[Atrium] Caecilii hospiti


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    Wonga schritt bedächtig den Prätorianern und ihrem Präfekten voraus in das Innere der Casa Iulia, welcher man durchaus anmerken konnte, dass hier die ordnende Hand einer Frau tätig war: Das Atrium war sehr aufgeräumt, einige kunstvoll verzierte Vasen griechischer Kunsthandwerkstätigkeit setzten Akzente in dem hohen Raum, eine flache Schale mit einem gemalten Heldenkampfbild fand sich ebenso wie ein kleiner Beistelltisch neben gepolsterten, bequemen Sitzbänken, auf dem grüne Gläser für den durstigen Besucher bereit zu stehen schienen.


    "Du hier warte, ich werde Herrin sage, dass Du hier," sprach der ianitor den praefectus praetorio an und wandte sich dann um, ins Innere des Hauses am impluvium vorbei tretend, um seiner Herrin Bescheid zu geben - vorerst schien Crassus mit der stillen Betrachtung des Atriums allein gelassen. Die Tür zum Lararium stand offen und ließ den Blick auf die Ahnenmasken der Iulier frei, allen voran die des Princeps Augustus und des Caius Iulius Caesar.

  • Ich sein einverstanden.


    konnte sich Crassus nicht verkneiffen, genauso wenig wie das anschließende Lachen. Alleine hätte sich Crassus wahrscheinlich nicht getraut diesen Scherz in dieser recht fremden Umgebung zu machen, aber mit seiner Leibwache befürchtete er recht wenig.
    Nachdem das Lachen verhallt war, widmete sich Crassus wieder der Betrachtung des Atriums. Es zeigte noch eindeutig die Bedeutung und der Reichtum vergangener Tage und erst jetzt wurde sich Crassus bewusst, dass er hier an einem Platz stand, an welchem vor nicht mal langer Zeit auch ein göttlicher Augustus stand. Das flößte sogar Crassus etwas Respekt ein, der durch den Anblick der Masken von Augustus und Cäsar noch bekräftigt wurde...

  • Es war einer ihrer kleinen Tricks, einen Gast ein bisschen warten zu lassen. Die meisten erkannten dann im Nebenraum die Ahnenmasken, erkannten, wen sie darstellen sollten und vor allem, in welchem Haus sie sich befanden - das half den Übermut allzu selbstbewusster Gäste zu dämpfen und rückte die Stellung der gens Iulia zumeist in die richtige Richtung zurück, zumindest gedanklich. Und gerade Crassus würde es guttun, die Stille des abendlichen Atriums und des Larariums zu genießen, hatte sie sich gedacht und ein klein wenig länger gebraucht, sich ins Atrium zu begeben, als sie es sonst brauchte.


    Als sie schließlich den Raum betrat, schritt sie würdevoll und gemessen hinein, als sei dies nicht der Empfangsraum der Casa Iulia, sondern ein ungleich wichtigerer Ort. "Salve, Caecilius Crassus," sagte sie mit einem weichen Lächeln auf den Lippen und trat ihm entgegen, mit einer dunkelblauen Stola angetan, die einen dünnen, kaum wahrnehmbaren Goldrand besaß. Ihr Haar war hochgesteckt und unter der durchsichtigen Palla blitzte das Gold dezenter Ohrringe hervor, anscheinend hatte sie an diesem Abend durchaus Mühe auf ihr Äußeres verwandt - allein der Hals schien schmucklos, nur ein Lederband lag darum, dessen Anhänger unter ihrem Kleid verborgen lag, vielleicht ein Amulett oder etwas derartiges. "Willkommen in der Casa Iulia. Ich freue mich sehr, dass Du meiner Einladung gefolgt bist."

  • So langsam wurde Crassus dann doch ungeduldig. Er hasste es zu warten. Wenn man einen Gast einlädt, dann kommt dieser doch nicht überraschend, sodass man meinen sollte, dass der Gastgeber genug Zeit hat sich rechtzeitig vorzubereiten.
    Als Crassus dann allerdings die Stimme von Iulia Helena hörte, drehte er sich mit einem Lächeln um. Zugegeben, das Lächeln war zwar anfangs nur gestellt, als er allerdings dann Helena sah, wandte es sich in ein echtes. Sie hatte sich ganz offensichtlich sehr viel Mühe gemacht, welche sich auch, in Crassus Augen, gelohnt hatte.


    Salve, Iulia Helena! grüßte er sie herzlich und freundlich zurück. Du siehst bezaubernd aus. fügte er noch aus einem Reflex heraus hinzu. Sicher, diese Floskeln ratterte er bei jedem Besuch, bei jedem Gast ab, aber nur selten waren sie ernst gemeint, ganz anders wie heute. Heute meinte er sie wirklich ernst. Und Crassus musste sich in Gedanken eingestehen, dass er diese Worte schon lange nicht mehr ernst gemeint ausgesprochen hatte. Das lag sogar schon soweit zurück, dass er sich nicht einmal mehr daran erinnern konnte.


    Es war mir eine Ehre deiner Einladung zu folgen und mich nun an diesem geschichtsträchtigen Ort zu befinden, an welchem deine göttlichen Vorfahren Rom zu einem neuen Sommer verholfen haben.


    Auf einen Wink hin trat einer der Prätorianer mit einer reich verziehrten Schatulle nach vorne.


    Ich möchte dir als kleine Aufmerksamkeit ein Geschenk überreichen. Ich bin mir sicher, dass sie dir fabelhaft stehen werden.

