• Wenn auch Archias nicht quiekte, Axilla schon. Als er sie gegen die nächstbeste Säule drücke und durchkitzelte, lachte sie und schrie dabei so hell und laut, dass ein paar Sklaven schon besorgt ihre Köpfe aus verschiedenen Fenstern und Türen streckten, um zu sehen, ob ihrer Herrin auch nichts fehlte. Als er von ihr abließ, jappste sie erstmal nach Luft und hielt sich das schmerzende Zwerchfell.
    “Das war nicht fair. Du bist viel größer und stärker als ich“, warf sie ihm noch immer atemlos und von einem Ohr zum anderen grinsend vor, als er sie auch schon weiter zog. Schade eigentlich, denn so dicht an die Säule gedrängt waren Axilla schon auch ein paar andere Gedanken gekommen, denen sie nicht wirklich abgeneigt war. Aber nunja, Crios hatte gemeint, sie würden ncoh ein paar Tage warten müssen. Dass es ein paar Tage mehr werden würden, davon hatte Axilla ja keine ahnung.


    “Stimmt, da hätte ich doch glatt meine Tributforderung an dich vergessen!“ meinte Axilla freudig, als er das Picknick erwähnte. Auf das freute sie sich schon besonders. Endlich mal rauskommen aus der Stadt, endlich wieder frische Luft und so weit blicken, wie das Auge reichte.
    Und als Archias sich schön zweideutig gab, kam ihr auch noch anderes in den Sinn. Sie sah fast schon herausfordernd zu ihm auf und lächelte ihn vielsagend an, ehe sie auffällig unauffällig näher zu ihm schlenderte und sich so ganz kurz am Gehen an ihn schmiegte. “Ja, vielleicht sehen wir die eine oder andere. Wenn wir ihre Aufmerksamkeit irgendwie erregen, dass sie sich überhaupt zeigen...“


    Sie blieben an einer besonders trostlosen Stelle des Perystils stehen und Axilla sah auf die Wand und den Boden. Eine Quadriga. Ein Schiff. Puh.... “Na, bei Hunden erschrecken sich die Gäste dann noch. Lieber was fröhliches. Oder was heroisches. Oder beides.“
    Das Problem war, dass Axilla sich eigentlich zu nichts so wirklich entscheiden konnte. Eigentlich würde sie ja alles toll finden, was auch immer gemacht werden würde. Auf der anderen Seite hatte alles auch einen Haken. “Aber lieber kein Schiff. Ich muss noch immer an die letzte Überfahrt denken. Mir war noch nie im Leben so übel wie da...“ Dass das nicht nur die Seekrankheit war, das wussten beide ja jetzt. Dennoch wollte Axilla daran nicht denken, wenn sie durch die Gänge hier ging. “Dann lieber ein paar wilde Tiere und Jäger und eine Quadriga wie im Circus. Oder sowas.“

  • »Eben drum, aber du wolltest ja nicht hören. Selber schuld!« Caius grinste sie noch kurz an. Axillas Quieker und das Lachen klingelten immer noch in seinen Ohren. Der fröhliche Blick, den sie ihm danach dann zuwarf, freute ihn selber auch. Der bedeutete einerseits, dass sie nicht mehr so tieftraurig wie vorhin war und andererseits, dass sie sich auf den Ausflug freute.
    »Ach, da gibt's sicher einiges, was man so erregen könnte«, bemerkte er und grinste anzüglich.
    »Nur ob die sich das anschauen wollen, weiß ich nicht...« Caius würde wohl nicht mal Katander mitnehmen, zumindest was seinen momentanen (leichtgläubigen) Stand anging. Wenn der Ausflug dann stattfinden konnte, würde Caius neben der Picknickdecke wohl auch eine ganze Horde Beschützer einpacken (sofern er überhaupt stattfand), aber das wussten beide noch nicht.


    »Was Heroisches? Fröhliches? Öhm...« Caius kratzte sich nachdenklich an der Schläfe. Kein Schiff also. Caius schmunzelte und sah Axilla liebevoll von der Seite her an.
    »Das kam bestimmt nicht vom Schiff«, sagte er und drückte sie kurz an sich. Dann musste er lachen.
    »Ja, klar... Bei Hunden erschrecken sich die Besucher und bei wilden Tieren mit Jägern nicht?« Er grinste.
    »Was hältst du von Fischen und so? Vielleicht passt da dann auch da ein Triton hin.«

  • “Och, wenn man so die Geschichten von den Faunen und Silvanen hört, könnte ich mir schon vorstellen, dass das ganz interessant sein könnte.“ Und in Axillas Vorstellung hatte es etwas besonders reizvolles, das im Freien zu tun. Sofern es nicht zu kalt war. Wobei ihnen dabei sicher ganz schnell warm werden würde. Aber noch war das ja in weiter Ferne, und die Bilder im Kopf mussten genügen.


