Die Opferprüfung des C' Flavius Aquilius

  • Der große Tag war gekommen und ich hatte in der Nacht vorher nicht allzu gut geschlafen. Die Übung an den Ferkeln war letztendlich doch noch irgendwie erträglich gewesen, auch wenn einige der Sklaven im Haushalt der Villa Flavia lange Gesichter gemacht hatten, als sie die Sauerei gesehen hatten, die ich ihnen zum Aufwischen hinterlassen hatte - aber da mussten sie durch, wofür hatte man sie denn, wenn nicht, um die unangenehmen kleinen Probleme lösen zu lassen, die sich ab und an auftaten?


    Nefertiri war mir bis zum Tempel gefolgt, um den Korb mit dem Ferkel und den anderen Opfergaben zu tragen, und als wir uns dem Tempel des Mars näherten, schluckte ich meine Nervosität zumindest halbwegs herunter. Es konnte ja auch nicht angehen, dass ein Priester zittrige Hände hatte - so hoffte ich einfach darauf, dass mich da Voropfer ein wenig beruhigen konnte. Meine kleine kluge Ägypterin hatte dem Ferkel ein wenig Baldrian mit in sein Futter gemischt, und so verhielt sich das prächtige, fette Tierchen ausgesprochen ruhig. Sie blieb im Eingangsbereich des Tempels stehen und ich nahm die Opfergaben für das Voropfer mit mir, eine Amphore guten Falerner, frisch aus dem Flavischen Weinkeller geklaut, frische Dinkelkekse, die ich in der culina hatte backen lassen und dazu Aloeholz für das Räucherwerk.


    Ich schritt auf die Statue zu, deren hoheitsvolle Haltung mir einen leichten Schauer über den Rücken jagte. Normalerweise fühlte ich mich hier vertraut, an einem Ort, der mich empfing, aber heute spürte ich einen gewissen Druck, eine Ahnung eines möglichen Versagens mindestens ebenso stark wie den Wunsch, mich und meine Familie nicht zu blamieren. Langsam zog ich einen Zipfel meiner Toga über den Kopf und trat zur mensa heran, um meine Opfergaben dort abzulegen - den Wein und die Dinkelkekse, bevor ich zur Räucherschale trat und auf die glühende Kohle, die ein Tempelsklave gebracht hatte, mein Aloeholz verteilte und wartete, bis der Rauch empor stieg und die Beine der Marsstatue umspielte. Für einen Moment lang konnte man meinen, wir wären alleine im Tempel, doch ahnte ich, dass mein Beobachter, der Semptemvir, irgendwo im Hintergrund stand und mir sehr genau zusah, was ich tat. Es kam mir vor, als hätte ich einen riesigen Klumpen im Hals stecken, aber ich räusperte mich und begann mein Gebet mit kräftiger, hallender Stimme.


    "O Mars, Beschützer, Krieger, mächtigster aller Kämpfer, Erster unter jenen, die Waffen tragen, gnadenloser Rächer, Siegbringer und Vater des römischen Volkes. Ich rufe Dich an, schütze Dein Volk, das an vielen Orten gegen Feinde kämpfen muss, die inneren wie auch die äusseren. Schenke unserem göttlichen Kaiser die Kraft und Weisheit, seine Bürde mit Würde und den richtigen Entscheidungen zu tragen, schenke Deine Stärke auch den gewählten Magistraten und Senatoren, auf dass das römische Reich und Volk in Glanz erstrahlen, wie es uns die Ahnen hinterlassen haben." Zugegeben, es war ein ziemlich anspruchsvolles Gebet, aber ich wollte bei meiner Prüfung nichts persönliches erbitten - dafür konnte ich schließlich jederzeit opfern, wenn mir danach war. Und ein bisschen Kraft und Weisheit für die derzeitigen Politiker konnte schließlich nicht schaden.


    Mit nun endlich wieder ruhig gewordenen Händen öffnete ich die Amphore und goss den Wein in die dafür bestimmte Schale, bevor ich diese wieder auf der mensa abstellte und schweigend nun den nach oben aufsteigenden Rauch betrachtete, dessen würzig-sanfter Duft das Tempelinnere auszufüllen begann. Der erste Teil der Prüfung war damit beendet, der zweite würde folgen, sobald ich das Gefühl hatte, nicht mehr mit wackeligen Knien unterwegs zu sein.