  • Wenn sie sich nicht ganz getäuscht hatte, schien ihre Aufmachung ihm zu gefallen und sie beglückwünschte sich innerlich dazu, nicht die schlichte, geschäftsmäßige Kleidung gewählt zu haben, die sie ansonsten bevorzugte. Einem Mann wie Crassus durfte man nicht mit zuviel Understatement gegenübertreten - und seine Worte klangen zumindest was das Kompliment anging, sehr aufrichtig. "Ich danke Dir," sagte sie lächelnd und trat an seine Seite, um eine einladende Bewegung zu einer der Sitzbänke zu machen.


    "Diese Casa erinnert uns Iulier stets an das, was war - und auch an die Verantwortung, die wir unseren Ahnen gegenüber tragen. An manchen Tagen ist die Erinnerung eine Bürde, an anderen ein Ansporn," erwiederte sie und blickte für einen Moment in das Lararium hinein, zu jenen Masken, die sie nur zu gut kannte. Manchmal schien es ihr, als würde sie die Gesichter auswendig kennen, als hätte sie diese bereits lebendig gesehen.
    Dass er allerdings ein Gastgeschenk mitgebracht hatte, überraschte sie, aber die Freude überwog dann doch deutlich, vor allem, als sie die Schatulle verdutzt öffnete und den Inhalt betrachtete. "Das ... das wäre doch nicht nötig gewesen," sagte sie leise und hob den Blick zu ihm. "Ein so kostbares Geschenk für eine mehr dienstliche Zusammenkunft?" Kurz glitten ihre Finger über einen der Schmuckarmreifen, dann atmete sie tief ein. "Ich danke Dir, Caecilius Crassus, und ich werde Dein Geschenk sicher in Ehren halten."


    Noch immer war sie wie vom Donner gerührt. War das seine übliche Art oder wollte er sie mit seiner Großzügigkeit beeindrucken? Es war ihm durchaus gelungen, und sehr behutsam stellte sie die Schatulle auf einem Tischchen ab, während eine Sklavin die Leibwache des Präfekten bat, ihr in einen Nebenraum zu folgen, wo sie sich aufhalten konnten. "Kann ich Dir etwas zu trinken anbieten?" erhob Iulia Helena wieder die Stimme und blickte Crassus wieder direkt an.

  • Gerne nahm Crassus ihre Einladung, auf einer Bank Platz zu nehmen, an und setzte sich möglichst gleichzeitig mit ihr auf diese. Dabei schweifte noch einmal sein Blick durch das Atrium. Immer auf der Suche nach einer neuen Idee für sein Atrium in seiner Casa. So muss man es halt machen, wenn einem sonst nichts einfällt. Außerdem gefiehl sowas Crassus ganz besonders. Er sah sich in seinem Atrium zu Hause um und sah dann gleichzeitig auch in die größten und wichtigsten Häuser der Geschichte. Dort eine ähnliche Statue an der gleichen Position wie die der Vinicier, dort eine Brunnen nach dem Vorbild der Flavier. Aus verschiedenen Häusern zusammengesammelt, aber doch ganz anders wie diese.


    Ich komme nur äußerst ungern mit leeren Händen. lächelnd sah er der Iulia zu, wie sie die Schatulle aufmachte und wie sie dann jedes einzelne Stück beugtachtete. Er schien ihren Geschmack getroffen zu haben, das freute natürlich Crassus besonders. Denn selten hatte er Glück mit seiner Auswahl der Geschenke. Und sowieso, sobald er gar keine Idee hat, kauft er einfach die beiden teuersten Stücke. Gut, diesmal waren es drei gewesen, allerdings hatte diesmal Crassus auch eine konkrete Vorstellung von dem Geschenk. Irgendwie fiel es ihm nicht so schwer wie sonst, ein Geschenk auszusuchen. Gut, das könnte auch daran liegen, dass sein Sklave, der für die neuste Mode und Farben zuständig ist, ihm diese empfohlen hatte, nachdem Crassus ihm Helena ungefähr beschrieben hatte. Natürlich sah Crassus es nun als seinen alleinigen Verdienst an. Und hätte es ihr nicht gefallen, so hätte es Peitschenhiebe gehagelt....


    Ja, bitte. Diese Hitze ist selbst um diese Uhrzeit noch mörderisch. Ich weiß ja nicht, aber irgendwie habe ich so langsam genug Sonne für diesen Sommer gesehen. Naja, aber lieber so als ständiger Regen.

  • Still maß sie den Prätorianerpräfekten mit ihrem Blick und sann darüber nach, ob er einfach nur einen teuren Geschmack hatte oder ob dieses Geschenk beeindrucken hatte sollen. Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem, entschied sie für sich und lächelte leicht vor sich hin. Eine Sklavin betrat das Atrium mit leisem Schritt und stellte sowohl einen Glaskrug mit Wein als auch einen mit Wasser auf dem kleinen Tisch neben den beiden ab, eine weitere junge Frau brachte eine Glasschale mit Früchten darin - praktischerweise waren die Melonen- und sonstigen Fruchtstücke darin auf eine angemessene Größe zurechtgeschnitten, sodass man sie leicht mit den Fingern nehmen und bequem essen konnte.


    "Ich nehme an, Du möchtest Wein unverdünnt?" fragte sie lächelnd und griff nach der Glaskanne, um ihm selbst einzuschenken. Das erste Getränk des Abends sollte noch von der Gastgeberin selbst eingeschenkt werden, danach mochten das die Sklaven erledigen - sie hielt diesen Brauch einfach für etwas persönliches, vielleicht antiquiert, aber ein Gast sollte sich im Haus der gens Iulia willkommen fühlen können. "Es dürfte bald abkühlen, glücklicherweise - aber bei dieser Hitze derzeit musste ich auch schon in der Curia Ostiae eine allgemeine Arbeitspause anberaumen, die täglich drei Stunden umfasst - solange man das Gefühl hat, das Hirn könnte einem im Kopf schmelzen, lässt sich einfach nicht richtig arbeiten. Wie haltet ihr Prätorianer nur das dauernde Helmtragen aus?"