    Irgendwie hatte Archias es mit seinen Schiffen und Fischen und Nixen und Tritonen. Da kam er auch nicht von weg. Axilla war aber mehr für Dinge, die sich auf Land abspielten, und so riskierte sie eine erneute Kitzelattacke, indem sie ihn nochmal in die Seite knuffte. “Ja, wilde Tiere und Jäger sind was ganz anderes. Total und überhaupt und sowieso!“ Tzes, hier einfach mit profaner Logik ihr schönes Hirngespinst zerstören, wo gab's denn sowas?
    Sie überlegte und legte dafür einen Finger an die Lippe. Was könnten sie machen. “Ich weiß nicht. Fische und so ist nicht so meins. Lieber Elefanten. Oder Pferde. Oder sowas.“
    Oder was könnte man noch machen? Er schien das Meer ja ziemlich zu mögen. Vielleicht... vielleicht... “Oder eine Venus, wie sie aus dem Meerschaum steigt? Oder ist das zu anzüglich?“

  • Caius war überhaupt nur wegen Axilla auf noch nen Triton gekommen. Außerdem hatte er in Alexandrien oft solche Meersachen legen lassen. Die Alexandriner fuhren echt ab auf solche Motive. Caius schmunzelte nur und ließ Axillas Knuffen diesmal ungestraft.
    »Verstehe«, kommentierte er nur, vermeintlich total sachlich, aber eigentlich doch grinsend. Fische gefielen ihr also nicht. Auch gut. Er selber mochte das Meer ja eh nicht so. Zumindest, was über das Angucken hinaus ging. Das war ja in Ordnung. Nur bei Schifffahrten war's das dann nicht mehr.


    »Pferde sind doch auch gut. Wobei man dann echt gleich ein ganzes Rennen legen könnte.... hierhin die Blauen, die natürlich gewinnen. Und da die Roten. Da drüben die Weißen und die Goldenen. Und die Lilanen bekommen da ihren Fahrer. Die Grünen da hinten. Was meinst du? Und wir gewinnen natürlich.« Caius grinste breit und zufrieden. Die Venus passte da nicht so recht ins Bild. Caius lachte kurz auf und schob seine Nase an Axillas Ohr.
    »Die legen wir besser in dein cubiculum« flüsterte er ihr ins Ohr und kniff ihr dann in den Hintern. Dann zog er sie weiter.

  • Axilla quietschte einmal auf, als er ihr einfach in den Po kniff, und spurtete dann mit ihm, um ihn im Schwung gegen die nächste Säule zu drängen. Sie lehnte ihren ganzen Oberkörper gegen ihn, um ihn so am Weggehen zu hindern – und um ihn anzumachen.
    “Nanana, mich einfach so kneifen, darfst du das denn? Hast du dazu eine Erlaubnis?“ Sie grinste ihn frech an, und auch das letzte bisschen Traurigkeit von vorhin war erst einmal vergessen. Sie liebte es, mit ihm so rumzualbern und zu blödeln.
    “Ich glaub, das mit der Venus muss ich mir noch überlegen. Am Ende muss ich noch eifersüchtig sein, weil du immer, wenn du dann zu mir kommst, nur Augen für das Mosaik hast...“ Aber ansonsten war das ein Motiv, mit dem Axilla sich in ihrem Cubiculum wohl anfreunden konnte. Wobei ihr die Nymphen immernoch lieber wären.


    Ihr Blick glitt durch das Perystil. Ein Wagenrennen... ja, das war doch was. Das konnte man sich doch angucken. Würde auch schön viel Platz einnehmen und die nackte Wand so insgesamt aufpeppen. Aber warum die Blauen gewinnen mussten und wer in welcher Reihenfolge da ankam, da war sie sich nicht so sicher.
    “Hmmmm, das Wagenrennen klingt wirklich gut. Aber warum müssen denn die Blauen gewinnen? Ich weiß gar nicht, ob irgendein Iunier in irgendeiner Factio ist....“ Axilla hatte sich darum nie einen Kopf gemacht.

  • »Brauch ich denn eine?« fragte er direkt zurück und grinste sie frech an. War ja niedlich, wie sie sich gegen ihn lehnte. Als wenn eine Windbö versuchte, einen Baum umzuwerfen. Caius legte ihr die Hände rechts und links an die Oberarme.
    »Das kann überhaupt nicht passieren«, sagte er zu ihr.
    »Viel eher dürfte Venus neidisch werden, weil ich ihr dauernd übers Gesicht latsche, um mich zu dir ins Bett zu legen.« Caius grinste breit und lehnte sich dann vor, um Axilla zu küssen. Dabei rutschten seine Hände nach hinten auf ihren Rücken und hielten sie fest. Verdurrich, wie gemein. Die Frist war immer noch nicht rum. Deswegen war Caius auch dankbar, als Axilla wieder etwas ablenkte. Und im nächsten Moment sah er sie ungläubig an.
    »Weil wir der beste Stall sind und die besten Pferde auf dem Platz haben!« konterte Caius gleich mal automatisch.
    »Du weißt nicht, ob... Tsss... Na, ist eh egal. Natürlich begleitest du mich, und wir stehen immer bei den Blauen.« Caius lächelte souverän. Hoffentlich ging das nicht wieder genauso in die Hose wie bei Seiana... Die hatte er auch nicht von den wahren Meistern des Rennsports überzeugen können.

  • “Hmm... ich hab ja keine großen Brüder, die dich verhauen, wenn du mich ohne Erlaubnis einfach kitzelst. Aber so wirst du mit meiner Rache immer und jederzeit rechnen müssen.“ Und um ihn zu ärgern und um ihm zu zeigen, dass ihre Rache nicht unbedingt in Kitzeleinheiten erfolgen musste, schmiegte sie sich noch mehr an ihn und räkelte sich dabei ganz leicht, ehe sie von ihm abließ. Sie wusste, das war gemein, und sich selbst strafte sie dabei mindestens genauso sehr wie ihn, aber es ging ums Prinzip! Und ums letzte-Wort-haben.