  • Schon wieder steht ein Prüfungstag an und Vic hat in der Nacht vorher nicht allzu gut geschlafen, oder besser gesagt, nicht allzu viel. Er hat ein wenig über den Durst getrunken und das Opfern an die Götter dabei etwas übertrieben, und Hulc, der Sklave im Haushalt der Casa del Sev et Vic hat ein langes Gesicht gemacht, als er die Sauerei gesehen hat, die Vic ihm zum Aufwischen hinterlassen hatte - aber da musste er durch, wofür ist er sonst da, wenn nicht, um den Weinsee vom Boden zu wischen, der übrig bleibt, wenn die Tölen nichts mehr aufschlabbern können?


    Als er am Tempel ankommt steht da eine scharfe Sklavin davor, der Vic erstmal zuzwinkert, bevor er die Treppen hinaufsteigt. Als er dann den Tempel betritt, fühlt er sich fast wie Zuhause. Vorne steht schon der Flavier an der Statue und wartet anscheinend in stillem Zwiegespräch mit Mars darauf, dass der Weihrauch von dem Opfer vorher verbrannt ist. Vic räuspert sich, um ihm anzuzeigen, dass er nun da ist. 8)

  • Ich hörte das Räuspern hinter mir und war im ersten Moment beruhigt. Er war also da und ich konnte zum nächsten Teil des Ganzen übergehen. Erleichtert betrachtete ich den aufsteigenden Rauch und fühlte mich ein wenig befreiter von der Last, die auf meinen Schultern gelegen hatte - mit nun zwei Priestern in der Familie wäre es auch zu peinlich gewesen, durchzufallen. Aber noch war die Hürde nicht genommen. Einige Momente lang noch blieb mein Blick auf den Opfergaben liegen - hoffentlich war der Wein angemessen gewesen, aber er stammte schließlich auch aus dem Privatvorrat meines Vetters Flavius Felix, so schlecht konnte er also nicht sein - dann wandte ich mich von der mensa ab und schritt auf den Septemvir zu, gemessen natürlich, um im ansonsten stillen Tempel keinen Lärm zu verursachen.


    "Salve, Valerius Victor!" begrüßte ich ihn und nickte ihm freundlich zu, seinen Richtspruch über das Voropfer erwartend. Hoffentlich war er zufrieden, zumindest roch es gerade wirklich gut nach meinem nicht ganz billig gewesenen Aloeholz.

  • "Salve, Flavius." Vic nickt dem Prüfling aufmunternd zu und hofft, dass er ebenso viel Ahnung von der Materie hat, wie seine Verwandten. Denn es würde ihn auch persönlich freuen, wenn sich mal wieder jemand primär um den Tempel des Mars Ultor kümmern würde und der nicht nur als ein Tempel unter vielen gesehen wird.


    "Auf zum Opfer und immer locker bleiben. So schwer ist das alles nicht."

  • "Dann lass uns doch gleich hinaus gehen," sagte ich frohgemut, anscheinend war er guter Laune, was besseres konnte man sich als Prüfling auch nicht wünschen als ein gut gelaunter Prüfer. Mein Voropfer hatte mir selbst gefallen, zumindest die Kekse waren lecker gewesen - ich hatte es mir nicht nehmen lassen, einen zu probieren, man sollte einem Gott ja nichts ungenießbares vorlegen. So wandte ich mich in Richtung des Tempelausgangs und wartete auf meinen Prüfer.


    "Wie hat Dir mein Gebet gefallen? Ich habe es absichtlich ein bisschen allgemein gehalten, für ein privates Opfer und Bitten für die Familie habe ich ja immernoch Zeit, wenn es die Deine nicht beansprucht ..." Hoffentlich musste ich ihm die Würmer nicht dauernd aus der Nase ziehen.

  • "Hinaus?" Vic folgt seinem eigenen Wort mit dem Blick nach draußen. "Gebet?" Nun hebt sich seine eine Augenbraue und sein Blick wandert zurück zur Statue des Mars. Der Duft nach Aloeholz hängt noch immer in der Luft. Wie schon vermutet hat hier auf jeden Fall gerade erst ein Opfer stattgefunden, und nun, da Vic genauer überlegt ist ihm niemand auf dem Weg nach draußen über den Weg gelaufen. Also muss der Opfernde noch im Tempel sein. Doch im Tempel ist niemand außer Aquilius, Vic und dem alten Sacerdos publicus Plocius Plancus, der heute hier anscheinend Dienst hier, der aber nicht so aussieht, als hätte er gerade gopfert.