  • Ja, bitte, unverdünnt.


    Es war inzwischen durchauch schon eine Uhrzeit erreicht, bei welcher man sich unverdünnten Wein genehmigen durfte. Und machen wir uns nichts vor, unverdünnter Wein war immernoch der leckerste Wein. Am liebsten würde Crassus ja nur unverdünnten Wein trinken, allerdings wusste er genauso gut wie jeder andere, dass dann ein anständiges Arbeiten nicht mehr möglich wäre, da seine Sinne völlig benebelt wären.


    Das stimmt, diese Hitze ist etwas furchtbares, was wahnsinnig die Arbeit beeinträchtigen kann. Normal bin ich ja nicht der Mensch, dem Hitze viel ausmachen würde, aber diesen Sommer ist es wirklich extrem. Das merken natürlich auch meine Männer, allerdings tu ich im Gegensatz zu dir keine extra Pause einlegen lassen. Überhaupt sind diese Tage wahnsinnig geeignet, um die Fitness und damit auch die Arbeit der Centurios zu überprüfen. So tun wir zur Zeit unsere formschwächsten Soldaten ausmustern. Und die Schlechtesten filtern wir recht schnell heraus. Wir lassen einfach eine Centurie antreten, stramm stehen und warten dann. Wir warten dann solange bis der erste umfällt. Und dieser Erste hat sich für seinen Rausschmiß dann freiwillig gemeldet. So sorgen wir für einen ständigen Leistungsdruck, unter welchem die Soldaten zu Höchstform auflaufen, was ja unser Ziel ist. Crassus musterte die ganze Zeit über ganz ungeniert Helenas Reaktion auf die Worte. Die meisten fanden dieses Verfahren sehr hart und ungerecht, er war gespannt darauf, was sie sagen würde. Bei den Helmen machen wir es ganz ähnlich: Wer ihn absetzt hat verloren. Aber meistens haben die Soldaten schon nach der Grundausbildung verdrängt, dass es ohne Helm kühler wäre, da sie ihn ja quasi immer tragen müssen. Da gewöhnt man sich dann recht schnell daran. Außerdem schwitzen die meisten Männer lieber mehr, als dafür einen Knüppelschlag auf den bloßen Kopf zu bekommen. Crassus lachte.

  • Geruhsam schenkte sie den Wein in seinen Becher, dann in den ihren - und lauschte seinen Worten, ohne sich allzu viel dazu zu äussern. Die recht harschen Methoden waren für sie nicht überraschend, dafür hatte sie lange genug in ihrem Leben in einem römischen castellum als Offiziersgattin gelebt, da gab es so manches, was man zu Gesicht bekam. Mit einer eleganten, sanften Geste reichte sie ihm den grünen Glasbecher mit dem süss duftenden Inhalt, der verriet, dass man ihm hier einen guten Falerner-Jahrgang kredenzte - es wäre wirklich eine Schande gewesen, diesen Wein mit Wasser zu verdünnen, und so goss sie auch für sich einen Becher unverdünnten Wein ein.


    "Wenn man junge Männer in der Blüte ihrer Jahre in Dienst und Rang hat, ist es natürlich leichter, sie auf diese Weise an harte Temperaturen zu gewöhnen - aber wenn ich daran denke, dieses Modell in meiner Curia zu übernehmen, fürchte ich, wird es kaum positive Folgen haben. Nicht zuletzt, weil einer Magistrate und doch einige der Scribae Männer deutlich gereifteren Alters sind, deren Körper eine solche doppelte Belastung nicht mitmachen würden," entgegnete sie schmunzelnd. "Und mir liegt daran, dass meine Mitarbeiter ihre Arbeit effizient erledigen, nicht zuletzt deswegen achte ich ein wenig auf ihre Verfassung. Zumindest müssen meine Mitarbeiter nicht im Strammstehen und Helmtragen brillieren ..."


    Sachte hob sie ihren Becher und goss einen Schluck des Weins als Trankopfer auf den Boden, wie es sich gehörte - für Venus, dachte sie still und schenkte Crassus ein Lächeln. "Gewährst Du ihnen für diese Tortur denn einen Ausgleich? Immerhin sind auch formstarke Soldaten keine Götter und müssen sich ab und an ausruhen."

  • Dankend nahm Crassus den Wein entgegen und schnupperte auch gleich daran. Ehrlich, er wuste eigentlich nicht warum man das tat. Klar, man wollte so die Qualität des Weins überprüfen und sich schon einmal ein Bild von dem Geschmack machen aber Crassus roch beim besten Willen keinen gravierenden Unterschied zu anderen Weinen. Na gut, einen billigen Wein konnte auch er von einem teuren Falerner unterscheiden, aber viel mehr auch nicht. Schließlich hatte er ja auch anderes zu tun als seine Fähigkeiten in dieser Disziplin zu verbessern. So shnupperte er daran und nickte dann anerkennend, auch wenn er eigentlich keine Ahnung hatte.


    Ja, dieses System ist nicht für alle Institutionen anwendbar. Crassus schmunzelte breit: Wobei das im Senat wahrscheinlich noch gravierender wäre. So... ehm, "platzergreifend" wie manche von ihnen sind, würden sie sich wahrscheinlich dabei die Füße brechen. Wobei sie dann im Sänften-Liegen dafür sehr weit vorne wären... tja, so trainiert jeder die Disizplin, die er am besten kann und ist auf seinem Gebiet dann fast unschlagbar.


