Audienz für Marcus Flavius Aristides

  • Feierlich, denn in dieser Stimmung befand sich Marcus nun, schritt der Optio und Patrizier hinter dem Scriba in die Audienzhalle des Kaisers. Immer wieder beruhigend tief einatmend trat er über den marmornen Boden, auf dem sich die hellen Lichtflecken der Fenster abzeichneten wie ein Schachbrettmuster. Und vielleicht wäre ein solches Sinnbild, würde Marcus so ein Spiel kennen, nicht das verkehrteste. Schließlich wurde in den Hallen so manch ein kluger Schachzug gesetzt und das Spiel der Macht entschieden. Marcus Herz klopfte laut in seinem Körper als er die Halle entlang ging. Immerhin war es kein alltäglicher Gang zum Kaiser des römischen Imperiums. Zwar schallt sich Marcus einen Narren deswegen, aber an den Gefühlen konnte er wenig ändern.


    Närrisch empfand er sich dabei, da er durchaus im Bewußtsein seiner Herkunft war. Noch vor 'kurzem' herrschte hier ein Flavier. Und Marcus hatte die großen Tage seiner Gens noch selber miterleben dürfen. Zwar war er damals noch ein Junge gewesen und er hatte dem kaum eine Bedeutung bei gemessen, aber seine Mutter hatte ihn oft genug daran erinnert. Bis der Schatten des Verrates auf das Imperium fiel, überzogen von einer bedrohlichen Wolke der Rebellion. Doch Marcus war sehr froh, daß seine Verwandten sich damals auf die gerechte, kaiserliche Seite stellten.


    Seltsam, was für Gedanken einem durch den Kopf gehen konnten. Marcus war sehr über sich verwundert. Solcherlei verdrängte er doch gerne oder fing gar nicht erst mit dem Denken an. Am Ende der Halle konzentrierte er sich auch wieder auf das Hier und Jetzt. Seine Toga? Saß die noch richtig? Ja, sehr gut. Schnell strich er sich noch mal durch seine kurzen Haare und straffte die Gestalt. Innerlich übte er noch mal den Text, dem er dem Kaiser vortragen sollte. Wie gut, daß seine Mutter ihm das schon geschrieben hatte. Schließlich war sein heimlicher Redenschreiber, sein Sklave, schon seit geraumer Weile verschwunden. ‚Werter Imperator...’ Nein, so ging der Text nicht. Schnell zog er einen kleinen Zettel hervor, spickte drauf und nickte zufrieden. Oh, hoffentlich würde ihm nicht der Text mitten in der Audienz entfallen. Äußerlich behielt Marcus eine unerschütterliche Gelassenheit aufrecht. Schließlich durfte er seine Familie nicht blamieren.

  • In der üblichen Kleidung, die er bei Audienzen zu tragen pflegt, betritt der Kaiser den Saal und begrüßt den patrizischen Gast sachlich.


    "Sei gegrüßt. Ein weiteres Mitglied der Gens Flavia, mit dem ich in den letzten Tagen Kontakt habe. Was für dich zu mir?"

  • Als der Kaiser eintrat, atmete Marcus tief durch. Einen Moment verharrte Marcus, dann sank er auf die Knie. Seine Toga raschelte leise bei dieser demütigen Handlung. Marcus senkte das Haupt für einige Herzschläge, ehe er seinen Blick wieder hob. Obwohl Marcus geglaubt hatte, daß er dem Kaiser doch relativ würdig entgegen treten könnte, machte sich wieder die flaue Nervosität in seinem Bauch breit.


    „Ave, Imperator Caesar Augustus, ich entbiete Dir meinen respektvollen Gruß!“


    Noch mal neigte Marcus, wie es sich vor dem Kaiser gehörte, das Haupt. So, jetzt kam Marcus zu seiner Rede. Aber wie fing es gleich noch mal an? Schnell schielte er in Richtung seiner Hand. Verdammt! Sein Spickzettel war unter seine Toga gerutscht. Marcus kämpfte die wachsende Panik herunter und hob erneut seinen Blick. Ernster Miene, feierlicher Stimme und mit wohlklingender Stimme legte er sich die Worte zurecht. Nach den ersten, eigenen und improvisierten Worten, fiel ihm, den Göttern sei Dank, wieder die Rede seiner Mutter ein.


    „Imperator, ich bin heute in Deine ehrwürdigen Hallen gekommen, um eine große Bitte zu äußern. Diese Bitte mag ein wenig ungewöhnlich erscheinen, doch hoffe ich mit meinen weiteren Worten diesem Wunsch einen fruchtbaren Boden zu bereiten. Denn ich möchte Dich darum bitten, mich als Deinen Klienten aufzunehmen.“


    Stundenlang geübt, war stundenlang geübt. So hatte Marcus auch die passenden Handbewegungen drauf, um seine Worte zu unterstreichen. Marcus pausierte jedoch in erster Linie, weil ihm wieder die Worte abhanden kamen.


    „Vor geraumer Weile trat ich in Germania in Deine Dienste als einfacher Soldat ein. Wie wenige aus unserem Stand, folgte ich diesen Ruf, arbeitete mir den Weg hoch in die Legion, da es mein Bestreben war, Dir, o Caesar, mit meinen Fähigkeiten am Besten zu dienen. Und nun führten mich die Geschicke der Götter und der Weg der Legion nach Mantua und in Deine treueste Einheit, die Legio I. Traiana Pia Fidelis. Somit ist es mir erneut vergönnt worden, Dir besser dienen zu dürfen.“


    Marcus hoffte inständig, daß er nicht eine wichtige Passage auf dem Spickzettel vergessen hatte. Seine Kehle war schon ein wenig trocken, aber da mußte er jetzt durch.


