[Hortus] Der Garten

  • Im Garten spielte ich mit einem Messer. Was sollte ich nur tun? Schon wieder waren wir an einem neuen Ort. Schon wieder dachte ich an Ilaria, die inzwischen sicher tot war. Auch Livia hatte ich zurücklassen müssen, ohne mich zu verabschieden. Miriam liebte einen anderen und ging mir aus dem Weg.


    Der Schnitt würde sicher nicht weh tun. Und er würde all meine Leiden auf immer beenden. Ich seufzte und starrte auf die silbrige Klinge des Küchenmessers. So ein kleiner Gegenstand, ging es mir durch den Kopf, und soviel Macht, die er besitzt. Verwunderlich. Ich schluckte und führte die Klinge an meinen Hals. Ein qualvoller Tod, aber im Elysium würde ich sicher meinen Frieden finden.


    Es kostete mich sehr viel Überwindung, das kalte Messer gegen meine Halsschlagader zu pressen. Aber...irgendwie...konnte ich den Schritt nicht zu Ende führen.


    Ich hatte Angst.




  • Es war alles so neu, das Land, dieses Haus, einfach alles. Sie wusste nicht wie sie sich an all das gewöhnen sollte. Es war noch gar nicht so lange her, da wurde sie aus Hispania gerissen und musste sich mit Germanien anfreunden und nun war es Italia. Der Einschnitt war groß, nicht nur was die Länder beztraf sondern alles, einfach alles. Sie wusste nicht mehr wie sie denken sollte und fühlte sich einsam und verlassen. Miriam kam sich vor als hätte sie ihre Seele in Germanien gelassen, als hätte man sie ihr dort geklaut und aus dem Leib gerissen um ihr eine Strafe für das ganze leben aufzubrummen.
    Der Gebäudekomplex schien so aufgebaut wie immer und doch war er so anders. Sie wusste nicht ob sie sagen sollte freundlicher oder nicht. Auch warum sie sich hier wieder frei bewegen durfte, sie hatte das alles immer noch nicht verstanden und stackste nun vorsichtig überall rum um sich einzugewöhnen und so ging sie auch in den Garten, der einzige Ort an dem sie ein wenig Freiheit spüren konnte und durfte, denn raus konnte sie nicht soviel sie wusste, aber sie konnte es verstehen.


    Der Garten war wunderschön ein Ort an dem manb wirklich alles vergessen....


    Miriam erstarrte als ihre Augen das Geschehen nur wenige Meter von ihr entfernt wahr nahmen und sie brauchte eine halbe Ewigkeit bis sie bereit war das zu verarbeiten was ihre Augen ihrem Geist mitteilen wollten. Bitte nicht wollte sie rufen, doch ihre Stimme versagte und es kam kein einziges Wort, nichts.....


    Ihr Körper wollte sich nicht wirklich bewegen, aber irgendwie was sie dann doch bei ihm kniete mit einem mal vor ihm im Gras und sah ihn aus großen Augen an. Unfähig etwas zu sagen legte sie eine Hand auf seine, an dem Messer, an seinem Hals. Er durfte das nicht tun. Tränen stiegen in ihre Augen und sie wünschte etwas sagen zu können, aber es geschah nicht, einzig alleine ihr Blick traf ihn.


    War das nun auch wieder ihre Schuld? Hatte sie dies wieder einmal hochbeschworen? Sollten sie nicht wenn überhaupt diesen Weg zusammen gehen? Sie hasste sich schon wieder mehr, von Sekunde zu Sekunde......


  • Ich hörte Miriam kommen, aber ich ließ die Hand mit dem Messer nicht sinken. Im Gegenteil, ich drückte noch fester zu, sodass zwei Tropfen Blut aus der Haut traten. Aber zustechen konnte ich nicht. Schon gar nicht, als Miriam sich vor mich kniete und mich mit tränenerfülltem Blick ansah. Ich versuchte es, bei Mars, ich versuchte es! Aber meine Hand zitterte so stark und ich hatte zu viel Angst, sodass ich es einfach nicht konnte.