    Crassus lachte und spritzte mit einem Finger in jede Himmelsrichtung einige Tropfen Wein- für die Götter.


    Groß Ausgleich gibt es keinen. Das Training insgesamt, aber vorallem das Konditionstraining, wurde etwas zurückgeschraubt, sodass sie sonst nicht so sehr belastet werden. Und da wir so eine Ausscheidungsaktion ja auch nicht mit jeder Centurie täglich machen, haben sie durchaus Zeit sich zu regenerieren. Klar, sie können sich nicht so viel erholen, wie sie sich verausgaben, aber das müssen sie wegstecken können. Schließlich sind wir keine Provinzlegion, sondern die Prätorianer!
    Da fällt mir ein, du bist doch auch lange Zeit mit deinem Mann mit einer Legion mitgereist, oder? Welche Legion, in welcher Provinz, war das?

  • "Glücklicherweise scheinen sich viele der Senatsmitglieder von der zu großen Genussucht zurückzuhalten, sonst wäre es ein sehr trauriger Anblick im Senat, findest Du nicht?" erwiederte sie schmunzelnd und nahm nun den ersten Schluck des samtig weich schmeckenden Weines, kurz dem Genuss anheim fallend, den er ihr schenkte. Falerner war wirklich angenehm und sie würde diesen Wein immer schätzen, auch wenn sie nicht allzu oft solchen teuren Wein im Haus hatten. Für einen Prätorianerpräfekten war es allerdings notwendig gewesen, ein bisschen besser zu tafeln, um sich nicht zu blamieren. Zumindest hoffte sie, dass es einigermaßen wirkte, sie wollte nicht zu ärmlich erscheinen, wenn einer der reichsten Männer Roms zu Besuch war.


    "Mein Gemahl war zuletzt praefectus castrorum der XIV. Legio in Syria, stationiert immer dort, wo es gerade brannte - und ich wünschte manchmal, ich könnte dieses Leben zurück gewinnen. Es ist eine sehr harte Umstellung gewesen, sich wieder an das doch etwas geruhsamere Lebensweise der urbs aeterna zu gewöhnen," meinte sie sinnierend und atmete leicht ein. Dass ihr Titus noch immer fehlte, wollte sie diesem so aufrecht und in voller Manneskraft sitzenden Soldaten in ihrem Atrium nicht unbedingt gegenüber eingestehen, wahrscheinlich hätte er es als Schwäche ausgelegt. Er wirkte überhaupt auch hier sehr selbstsicher und sie fragte sich, ob es überhaupt etwas gab, das fähig war, ihn aus dieser Sicherheit heraus zu reissen. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen suchte sie seinen Blick und meinte: "Du hast sicher viel Zeit in Rom verbracht, wenn Dich dein Weg nun auch zu den Prätorianern geführt hat?"

  • Nun, als auch die Gastgeberin einen Schluck genommen hatte, genehmigte sich auch Crassue einen. Natürlich nicht, ohne davor noch einmal professionellwirkend am Wein zu schnuppern. Ja, er hatte vorher zum Glück nicht fälschlicherweise anerkennend genickt, der Wein war es durchaus wert gewesen, auch wenn Crassus erst jetzt die Gewissheit hatte. Saftig im Geschmack, rund im Abgang, das was einen Wein eben ausmachte... zu mindest sagten das immer selbst ernannte Weinexperten, zu welchen sich Crassus zwar nicht zählte, von denen er aber gerne mal solche Sprüche abschaute. Das wirkte meist dann doch so, als ob man wirklich Ahnung hätte. Heute würde er allerdings auf diese auswendiggelernten Sprüche verzichten..


    Syria also... ich muss gestehen ich selber war bisher eigentlich nur in Hispania und eben Italia. Nicht einmal Griechenland, das Ausgangsland aller Kultur, habe ich bisher besucht. Ich hätte wohl gerne eine solche Studienreise unternommen, allerdings ließen es damals die finanziellen Mittel nicht zu. Heute lässt es die sehr knapp bemessene Zeit und vorallem meine Positionen nicht zu. Aber so läuft es wahrscheinlich in diesem Leben: Probleme entstehen, welche gelöst werden, durch die Lösung treten allerdings wieder neue Probleme auf, die gelöst werden müssen, wodurch wieder neue Probleme entstehen. Ein ewiger Kreislauf. Aber wer weiß, vielleicht werde ich doch irgendwann einmal die lange Reise auf mich nehmen. Ah, ich hole zu weit aus, worauf ich hinaus wollte: durch meine lange Zeit als Legionär bei der Legio IX und der ALA II kann ich die Umstellung von Provinz zurück nach Rom durchaus nachvollziehen, auch wenn es bei mir natürlich nicht ganz so extrem war, da ich von einer militärischen Einheit zu nächsten wechselte.


    Puhh, das reden machte durstig. Außerdem war der Wein viel zu gut um zu verdunsten.