    "Du hast schon angefangen?" Vics Tonfall ist ziemlich verwirrt. Das ist ihm auch noch nicht passiert, dass die Prüflinge ohne den Prüfer anfangen. Er deutet nach draußen. "Ich bin gerade erst angekommen..."

  • "Äöhm." Mein Gesicht musste in diesen Augenblicken Bände gesprochen haben, denn irgendwie war ich davon ausgegangen, dass er sich im Tempel befunden hatte. War ich zu nervös gewesen und hatte mich nicht genug umgesehen? Verdammt! Das war jetzt einfach richtig peinlich, und zwar von vorn bis hinten. Ob Nefertiri noch ein paar von den Keksen übrig hatte? Bei ihrer Neigung zu Naschereien hätte es mich nicht gewundert, wenn sich unter dem Tuch im Korb der Opfergaben zufällig noch der ein oder andere Keks befunden hätte.
    Wahrscheinlich lachte sich der Septemvir innerlich gerade über den dämlichen Flavier tot, der sich nicht seiner Anwesenheit vergewissert hatte, bevor er mit dem Opfer begann, aber da musste ich jetzt durch. Wenn ich schon untergehen sollte, dann wenigstens stehend, sagte ich mir und räusperte mich knapp.


    "Ähm. Ich ähm habe schon geopfert. Aber ... ich kann es auch nochmals machen. Irgendwie muss mir vollkommen entgangen sein, dass Du noch nicht da warst," mein verlegenes Lächeln mochte wohl die Nervosität verraten und ich hoffte, dass ihm das Erklärung genug war und er mich nicht sofort auflaufen lassen würde - das Recht dazu hatte er zweifellos.

  • Es ist ihm also vollkommen entgangen. Vic schaut an sich hinunter, im Prinzip ist er bisher davon ausgegangen, dass er nicht zu übersehen ist und dass es im Gegenzug schon auffällt, wenn er nicht da ist. Der Flavier erinnert Vic in diesem Moment etwas an seinen früheren Schüler Gracchus, bei dem hatte er auch immer das Gefühl gehabt, dass er etwas planlos ist, gleichzeitig aber auch an den anderen Flavier, der erst neulich seine Prüfung abgelegt hat, der war auch recht übereifrig.


    In diesem Augenblick der Überlegung schlurft der alte Priester Plocius Plancus mit einem "Salvete!" vorbei und bleibt vor Aquilius stehen. "Eine wirklich sehr inbrünstige Bitte an Mars. Es ist gut, wenn sich ab und zu jemand um das Volk an sich bemüht und nicht nur für seine eigenen Wünsche den Weg hierher findet."
    "Ou, du hast das Opfer gesehen, Sacerdos?"
    Vics Aufmerksamkeit richtet sich auf Plancus. Im Grund nehmen die einfachen Sacerdotes keine Opferprüfungen ab, aber niemand hat festgelegt, dass sie sich nicht ums Voropfer kümmern können.
    "Das habe ich, Septemvir. Es ist mir immer eine Freude, wenn jemand Adlerholz zur Räucherung verwendet und nicht eine billige Mischung, die man an jeder Ecke bekommt."
    "Und würdest du sagen, man könnte das als Voropfer für ein größeres Opfer durchgehen lassen?"
    "Ah."
    Der Sacerdos blickt wissend zu Aquilius und dann zu Vic. "Eine Opferprüfung? Doch, ich würde in jedem Fall sagen, dass dies ein gutes Voropfer war." Er nickt dem Prüfling wohlwollend zu.
    "Na gut. Dann will ich das mal durchgehen lassen. Aber sei dir sicher, Flavius, bei deinem ersten öffentlichen Opfer werde ich dabei sein und das Voropfer ganz genau beobachten, ob du mich siehst, oder nicht. Dann lass uns nach draußen gehen. Oder hast du das Tier auch schon geschlachtet?"

  • Irgendein Gott musste mir an diesem Tag wohl gewogen sein, welcher es auch immer war, ich entsandte gleich zwei Dankgebete auf einmal innerlich gen Himmel - dass der alte Sacerdos mir zu Hilfe kommen würde, hätte ich zu allerletzt erwartet, und nochmal Wein aus dem Keller der Villa Flavia Felix zu klau.... mitzunehmen, würde sicherlich irgendwann einmal einem der Sklaven auffallen, etwas, was ich eigentlich gern zu vermeiden versuchte. Es musste mir ja schließlich nicht sofort angesehen werden, dass ich meinen Teil meines väterlichen Erbes verju... sinnvoll investiert hatte, schon gar nicht irgendein Teil der italischen Flavier. Bei den Worten des Sacerdos fielen mir die Alpen vom Herzen, und zum ersten Mal an diesem Morgen fühlte sich mein Herzschlag zumindest innerlich wieder halbwegs normal an.