    Heftig atmend starrte ich die kleine, schlanke Sklavin an, die vor mir hockte. Ihre Hand war warm und weich, wie sie sich an meine schmiegte. An die Hand, die das Messer hielt. Ich schluckte und ließ die Hand dann sinken. Ganz langsam und unter größter Anstrengung. Dann entglitt das Messer meiner Hand und fiel ins Gras. Ich sah Miriam an und versuchte sie zu verbergen, die Tränen, die mir in den Augen standen. Beschämt sah ich zur Seite, spürte aber noch immer ihre Hand auf meiner. Ich wollte nicht weich erscheinen, obwohl ich in diesem Moment das wohl größte Weichei innerhalb des Castellums war.


    Ein Sklave, der sich nicht umbringen konnte.
    Ein Mann, der weinte.

  • Warum immer vor ihr, warum verdammt? Ihre Hände zitterten, die eine an seiner liegend und die andere in ihrem Schoß. Miriam war es gar nicht mehr möglich von ihm den Blick zu nehmen und als er auch noch fester drückte hätte sie wirklich fast aufgeschrien, denn das konnte er ihr nicht antun. Die Tränen konnten nicht lange von ihren Augen gehalten werden und so kullerten sie über ihre Wangen hinweg, über ihre Lippen und über ihr Kinn, immer weiter bis sie auf ihre Beine tropften. Ihr Götter, lasst es nicht zu....nicht deswegen...ich bitte euch. betete sie im Stillen vor sich hin.


    Bis sie regestrierte, dass er das Messer grade sinken ließ und es schließlich zu Boden fiel brauchte sie so ewiglange, dass sie das Gefühl hatte ihr Herz wäre stehen geblieben, aber es schlug weiter nur merkte sie es nicht. Am liebsten hätte sie ihm eine gescheuert, aber sie tat es nicht sondern nahm ihn sofort in ihre Arme, zog ihn zu sich und vergrub seinen Kopf an ihrer Schulter, während ihre rechte Hand sich auf seinen Hinterkopf legte und ihr linker Arm ihn umarmte. Ihr Gesicht hingegen vergrub sie an seinem Hals, wo sie zuvir noch gesehen hatte wie er sich leicht schnitt.


    "Warum, warum, warum?" flüsterte sie immer wieder aufs Neue unverständlich oder fast nicht zu hören und drückte ihn dabei fest an sich. Es drehte sich alles, weil sie sich wieder die Schuld an allem gab. Miriam versuchte sich nicht vorzustellen was passiert wäre, wenn ihr Weg nicht hier entlang gegangen wäre.

  • Ich ließ sie gewähren, sollte mich eigentlich geborgen fühlen, tat es aber nicht. Miriams Herz gehörte nicht mir, sondern Cato. Ich fühlte mich beschissen, feige und war zugleich beschämt, dass sie mich bei dem kläglichen Versuch, mir das Leben zu nehmen, gesehen hatte. Und dass sie nun sah, wie ich memmenhaft herumheulte. Ich presste die Kiefer hart aufeinander und schluckte krampfhaft. Ihr Frage verstand ich wohl und ich wusste auch eine Antwort darauf. Zumindest glaubte ich, eine zu wissen. Mit Miriams Kopf dicht an meinem Hals und meinem Kopf auf ihrer Schulter saß ich vornübergebeugt da und murmelte:
    "Es ist besser so. Ich verursache nur Scherereien und Zwist. Erst ist Ilaria verschwunden und vermutlich tot. Dann verschwindet Livia. Und du....naja, du hast Cato."

  • Seine Worte waren so unverständlich und doch gleichzeitig so klar, denn sie verstand sehr wohl diese Worte, aber konnte nicht fassen, dass sie auss einem Mund kamen, hatte er doch gar nichts getan. So schob sie ihn ein Stückw eit von sich weg und hatte ihre Hände an seinen Schultern liegen.
    "Du verursachst Scherereien? Was ist mit mir? Was soll ich sagen Marius?"
    Mittlerweile hatte sie Verständnis für seine Gedanken an diese Sklavin die verschwunden war, denn sie hatte es ja am eigenen Leib erfahren müssen wie es war wenn man jemanden verlor und glaubte ihn nie wieder zu sehen.