    Viel Zeit habe ich bisher in Rom verbracht, ja. Ich wuchs hier auf, bevor mich dann das Fernweh packte und ich in Hispania der Legio IX Hispania beitrat. Dort diente ich dann bis Optio in der Legio, dann wurde mir mehr oder eher minder das Kommando über die ALA II Numidia übergeben, da diese Einheit neu gegründet wurde. Nach dem Feldzug gegen Sertorius, von welchem du sicher schon hörtest, wurde ich zurück zur Legio versetzt. Erst als Centurio doch dann recht bald zum Praefectus Castrorum. Nun, und dann ging alles sehr schnell. Ich bekam das Angebot zu den Prätorianern zu gehen, welches ich annahm. Ich diente dort dann als Princeps Praetorii und hatte das inoffizielle Kommando über die Cohortes Urbanae inne, da diese zu der damaligen Zeit dem Praefectus Praetorio Vinicius unterstellt waren und es ihm sonst zu viel geworden wäre. Nachdem dann ein neuer Praefectus Urbi bestimmt war, widmete ich mich voll und ganz den Prätorianern und diente mich dort hoch zum Tribun. Nach einiger Zeit als Tribun bekam ich dann das Kommando über die Vigiles, welches ich nun vor kurzer Zeit wieder abgeben durfte und dafür das Kommando über die Prätorianer erhielt.
    Ich habe etwas weiter ausgeholt als gewollt, aber du siehst, ich war lange Zeit in Rom und fast genauso lang Prätorianer.

  • Ohjeh, hoffentlich war er kein Weinkenner und erwartete eine entsprechende Unterhaltung, dachte sich die Iulierin und nippte an ihrem Falerner. Sie mochte Wein, aber sie hatte es immer für albern gehalten, daraus eine Wissenschaft zu machen. Wein trank man, schmeckte er gut, dann kaufte man ihn eben wieder, um abermals davon zu trinken - und damit hatte es sich für sie. Lange Unterhaltungen über das Bouquet oder den Nachgeschmack lagen ihr nicht. Dafür hatte sie einfach nie die Zeit gehabt, und wenn sich wirklich reiche Männer über ihre müßigen Freizeitunterhaltungen ausließen, schwieg sie ohnehin die meiste Zeit.


    "Syria hat auch neben sehr viel Staub und Sand nicht allzu viel zu bieten - die Volksstämme dort bekämpfen sich dauernd untereinander und letztendlich gibt es neben den Feinden von aussen dauernd nur Probleme. Die einen sind Christen und streiten immer miteinander, wer denn nun ihren seltsamen Gottessohn am ehesten auslegen kann, genau wie die Juden, die untereinander auch kreuzfeind sind, und sich natürlich auch mit den Christen streiten, dann kommen noch die Aramäer dazu und so weiter und so fort. Manchmal habe ich wirklich geglaubt, diese Menschen dort können nichts anderes als von früh bis spät zu streiten und nebenher ihren Ramsch untereinander zu verkaufen. Vielleicht hast Du Glück damit gehabt, diese Teile des Reiches nie kennengelernt zu haben - es hat mich einiges über die menschliche Natur gelehrt." Wieder nahm sie einen kleinen Schluck des Weins und betrachtete ihn beim Sprechen. Hörte er sich wohl gerne sprechen? Es hätte sie zu wissen interessiert, aber fragen wäre unhöflich gewesen.


    "Und Du hast einen sehr steilen Weg nach oben gemacht, wenn man dem Gerede der Menschen auf der Straße glauben kann - eine nicht gewöhnliche Karriere. Ich frage mich, welche Ziele ein Mann noch haben kann, der am obersten Ende angelangt ist. Oder hast Du Dir die Politik auserkoren?" Fast ein wenig neugierig blickte sie ihn an, denn das wollte sie wirklich gerne wissen.

  • Ist doch auch was. Wenn ich überlege, wieviel Stunden ich in Theatern verbracht habe, in welchen eigentlich auch nur rumgestritten wurde, so bist du ja beinahe zu beneiden. Immer, wenn du unterhalten werden möchtest, gehst du einfach auf die Straße und setzt dich an die nächste Ecke und wartest darauf, dass jemand um dich herum zu Streiten beginnt. Und schwuppdiwupp, bist du mitten drin statt nur dabei!


    Crassus lachte. Er war nie ein großer Freund von Theatern oder irgendwelchen griechischen Authoren gewesen. Er stand beinahe auf Kriegsfuß mit ihnen. Klar, er las sie, weil es sein Stand erforderte, aber er tat dies meist widerwillig. Er fühlte sich dadurch nicht unterhalten. Gladiatorenspiele, Wagenrennen, das war doch etwas sinnvolleres. Das war aktuell, das war jetzt. Literatur, Theaterspiele, das war doch alles schon meist vergangen und vorbei. Auch wenn Crassus natürlich auch die Vorfahren anbetete, so konnte er mit diesen Überbleibseln von ihnen nichts anfangen. Auch wenn er es natürlich nie zugegeben hätte, denn für einen Mann von Stand geziemte sich so etwas nicht.


    Eine Karriere die bis zum Posten des Praefectus Praetorio reicht, ist nie gewöhnlich, verehrte Iulia. sprach Crassus schmunzelnd: Dieses amt ist so exponiert, das kann man einfach nicht in seine Karriereplanungen miteinplanen. Nur eine Verkettung glücklicher Ereignisse und stetiger Einsatz, machen das Erreichen eines solchen Amtes möglich.
    Ziele... ja, eine schwere Frage, die ich nicht beantworten kann. Ich meine, das Ziel, welches ich mir bei dem Eintritt in die Legion gesteckt hatte, habe ich schon längst erreicht. Und nun halten sich meine Ziele in Grenzen. Ich möchte dem Kaiser weiterhin ein guter Diener sein, sein Leben stets schützen und wahren. Solche Sachen versuche ich nun zu erreichen. Und damit werde ich glücklich werden. Die Politik ist nichts für mich. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, jemals den Cursus Honorum zu beschreiten.