    Dass er sie der Venus vorziehen würde, das war wiederum sehr schmeichelhaft. Axilla wollte zwar nicht den Zorn der Göttin riskieren, war sich aber auch recht sicher, dass die Schaumgeborene besseres zu tun hatte, als sich über Mosaike auf Fußböden von Schlafzimmern aufzuregen. Oder das aber einfach ignorierte. Egal, so bekäme sie schon irhe Nymphe wie gewünscht. “Na, dann gehen wir vielleicht doch auf Nummer Sicher und nehmen die Nymphen und Faune, die scheren sich da sicher nicht. Höchstens, weil sie vom Fußboden aus keinen guten Blick aufs Bett haben, um zuschauen zu können.“


    Aber beim Thema Factiones war Archias dann auf einmal sehr überzeugt und vehement. “Wir?“ Axilla blinzelte verwirrt. Wieso hatten da 'wir' die besten Rennpferde? Oder... oh, oh, hatte er ihr das mal erzählt? Sie erinnerte sich da dunkel an was, aber es war ihr nicht wichtig erschienen, also hatte sie es sich nicht gemerkt.
    “Oh, achso, du... achso, na dann... ähm, ja, die können natürlich gewinnen. Oder wir machen an jede Seite vom Perystil einen Wagen, und den Raum dazwischen als Rennbahn. Also nicht zusammenhängend ein Mosaik,. Sondern vier. Dann ist auch kein Gast beleidigt. Oder ist da gewinnen besser?“ Axilla hatte in ihrem ganzen Leben noch kein Rennen gesehen, folglich war ihr das relativ wurscht, wer da gewann. Woher sollte man sich für eine Factio entscheiden, wenn man noch nicht eine einzige gefahrene Runde gesehen hatte? “Und das heißt, wir gehen dann öfter zu den Rennen? Ich war noch nie auf einem! Ist das so aufregend, wie man sich erzählt?“

  • »Und du mit dem Echo. Und da gibts noch viel schlimmere Sachen, die ich machen könnte. Außer nur kitzeln, meine ich.« Caius grinste und dachte daran, Axilla aufzuknüpfen und dann zu kitzeln, wenn sie sich einfach nicht mehr bewegen konnte. Wär sicher ein Spaß. Aber nicht, so lang wie sie schwanger war. Hinterher wurde dem Kind von dem gewackel noch schlecht oder sowas.


    »Hättest du das denn gern?« fragte er sie und grinste verwegen. Waren ja ganz neue Seiten hier. Eigentlich hatte Caius lieber keinen dabei, wenn er mit Axilla schlief, außer ihr natürlich. Er fand, dass das niemanden was anging, auch einen Sklaven nicht. Dann musste man halt auf ein bisschen Luxus verzichten und sich danach selbst nen Becher Wasser angeln. Aber Caius wär es echt komisch vorgekommen, wenn er Tipps von Katander bekommen hätte, wie er irgendwas besser machen konnte oder sowas... Caius lachte kurz und zwinkerte Axilla zu.
    »Alles was du willst«, versprach er ihr leichtfertig.


    »Ja...natürlich wir!« empörte sich Caius und sah sie herausfordernd an.
    »Wir Blauen. Das gefällt bestimmt auch Merula, wenn er mal nach Rom kommt.« Der war nämlich auch ein Blauer. Caius grinste zufrieden.
    »Vier Einzelmosaike find ich jetzt aber nicht so spektakulär... Dann lieber eins.« Warum, war ja klar. Ihm fiel aber das Lächeln aus dem Gesicht, als Axilla ihm offenbarte, noch nie bei einem Rennen gewesen zu sein.
    »Das ist dein Ernst, oder?« fragte er vorsichtshalber noch mal nach, bevor er sie betrübt ansah und tief seufzte.
    »Das ist noch viel aufregender als wie man sich erzählt! Du kommst bei den nächsten Rennen natürlich mit. Oh, das wird dir gefallen: Quarto ist ja unser Faktionschef, der müsste eigentlich die Teilnehmer anmelden für die Rennen. Germanicus Sedulus ist sein Vertreter. Und jetzt neulich kam eine Einladung für die Megalesia-Rennen von diesem Aurelierädil, aber Quarto ist ja gerade nicht so gesund, und deswegen... Hab ich einfach ein Gespann gemeldet!« Caius sah Axilla begeistert an und wartete, aber der Sesterz schien nicht gleich zu fallen, weswegen er noch mal erklärend was nachschob.
    »Also ich! Nicht der offizielle Vertreter!«


    :D

  • Axilla versuchte ihren treuesten Hundeblick an Archias. “Du könntest mir doch nie was tun, oder?“ Ein paar mal mehr blinzeln, als es nötig gewesen wäre, aber nicht genug, um es als Wimpernklimpern gelten zu lassen. So albern war Axilla nun doch nicht, und sie kannte das richtige Maß, den richtigen Blick, um Männerherzen zu erweichen. Zumindest hoffte sie das, bislang hatte sie ihre Übung darin nie im Stich gelassen.


