Das selbsternannte Orakel Germaniens

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    Urgulanilla sah Maximian seltsam an, zuckte dann die Schultern.
    "Woher soll ich das wissen? Ich bin ein Orakel, keine Wahrsagerin. Die Eins steht als Zeichen für dunkle Machenschaften, was ich hier ausschließen würde, oder aber als Zeichen für drohendes Unheil oder Gefahr. Sie kann bei anderen aber auch Zuversicht bedeuten oder einfach eine Zahl sein, die für etwas steht. Einen Tag, ein Jahr, eine Woche... Oder etwas, das die Eins trägt, wie ein Glas, eine Fahne oder ein Banner. Keine Ahnung, das kann alles sein."


    Sie runzelte die Stirn und schob einen der Knöchelchen etwas beiseite, sah genauer auf die Karte.
    "Hm. Die Eins hat mit unserem Freund hier zutun", sagte sie und zeigte auf den Zeigefingerknochen.
    "Aber mehr sehe ich beim besten Willen nicht."


    Urgulanilla lehnte ich zurück und musterte Maximians Begleiter und dann Maximian selbst.
    "Was hast du mir eigentlich mitgebracht, eh?" wollte sie wissen.

  • Das nun verwirrte Maximian. Eine Eins also. Maximian wusste nicht, was sie bedeuten konnte. Nichts von den Möglichkeiten wusste er auf irgendwen zu beziehen, er hatte von ihnen ja nichts gehört, wie es auch andersrum der Fall gewesen war.
    Je mehr er darüber nachdachte, desto enttäuschter wurde er, dass Urgulanilla ihm nichts Genaueres sagen konnte.


    Er lehnte sich zurück und stützte den Kopf auf seine Hände, die Arme stellte er auf den Tisch. Eine Eins. Nein, er wusste wirklich nicht, was diese Zahl bedeuten konnte, zumal sie mit Livianus zusammenhing, der ihm sowieso gestohlen bleiben konnte.


    Er sah das Orakel reden, aber er reagierte nicht. Erst einen kleinen Moment später wurde er sich wieder bewusst, dass sie nur mit ihm sprach. Also, was hatte er ihr mitgebracht?
    "Mitgebracht? Ich verstehe nicht.... Ich habe nichts mitgebracht, außer ihm dort. Und er ist dafür da, um auf mich Acht zu geben."

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    Das wiederum verärgerte Urgulanilla. Sie runzelte die Stirn und schimpfte:
    "Wie, du kommst also hierher, willst Rat von mir uns hast nichts dabei, womit du bezahlen könntest?"


    Ungläubig schüttelte sie den Kopf. Das war ja prima! Sie massierte sich die Schläfen und seufzte tief, dann deutete sie auf Maximians Begleiter.
    "Gut, dann nehm ich eben den da", gab sie sich zufrieden und bleckte ihre verfärbten Zähne. Neben Maximian zischte es plötzlich, als eine recht stattliche Schlange von einem Balken auf den Tisch glitt und auf Urgulanilla zuhielt, die die Hand ausstreckte und die Schlange doch tatsächlich tätschelte.


    "Hm. Gibt's denn sonst noch was, das ich für dich tun kann?" fragte sie ohne großes Interesse, aber höflich war sie nun einmal und für den Kerl da hinten würde sie Maximian auch noch die ein oder andere Frage beantworten.

  • Maximian konnte nicht anders als endlich mal zu grinsen, dann wandte er sich zu seinem Aufpasser herum, der den Kopf schief legte und ihn vielsagend anstarrte. War doch eigentlich gar keine schlechte Idee, oder?


    "Nein, den kriegst du nicht. Er gehört meinem Vater und ich fürchte, der hätte etwas dagegen einzuwenden, wenn ich damit anfange sein Personal verschwinden zu lassen. Aber ich habe Geld dabei. Ausreichend, würde ich wohl meinen. Viel genug jedenfalls, dass du mir noch mindestens eine Frage beantworten kannst."


    Er üerlegte einen Moment und schob bei dieser Gelegenheit die Gedanken an Valeria und Livianus beiseite. Er dachte sowieso inzwischen viel zu ungern an die beiden.
    Es fiel ihm freilich etwas ein, das ihn ebenfalls beschäftigte, wie es jeden jungen Mann beschäftigte, der an der Schwelle zum "wahren" Leben stand.


    "Wie sieht es mit meiner Zukunft aus? Ich werde der Legio beitreten, recht bald sogar. Werde ich Erfolg haben?"