    "Was hast du getan, dass du wen auf dich bringst? Nichts! Zumindest sehe ich niemanden der sauer auf dich sein müsste. Ich im Gegensatz müsste hier sitzen und endlich ein Ende machen. Verrate Menschen die mir etwas bedeuten, die es gut mit mir meinten" steigerte sie sich rein und hatte auf einmal den Dolch in der Hand und stand auf. Sie hielt ihn einfach nur fest.


    "Wo habe ich denn Cato? Ich hatte ihm den Floh ins Ohr gesetzt und ihn gefragt ob er mit mir gehen würde und nun? Ich hab ihn da reingerissen und wer weiß schon was aus ihm werden wird, vielleicht habe ich ihn in den sicheren Tod getrieben."


    Ihre Finderknöchel traten schon weiß hervor, so fest umklammerte sie den Griff des Dolches.

  • Meine Augen waren geöffnet und ich starrte auf einen Flecken Gras irgendwo hinter Miriams Rücken. Dann löste sie sich von mir und redete sich in Rage. Und plötzlich hatte sie den Dolch aufgehoben und hielt ihn mit zitternder Hand umklammert. Langsam richtete ich mich auf und sah sie an.


    "Du liebst ihn", stellte ich trocken und auch ein wenig enttäuscht fest, obwohl ich mir durchaus bewusst war, dass Cato sehr viel eher als ich auf der Bildfläche gewesen war. Ich stand auf und machte einen Schritt auf Miriam zu, sah ihr dabei in die Augen und griff vorsichtig nach der Hand, die den Dolch hielt.


    "Miriam. bitte. Du hast noch viel vor dir. Irgendwann wirst du mit Cato leben können. Du wirst es gut haben bei Livianus. Vielleicht wirst du ein Kind haben. Aber ich... Sieh mich an. Alles, was das Leben eines Sklaven erst lebenswert macht, wurde mir genommen. Ich habe zwar einen netten Herren, aber das kann doch nicht alles sein. Drei Frauen habe ich geliebt, zwei Frauen sind mir genommen worden. Und die dritte hat ihr Herz an jemand anderen verloren. Es gibt keinen Platz mehr für mich in diesem Haus, im Imperium. Vielleicht werde ich im Elysium jemanden treffen, der sich meiner annimmt."

  • Tränen waren ihr in die Augen gestiegen und sie wusste nicht was sie noch sagen sollte. Der Dolch lag immer noch in ihrer Hand und ihr Blick folgte seinen Bewegungen. Sie konnte Marius nicht verstehen und dann doch wieder, es war alles einfach viel zu verworren, als das man einen klaren Gedanken fassen konnte. Sie machte keine Anstalten wegzulaufen als er auf sie zu kam und sie ließ es auch zu, dass er nach ihrer Hand greifen konnte in der die Waffe lag. Schon wieder passierte etwas in ihr als er sie so anschaute und langsam öffneten sich ihre Finger und der Dolch fiel wieder auf den Boden und landete dort im hohen Gras.


    "Du hast nicht weniger vor als ich Marius. Ich werde dich nicht einfach so gehen lassen, denn du bist der einzigste Freund den ich habe und ich will, dass du bei mir bleibst" kam es geflüstert über ihre Lippen. Ganz langsam glitt ihre freie Hand zu seinem Gesicht und legte sich dort auf seine Wange. Sie schaute zu ihm auf, wie schon einige Male zuvor. "Bitte. Tu mir das nicht an" flüsterte sie und strich seine Wange entlang. Sie wusste nicht was sie fühlen sollte und fühlte sich so leer. Es schien immer wieder zu kommen, jedes Gefühl und dann war da noch Cato, aber Marius war auch da. Miriam wusste einfach nicht mehr weiter, es schien alles so schwer.


    "Du hast schon lange einen Platz in meinem Herzen eingenomm. Und ich kann hier nicht alleine leben."