    Und Archias versprach auch schon, dass sie das Mosaik bekommen würde, wenn sie das denn wollte. “Ja, ich fänd das wirklich sehr nett. Und wenn ich mir das schonmal aussuchen kann dann können wir das doch auch gleich nehmen. Wird sicher toll.“
    Wo sie noch nicht so sicher war, war das Wagenrennen. Also, das in Mosaik gepresste an der Wand, das erst noch entstehen musste. Als Archias dann aber erwähnte, dass Merula auch Anhänger der Blauen war und Axilla einfach annahm, dass es also bei den Iuniern eh Tradition war, der Veneta zuzujubeln, konnte man die wohl auch an der Wand gewinnen lassen. Das wäre ja dann sicherlich auch den Gästen bekannt, zumindest jenen, die sich für Wagenrennen interessierten. So zumindest ihre Theorie.
    “Und das darfst du einfach machen? Nicht, dass dann die Schiedsrichter meckern.“ Gab es bei Wettrennen eigentlich Schiedsrichter? Axilla hatte nur die sportlichen Wettkämpfe zum Neujahrsagon in Alexandria gesehen, und da hatte es für ALLES Schiedsrichter gegeben. Aber auf jeden Fall klang es trotzdem recht beeindruckend.
    Einzig der Punkt mit Germanicus Sedulus gefiel Axilla nicht so wirklich. Warum musste es ausgerechnet der sein? Nun, Axilla hatte nichts gegen ihn – sie kannten einander ja so gut wie gar nicht – aber wenn der auch öfter bei den Rennen war, so wie Archias das eben für sich angekündigt hatte, dann würde er sicher auch öfter Serrana mitbringen und das würde die ganze Situation dann noch viel schwieriger machen.
    “Also, ich würde mir gern ein Rennen mal anschauen. Kann ja nicht sein, dass ich dann hier in Rom wohne, und nie auch nur ein Rennen sehe. Oh... da fällt mir ein... ich muss noch fragen, ob ich die Proxenie dann noch behalten darf, wenn ich ja gar keine Alexandrinerin mehr bin...“
    Der Gedankensprung kam recht plötzlich, aber Axilla würde ihren Wohnsitz noch für die Schreiber der Stadt umtragen lassen müssen, oder sich überhaupt als Einwohnerin mit Wahlrecht melden müssen. Ob sie da die Alexandrinische Ehrenbürgerschaft, die ihr ja doch einiges bedeutete, behalten durfte, wusste sie nicht.

  • Verdammt noch eins, wenn sie so guckte, konnte ihr doch keiner irgendwas abschlagen! Caius sah sie prüfend an und seufzte dann ergeben.
    »Nein, nie. Es sei denn, dir gefiele das.« Da zwinkerte er ihr zu. Immerhin hatte er da so die ein oder anderen Sachen im Kopf gehabt dazu.


    Caius hatte auch eigentlich eher den Boden gemeint, weil Mosaike legte man ja nur auf dem Boden. An der Wand wurde gemalt. Aber er wusste ja nicht, dass sie gerade aneinander vorbei sprachen. Überhaupt war das andere Thema auch viel interessanter.
    »Schiedsrichter gibt's da keinen. Das entscheidet der Ausrichter. Und ich hab eine Anmeldebestätigung gekriegt, also sind wir gemeldet. Hab auch nur das aelische Siegel drunter gesetzt, also hätte die Anmeldung auch direkt von Quarto kommen können.« Caius grinste hinterlistig. Aber er hatte das ja nicht erzählt, damit Axilla ihn toll fand, sondern weil sie so schlecht über die Germanicer geredet hatte und er ja diesem Sedulus damit eins ausgewischt hatte.


    »Da brauchst du dann aber die passenden Klamotten. Was Blaues.« Caius hatte da schon was im Hinterkopf. Er würde Axilla vor den nächsten Rennen ein passendes Kleid schenken.
    »Achso...ja meinst du denn, dass du die wieder abgeben musst? Hm...willst du eigentlich dann in Rom bleiben oder könntest du dir vorstellen, irgendwann auch wieder in den Süden zu gehen?« fragte er sie. Immerhin war's da unten eigentlich toll gewesen.

  • Axilla hatte keine Ahnung, wo was hingehörte. Sie hätte ein Mosaik auch einfach an die Wand gemacht. Sah doch sicher auch hübsch aus! Von daher merkte sie noch nichtmal, dass sie aneinander vorbeiredeten. Denn sie fand die Wände auch viel zu kahl und dringend verbesserungsbedürftig.
    “Und kriegst du nicht Ärger mit Quarto, wenn du einfach sein Siegel benutzt?“ kicherte Axilla halb. Sie stellte sich gerade vor, was los wäre, wenn sie sich Silanus' Siegel einfach mal schnappen würde und so das eine oder andere im Namen des Kaiserhofes veranlassen würde. Wäre ja immerhin das Siegel des Procurators ab epistulis drauf. Gut, sie hatte nichts, wo sie das brauchte, und das wäre ja auch gemein, und Archias hatte es ja auch nicht gemein gemeint, als er da einen Wagen angemeldet hatte. Er wollte ja nur seiner Factio helfen. Aber trotzdem, irgendwie hatte es den Reiz des Verbotenen.
    “Wie, was blaues?“ Axilla sah an sich runter, und sah dann Archias an. Sie hatte NIE was blaues an. Immer grün in den verschiedensten Facetten. Nur ganz selten mal was anderes. Axilla mochte grün. Es stand ihr. Und es sah lebendig aus.
    Da überrumpelte die Frage nach dem Süden sie doch ein wenig. “Öhm, klar würde ich auch wieder zurückgehen. Aber du bist ja jetzt hier, und wirst hier ja auch bleiben. Warum sollte ich ohne dich wieder zurück nach Ägypten?“ Also manchmal stellte Archias schon extrem komische Fragen. Wenn er ein Talent hatte, dann das, Axilla durcheinander zu bringen.

  • »Sein Siegel?« echauffierte sich Caius.
    »Ich bin doch auch ein Aelius, natürlich benutz ich unser Siegel dann...« Caius fand das ausnahmsweise mal nicht witzig. Er hatte sich ja nicht Quartos Amtssiegel geschnappt, sondern das normale Familiensiegel. Als Senator was zu siegeln, käm ihm auch gar nicht in den Sinn. Er zuckte mit den Schultern.


    »Ja, klar blau! Du kannst doch so nicht die Blauen anfeuern, wie sieht denn das aus? Als wärst du von der Praesina, neee....« Caius zog eine Grimasse und rümpfte die Nase.
    »Naja, weiiiil...vielleicht geh ich irgendwann wieder zurück. Berufsbedingt, mein ich. Und weil es mir da gefallen hat. Dir nicht?« fragte er sie. Inzwischen hatten sie das Peristyl zweimal durchlaufen, und Caius blieb stehen, um ins Haus zu linsen. Ob die anderen wohl noch im atrium rumstanden und schwatzten?