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    Urgulanilla zog eine Schnute und grummelte etwas in Germanisch vor sich hin, als sie aber von Geld hörte, hellten sich ihre Augen wieder auf und sie grinste. Wer auch konnte wohl kein Geld brauchen? Zwar römisches, aber besser als leer auszugehen. Als er dann seine nächste Frage stellte, musste sie gar lauthals lachen. Er wollte wissen, ob er Erfolg in der Legion haben würde, stellte die Frage aber so ungeschickt, dass Urgulanilla sie ihm spitzbübisch beantwortete.


    "Oh ja! Mit deinem Beitritt in die Legion wirst du ganz bestimmt Erfolg haben!" sagte sie grinsend.
    "Was die Zeit danach angeht... Naja, das hängt von dir ab. Wenn du ständig mit dir selbst zutun hast, weil die die Dinge nicht akzeptierst und lernst, damit umzugehen...nun, dann fürchte ich, wird dem nicht so sein."

  • Jetzt war er aber entrüstet, nachdem er den ersten Teil ihrer Antwort geflissentlich ignorierte. Er wusste freilich, dass ihm der Eintritt gelingen würde, er war ja kein Niemand.
    Aber was sollte denn das bitteschön bedeuten, hä? Wenn er nicht ständig nur mich sich selbst zu tun hätte und die Dinge akzeptierte, wie sie nunmal waren... Maximian lehnte sich zurück und sah das Orakel mit zusammengezogenen Augenbrauen an.


    "Ich bin im Begriff es zu lernen, auch wenn es mir nicht passt, wie die Dinge stehen. Aber das geht nunmal nicht von heute auf morgen....", brummte er, weil er momentan doch das Gefühl hatte, sie hätte ihn mit einem einfach Blick durchleuchtet und würde verstehen, was er damit meinte. Oder auch nicht.


    Seltsam, dass er sich so auf diesen Hokuspokus eingelassen hatte. Aber immerhin hatte sie ihm bislang keinen Tod prophezeit. Ergo stand dieser noch in weiter, weiter Ferne, hoffte er. Die Sache mit dem Abwenden von Valeria hingegen gab ihm nachhaltig zu denken.
    Seltsam, dass er ihren Worten scheinbar wirklich Glauben schenkte.


    "Hm.", machte er und nickte nachdenklich. "Habe ich noch etwas vergessen? Siehst du vielleicht noch etwas in deine...."
    Er machte eine Geste, die auf die Karte mit den Knochen deutete und sah sie fragend an. Früher hätte er sich nachdenklich am Hinterkopf gekratzt, aber das unterließ er jetzt.

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    Insgeheim lachte sich Urgulanilla ins Fäustchen, weil sie den jungen Mann so aus dem Konzept gebracht hatte, dass er nun entrüstet und verblüfft zugleich schaute. Zudem schien er nicht gerade gern über das Thema zu reden, denn er gab eine brummelige Antwort und wirkte nachdenklich.


    "Na", sagte Urgulanilla geschäftig.
    "Wenn nicht von heut auf morgen, dann vielleicht von morgen auf übermorgen. Jedenfalls solltest du dich nicht zu lang mit dir selbst aufhalten, es wird nämlich in naher Zukunft Dinge geben, die von dir Freude und Anteilnahme erfordern statt Trübsal und Zorn. Wie dem auch sei, ich weiß ja nicht, was du angestellt hast oder deine kleine blonde Freundin da, aber ich weiß, dass sie nicht das ist, für das du sie hältst - nämlich römisch. Aber egal, das tut ja nichts zur Sache...."


    Urgulanillas verfärbte Zähne lugten bei ihrem breiten Grinsen hervor und sie beendete Maximians Satz mit:
    "...ob ich in den Knochen lesen kann? Nee. Kann ich nicht. Aber anhand der Art, wie sie liegen, kann man das ein oder andere erfahren. Zum Beispiel, dass du sie in naher Zukunft zufällig wiedersehen wirst."


    Urgulanilla verstummte und packte dann ganz urplötzlich Maximians Arm und sah ihn eingehend an. Genauso vereinnahmend war ihre Stimme nun.
    "Sie wird etwas Wertloses bei sich tragen, was doch von großem Wert ist. Jemand will ihr etwas Böses. Vielleicht steht es in deiner Macht, das Böse von ihr abzuwenden."