  • Verschämt senkte ich den Blick. Ich konnte sie einfach nicht mehr ansehen. Sie nannte mich einen Freund. Jemand, der ich nicht war. Ich hatte keine Freunde, nur diese irrwitzige Idee im Kopf, Miriam einfach lieben zu dürfen, einfach, weil sie die einzige war, die mich zu verstehen schien. Aber sie hatte ja diesen blonden Sklaven, dachte ich bitter.


    Als ich die Augen wieder öffnete, war sie mir so nah. Ich hätte sie einfach küssen und damit meinen Schmerz ertränken können. Doch ich hatte ihr schon genug Scherereien verursacht, also löste ich mich schweren Herzens von ihr, hob das Messer auf und ging zwei Schritte fort, mit dem Rücken zu Miriam. Ich bestrafte mich selbst, ich wusste es, denn nichts wollte ich mehr, als ihr in diesem Moment nahe sein. Aber ich würde damit nur noch mehr anrichten. So sah ich auf das Messer in meinen Händen hinab und drehte es gedankenverloren.


    "Was soll ich dir nicht antun?" fragte ich sie schließlich, bemüht, möglichst barsch zu klingen.
    "Du weißt, dass ich nicht einfach hier sitzen und Däumchen drehen kann, während du....ich meine...er....ach, vergiss es."


    Ich ließ die Hände sinken, das Messer so fest umklammert, dass die Knöchel weiß hervortraten. Das war doch kein Leben mehr. Nur tun, was andere einem sagten. Nein. Das war es nicht wert, wenn man nicht einmal das teilen konnte, was das Leben wirklich lebenswert machte: Liebe.

  • Dieser Mann schien einfach nicht zu wissen was er wollte und am liebsten hätte sie ihm eine gescheuert und sie wusste, dass sie nahe dran war es zu tun. Vielleicht brauchte er es einfach mal um wieder zur Vernunft zu kommen. Sie saß noch einen Moment auf den Boden und sah sich das Gras schön, welches schon langsam begann etwas welk zu werden an ein paar Stellen. Es war ihr vorher gar nicht aufgefallen. Als sie ihren Kopf wieder anhob sah sie wie er den Dolch wieder in der Hand hatte und seufzte. Was sollte sie noch sagen und machen? Was wollte er denn wirklich von ihr?
    Sie selber stand nun auch wieder auf und sah ihm nach. Das schnelle Aufstehen war gar nicht gut für ihren Kopf gewesen und sie merkte wie ihr etwas schwinlig wurde, aber es legte sich nach ein paar Sekunden der Schwärze. "Was? Was ist mit ihm und was ist mit mir und vor allem was verlangst du von mir Marius? Ich bin hier, ich will dir eine Freundin sein, ich will für dich da sein, aber du willst alles und noch viel mehr. Warum gibst du dich nicht erst einmal damit zu frieden was man die anbieten kann? Warum willst du alles sofort?"
    Ihre Stimme war brüchig und zitterte und sie war ihm langsam gefolgt, denn die Angst war immer noch da, dass er etwas unüberlegtes machen konnte. "Was, Marius?"

  • Ich hätte es wohl wirklich in diesem Moment gebraucht. Jemanden, der mich anschrie und mir zeigte, was ich für ein grenzenloser Idiot war. Sicher wäre es mir dann leichter gefallen, diesen verdammten Dolch endlich zu nehmen und...es zu Ende zu bringen. So aber war Miriams Stimme leicht vorwurfsvoll, sie schwankte und war nicht sehr laut.


    "Ich verlange nichts von dir. Ich möchte dir nur eine Frage stellen: Warum hast du damals mit mir geschlafen?" fragte ich dann und drehte mich ruckartig um, um Miriam in die Augen zu sehen.
    "War das ein Zeitvertreib? Hast du dir vorgestellt, ich sei ER? Oder hältst du das für einen Freundschaftsdienst, Miriam? Ich will nur eines sofort, und das ist Klarheit. Damit ich zu Ende bringen kann, was ich eben nicht konnte. Damit ich Gewissheit habe."