  • Ohja, da hatte Axilla wohl in die Vollen gelangt. Sie konnte ja nicht ahnen, dass Archias das so sehen würde. Daher schaute sie gleich ein wenig zerknirscht drein, als er sich darüber aufregte, dass sie meinte, es sei Quartos Siegel. Aber er hatte es selber doch grade so erzählt, als habe er im Namen seines Cousins gehandelt! Aber besser, sie hielt den Mund und ritt sich nicht noch weiter rein.
    Sie selbst hätte auch das iunische Familiensiegel wohl nirgends drunter gesetzt. Naja... vielleicht doch... wenn sie denn wüsste, wo Silanus das gelassen hatte... und wo denn das Wachs dazu war. Ein paar Sachen konnte sie ja wohl auch selber veranlassen, zumal das Männervolk da herzlich unbedarft vorging, wie sie fand. Trotzdem, Klappe halten war nun definitiv die weisere Wahl, und ab und an konnte Axilla ja auch mal auf ihren Kopf hören. So zur Abwechslung.


    “Aber ich hab gar nichts blaues. Das steht mir doch überhaupt nicht.“ War ihr doch wurscht, ob sie dann so aussah, als wäre sie für einen anderen Rennstall. Das war doch nicht so wichtig, was man anhatte, oder? Und sie konnte sich ja nicht extra ein Kleid kaufen, nur um Wagenrennen anzusehen. Soviel Geld hatte sie nun auch wieder nicht, um es für sowas rauszuschmeißen. Überhaupt, sie würde sich eine neue Arbeit nun suchen müssen, denn sie wollte ihr eigenes Geld verdienen. Ob irgendwer noch eine Scriba brauchte? Also irgendjemand, den sie nicht durch ihre bloße Anwesenheit tödlich beleidigt hatte, wie sämtliche Decimer, und wohl auch Senator Aurelius... dingsda. Ihr Namensgedächtnis war eine Katastrophe.
    Da kam das Thema Ägypten als Ablenkung wie gerufen.
    “Du meinst, wieder zurück nach Ägypten? Bald, oder nur erstmal so prinzipiell?“ Axilla war schon überrascht, da Archias sich ja eigentlich so angehört hatte, als würde er lange in Rom bleiben. Zumindest bei seinem Abschied von ihr, der ja etwas ausgeartet war, hatte er so geklungen, als würden sie sich mindestens für Jahre nicht wiedersehen. Und jetzt waren sie ein paar Monate hier, und er fragte, ob sie auhc zurückkehren würde.
    “Aber so prinzipiell, sicher. Ägypten ist wunderschön. Und ich mag die Leute da. Und die mögen ja auch die Iunier. Und es gibt so viel zu tun da. Und ich kenn ja auch alle.“ Natürlich würde Axilla mit nach Ägypten gehen. Das Land hatte für immer einen Platz in ihrem Herzen. Nur die Frage verwirrte sie nach wie vor, weshalb sie auch gleich weiterredete. “Nur ich mach mir sorgen, was dieser elende Terentier damit alles macht. Ich meine, nachdem er Urgulania ermordet hat, hält ihn jetzt doch keiner mehr auf. Ich hab da ehrlich gesagt Angst, dass es wegen ihm noch Krieg geben wird da unten. Ich meine, der ist doch echt ein Scheusal, findest du nicht? Der hat gar kein Gespür für die Griechen, und, und, und... ich hoffe nur, dass er seine gerechte Strafe kriegt. Und ich hoffe, Pluto hält sein Wort, und ich kann ihm dann ins Gesicht sehen, und... ähm, vergiss das, ich... bin grad etwas durcheinander.“ Verdammt, davon wollte sie ihm ja gar nichts erzählen.
    “Du meintest, die Blauen gewinnen beim Mosaik, und er soll gleich nochmal zweiter werden?“ Einfach Thema wechseln und ablenken, das konnte Axilla gut.

  • Caius hielt die Klappe. Er würde ihr einfach ein Kleid schenken und das musste sie dann anziehen, basta. Kam ja gar nicht in die Tüte, dass sie in Grün ging oder sogar in Rot! Geld spielte da für ihn keine Rolle. Er war zwar nicht Krösus, aber auch kein Bettelknabe. Also sagte er nichts und grinste nur kurz.


    »Ähm, erstmal nur so generell«, sagte er dann und zuckte mit den Schultern.
    »Ich mein, ich weiß echt noch nicht, was überhaupt mal wird. Aber nur so ganz allgemein. Ich denk, im nächsten Jahr wird das bestimmt eh nicht passieren. Wir haben ja auch erst unsere Läden umgeschrieben und alles. Vielleicht wollen wir ja auch erst wieder hin und uns die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, wenn wir alt und klapprig sind.« Caius grinste kurz und seufzte dann.
    »Ich mein, ich werd bestimmt nicht ewig procurator a memoria bleiben. Hab überlegt, ob ich mich auf den Posten von Silanus bewerben soll. Was meinst du?« fragte er sie und runzelte die Stirn. Aber ehe Axilla darauf antworten konnte, sagte sie was, das ihn echt irritierte. Er blinzelte und blieb dann stehen, um sie anzusehen.


    »Äh, Moment, was hast du gesagt? Welches Wort soll Pluto halten?« Caius war ja nun alles andere als sicher, was das Religionszeugs anging, abgeseehen von den normalen Opfern des Alltags, aber wenn sowas sagte man doch nicht ohne Grund. Vielleicht hatte sie aber auch nur irgendwem den Spitznamen Pluto gegeben. Obwohl das nicht ganz so schlau wär.