    "Äh, danke," sagte ich zu Plocius Plancus und nickte ihm aufatmend zu. "Es erschien mir für eine .. Prüfung ...einfach passender." Der erste Teil des Ganzen schien also überstanden, und ich hoffte immernoch, dass ich mich beim blutigen Opfer nicht allzu sehr blamieren würde - wenigstens gab es hier kein Atrium mit impluvium in der Nähe, sodass die Chance auf ein wegrennendes Ferkel mit anschließender Blut-Wasser-Sauerei deutlich geringer war.
    "Und nein, ich habe das Tier noch nicht geschlachtet, meine Sklavin hat es bei sich - vielleicht hast Du sie gesehen, sie wartet vor dem Tempel," beeilte ich mich auf die Rückfrage des Septemvir zu antworten und hoffte, dass Nefertiris Lächeln einen gewissen Teil seines verständlichen Unmuts kompensieren würde.

  • "Ou ja, die hab ich gesehen, hrhr." Gerade noch rechtzeitig verkneift sich Vic einen Kommentar, der die Worte 'scharf' und 'Braut' beinhalten würde, immerhin ist er ganz offiziell als Septemvir unterwegs, und das würde sicher kein gutes Bild bei seinem Prüfling abgeben. "Na dann, lass uns nach draußen gehen. So ein langes Warten ist nicht förderlich für die Aufmerksamkeit der Götter."

  • "Natürlich," sagte ich und atmete tief ein, bevor ich dem Sacerdos freundlich zunickte, zum einen dankend, zum anderen verabschiedend, um dann in Begleitung des Septemvir in Richtung des Tempelausgangs zu schreiten, hinter welchem die Treppe herab wartete. Auch Nefertiri stand dort, den Korb mit dem sehr stillen Ferkel darin an den Körper gepresst, sie gedachte uns beiden ein sanftes Lächeln zu, während ihr Blick von mir eilig zu meinem Begleiter huschte. Ich hatte ihr den Septemvir beschrieben, und so mochte sie nun wissen, dass es ans Eingemachte ging.


    Der Opferaltar lag ausserhalb des Tempels, klugerweise vor jenen aufgebaut, sodass einerseits öffentliche Opfer von vielen Menschen beobachtet werden konnten, zum anderen das ganze herausfließende Blut nicht das wertvolle Tempelinnere beschmutzen würde. Wenigstens hatten meine Vorbereitungen dafür gesorgt, dass inzwischen auch zwei Opferhelfer eingetroffen waren - jene nahmen Nefertiri das lammfromme Ferkel ab, und unter dem Schein der an Kraft gewinnenden Morgensonne trat ich an das bereitgestellte Wasserbecken, säuberte dort sorgfältig Arme und Hände, um meine rituelle Reinheit zu beweisen. Getaucht in das goldene Licht, beobachtete ich, wie die Opferhelfer mein sorgfältig überprüftes rotfelliges, männliches Ferkel festbanden, das sich weit weniger wehrte als meine Testferkel in der Villa Flavia - den Göttern sei Dank! - und war mir sicher, dass ich bei dem Tier auch bei der nun gleich folgenden Überprüfung keinen Makel entdecken würde. Es gab nichts nervigeres, als beim Opfern feststellen zu müssen, ein Tier voller Makel mitgebracht zu haben, also hatte ich es vorher überprüft. Nefertiri hielt einen Respektsabstand, aber das war mir ganz Recht so - sie war eben eher die Kulte ihrer Heimat gewöhnt und verehrte meine Götter mit weit weniger Inbrunst.


    Viele Menschen sahen uns um diese Zeit nicht zu, aber das störte mich nicht. Gemächlich nahm ich das Gefäß mit der mola salsa an mich und weihte das stumme Ferkel mit der Flüssigkeit meinem Gott, Mars, dessen Aufmerksamkeit ich damit erhoffte. Dann band ich sorgsam die Blütengirlande los, die das Ferkelchen als Schmuck trug und überreichte diese einem der Opferhelfer, welcher sie kurzerhand an Nefertiri weitergab, um die Hände frei zu haben. Mit dem Opfermesser in der Hand strich ich dem Ferkel über den Kopf, bis hin zu seinem Ringelschwänzchen zurück, entkleidete es damit rituell und atmete abermals tief ein.