    Sie ließ Maximian los, grinste und räumte dann die Knochen zusammen, als ob nichts gewesen wär. :D

  • Maximian verstand nicht und dementsprechend war auch sein Gesichtsausdruck. Was würde ihm demnächst Freude und Anteilnahme becheren? Die Hochzeit von Valeria und Livianus? Wohl weniger. Und wie, sie war nicht das, für das er sie hielt? Hä? Vor allem: Nicht römisch? Wie jetzt.... Valeria war keine Römerin? Oder das, was ihm Freude und Anteilnahme bereiten würde? Und für was hielt er das alles?


    Jetzt war er verwirrt und blinzelte das Orakel an, doch sie beantowrtete sogleich seine Frage. Somit verbannte Maximian die Zweifel an ihren Worten, nickte, und sah auf die Karte.
    Soso. Er würde sie also wieder sehen. Konnte er jetzt noch davon ausgehen, dass Valeria mit "sie" gemeint war? Und warum würde er sie wiedersehen? Er würde sicherlich nicht zu ihr Reiten und er hoffte, dass sie es ebenfalls nicht tun würde. Wobei... wenn sich alle von ihr abwendeten?


    Maximian seufzte und fuhr zusammen, als Urgulanilla plötzlich nach seinem Arm griff und ihn festhielt. Verdattert und ein wenig verängstigt blickte er von ihrer Hand in ihr Gesicht, dass sich nur ganz langsam entspannte, nachdem sie ihn wieder losgelassen hatte und so tat, als wäre gar nichts gewesen.


    "Etwas Böses.... und es liegt in meiner Macht, es von ihr abzuwenden... vielleicht... Hm."


    Maximian war das Rätseln leid und fuhr sich mit den Händen über die Augen, die vielleicht auch wegen verschiedenen Gerüchen und Dämpfen in der Luft müde wurden. Sein Knochenbild war zerstört, also gab es wahrscheinlich nichts weiter in ihnen zu erkennen. Aber er hatte ja auch wahrlich genug erfahren, obwohl er sich irgendwie blöder vorkam als noch auf dem Weg hierher.


    "Also gut. Du warst.... auf deine Art überzeugend. Mal sehen, was von deinen Worten wahr wird. Ich hoffe, den Rest werde ich jemals verstehen lernen."
    Er zog beide Brauen nach oben, womit die Stirn sich runzelte, schmatzte einmal und zuckte dann mit den Schultern. Seine linke Hand griff dorthin, wo Maximians Geldsäckchen in einer Falte der Tunika unter der einfachen Toga versteckt war. Aus dem Lederbeutelchen nahm er einige Geldstücke, verzählte sie und klopfte sie auf den Tisch vor sich. Der vierte Teil seines monatlichen Taschengeldes schimmerte im Kerzenlicht.
    "Das sollte doch wohl genügen?"

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    Urgulanilla runzelte missbilligend die Stirn und erwiderte lediglich:
    "Erinnere dich an meine Worte, junger Mann. Was ich gesehen habe, wird zutreffen."


    Während sie sprach, kramte Maximian in seinem Geldbeutel herum und legte dann ein paar Münzen auf den Tisch, die Urgulanilla skeptisch beäugte. Dann schüttelte sie skeptisch den Kopf und deutete auf den kleinen Geldberg.
    "Wenn das aber alles ist, nehme ich jedes Wort zurück und belege dich und deine Familie mit einem Fluch. Davon kann man ja nicht mal euren Göttern gescheit opfern, geschweige denn, sich was Gutes zu essen kaufen....."

  • Maximian verdrehte die Augen. Er hatte sich schon gedacht, dass sie sich nicht so schnell zufireden geben würde. Ein Glück war gerade erst der neue Monat angebrochen und er hatte noch kaum etwas ausgegeben. Also gut, sagte er, befeuchtete die Unterlippe und suchte erneut Münzen heraus. Er nahm noch ein Viertel und teilte den Rest durch nochmal vier. Dann jedoch zögerte er und packte dieses Achtel wieder zurück in den Beutel.


    "Also gut. 100 Sesterzen sollst du bekommen.", sagte er und legte die restlichen Münzen auf den Tisch, Urgulanilla mit wachsamen Blick musternd. "Es würde in deinem Interesse liegen, nicht auf mehr zu pochen oder irgendwen mit einem Fluch zu belegen. Nachher verirrt sich noch eine Turma in dein hübsches Wäldchen."


    Er drohte ihr nicht oder nicht mehr, als sie es zuvor getan hatte. 100 Sesterzen, nahm er an, waren für eine Frau, die nur in einem Wald hauste, eine ganze Stange Geld.

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