  • Miriam stand wie angewurzelt da und konnte nicht fassen was Marius sie da eben gefragt hatte. Wer hatte denn wen verführt und hatte sie nicht etwas noch gesagt? Sie konnte sich nicht mehr erinnern wie genau die Nacht abgelaufen war so sehr lag sie hinter Nebel und Schatten verborgen. Als hätte einer der Götter sie mit dem Blitz getroffen stand sie da und sah ihn an.
    Schneller als sich ihre Gedanken lichteten handelte sie und schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. Es war Wut und Getroffenheit die sich in ihren Augen wiederspiegelten und sie fasste es einfach nicht.
    Ihr fielen keine Worte ein die sie ihm sagen konnte, aber sie spürte wie ihr die Hand brannte und sie hoffte, dass er wieder langsam zur Besinnung kam.
    "Was fällt dir eigentlich ein? Was fällt dir eigentlich ein mir solche Fragen zu stellen Marius?" schrie sie ihn an. Warum kam keiner in diesen verdammten Garten und warum waren sie alleine. Sie wusste, dass sie noch etwas sagen würde was sie später bereute oder Marius würde etwas machen was keiner mehr rückgängig machen könnte und sie hatte alle Mühe ihre Fassung zu wahren.

  • Mein Kopf ruckte herum, die Augen waren geschlossen, als Miriam mich schlug. Schnell bildete sich ein roter Fleck auf der Wange, auf die sie geschlagen hatte. Ich ließ den Kopf wo er war, halb von ihr abgewandt, öffnete aber die Augen und sah vor mich hin. Die Knöchel der Hand mit dem Dolch waren weiß hervor getreten, so fest hielt ich ihn umklammert. Ich vernahm Miriams Worte und hob langsam den Kopf, um sie ausdruckslos anzustarren. Meine Gedanken rasten, mein Herz klopfte wie wild und ich atmete krampfhaft, um es nicht einfach zu vergessen.


    "Sag mir doch einfach warum, Miriam", kam es unendlich müde und resignierend über meine Lippen.

  • Warum stellte er ihr solche Fragen die sie niemals beantworten konnte? Sie hatte das Gefühl, dass er einfach nur nach einem Ausweg suchte um aus diesem Leben zu scheiden damit ihn keine Schuld trat. Miriam drehte sich einmal im Kreis und sah hinauf in den Himmel. Es war grausam warum war ihr Leben so wie es war? Alle waren gegen sie und jeder hatte mit ihr nur Probleme und das schlimmste überhaupt war ja, dass sie selber nicht wusste woran sie war, wie sollte sie es ihm denn sagen. Sie hatte es schon damals bereut, dass sie mit ihm geschlafen hatte aus dem Grund weil sie damit die Person die sie liebte hinterging und auch ihn und jeden und überhaupt.
    "Weil , weil...ich mag dich Marius, vielleicht mehr als ich dürfte, aber wir beide wissen, dass es nicht anders sein kann als es grade ist." Waren das die richtigen Worte? Sie konnte nur hoffen ansonsten hatte sie noch mehr Probleme.

  • "Wissen wir das", sagte ich, mehr einer Feststellung gleich als einer Frage. Ich sah Miriam ausdruckslos an und wackelte leicht mit dem Dolch in der Hand hin und her. Ich wusste natürlich nichts von ihren Gedanken, weder von denen, die sie jetzt hatte, noch von denen, die sie damals gehabt hatte, nachdem es geschehen war. Nachdem wir miteinander geschlafen hatten. Ich presste die Kiefer aufeinander, die Lippen wurden zu einem blutleeren Strich.


    "Nur weil ich jemanden mag, habe ich nicht Sex mit ihm. Aber lass nur, du brauchst nichts zu erklären. Ich habe verstanden. Marius ist der Dumme, Marius ist es nicht wert, Marius hat eben Pech. Weißt du was? Bald hat Marius seine Ruhe. Ganz bald."