  • Jetzt, wo Axilla angefangen hatte, über Ägypten nachzudenken, konnte sie nicht mehr aufhören. Irgendwie vermisste sie das dort alles. Dort waren alle ihre Freunde, auch wenn die alle Griechen waren und keine Römer. Und dort war sie jemand richtig wichtiges. Hier interessierte sich außer Archias ja niemand für sie. Und die Casa dort war um einiges größer und luxuriöser. Und überhaupt, sie machte sich gerade wieder immense Sorgen über alles, was Terentius Cyprianus mit seiner schroffen Einstellung dort anrichten konnte. Vielleicht sollte sie einmal nach neuen Nachrichten dort unten fragen? Überhaupt, Nikolaos musste sie unbedingt noch schreiben und ihm alles erklären.


    Da riss Archias sie mit seiner Frage nach Silanus richtig aus ihren Gedanken, so dass sie erstmal nur verwirrt blinzelte. Und dann kam auch schon gleich die Frage nach Pluto hinterher, was ihr gar nicht hätte rausrutschen sollen, während er ihren Ablenkungsversuch total überging.
    “Ach, ist nicht so wichtig." Sie versuchte, beiläufig zu klingen, der forschende Blick, ob er die Ausrede auch schluckte, verriet sie aber wahrscheinlich dennoch. Also redete sie lieber gleich weiter und beantwortete seine Frage nach Silanus. “Und ich finde es eine tolle Idee, wenn du dich auf den Posten bewirbst. Ich meine, mein Vetter hat es ja sogar versäumt, eine ordentliche Amtsübergabe zu machen. Und da liegt die Arbeit jetzt ja sicher brach, und ich könnte mir vorstellen, die brauchen da bestimmt jemanden. Ich meine, geht ja um die kaiserliche Korri..um die Briefe für den Kaiser, die sind ja wichtig. Und wenn der ja auch mit dir verwandt ist, dann ist das doch fast sowas wie eine familiäre Pflicht, nicht? Und ich meine, du bist ja geeignet für den Posten, als Eques und so.“
    Unsicher sah Axilla zu Archias auf. Hoffentlich hatte ihr Redeschwall ihn genug abgelenkt, so dass er nicht noch weiter nachhaken würde wegen Pluto. Und Axilla hoffte einfach, dass Archias sie noch nicht so gut kannte, um dieses Ablenkungsmanöver und die kleine Notlüge zu durchschauen.

  • Caius, der eigentlich kein besonders guter Ablenkungsmanöver-Ignorierer war, sah Axilla nach wie vor skeptisch an. Die Sache mit Pluto war ihm ungeheuerlich. So jemanden verärgerte man nicht, auch nicht im Scherz. Er klappte schon den Mund auf und wollte entsprechend nachfragen, als Axilla auch schon weiterquasselte und Caius' Gedanken damit in andere Bahnen zwang. Und als sie fertig war, mit vielen Worten wenig zu sagen, war Caius nur noch verwirrt und blinzelte sie schräg von oben her an.


    »Äh..« Was hatte er eben noch gewollt? Er kniff die Augen knurz zusammen.
    »Gut, dann mach ich das, denk ich. Sobald Quarto wieder auf den Beinen ist.« Jetzt fiel ihm auf, dass diese Erkältungswelle scheinbar Rom im Griff hatte. Aber wegen ein bisschen Schnupfen wäre Silanus bestimmt nicht abgezogen...oder doch? Caius zuckte mit den Schultern und blieb dann wieder stehen.


    »Hm....was machen wir denn jetzt Schönes?« fragte er Axilla, ehe sich das altbekannte Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete.
    »Meinst du, das atrium wird immer noch belagert?«

  • Puh! Axilla konnte sich eben noch so beherrschen, nicht erleichtert auszuatmen, als Archias nicht weiter auf das Thema einging. Axilla wollte ihm von dem Fluch nichts erzählen. Am Ende würde er noch von ihr verlangen, ihn wieder zurückzunehmen! Nein, sie hoffte, Pluto schickte dem Terentier eine Plage nach der anderen, und wenn Axilla dafür hundert schwarze Ochsen opfern müsste! Aber bisher wusste sie ja noch nichtmal von dem Effekt, den der eine Ochse gehabt hatte.
    So aber hatte sie Archias wohl genug abgelenkt, und er schien nur etwas verwirrt zu sein, als er nochmal die Sache mit Silanus' Posten bekräftigte. “Ja, mach das“, stimmte sie ihm zu und musste daran denken, dass sie vermutlich Quarto immernoch eine Erklärung schuldig war wegen der kleinen Verwechslung der Tür damals bei Urgulanias Tod. Aber das lag so weit zurück, mit etwas Glück hatte der Bruder des Kaisers das schon vergessen. Passierte doch laufend, dass man sich in der Tür irrte, nicht? Nunja, vielleicht nicht so...


    Zum Glück war es jetzt Archias, der Axilla ablenkte. Sie sah zu ihm auf und schmiegte sich nochmal etwas frecher an ihn. “Oh, mir würde was Schönes einfallen. Aber nicht unbedingt im Atrium“, meinte sie vielsagend. Sie beide wussten, dass es noch nicht ging. Sie würden diese Woche noch mindestens warten müssen, aber Axilla ärgerte Archias einfach gerne, indem sie es ihm in Aussicht stellte.
    “Aber wir können ja mal ins Atrium schauen. Und ansonsten schlage ich dich auch gerne nochmal vernichtend beim Soldatenspiel in der Bibliothek“, meinte sie, als sie sich zurückzog, als wäre nichts weiter gewesen, und Anstalten machte, einfach weiterzuschlendern.

