• Zwei Jungen, kaum der Kindertoga entwachsen bleiben interessiert vor der Schrift stehen.
    "Boah, dreimal Russata, die können gar nich verlieren! Drei kandierte Mandeln auf die Russata!"
    "Pah, dieser Ponyrennverein! Die Praesina wird gewinnen, wie immer. Drei kandierte Mandeln, die Wette gilt."
    "Weißt du nicht, dass die Russata unter dem Schutz vom Mars steht? Die können gar nicht verlieren weil die Equirra nämlich für den Mars stattfinden. Die Russata is rot, und der Mars is auch ... öhm ... also steht für Rot und ist überhaupt der Schutzpatron der Russata! Und wenn die den roten Ochsen opfern, dann wird Mars den Roten Feuer unterm Arsch machen, dass sie nur so abgehen!"
    "Bist du blöde! Dem Mars opfert man überhaupt keinen Ochsen, der nimmt nur Stiere! Kennst du nich den Vierzeiler?" Der Junge holt ein Stück schwarze Kohle aus einem verdreckten Beutel an seinem Gürtel und schmiert unter die Nachricht über die Startaufstellung bei den Equirria ein paar Zeilen, die er laut vorliest.


    HAST DU ZUM OPFERN NUR EINEN STIER DANN WÄLE WEISE - SO RAT ICH DIR.
    DEN GENIEN DES KAISAS UND DES RÖMISCHEN VOLKES ODER VIELEICHT DEM GROSSEN NEPTUN,
    AUCH MARS, HERCULES ODER DEN HÄUSLICHEN LAREN KANNST DU DIESES OPFER TUN.
    DOCH KEIN ANDRER GOTT WILL DEN STIER VOR SICH SEHN - WILD UND UNGEZÄMT UND ROH -
    GIB IHM EINEN OXEN ODER IHR EINE KUH, DENN NUR DANN SIND ALLE GÖTTER FRO.


    "Depp! Das sind fünf Zeilen!" Er verschweigt, dass er gar nicht lesen kann. "Ich bleib trotzdem dabei, die Russata machts! Wer zuerst auf den Meractus ist!" Er schubst seinen Kumpel zur Seite, der gerade einen Praesina-Schlachtruf auf der Wand ergänzen will, und rennt los.

  • Die wacheschiebenden Milites sehen den Jungen amüsiert zu. Meint der eine zum anderen.
    "Meinst du bis dahin sind wir hier abgezogen und können auch zu den Rennen?"
    Der andere Miles zuckt mit den Schultern.
    "Woher soll ich das denn wissen?"
    Ergeben nickt der erste Miles.
    "Stimmt schon, wissen kann man das nie."
    Unvermittelt meint der andere Miles.
    "Aber eins weiß ich. Nämlich daß die Veneta gewinnt!"
    Der erste Miles blickt den Kameraden skeptisch an.
    "Du gehörst also auch zu denen?"
    Stolz erwidert der andere:
    "Klar, die beste Factio im ganzen Imperium!"
    Mit durchdringendem Blick mustert er seinen Kameraden.
    "Wen unterstützt du denn?"
    Prompt kommt die Antwort.
    "Na, die einzig wahre Factio natürlich: Die Praesina."
    Das entlockt dem anderen nur ein müdes Lächeln.
    "Euch machen wir doch locker platt."
    Ein wenig erzürnt kommt die Antwort.
    "Dann hast du ja sicher nichts dagegen, um einen Wochensold zu wetten."
    Selbstsicher nimmt der andere das Wette an.
    "Ita est! Aber jammere mir ja nicht die Ohren voll, wenn dir ne Weile keinen Wein mehr leisten kannst!"
    Empört lacht der Miles auf.
    "Das wird bestimmt nicht der Fall sein."


    Da hört man schon die Caligae der Wachablösung nahen und die Gedanken der Milites konzentrieren sich zunehmend auf das anstehende Essen...

  • Eine Sänfte näherte sich langsam der Horrea Vespasiani und kam genau vor dem Haupteingang zum stehen. Vorsichtig ließen die Sklaven sie zu Boden, während von Innen eine Hand heraus griff und den Vorhang schwungvoll beiseite schob. Es war Marcellus, der in seiner Funktion als Praefectus Annonae eine Überprüfung vornehmen wollte. Er erhob sich gemütlich und befahl den Sklaven die Sänfte etwas mehr auf die Seite zu heben, ehe er in Richtung Horrea sah und sich umsehemd auf den Eingang zuging. Dort wurde er von einer Wache in Empfang genommen, die den neuen Präfekten noch nicht kannte und daher auch seine Kollegen im Inneren des Getreidespeichers nicht vorwarnen konnte. Marcellus nickte.