    Crassus nippte an seinem Becher:


    Nein, nein, ich bin schon so glücklich wie es momentan ist. Wenn ich dieses Amt so gut erfülle wie mein Vorgänger es tat, so recht mir das, dann werde ich in meinem Lebensabend zufrieden sein.

  • "Es kann auch recht enervierend sein," meinte sie schmunzelnd und nippte abermals ein wenig an ihrem Weinglas. "Denn wenn man wirklich jeden Tag, zu jeder Stunde, irgend jemanden streiten hört und dazu noch mitbekommt, wie faul dieses Volk im Allgemeinen zu sein scheint, dann geht es einem irgendwann sehr auf die Nerven. Es hat schon seine Gründe, warum unter Roms Herrschaft diese Stämme noch existieren, ohne die ordnende Hand des Augustus und die Macht der Legionen hätten sie sich sicher längst untereinander ausgerottet." Kurz musste sie bei dem Gedanken daran schmunzeln, wie befriedigend es wohl gewesen wäre, einmal einen der Basare ohne das dauernde Streiten der Menschen in vollkommener Stille erlebt zu haben, aber sie verdrängte den Gedanken schnell wieder dorthin, woher er gekommen war, schien er ihr doch allzu lästerlich.


    "Die Gunst der Fortuna kann man nicht einplanen, dabei gebe ich Dir Recht, aber manchmal hegt man doch auch Wünsche und Träume, die sich mit unrealistischen Zielen verbinden - so mancher kleiner Junge träumt davon, einst einmal Praefectus Praetorio zu werden, weil er die stolze Haltung und die schwarzen Rüstungen der Prätorianer bewundert. Und ab und an ist es vielleicht genau einer jener Jungen, die das Unglaubliche doch erreichen und sich eines Tages an ihre Kinderträume erinnern, wer weiss?" Ihr Lächeln wurde breiter und offener, während sie ihn betrachtete - ob er das indirekte Kompliment wahrnehmen würde?
    "Aber in Deinem Alter von Lebensabend zu sprechen, das halte ich dann doch für verfrüht," ergänzte sie vergnügt. "So viel älter als ich kannst Du nicht sein, Dein Haar ist noch schwarz und Dein Gesicht weist noch nicht so viele Zeichen der Zeit auf. Da warten sicher noch ganz andere Herausforderungen auf Dich als das bloße Vergehen der Zeit an einer sicheren Position."

  • Na gut, da magst du recht haben, aber das kann ich sowieso nicht ganz nachvollziehen. Ich habe schon so lange keine streitenden Personen mehr gehört... ich meine, hier streitet man genauso. Die Tribune untereinander, die Milites miteinander und auf dem Forum die Händler, wer nun die bessere Ware hat, aber ich bekomme das meistens schon gar nicht mehr mit. Wenn ich irgendwo erscheine, dann tritt meistens erst ein mal großes Schweigen ein.... Crassus konnte ein vergnügten Grinser nicht verbergen. Ja, es hatte schon was, wenn man in seiner vollen Rüstung in Begleitung einer größeren, prätorianischen Leibwache durch Rom marschierte. Wie ein bloßer Anblick soviel Furcht auslösen konnte... herrlich.


    Ich unterscheide aber genau zwischen Wünschen und Träumen und meinen Zielen. Wünsche habe ich viele, Träume noch viel mehr, aber diese sind doch eigentlich immer unrealistisch. Meine Ziele dagegen versuche ich erreichbar zu halten. Wenn ich einen Wunsch beziehungsweise Traum nicht erfülle, dann zucke ich mit den Schultern und dann wars das mit dem Traum. Sollte ich aber mein Ziel nicht erreichen, so bin ich beinahe deprimiert. Deshalb unterscheide ich da sehr genau. Crassus nippte an seinem Becher: Ich gebe es auch zu, ich habe als Kind nicht wirklich davon geträumt Praefectus Praetorio zu werden. Selbst dieses Amt schien mir damals schon zu unwirklich. Vom Tribunsein hatte ich immer geträumt. Aber ich kann nicht sagen, dass ich unglücklich bin, weil ich jetzt kein Tribun mehr bin. Crassus lachte abermals.


    Ich meinte auch, dass ich dann in meinem Lebensabend glücklich sein werde. Dass ich dann zufrieden und glücklich zurückschauen kann. Allerdings musst du auch berücksichtigen, dass der Dienst bei den Prätorianern mit einem sehr geringen Lebenserwartung verknüpft ist. das Lächeln von Crassus wich sofort aus seinem Gesicht. Er wusste ja noch nicht genau, inwiefern Helena mit ihrem verstorbenen Mann abgeschlossen hatte, sodass er nicht wusste, ob er Salz in die Wunde gestreut hatte. An welche Herausforderungen dachtest du denn konkret? fragte er einfach schnell hinterher, in der Hoffnung, die Frage würde das eben gesagt überdecken.

  • "Die Menschen fürchten Dich," sagte sie gelassen und nahm einen kleinen Schluch des Weins aus ihrem Becher. "Nur deswegen schweigen sie. Wer würde es schon wagen, in der Gegenwart des praefectus praetorio ein falsches Wort zu sprechen? Es wäre ein höchst riskantes Spiel mit dem eigenen Leben, und es erfordert sehr viel Mut, um es überhaupt zu erwägen. Allerdings, wäre ich an Deiner Stelle, würde mich die Furcht der Menschen wahrscheinlich irgendwann langweilen," überlegte sie und betrachtete ihn eine Weile lang sinnierend. Ob ihm auffiel, dass er gerade ausschweifend von sich sprach und von nichts anderem? Oder aber er gehörte zu jenen, die selten über sich sprechen konnten und nutzte die Gelegenheit - als dritte Möglichkeit blieb, dass er die Gegenwart einer Frau länger nicht im Gespräch genossen hatte und es nun zu genießen versuchte. Indes, es war durchaus interessant zu hören, wie er wohl zu denken schien.