  • »Mmmmh«, brummte Caius nur und griff gleich etwas beherzter zu, als er Axilla zu sich heran zog. Aber er machte sich da keine Illusionen, sie musste noch warten, und Caius wartete mit ihr. Würde ja auch nicht mehr so lange dauern, das hielt er schon noch aus. Er seufzte leise. Das Blöde war, dass er wusste, dass Axilla ihn nur ärgern wollte. Und Caius ließ sich auch noch ärgern, obwohl er das wusste. Und das wiederum ärgerte ihn selber.
    »Du bist ein Aas«, bemerkte er noch, denn zumindest das hatte sie zweifellos verdient! Erst dann ließ er sie weiterschlendern. Und schlenderte hinter ihr her zum Ausgang (oder eher Eingang).


    »Gehen wir einfach direkt in die Bücherei«, sagte er, als sie Stimmen aus dem atrium hörten. Scheinbar war das noch besetzt.
    »Und wer hier wen schlägt, werden wir ja noch sehen«, grummelte er leise vor sich hin, als er hinter Axilla das Haus betrat.

  • Es dauerte über eine Stunde, bis die Statue aus dem Garten im Peristyl war. Sie war aus schwerem Stein gemacht – sofern es Marmor war, war es einer der billigeren Sorte – und so hatte es einiges an Muskelkraft und Seil gebraucht, sie hier ins Trockene zu schaffen. Aber schließlich stand sie, sah mit unbeweglichem Blick hinaus in den verregneten Garten und harrte der Dinge, die da kommen mochten.
    Und Axilla stand daneben. Der Pan war nicht größer als sie, und auch durch den Sockel, auf dem er saß, nicht höher. Sie blickte ihm in das fein gemeißelte Gesicht, in die unbeweglichen Augen, und einen Moment lang schien sie selbst wie zur Statue erstarrt, verloren in dem Anblick. Die Ranken, die die Statue umwachsen hatten, waren durch den Transport abgerissen. Nur noch hier und da waren kleine Reste, die sich an dem leicht porösen Stein festklammerten. Grüne Schlieren zogen hier und da über den Stein, vor allem an den Stellen, wo das Regenwasser sich festsetzen konnte, oder nur langsam wieder ablief, so dass sich Algen bildeten.
    “Herrin?“ Das Wort holte sie wieder zurück ins hier und jetzt und sie schüttelte sich ganz leicht, als würde sie frösteln. “Ja?“ fragte sie leicht erschreckt und sah in das Gesicht von Ladas, ihrem Maiordomus.
    “Möchtest du, dass die Statue gereinigt wird?“ fragte er, und irgendwie hatte Axilla das Gefühl, dass er die Frage wohl eben schon einmal gestellt hatte, sie es aber nicht so ganz wahrgenommen hatte. Er sah sie auch so komisch an, wie jemand, der eine Antwort von einem Kind erwartete.
    “Ja. Das heißt, nein. Ihr sollt ihn nicht reinigen. Ich will das selbst machen.“
    “Herrin, das ist keine Arbeit für dich. Lass das deine Sklaven tun.“
    “Nein. Nein, ich will das machen. Wenn du also warmes Wasser und eine Bürste bringen würdest.“
    “Herrin, Lauge ist schädlich für die Haut. Wenn du auf mich hören würdest und...“
    “Ich will ja keine Lauge, ich will Wasser. Einfach warmes Wasser. Und vielleicht etwas Seife.“ Sie wandte ihren Blick von der Statue ab und sah nochmals zu Ladas, bekräftigte ihre Bitte mit einem Nicken und einem Lächeln.
    Dieser schien nicht begeistert zu sein, aber dennoch tat er, wie ihm aufgetragen wurde. Es dauerte nicht lange, und Axilla hatte eine Handbürste mit kurzen Borsten, ein weiches Tuch, einen Holzeimer mit warmem Wasser, das in der kühlen Winterluft dampfte, und einen Tiegel mit Seife. Und Ladas hatte auch aufgehört, auf sie einzureden und sie davon überzeugen zu wollen, es doch die Sklaven machen zu lassen.
    “Danke, ihr könnt dann gehen“ war alles, was Axilla abschließend noch zu sagen hatte. Und ohne einen weiteren Versuch, sehr wohl aber mir einem väterlich-missbilligendem Blick, ließ Ladas sie dann auch in Ruhe.

  • Da standen sie nun, sie und Pan. Eine ganze Weile lang tat Axilla gar nichts, stand nur da und nahm jede Einzelheit der Statue in sich auf. Das fein gearbeitete Fell an den Bocksfüßen, wo sich besonders viel Dreck abgelagert hatte. Die trainiert aber doch nicht muskulös wirkenden Arme des Pan, wie er locker die Flöte hielt, und die kleinen, schwarzen Füßchen der abgerissenen ranken, die dort herumgewachsen waren. Seine steinernen Haare, die trotz ihrer unbeweglichkeit so wirkten, als hätte der Wind sie zerzaust, und die Hörner, die sich fast wie nur zwei weitere Haarlocken nach Hinten in die wilde Frisur bogen. Das junge Gesicht, jugendlich und schelmisch gestaltet, fast als würde er leicht über seine Betrachtung des Menschleins vor ihm schmunzeln und etwas sagen wollen, sie reizen, necken wollen. Der leichte Bart am Kinn, kein wirklicher Ziegenbart, wie er sonst oft dargestellt wurde, mehr ein kurzer Flaum, spitz zulaufend. Die nackte Brust, ebenso trainiert wie die Oberarme, ohne an die Muskeln eines Hercules zu erinnern, und doch nicht wirklich schmächtig. Er war schön, fand Axilla. Trotz der grünen Schlieren, trotz des Drecks und den Pflanzenresten, trotz des nicht perfekten Steins. Oder vielleicht gerade, weil er nicht perfekt war, fand Axilla ihn schön.