    "Salve! Ich bin der neue Praefectus Annonae Aelius Claudianus Marcellus und bin hier um die Horrea zu überprüfen und die Bücher einzusehen."


    Die Wache wusste im ersten Moment nicht wie ihr geschah und nahm sofort eine straffere Haltung an.


    "Natürlich Praefectus! Bitte tretet ein."


    Mit diesen Worten öffnete die Wache das schwere Eingangstor und ließ dem Präfekten den Vortritt.

  • Gaius Iunius Corrector ist schon seit Urzeiten Sacerdos. Außerdem ist er schon so alt, dass er schon gar nicht mehr weiß, wie alt. Aber er kann sich noch gut an einige Kaiser erinnern und das will immerhin etwas heißen. Wegen seines hohen Alters sieht der alte Mann auch nicht mehr sehr viel, zumindest tut er gerne so. An diesem Tag aber ist ihm ein ziemlich vergilbter Spruch an einer Häuserwand aufgefallen und hat ihm keine Ruhe gelassen:

    HAST DU ZUM OPFERN NUR EINEN STIER DANN WÄLE WEISE - SO RAT ICH DIR.
    DEN GENIEN DES KAISAS UND DES RÖMISCHEN VOLKES ODER VIELEICHT DEM GROSSEN NEPTUN,
    AUCH MARS, HERCULES ODER DEN HÄUSLICHEN LAREN KANNST DU DIESES OPFER TUN.
    DOCH KEIN ANDRER GOTT WILL DEN STIER VOR SICH SEHN - WILD UND UNGEZÄMT UND ROH -
    GIB IHM EINEN OXEN ODER IHR EINE KUH, DENN NUR DANN SIND ALLE GÖTTER FRO.


    Unzufrieden schüttelt Corrector den Kopf. So wird die Jugend verzogen, da ist es kein Wunder, wenn das Imperium verkommt. Ein Stück weiter nimmt sich der Sacerdos ein Stück Kohle aus einem erkalteten Altarfeuer und kehrt unauffällig zu der Hauswand zurück. Dann korrigiert er den Spruch mit krakeliger Handschrift.


    HAST DU ZUM OPFERN NUR EINEN STIER DANN WÄhLE WEISE - SO RAT ICH DIR.
    DEN GENIEN DES KAISerS UND DES RÖMISCHEN VOLKES ODER VIELEICHT DEM GROSSEN NEPTUN,
    AUCH MARS,
    A p o l l o, HERCULES ODER DEN HÄUSLICHEN LAREN KANNST DU DIESES OPFER TUN.
    DOCH KEIN ANDRER GOTT WILL DEN STIER VOR SICH SEHN - WILD UND UNGEZÄhMT UND ROH -
    GIB IHM EINEN OchsEN ODER IHR EINE KUH, DENN NUR DANN SIND ALLE GÖTTER FROh.


    Kichernd schaut der alte Mann sich um und eilt dann fix weiter. Hoffentlich hat sich der Spruch so noch nicht in den Köpfen der Menschen festgesetzt, wer weiß, was man sonst dem armen Apollo opfern würde, wenn überhaupt.

  • Ohne ein Wort des Dankes trat Marcellus in das Innere des Getreidespeichers. Draußen war strahlender Sonnenschein und daher dauerte es einen kurzen Moment, bis sich seine Augen an den doch eher dunkleren Ort gewöhnt hatten. Dann ging er jedoch zügig weiter und traf auf einen Mann, der nach seiner Kleidung nach zu urteilen, einer der Lagerverwalter war.


    "Salve Verwalter! Ich bin Aelius Claudianus Marcellus, der neue Praefectus Annonea."


    Der Verwalter hatte schon auf den ersten Blick erkannt, dass es sich bei dem Besucher um einen hohen Magistraten handeln musste und nahm sofort eine demütige Haltung ein. Die Überraschung, war dem guten Mann dabei von seinem Gesicht abzulesen. Von seiner gebückten Haltung aus, sah er sich kurz um.


    "Oh! Praefectus! Es ist uns eine Ehre! Verzeiht die Unordnung. Wir hatten nicht mit eurem Besuch gerechnet."


    Marcellus deutete dem Verwalter, dass er sich wieder erheben konnte und nickte nur. Unordentlich sah es hier tatsächlich aus. Ziemlich viele Getreidesäcke standen mitten auf dem Gang und einige davon waren geplatzt und das Getreide war ausgelaufen.