    "Die Götter waren Dir zweifelsohne gewogen," meinte sie zu seinen Worten über seine Ziele und Träume. "Aber es ist eine gute Taktik, sich seine Ziele erreichbar zu gestalten. Letztendlich beflügeln einen immer wiederkehrende Erfolge wahrscheinlich mehr als das Hoffen und Harren auf etwas sehr Unwahrscheinliches. Und man findet mehr, woran man zufrieden zurückblicken kann." Ob es überhaupt Momente gab, in denen er nicht so selbstsicher war wie im Augenblick? Ihr Blick blieb auf seinem Gesicht liegen, seiner aufrechten Haltung, dann auch der unter seiner Uniform deutlich gestählt wirkenden Figur, die das Training verriet. Seufzend überlegte sie, dass Titus daran schuld war, dass sie Soldaten bevorzugte - ein Mann musste aussehen wie ein Mann, um ihr zu gefallen, und nicht wie ein verweichlichter Träumer. Stattlich war Crassus in jedem Fall und sie ertappte sich bei dem Gedanken, wie er wohl ohne seine Uniform aussehen würde, ein Gedanke, der ihr wohl nie gekommen wäre, hätte sie nicht in einem Regenguss am Strand von Ostia Schutz in den Armen des Vitamalacus gefunden.


    Die Erinnerung daran ließ die Wärme in ihren Wangen aufsteigen, eine zarte rosige Färbung erschien, und als sie den Blick Crassus' auf sich ruhen fühlte, räusperte sie sich dezent und eilig. "Das Leben kann doch für jeden von uns sehr schnell vorüber sein, gerade hier in Rom, dafür muss man kein Prätorianer sein, kein Soldat. Jede Frau, die ein Kind gebärt, kämpft dabei um ihr Leben und das ihres Kindes, und viele verlieren diese Schlacht." Sie sann seiner Frage nach und lächelte dann sachte. "Nun, wenn Du im Beruf alles erreicht hast, was Du jemals wolltest, vielleicht drängt es Dich nun nach einer Ehe, einer Familie - Söhne, die Deinen Namen eines Tages weiter tragen beispielsweise. Oder Du beginnst die Literaten oder Rhetoren zu studieren, die Philosophen - es gibt so vieles, mit dem man sich selbst prüfen kann."

  • Sie fürchten nicht mich. Sie fürchten nur mein Amt. fügte Crassus besserwisserisch an, bevor er sich einen Schluck aus dem Becher gönnte. Er musste sich zügeln, sonst hielt ihn Helena noch für den größten Säufer, das wäre ihm doch etwas peinlich. Vorallem da ja weithin bekannt war, dass Frauen die größten Tratschtanten waren. Da würde bald ganz Rom 'wissen', dass Crassus jeden Abend zwei Amphoren Wein trinkt und 15Sklavinnen auf einmal im Bett hat. Beim Übertreiben und Vertreiben von Gerüchten waren die Römer schon immer spitzenklasse gewesen, deshalb musste man da in jeder Lebenslage aufpassen, denn selbst wenn der Gesprächspartner darüber nicht tratschen würde, so könnten es immernoch Sklaven rumerzählen. Es wäre nicht das erste mal, dass sich dadurch Sklaven die ein oder andere Sesterz verdienen würden. Warum sollte sie mich langweilen? Ich meine, es ist ja nicht so, dass sie mich jetzt amüsieren würde oder mich gar befriedigen. Ich nehm sie hin wie sie ist. Ich akzeptiere sie und das wars.


    Crassus musterte Helena abermals. Sie war nicht mehr so jung, ungefähr in Crassus Alter, sah aber trotzdem noch gut aus. An den richtigen Stellen wohl geformt und ihre zwei - oder warens drei? - Schwangerschaften sah man ihr auch nicht an. Ihre langen, schwarzen Haare und ihre blauen Augen pa... etwas ließ Crassus Gedanken inne halten. Es war die leichte Rötung von Helenas Wangen. Ob es ihr wohl unangenehm war, dass Crassus sie so offensichtlich musterte, schoss es ihm durch den Kopf und wandte den Blick deshalb etwas unsicher ab.


    Sicher, dieses Leben hier ist sehr vergänglich und oft endet es schneller als man es zu denken wagt. bestätigte Crassus Helena, da er nicht so recht wusste, was er erwidern sollte. Deshalb war er recht froh, dass sie gleich fortfuhr und noch froher darüber, dass sie es offenbar nicht wirklich wahrgenommen hatte oder zumindest über den Tod ihres Mannes schon hinüber weg war. Bei der Familiensuche wolltest du mir doch behilflich sein und die jungen Frauen Roms einer Vorauswahl unterziehen, damit mir die Wahl nicht so schwer fällt. sagte er breit grinsend. Offenbar erinnerte er sich noch an das letzte Gespräch und dem damit verbundenen Spaziergang. Er war gespannt, ob sie sich auch noch daran erinnern konnte.

  • "Viele Männer mit Macht genießen sie," wandte sie ein und hielt den Blick auf ihn gerichtet. "Der Gedanke daran, von anderen gefürchtet zu werden, scheint viele zu beflügeln, doch halte ich die Furcht für ein sehr trügerisches Gefühl, allzu leicht kann sie sich, wenn man nur einen Augenblick lang nicht aufpasst, in Hass wandeln, und dann ergeht es dem Mächtigen wie so vielen wichtigen Männern der Vergangenheit, und sie stürzen tief."