    Irgendwann lächelte sie schüchtern zurück, schlug die Augen auf, als würde sie den stummen Flirt der Statue erwidern. Wäre er aus Fleisch und Blut, Axilla wusste, er hätte auf diesen Blick wohl reagiert. Sie hatte durchaus genug Wissen gesammelt, um zu begreifen, wie Männer auf tiefe Blicke unter schwarzen Wimpern hervor reagierten. Aber Pan reagierte nicht weiter, er lächelte nur weiterhin spitzbübisch und vielleicht ein wenig herausfordernd.
    “Und, Pan, darf ich dich putzen? Du hast doch nichts dagegen?“ Vielleicht war es albern, die Statue zu fragen, als wäre sie der Gott. In gewisser Weise war sie der Gott, aber nicht wirklich. Sie war nur ein Bildnis seiner Präsenz hier, schuf eine Brücke zwischen ihrer Welt und seiner Welt und machte ihn so für Axilla erfahrbar. Dennoch konnte Pan wohl nicht wirklich darauf antworten. Auch wenn Axilla es sich vielleicht gewünscht hätte.
    Von allen Göttern, ja vermutlich von allen Wesen, war Pan der einzige, bei dem Axilla glauben konnte, er könnte sie verstehen. Er war nicht der römisch strenge Faunus, als welchen Ovid ihn erkannt haben mochte. Er war auch kein mysteröser, bärtiger Sylvanus. Er war noch nicht einmal der lärmende Inuus der Lupercalien. Er war im Grunde mit keinem römischen Gott wirklich zu vergleichen, oder auch mit einem Gott irgendwo anders. Pan war einfach Pan. Pan war alles, Pan war Natur, Pan war Leben, Pan war geboren aus Chaos, ein Nymphenkind, frei wie Bacchus, alt wie Iuppiter, und doch jung wie ein Menschenkind. Und von allen wohl der einzige, der verstand, dass man begehren und lieben konnte, dass man leben und frei sein wollte, dass man Chaos im Vorbeigehen stiftete, ohne sich darum wirklich Gedanken zu machen, und dass man dennoch sich einsam fühlte. So zumindest sah Axilla den Pan hier vor ihr, und so fühlte sie sich auch selbst. Und daher war es für sie keine Frage, ob sie mit ihm sprechen durfte, ob sie kultische Regeln einzuhalten hatte oder ob die Sklaven diese Arbeit eigentlich verrichten sollten. Sie wollte ihm nah sein, diesem Wesen, ohne wirklich so verrückt zu sein, wirklich zu versuchen, sich einem Gott zu nähern.


    Sie nahm die kleine Bürste mit den festen Borsten und tauchte sie in das warme Wasser. Ihre Haut war von der Winterluft ganz kalt, und es entstand ein unangenehmes Kribbeln auf der Haut, als sie in das weitaus wärmere Wasser eintauchte. Aber Axilla jammerte nicht. Jammern war was für kleine Mädchen.
    Und dann fing sie an, die Statue zu putzen. Erst die Oberarme, die relativ problemlos zu säubern waren. Nur hier und da hatten sich Ranken festgesetzt und ihre Spuren hinterlassen. An den Unterseiten der Arme, wo das Wasser entlanggelaufen war, hatte sich eine Spur wie ein grüner Faden gebildet, und mit ein paar kräftigen Schrubbbewegungen war das beseitigt.
    Dann aber folgte der weitaus schwierigere Teil: die behaarten Beine. Hier gab es viele stellen, wo sich Moos und Algen festgesetzt hatten, viele kleine Kanten und Wellen, schlicht viel Fläche. Und dementsprechend sah das steinerne Fell des Pan ja auch aus. “Wenn ich so vom Spielen heimgekommen bin, konnte ich nur beten, dass Mutter mich nicht erwischt, ehe ich im Balneum war.“ Sie schenkte Pan einen halb zweifelnden, halb neckischen Blick und atmete einmal mit einem deutlichen “Puuuuh“ aus. Hier brauchte sie Seife. Definitiv.


    Und so wurde der Tigel geöffnet, in dem die Seife war. Erst vor zwei Wochen hatten sie die gekocht aus Fett, Asche und ein paar Kräutern, damit das Gemisch nicht gar so schlimm roch. Heute war Axilla recht froh, dass sie sie hatten, und so landete eine großzügige Menge des schmierigen Gemischs auf der Bürste und wurde nach und nach mit genügend Wasser auf dem Stein verteilt.
    Axilla fing dabei von dann Hufen her an und arbeitete sich mit kreisenden Bewegungen immer weiter nach oben. Immer wieder blickte sie auf zu dem Pan, ob der sich nicht doch bewegte. Man erzählte sich ja allerhand unglaubliches von verschiedenen Kultbildern. Vor allem die Statuen der Venus sollten ja ein reges Eigenleben führen und Anhänger zum Beischlaf verführen. Und auch, wenn Axilla so einen Schmarrn nicht glaubte, so ganz sicher war sie sich doch nicht.
    Aber Pan bewegte sich nicht, auch nicht, als sie immer höher kam und schließlich bei seinem Schoß angelangt war. Sie sah ihn noch einmal sehr prüfend und kritisch an, auch wenn das mehr Spiel als ernst war. “Komm ja nicht auf falsche Ideen!“ meinte sie lachend, ehe sie dort kräftig schrubbte und die Stelle von Algen und Moos befreite.

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