Prodigium

  • Macer hörte den Berichten der beiden Zeugen aufmerksam und ein wenig amüsiert angesichts der rustikalen Erzählweise zu. Er ging davon aus, dass möglicherweise zunächst der Princeps Senatus Rückfragen stellen würde und hielt sich daher mit einer Wortmeldung zurück.

  • Auf diese Frage hin erhob sich Macer und meldete sich zu Wort.


    "Wie war das Wetter an jenem Tag? War es so heiß, wie in den letzten Tagen? Lief das Schaf die ganze Zeit in der vollen Sonne? Und war es am Morgen getränkt und gefüttert worden?"


    Als Offizier hatte Macer schon häufiger Soldaten bei großer Hitze auf dem Exerzierplatz oder im Kasernenhof in der vollen Sonne umkippen sehen. Natürlich waren sie nicht sofort tot, aber vielleicht waren Schafe ja empfindlicher.

  • "Natürlich wurde das Schaf getränkt und gefüttert!" ereifert sich Patros Menidokolos sogleich und schiebt sich wieder in den Vordergrund. "Meine Tiere leben besser als so mancher Sklave, da könnt ihr sicher sein, werte Senatoren! Der Platz im Schatten galt nicht nur für mich, auch den größten Teil des Viehs hatte ich aus der Sonner herausgehalten und ich bin ganz sicher, das wilde Schaf war eines davon! Natürlich lief es auf dem Weg zum Tempel auch durch die Sonne, aber die meiste Zeit rannte es zwischen den Füßen der Einkäufer herum. Auf der Weide rennt es weitere Strecken in voller Hitze!"


    Fadilla hebt ein wenig ihren Kopf und schaut über den Griechen hinüber, was bei seiner geringen Größe nicht schwer ist. "Es war nicht ganz so heiß wie heute an diesem Tag. Aber heiß genug, als dass ein durstiges Tier zusammenbrechen könnte, so etwas kann sicher immer passieren."


    "Aber doch nicht bei einem gesunden Tier!" Patros schüttelt den Kopf. "Ein quicklebendiges, fideles junges Ding! Das fällt nicht einfach um, weil ihm ein bisschen Sonne auf den Schädel scheint!"


    Die Popa zieht den Kopf wieder ein und blickt betreten auf die Füße der Senatoren in der ersten Reihe. Sie versteht nichts von Schafzucht, versteht nichts von lebenden Tieren, sie versteht sich nur darauf die Tiere in die Gefilde der Götter zu überführen.

  • Macer war mit dieser Antwort zufrieden, denn sie schloß einigermaßen aus, dass das Tier einfach nur wegen mangelnder Versorung zusammengebrochen war.


    "Das Tier hat sich beim Zusammenbrechen auch nicht irgendwie am Kopf verletzt?"

  • "Nein, es war völlig unversehrt, zumindest äußerlich." antwortet Fadilla schüchtern. Sie hatte noch das herrlich weiße Fell des Tieres bewundert und bei sich gedacht, dass es ein wirklich gutes Iuno-Opfer abgegeben hätte.


    Auch Patros erhebt gleich wieder seine Stimme. "Ganz recht, es gab keine Verletzungen, der Schädelknochen hatte keinen Schaden. Wir haben das Schaf noch ausgenommen und verwertet, auch das Hirn natürlich, dabei hätte man das sicher bemerkt." Er nickt, sich selbst bestätigend, mit dem Kopf.

  • Nachdenklich verfolgte Macer auch diese Antworten, dachte einen Moment nach und nahm dann wieder Platz, als Zeichen, dass er keine weiteren Fragen mehr hätte.

  • Gähnendes Schweigen in der Curia. Wie immer. Hungi fragte sich schon, ob man eine vindobonensische Spezialität in die Curia transportieren müsste um die Leute hier wachkriegen zu können. ;)


    Keine Fehler also. murmelte Hungi in seinen Bart. Dann hat Iuno sich ihr Opfer selber geholt. Einen leichten Grinser konnte der Princeps Senatus nicht unterdrücken, räusperte sich aber sofort. Das sollte aber nicht zur Gewohnheit werden. sprach er schon etwas lauter.


    Ich danke euch beiden. wandte er sich der Priesterin und dem Peregrinus zu, verabschiedete die beiden und wartete, bis sie die Curia verlassen hatten.


    Dann mögen die Herren und Damen Senatoren ihre Meinung kundtun, ob ein Prodigium vorliegt oder nicht. 'Und zwar baldigst' - dies konnte man aus seiner Stimme gut heraushören. Auffordernd sah er zu seine Kollegen.

  • Während er vergeblich auf weitere Äußerungen der Kollegen gewartet hatte und die beiden Zuegen schließlich den Saal verließen, hatte Macer seine Entscheidung getroffen.


    "Meiner Meinung nach handelt es sich um ein göttliches Zeichen."

  • Livia hat sich die Berichte still angehört. Ihre anfangs noch unsichere Meinung konnte sich dabei zusehends festigen.


    "Ich stimme dem zu. Hier liegt eindeutig ein Prodigium vor und wir müssen für eine angemessene Entsühnung Sorge tragen."

  • "Verständlich, dass ein Händler einen Grund sucht, wenn unerwartet eines seiner Tiere stirbt, aber die ganze Erzählung erweckt bei mir doch den Eindruck, als sei vielzuviel hineininterpretiert worden. Wo es letztenendlich starb, ist ein Zufall. Dass es den Händler dorthinführte, sicherlich Einbildung. Und dass ein Tier ohne Vorzeichen plötzlich stirbt, soll auch schon öfters vorgekommen sein.
    Ein Zeichen der Göttin darin zu sehen, ist übertrieben."

  • Die gab es nicht. Hungi hatte den anderen genug Zeit gelassen, also winkte er seinem Scriba zu, der ihm die Aufstellung schriftlich übermittelte. Nach kurzem Durchlesen stand er auf.


    Der Senat hat entschieden, daß KEIN Prodigium vorliegt. Trotz dieses Ausgangs möchte ich die Senatoren aufrufen, sich in nächster Zeit verstärkt ihren religiösen Pflichten zu widmen. Der Händler, der sein Schaf verloren hat, soll Ersatz bekommen, wie ich es versprochen habe. Man möge beizeiten mich daran erinnern, daß ich ihm die Geldmittel zukommen lasse.


    Somit war dieses Thema beendet.

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