    Kurz sann sie darüber nach, wieviele Kaiser inzwischen gestorben waren, und dass die wenigsten unter ihnen einen friedlichen Tod gehabt hatten, allen voran ihr Ahn Caesar, dessen Leib von den Verrätern mit Dolchstichen durchbohrt worden war. Eine Gefahr, die für sie noch immer überall in Rom lauern mochte. Würde es ihr irgendwann genauso gehen wie Artoria Medeia, die auf dem Forum niedergestochen worden war, wenn sie den Weg in die Politik anstrebte? Aber das lag alles noch so weit im Bereich des Unwahrscheinlichen, dass sie nicht wagte, den Gedanken weiter zu führen.


    "Du hast mir noch immer nicht gesagt, was Du Dir für eine Gemahlin wünscht, Caecilius Crassus," erwiederte sie schmunzelnd und war fast dankbar dafür, dass er zu einem scherzenden Ton gefunden hatte, der die Schatten ihrer Gedanken zu vertreiben wusste. "Es gibt so viele junge Frauen in dieser Stadt, und alle würden sie sich wahrscheinlich die Finger danach lecken, einen Mann wie Dich zu heiraten, der Ansehen, Besitz und zudem noch ein annehmbares Aussehen mit in eine Verbindung brächte, also musst Du schon ein wenig genauer werden, sonst kann ich Dir nicht raten. Nicht jeder Charakter ist für jede Art der Ehe günstig, also wirst Du Dir überlegen müssen, was Dir lieber ist - eine Mutter für Deine Kinder, eine Gefährtin für Deine Interessen oder auch eine Dame, die gesellschaftlich mit Dir zu repräsentieren weiss, denn all das gibt es selten auf einem Fleck." Irgendwann würde sie die Kurve noch zu ihrem Anliegen mit Strabo bekommen müssen, das wusste sie, aber vorerst machte es einfach noch zu viel Spaß, ihn ein wenig zu necken. Ausserdem interessierte es sie, was er sich für eine Frau wünschte, schließlich war sie selbst eine und neugierig noch dazu.

  • Mir ist Hass aus eben diesem Grund lieber. Hass ist ansehbar, man kann ihn nicht verstecken. Furcht dagegen ist spielbar, ungewiss. So wie du sagtest. Und da ich wissen möchte, wo meine Feinde sind, ziehe ich den Hass der Furcht vor, da er eindeutig ist. Ich weiß gerne wo ich stehe. Gut, kann schon sein, dass der Hass viele wichtige Männer gestürtzt hat, allerdings würde ich sagen, dass es in den meisten Fällen nicht der Hass war, sondern viel mehr, dass die erstrebten Interessen zu weit voneinander entfernt waren. Oder einfach die Machtgier zu groß war. Sicher, daraus könnte sich Hass entwickeln, allerdings würd ich dann eher der Gier die Schuld zu schieben als dem Hass. Aber das ist nur eine Kleinigkeit, im Grunde sehen wir es ja ähnlich, denke ich mal.


    Achja, ich muss meine Traumehefrau ja erst noch erfinden, bevor du sie finden kannst, ich vergaß. ihm fiel auf, wie oft Helena eigentlich lächelte, schmunzelte oder grinste. Offenbar schien sie sich recht gut zu amüsieren und Crassus konnte weder abstreiten, dass er sich amüsieren würde, noch, dass es ihr nicht stehen würde. Also gut, dann konzentriere ich mich mal völlig und höre darauf, was mir mein Herz sagt. Crassus grinste breit und schloß dann seine Augen. Sie sollte lange, gepflegte Haare haben. Eine dunkle Farbe würde mir gut gefallen. So ins Braune oder Schwarze hinein. 'Helenas Haarfarbe war doch schwarz?' schoß es durch Crassus Kopf: Schlank sollte sie sein. Also nicht dürr, man sollte nämlich schon erkennen, dass hier eine Frau vor einem stand, aber auch nicht dick, sodass man sie nur mit zwei Sänften tragen kann. Crassus lachte und öffnete wieder seine Augen und sah vergnügt zu Helena. Ui, mit den schwarzen Haaren lag er wenigstens richtig. Nun, ihr Charackter. Am liebsten wären mir ja alle drei Eigenschaften. Puuh, mit welcher der Eigenschaften ich wohl am besten Leben könnte? Nun, sie sollte schon einen gewissen Stand aufweisen und diesen auch vertreten können. Sie muss nicht wie die Augusta neben dem Augstus wirken, aber doch, der Ansatz sollte schon erkennbar sein. Gefährtin für meine Interessen? Crassus grinste spitzbübisch. Ach, es tat einfach gut mal drauflosreden zu können, ohne lange nachdenken zu müssen, was man deshalb über ihn Tratschen könnte. Er vergaß regelrecht seine sonst übliche Vorsicht. Ja, das sollte wohl am ehesten vorhanden sein. Sonst kann man die Zeit miteinander ja kaum angenehm verbringen. Mutter für meine Kinder? Natürlich auch wichtig. Keine hundert Kindermädchen können die wahre Mutter ersetzen. Crassus kratze sich am nicht vorhandenen Bart und sah nachdenklich zu Helena. Ich sehe schon, es fällt mir gar nicht leicht, mich auf eine bestimmte Eigenschaft zu fixieren. Also müssen wir wohl doch solange suchen, bis wir eine gefunden haben, die alle drei Eigenschaften erfüllt.

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