    "Mamers, Du höchster Feldherr, Du Unbesiegter, Vater unseres Volkes und der Stadt Rom, Du, der Rächer ist und Hüter zugleich! Höre meine Worte, ich, der ich Dein Diener bin, biete Dir dieses Opfer an, auf dass es Deinem Ruhme, Deinem Namen diene. Lass Dir dieses Mahl durch meine Hand überbringen und erweise uns, Deinen Dienern, Deine Aufmerksamkeit!" Die Opferhelfer hatten währenddessen das Rauchwerk entzündet, sodass der würzige Geruch nach Weihrauch durch die Luft empor stieg und meine Nasenflügel kitzelte - jetzt bloß nicht niesen!. Wieder schweigend ließ ich einige Momente verstreichen, die bei einem normalen Opfer der Frage und Gegenfrage zwischen Opferherr und Schlächter gegolten hätten, dann fuhr mein Messer hernieder und durchtrennte die Schlagader meines Ferkelchens mit einem schnellen, harten Schnitt. Die Übung der beiden Probeläufe ließ mich zurücktreten, bevor die Blutfontäne mir entgegen schoss, doch einige Tropfen und Sprenkel bekam ich bei meiner blutigen Arbeit natürlich ab.


    Einer der Opferhelfer drehte mein Ferkel auf den Rücken, als der erste Schwung Blut geflossen war, sodass ich es mit dem Messer aufschlitzen und langsam, wie es sich gehörte, ausweiden konnte - ein jedes Teil der für die Analyse gebrauchten Innereien legte ich nach und nach in die dafür bestimmten Schalen, die mir gereicht wurden, auch eine Schale Blut hatte ich gesammelt. Eingehend betrachtete ich die Organe auf etwaige Veränderungen, die Hausopfer vergangener Jahre hatten mich gelehrt, worauf es zu achten galt. Glücklicherweise hatte ich ein gesundes Ferkel erstanden und so wiesen die Innereien auch keine Fehler auf - mit einem inneren Frohlocken griff ich mir das Herz des Ferkels, verschloß die Aterien unten dran mit einem Finger, um nicht in Rot getaucht zu werden und reckte es gut sichtbar in die Höhe, um mit lautem Ruf zu verkünden: "Litatio!"


    Nun konnte ich das Herz zurücklegen und die Zerteilung meines Opfertiers überwachen, das schnelle Klopfen meines Herzens hatte endlich ein normales Maß erreicht und ich fühlte mich auch nicht mehr ganz so, als müsste ich mich nackt vor einer Menschenmenge präsentieren, und die Ruhe nach dem Sturm tat mir gut. Wenn jetzt nicht noch ein Blitz vom Himmel hernieder fuhr, hatte ich den schlimmsten Teil überstanden ... ein kurzer Blick ging zur Seite, zum Septemvir, und ich hoffte, dass mein Handeln vor seinen Augen Bestand haben würde.

  • Vic muss aufpassen, dass er während des Opfers seinen Blick auf das Geschehen am Altar richtet und nicht dauernd zu der feschen Sklavin rüberschaut. Spätestens, als Aquilius mit den Opferworten loslegt, reißt sich Vic endgültig los und konzentriert sich. Der Schnitt sieht ziemlich professionell aus, private Opfer sind bei den Patriziern anscheinend noch an der Tagesordnung, denn Aquilius versaut sich nichtmal beim Ausrufen der Litatio.


    Nachdem die Tempeldiener schnell davongelaufen sind, um die vitalia zu kochen, erwiedert Vic den fragenden Blick des Flaviers mit einem Nicken. Soweit sieht doch alles ganz gut aus, viel schiefgehen kann nicht mehr. Vic überbrückt die kurze Zeit, bis die gekochten Fleischteile verbrannt werden damit, seine Aufmerksamkeit wieder auf die Sklavin zu richten und ihr zuzuzwinkern.