    "Schon gut! Es war auch meine Absicht unangemeldet zu kommen. Vielleicht führst du mich erst durch die Horrea. Danach möchte ich die Bücher einsehen."


    Der Verwalter hatte sich in der Zwischenzeit wieder aufgerichtet und nickte. Mit einer einladenden Handbewegung bat er den Präfekten weiter.

  • Während Marcellus geduldig dem Verwalter folgte, schwärmten zwei der drei mitgebrachten Scriba aus, um den Getreidespeicher auf eigene Faust zu erkunden und alles was es zu beanstanden gab, auf ihrer Tabula festzuhalten. Der dritte trottete weiter hinter seinem Präfekten her und war abkommandiert, Marcellus direkt zu assistieren und Protokoll zu führen. Die Männer betraten den großen und vollkommen überfüllten Lagerraum. Überall wo man hinsah türmten sich unzählige Säcke, Kisten und andere Behälter, die wiederum voll mit Getreide waren. Wieder viel Marcellus Blick auf einen Getreidesack, der unten aufgeplatzt war und neben den sich bereits ein kleiner Haufen Getreide gebildet hatte.


    "Wie sieht es mit Ungeziefer aus?"


    Der Verwalter merkte natürlich sofort, was dem Präfekten ins Auge sprang und schluckte, bevor er mit einem aufgesetzten und unpassend wirkenden Lächeln antwortete.


    "Wir haben nur sehr selten Probleme damit Präfekt. Hin und wieder einige Ratten, die wir aber unter Kontrolle haben."


    Marcellus nickte und deutete dem Verwalter, dass er weitergehen konnte, da dieser mittlerweile stehen geblieben war und einen eher nervös wirkenden Eindruck machte. Der Scriba schrieb unterdessen bereits seine Notizen auf die mitgebrachte Wachstafel.


    "Wie sieht es mit Schwund aus? Verschwinden hin und wieder einige Säcke?"


    Getreide war zwar kein Gold, aber dennoch waren einige Säcke davon eine ordentliche Summe wert, die den einen oder anderen dazu veranlassen konnte, sein eigenes Geschäft damit aufzuziehen. Bei einer unordentlichen Buchführung viel dies in den meisten Fällen nicht einmal auf und so konnte man sich einen guten Zuverdienst am Schwarzmarkt erwirtschaften. Entsetzt sah der Verwalter den Präfekten an.


    "Nein Herr! Auf keinen Fall! Wir führen hier genauestens Buch über alle Säcke die unser Lager erreichen und auch wieder verlassen. Ich lege meine Hand für die Männer ins Feuer wenn es sein muss."


    Marcellus nahm auch dies zur Kenntnis und hoffte für den Verwalter, dass er sich dabei nicht die Finger verbrennen würde. Das die Säcke abgezählt wurden, davon ging er aus, aber ob dabei auch immer Getreide darin war, stand auf einem anderen Blatt. Marcellus hatte auch schon davon gehört, dass ganz Schlaue die Getreidesäcke um einige Kilo erleichterten und die so zusammen gesammelte Menge wieder in neue Säcke umfüllten. Jedoch wollte er hier niemanden von vorn herein einer solchen Tat beschuldigen und nickte daher nur.

  • Jede Steinmauer war ein perfekter Platz, um für den Kandidaten seiner Wahl zu publizieren. An diesem Speicher prangte bald ein weiterer Slogan für den Aedilkandidat...



    Germanicum Avarum aedilem dignum rei publicae probissimum iuvenem ovf. Octavius fave et ille te faciet












    [SIZE=6]Bitte wählt Germanicus Avarus zum Aedil. Er verdient es die öffentlichen Interessen zu vertreten. Ein überaus anständiger Mann! Octavius unterstütze ihn - und er wird dich auch wählen![/SIZE]

  • Die ersten Wahlsprüche erschienen in der Stadt, das bemerkte ich bei meinem Spaziergang über das Forum Romanum. Es war also wieder so weit. Zum Glück hatte ich meine Beziehungen schon spielen lassen, hatte meinen Patron besucht, Briefe geschrieben und meine Klienten angewiesen, die notwendigen Dinge in die Wege zu leiten. Nun also ging es los.


    Ich war gespannt, wie lange es dauern würde, bis weitere Sprüche auch für andere Kandidaten erscheinen würden.

    ir-senator.png annaea2.png

    CIVIS

    SODALIS FACTIO ALBATA - FACTIO ALBATA

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!