Unter dem Aquädukt

"Die Briefe werde ich mir gerne einmal ausleihen und vielleicht kopieren.
Nun, möchtest du in der Casa Petronia leben? Dann würde ich vorschlagen, dorthin zu gehen."

"Auf geht's"

"Schön! Folge mir!"

Longinus führte Gabor hierher. "Ma' hot mir g'sogt, des wär' der geheimste Ort in da Stadt... niemand, wo am hert... niemand, wo am siacht...", nuschelte er. "Guat... darf i' amol frag'n, wie abenteierlustig du bist?"

Kaum zweifelnd war Gabor Longinus gefolgt, bis er schließlich unter dem alten Aquädukt ankam. Es war schon recht finster, doch Gabor, benebelt durch die Trauer und auch den Wein, nahm es kaum wahr. Er musste sich anstrengen um dem Mann zu folgen.
"Ich bin sehr abenteuerlustig. Ich habe viel zu viel Kraft, habe ich häufig das Gefühl. In Rom war ich zur Beschleunigung meiner Karriere in den Cohortes Urbanae und habe dort das Training erhalten... Genoßen kann man wohl kaum sagen... Seit dem ich hier in Hispania bin hänge ich in meinem Officium rum und sehe keine Pferde und keine Frauen. Ich habe nur mit langweiligen Beamten und Sklaven zu tun, die verstaubte Akten sortieren und mir Arbeit vorwerfen.
Im Moment fühle ich mich eher geschwächt, doch ich glaube, dass ich die Energie, die ich durch die Rachlust erhalten werde, das sehe ich jetzt schon kommen, obwohl ich noch von Trauer ganz benebelt bin, werde ich irgendwo hinstecken müssen. Ich bin nicht geboren um Reden zu schwingen und rumzusitzen. Außerdem bin ich stolzer Plebejer und meine, dass ich auch eine angemessene Arbeit tun sollte und keinen langweiligen Adeligenposten besetzen sollte. Das ist unter meiner Würde!"
Nun hatte Gabor alle seine Kraft in die Worte gelegt und es klang schließlich doch wie eine Rede. Wie entschuldigend blickte er den wilden Helvetier von unten herauf an. Wenn er ein Helvetier war. Nun, das war schließlich und endlich wohl egal.

"Hm. Des klingt bled. Keine Pferde, na guat... keine Frauen, a' recht... oba nix erleben? Des is' deppert. Oba, du g'fallst mir. Echt. I' denk', mit dir kann ma' wos anfangen... I' sog' da wos. I' hob' scho' an netten klanen Ausflug g'macht, ins Hügelland. In die Näh' von Osca, wenns't des Kaff kennst...", er spuckte nach links aus. "Die Leit' dort'n san bitterarm. Und olle ham' an hass auf d'Römer. De Ausbeuter. Pah. Recht ham's." Nochmals spuckte er aus. "De Basken, des san' wilde Burschen... und guate Räuber. I' hob' ma grad' a bisserl Geld derschwindelt, wie, sog' i' da net... i' wär' gern mit am Gefährten no amol ins Hügelland g'ritten und dabei an Haufen auf die Beine g'stellt... wenns't es umbedingt wissen willst: a Bande. Und mir wer'n net immer legale Sachen machen, na, heast! Pferde, Frauen und Abenteier wirst' da haben, zum Schweine Futtern! Interesse?"

Erst schaute Gabor erstaunt, doch dann packte ihn ein jugendlicher Eifer.
Er war schlicht begeistert.
"Ja, ich bin sehr interessiert. Doch es würde mich auch noch sehr interessieren, wie du es geschafft hast an Geld zu kommen! Da ich mein bürgerliches Leben nun wohl aufgebe, könnte ich wohl noch etwas beisteuern! Natürlich nur zur gemeinsamen Sache. Glaubst du denn, du kriegst eine Bande zusammen?"

"Guat, i sag' da, wie i' an Geld kumm... da Comes hat mi' eing'stellt. Spionieren. M-hm. Unsere sache wer' i' net verraten, oba alles and're schon... sog', du kannst was beisteuern! Du bist Magistratus... wenn du mit mir geh'n wills't, und des freut mi' gewaltig, sog' i' da, hast' doch sicher lauter Papiere... Unterschlagungen, Bestechungen... gib's mir, i' gib's am Comes, und dann sackeln mir beide des Geld ein!"

"Hat der Comes etwa vor die Korruption hier in Hispania auszurotten? Na, das kann ja etwas werden! Nein, ich habe leider keine Ahnung von Intrigen, aber es sollte kein Problem sein, sich etwas auszudenken!
Mir würde sicher einiges einfallen...!"

"Guat! Denk' dran... nach dir die Sintflut! Wenn's dahinter kummen, san' mir scho' längst im Hinterland!"

"Ja, dann sind wir längst weg. Willst du dir zu morgen was ausdenken, dann können wir morgen Abend abreisen. Kannst du reiten? Dann könnte ich Pferde besorgen!"

"Sche... schieben mir einfach dem Duumvir von Tarraco einen Riesenskandal in'd Schuach. Und dann nix wie weg! Und klar kann' i' reit'n - wenn ma' mi' lässt... und du besorgst die Gäule, des is' nett von dir... oiso, wie pack' ma's an?"

Das letzte verstand Gabor nicht, deswegen ging er nicht darauf ein.
"Wo wollen wir uns denn treffen?"

"Wieso sog'st net einfach, dass du nix verstehst? Oiso...", er atmete tief ein, "mir schieben dem Duumvir von Tarraco einen Skandal unter, und dann zischen mir ab! Mit deinen Gäulen! Und treff' ma uns... hm... in 2 Tagen. Recht so?"

"Wo?", fragte Gabor nun leicht verwirrt.

"Na hier!", antwortete er. "Genau hier! Und... traust' di' zu, so wos zum Machen?"

"Aber selbstverständlich!", sagte Gabor nun im Brustton der Überzeugung.

"Jo... des is' jo nur no' fantastisch!", freute sich Longinus. "Oiso... bis dann. Oder gibt's sonst no' wos?"

"Nein.
Moment, doch. Soll ich irgendwelche Waffen mitbringen? Und was soll ich Agrippa erzählen? Dass ich nach Rom gehe?"

"Hm... Waffen, des wär' a' nette G'schicht'... oba net zu viele! Speere, Stäbe und Bogen könn'ma brauchen. Und Messer, des wär' guat. Und erzähl' Agrippa, wos dir einfallt... Rom zum Beispiel... oder sog' ihm gar nix."