  • Nefertiri hatte wohl gemerkt, dass ihr von Seiten des Septemvirs eine gewisse Aufmerksamkeit entgegen gebracht wurde, denn immer, wenn sein Blick sie fand, erwiederte sie diesen recht bald mit einem sanften Lächeln auf den wohlgeformten und mit etwas Lippenrot betonten Lippen. Als er ihr zuzwinkerte, legte sie die Hand vor den Mund, kicherte dahinter kaum hörbar, natürlich darauf achtend, dass ich es nicht mitbekam - aber ich kannte meine kleine süße Bettgefährtin zu gut, um nicht zu wissen, dass er ihr gefiel und sie sicher nicht ablehnend auf irgendwelche Offerten reagiert hätte, wären sie von seiner Seite aus in ihre Richtung gekommen. Ich beschloss, mir dies als Gedanken im Hinterkopf zu bewahren, sollte sich unsere Bekanntschaft als nutzbringend erweisen, würde er sicherlich einer Nacht mit ihr nicht abgeneigt sein - welcher normal denkende Mann wäre dies auch gewesen, hätte er die Gelegenheit gehabt, diesen weiblichen, weichen Körper in seinen Armen spüren zu dürfen?


    Aber bevor mich diese Überlegungen zu sehr ablenken konnten, überwachte ich lieber das Kochen der vitalia mit strengem Blick, wenn jetzt noch irgendwas schiefging, wäre der ganze Aufwand fast umsonst gewesen, und in den letzten Runden vor der Zielgeraden mit einem anderen Wagen zu kollidieren war auch im Rennsport nicht gerade die angenehmste aller Vorstellungen. Als die Opferhelfer die gekochten vitalia zurückbrachten und auf dem Altar deponierten, warf ich nochmals einen prüfenden Blick auf die Organe, um sicherzugehen, dass nichts fehlte, dann ließ ich mir wieder die Schale mit der mola salsa reichen und bestrich die gekochten Innereien damit, bevor ich vom anderen Opferhelfer eine Kelle gereicht erhielt, in welcher bereits auf Kohlen Feuer gelegt war, sodass ich mit diesem nur in aller Ruhe Stück für Stück der Innereien in Brand setzen musste. Der beißende Geruch nach verbrennendem Fleisch stieg mitsamt dem dunklen Qualm in den Himmel auf, der bei solchen Vorgängen nun einmal entstand, wurde aber recht bald von einem aufgekommenen, lauen Lüftchen zerstreut, sodass ich diesem nicht allzu lange mit meinem Blick folgen konnte.


    Keine Katastrophen, der Tempel stand auch noch, es war kein Blitz auf mich hernieder gegangen - zumindest momentan schien es so, als sei alles überstanden und der Tempel des Mars um einige Fleischstücke reicher, die heute sicherlich noch reißenden Absatz finden würden. Innerlich atmte ich auf, auch wenn ich nicht zu tief einatmete, um den Gestank nicht zu sehr in die Nase zu bekommen, dann ging mein Blick wieder hinüber zum Septemvir, der glücklicherweise in diesem Augenblick nicht zu Nefertiri geschielt zu haben schien.

  • Die dunklen Haare der Ägypterin erinnern Vic ein wenig an Vio und ein bisschen auch an Helena, und das wiederum erinnert ihn daran, dass er beim Opfer ist und weder an die eine noch an die andere denken sollte. Das Fleisch wird auch bald gebracht und Aquilius beendet das Opfer, indem er es dem Gott übereignet. Nachdem die Ritualhandlungen abgeschlossen sind, tritt Vic näher und zieht den Geruch des verkokelnden Fleischs in die Nase. Das erinnert ihn nicht nur an die gute alte Opferzeit, sondern auch an die gute alte Zeit bei der Ala, wenn ab und zu mal ein Stück Grillfleisch ins Feuer gefallen ist.


    "Hat mir ganz gut gefallen. Ein paar Kleinigkeiten waren noch nicht ganz flüssig, aber das wirst du mit der Zeit schon drauf haben. Tjo, du kümmerst dich darum, dass hier wieder alles sauber gemacht wird und ich geh dann mal zur Regia rüber und kümmer mich um deine Aufnahme in den Cultus Deorum. Glückwunsch, Sacerdos Flavius." Vic fragt sich, wie oft er das jetzt schon gesagt hat? Müsste jetzt der dritte Flavier sein, den er mit diesen Worten entlässt. 8)

  • Mars hatte sich bequem zurück gelehnt und das Opfer genossen. Die Übungen des Prüflings hatten ihn zum Lachen gereizt, aber jetzt klappte alles vorzüglich. Und äußerst wohlschmeckend war dieses Ferkel, da verstand sich wohl jemand gut auf die richtige Zubereitung.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!