    Vielleicht steigerte ich mich irgendwie in die ganze Sache hinein, aber in dem Moment konnte ich nicht mehr klar sehen. Alles verschwamm, alle Gefühle, Empfindungen, Gedanken. Ich wollte nur noch eines: weg hier. Weg von Miriam, weg aus dem Castellum, weg aus dem Imperium - kurz: weg aus dem Leben. Was brachte es denn noch, hier zu verweilen, wo im Elysium vielleicht Ilaria auf mich wartete? Kurz sah ich Miriam noch einmal an, war mir nicht bewusst, wie ich sie in diesem Moment vor die Wahl stellte. Dann wandte ich mich um und ging einigermaßen gerade auf das Haus zu, obwohl ich innerlich hätte kriechen können, so wenig Selbstwertgefühl war in mir verblieben.

  • Sprachlos stand Miriam da und sah ihm nur nach. Sie hatte nicht gewusst was sie ihm sagen sollte, aber seine Worte hatten sie tief im Herzen getroffen. Miriam sank auf die Knie in das Gras und blieb reglos sitzen. Starr sahen ihre Augen einfach in die Gegend ohne bestimmtes Ziel. Sie müsste es gewohnt sein verletzt zu werden, aber sie spürte, dass es immer wieder aufs neue weh tat. Sie wollte niemanden mehr hinterherrennen, denn wenn sie es tat dann kamen nur wieder falsche Gedanken auf. Wieder hatte sie es geschafft, es schien ihr Schicksal zu sein. Alles was diese kleine Sklavin nur konnte waren Unruhe stiften und Menschen verletzen, sie war es doch die aus der Welt scheiden sollte.
    Marius hatte es wieder geschafft und sie hatte wieder einmal den Wunsch nach Erlösung. Eine ganze Weile blieb sie noch hier sitzen bis sie dann aufstand und den Garten in Richtung Sklavenunterkünfte verließ.

  • Nachts war der beste Zeitpunkt. Nachts war niemand mehr wach. Nachts konnte mich niemand entdecken. Und nachts waren alle Katzen grau.


    Bewaffnet mit dem daumendicken Seil, das ich unter meinem Bett verstaut hatte, stahl ich mich barfuß in edn Garten. Dort gab es einen alten Baum, dessen Rinde borkig und fast von schwarzem Braun war. Das war der Ort, an dem ich meinem Leben ein Ende setzen würde. Mit klammen Fingern und zittrigen Händen knüpfte ich eine Schlinge, die um meinen Hals passte. Ich sah einen Moment nachdenklich auf die rauhen Fasern hinab, vor meinem geistigen Auge das Gesicht Miriams, das von Ilaria und das des Herren, wenn er erfuhr, dass ich meinem Leben ein Ende gesetzt hatte. Ich schluckte, zog den Brief hervor und legte ihn an den Stamm.



    Ein weiser Mann sagte einst, dass die Fähigkeit, das Wort Nein auszusprechen, der erste Schritt zur Freiheit sei. Nun stehe ich hier und sage es.
    Nein, ich will nicht mehr.
    Nein, ich kann nicht mehr.
    Nein, ich werde nicht wiederkehren.


    Vielleicht werde ich im Elysium auf jemanden warten. Ich kann nicht einmal sagen, wer es sein wird.
    Mein Herr, der stets gütig und gut zu mir war? Vielleicht.
    Ilaria, die mir geraubt wurde und deren Schicksal unerkannt ist? Gut möglich.
    Oder Miriam, mit der mich einiges verband, die mir aber nicht das schenken konnte, was ich mir wünschte? Bestimmt.


    Ich kann mit Gewissheit sagen, dass ich kein schlechtes Leben bei den Decima hatte. Was ich jedoch weiß ist, dass es nicht lebenswert genug ist. Mich fressen des Nachts die Träume auf, die ich des Tags nicht verwirklichen kann. Ama et fac quod vis!


    Ich bin nicht frei. Doch ich werde es sein. Frei.
    Denn ohne Liebe gibt es kein Leben.


