hochzeitsnacht hat Livia das Kommende in festem Glauben an die Wirksamkeit des Rezeptes zunächst akzeptiert und einfach abgewartet. Der Anfang war sogar überraschend angenehm. Es war in diesem Moment tatsächlich zum ersten Mal ein schönes Gefühl, ihren Mann so nah bei sich zu haben und auch einen körperlichen Kontakt zu ihm aufzubauen, ihn zu berühren. Zwar ist ihr auch dieses Mal wieder seine große Erfahrung bewusst geworden, doch es hat sie nicht mehr überrascht und sie hat sich damit abgefunden. In gewisser Weise hat Livia es sogar als angenehm empfunden, dass Hungaricus dadurch die Führung übernommen hat.

  • Ebenso nachdenklich blickte Hungi ins Narrenkastl. Er hatte mit einigem Widerstand gerechnet, als er sich zu seiner Frau auf die Kline setzte. Doch nichts dergleichen geschah. Auch als er sich ihr näherte, wies sie ihn nicht ab, eher im Gegenteil. Sicher war es keine aktive Ermunterung, sie kam nicht von sich aus auf ihn zu, doch passiv lud Livia ihn ein und dieser Einladung folgte er nur zu gerne. Angestachelt vom guten Essen, vom Wein und nicht zuletzt von der Stimmung ließ er sich auf dieses Abenteuer ein. An diesem Abend war er genau in der Mitte, er war nicht übersättigt, so daß er der Lust überdrüssig wäre, war aber noch hungrig genug, um seiner Leidenschaft Ausdruck verleihen zu können. Keine Trägheit, die ihn müde machte, aber auch keine Ungeduld, die allzu forsch ihren Tribut einheben wollte. Die Unerfahrenheit, die sie zweifelsohne hatte, gereichte ihr an diesem Abend nicht zum Nachteil - ganz im Gegenteil zur Hochzeitsnacht - vielmehr erweckte es seine Neugierde auf sie. Es hatte ja durchaus seinen Reiz: Erfahrene Frauen zeigten es gerne, was sie mochten und was nicht, oftmals auch laut. Unerfahrene hingegen waren meistens scheuer und geizten mit den entsprechenden Bekundungen. Ein Kuss an einer bestimmten Stelle, ein Streicheln eines Körperteils, nicht immer erfuhr man die Vorlieben einer Frau - besonders wenn sie noch keine oder nur wenige Männer hatte - bei den ersten Versuchen. Man mußte es wieder probieren, so lange, bis man sich sicher war. Sicher eine schwierige, aber dennoch keine unlösbare Aufgabe, wenn man das entsprechende Interesse, die Zeit und den Willen dafür aufbrachte. Und das versuchte Hungi. Sicher, ein Restrisiko gab es immer und auch er war sich im Endeffekt nie wirklich sicher, ob es ihr tatsächlich gefiel. In manchen Fällen, etwa im Lupanar seines Bruders, war ihm das auch egal, doch bei seiner Frau... nein, da mußte er mehr Sorgfalt an den Tag legen.

  • Es hat Livia sehr erstaunt, wie zuvorkommend und sogar liebevoll ihr Mann sich verhalten kann. Zuvor hat sie ihn meist eher distanziert, trocken und nüchtern kennengelernt. Nur im Streit konnte Livia bisher wirklich das Potenzial seiner Leidenschaft erfahren, das ihr dadurch bislang recht negativ erscheint. Dieses Mal ist es jedoch anders gewesen. Zum ersten Mal hat sie den Duft seiner Haut und den Geschmack seines Atems wahrgenommen. Sie hat es geschehen lassen und zu genießen versucht. Es ist besser, schöner und angenehmer gewesen, als Livia es sich je vorgestellt hatte. Doch die größte Überraschung ist für sie ist das Ausbleiben jeglicher Schmerzen gewesen und erst ab dem Zeitpunkt dieser Erkenntnis hat sie wirklich begonnen sich zu entspannen. Aber nicht alles, was ihr Gemahl getan hat, hat Livia auf Anhieb gefallen und an manches hat sie sich noch garnicht so recht gewöhnen wollen. Doch sie hat sich bemüht, sich auf das Abenteuer eingelassen und versucht ihm schließlich auch etwas dafür zurückzugeben. Noch immer ist ihr Blick in die Ferne gerichtet. Livia zieht die wärmende Decke schützend um ihre nackten Schultern und seufzt leise. Sie ist erschöpft und müde, würde gerne schlafen. Die Augen fallen ihr allmählich zu. Doch noch allzu viele Gedanken gehen ihr durch den Kopf, als dass ihr unruhiger Geist sie einschlafen lassen würde.

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