    Marius


    Dann kletterte ich fahrig am Baum empor, suchte den dicksten Ast, der mehr als mannshoch über dem Boden war, und knotete das lange Ende des Seils darum. Noch baumelten nur meine Beine, doch bald würde der ganze Marius baumeln. Mit stoischer Gelassenheit legte ich die Schlinge um meinen Hals. Mir war kalt und heiß. Wie es im Elysium aussah?


    Der Wind ließ leise die Blätter rascheln, als ich vom Ast glitt. Der Ruck brach nicht das Genick, aber schnürte meine Luft ab und zerdrückte meinen Kehlkopf. Vergebt mir.


    Frei wie der Wind in den Ästen!
    Frei wie ein junges Pferd auf grüner Wiese!
    Frei von Sorgen und Ängsten und Gefühlen!


    Ich war frei.

  • Ganz früh am Morgen …


    Die beiden Wachen bewegten sich leise und gemessenen Schrittes durch das Praetorium. Vor wenigen Minuten war die Ablösung gekommen. Nun machten die müden Legionäre von der Nachtschicht den obligatorischen und wie immer unbehelligten Rundgang durch das Haus, so wie die jetzige Ablösung es heute Nachmittag und deren Ablösung am späten Abend tun würde.


    In einem Lager mit 6000 Bewaffneten fielen 2 Legionäre selbst im Wohnhaus des Legatus vermutlich so wenig auf, wie Sklaven und Praetorianer im Palast des Imperators. Zumindest hatte keiner von beiden es bislang erlebt oder gehört, dass die Sklaven oder selbst der Legatus von ihnen Notiz genommen hatte. Wie immer ignorierten die Männer das Schlafzimmer des Legatus und warfen auch lediglich den üblichen kurzen, oberflächlichen Blick in sein Badezimmer.


    Schließlich gelangten sie nach der Küche auch in den Garten.


    Der erste Soldat stoppte. „Oh, Scheisse!“


    Der zweite Soldat schaute spontan auf seine Sandalen und hob den Fuss. „Nö. Ich bin nicht reingetreten."


    Der erste Soldat wies mit der Hand auf den im Wind baumelnden Sklaven.
    „So wie dem die Zunge raushängt ist der tot. Ich gehe mal besser den Praefectus holen und du suchst Centurio Artorius. Der ist meines Wissens ab sofort Legatuswachen der I. Centurie der I. Kohorte zuständig. Ich habe von Scriba Nero gehört, dass der unser kommissarischer Primus Pilus wird. Nero hat bei der Stabsbesprechung an der Tür gelauscht. Bis die beiden da sind lassen wir den erst einmal baumeln und informieren die Kumpels hier vor der Tür.“


    Die Soldaten verließen den Garten, wo Marius im frischen Morgenwind wie ein Windspiel hin und her baumelte und sich langsam drehte.

    Semper Fidelis - zum ewigen Ruhme des Imperiums und seines Imperators!

  • Die Wache hatte den Praefectus aus dem Bett geholt. Genauer gesagt hatte Plautius eigentlich schon an seinem privatem Schreibtisch gesessen und die restliche Poste des Legatus vom Vortag bearbeitet als die Wache in seiner Casa eintraf. Aber er war noch in seine Schlagdecke gehüllt gewesen. :D


    Die Wache war erstaunt gewesen, wie schnell der Praefectus in voller Montur gewesen war als er die Meldung bekommen hatte. danach waren beide direkt zum Praetorium gerannt.


    Jetzt bot sich im Garten ein sonderbares Bild. Die erste Wache saß auf den Schultern des Praefectus, welcher ihn hochgehoben hatte und schnitt das Seil des erhängten Sklaven durch. Die andere Wache machte sich bereit den erschlafften Körper aufzufangen und hatte deshalb bereits die Beine des Sklaven erfasst. Eine Dritte Wache von der neuen Frühschicht versuchte im Licht der Dämmerung mühsam den Abschiedsbrief des Sklaven zu entziffern und informierte als langsamer Leser den Praefectus über den Inhalt.

    Semper Fidelis - zum ewigen Ruhme des Imperiums und seines Imperators!

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!