    „Doch ein Römer und ein Soldat bedarf eines Patrons. Lange habe ich über diese Entscheidung nachgedacht. Wäre mein Vater noch am Leben, hätte ich die Geschicke meines Daseins mit Freuden in seine Hände gelegt. Doch die Götter hatten einen anderen Weg vorgesehen. Und in den letzten Monaten wurde mein Weg für mich immer klarer. Dir zu dienen, als Soldat und als Klient, ist mein Wunsch, Imperator. Denn kann in dem Herzen eines Mannes die Treue für zwei Herren schlagen? So hoffe ich, o Caesar, daß Du meinem Anliegen mit Wohlwollen begegnest!“


    Marcus neigte mit einer gewissen Demut, auch so was hatte er mal gelernt, den Kopf und sah dann zum Kaiser hoch. Ruhig wirkte er, aber in Wirklichkeit glaubte Marcus, daß doch jeder sein Herz so laut pochen hörte, wie er es tat.

  • Geduldig lauscht der Kaiser den wohlformulierten Worten. Wenngleich der Mann Soldat ist, ist seine patrizische Herkunft in Gestik und Tonfall zu erkennen. Mit einem Wink lässt er ihn eine bequemere Haltung einnehmen.


    "Es passiert selten, dass sich ein Soldat gleich an den Oberkommandierenden wendet, um ein Patronat zu erbitten. Ein Mitglied des Stabes liegt für diese Bitte ja auch viel näher."


    Über die genauen familiären Verhältnisse des Mannes war der Kaiser vorab nicht unterrichtet worden, aber bei Patriziern waren diese keineswegs unwichtig, also sicherte er sich erst einmal ab.


    "Erzähle mir etwas mehr über deinen Vater und darüber, warum du den Weg als einfacher Soldat gewählt hast."

  • Herrje, jetzt war es passiert. Der Kaiser hatte Marcus eine unerwartete Antwort gegeben. Dafür hatte Marcus Mutter, Flavia Agrippina, nichts erwähnt. Immerhin stand Marcus erleichtert auf als der Kaiser ihm das Zeichen gab. Der Marmor hatte schon an seinen Knien angefangen zu schmerzen. Marcus schwieg etwas ratlos auf die Bemerkung des Kaisers. Ganz nach dem Motto: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Wenn Marcus diesen Spruch gekannt hätte. Und noch mal herrje! Seinen Vater? Marcus grübelte und dachte darüber nach, was seine Mutter ihm über Corvinus damals erzählt hatte. Dabei bemühte sich Marcus eine gelassene und würdevolle Haltung zu bewahren. Es gelang ihm dann doch ganz gut.


    „Werter Imperator, mein Vater war Lucius Flavius Corvinus. Kennen lernen durfte ich meinen Vater jedoch nie. So starb er einige Wochen vor meiner Geburt, durch die Hand eines gemeinen Mörder. Ich erfuhr nur aus den Erzählungen meiner Mutter von meinem Vater. So diente mein Vater dem Imperium als Magistrat als er sein Leben für diesen Dienst verlor.“


    Marcus fragte sich, ob er ihm noch mehr von dem bewegten Leben seines Vaters erzählen sollte? Aber vielleicht kannte der Kaiser Flavius Corvinus sogar und das war nicht notwendig. So dachte Marcus lieber über die zweite Frage des Kaisers nach. Ja, warum war er als einfacher Soldat bei der Legion? Weil seine Mutter es so wollte. Aber das konnte er kaum sagen. Weil er nichts anderes wirklich konnte, außer das Leben mit Tabernae und Lupanaren zu füllen? Gerade das, galt es nicht laut hinaus zu posaunen. Als Gelehrter oder Politiker taugte Marcus nicht und das wußte er allzu gut.


    “Caesar, ich wollte meine Fähigkeiten in Deinen Dienst stellen. Und da mir die Aufgaben des Soldaten näher lagen als in der Verwaltung oder in dem Götterdienst, schlug ich jenen Weg ein. Und an keinen Tag, so schwer oder auch hart prüfend er war, bereute ich diesen Entschluß!“

  • "Ein schweres Schicksal für einen jungen Mann, seinen Vater nicht gekannt zu haben. Aber auch eines, an dem er wachsen kann."


    Ein wenig Milde spricht aus dem Gesicht des Kaisers.


    "Viele junge Männer, die eine besondere Nähe zu meiner Person haben wollen, denken über einen Dienst bei der Garde nach. Hattest du auch schon einmal solche Gedanken?"

  • Das war auch eine völlig unerwartete Frage. Marcus mußte über diese Frage deutlich angestrengter nachdenken. Als Erstes freute es Marcus sicherlich als junger Mann bezeichnet zu werden. Marcus fühlte sich auch viel jünger als seine 35 Lenze. Und scheinbar wirkte er bei Anderen auch so. Das war natürlich eine Wohltat für seine geschundene Seele, nachdem sein ehemaliger Ausbilder ihn schon fast als Greisen hingestellt hatte. Die Garde...Garde? Prätorianer? Das musste der Kaiser meinen! Bei Mars! Marcus erinnerte sich gut daran, dass er früher oftmals davon geträumt hatte, ein heldenhafter Prätorianer zu sein, besonders bei den Evocati zu dienen. Bis er dann die Frauenwelt kennen lernte und die angenehmen und faulen Seiten des Lebens. Auch etwas, was er kaum dem Kaiser berichten konnte. Marcus lächelte und neigte kurz den Kopf ehe er auf des Kaisers Frage eine Antwort formulierte.


    „Ehrenwerter Augustus, welcher Mann würde nicht danach streben, Dir in der Garde dienen zu dürfen? Es wäre mir natürlich eine große Freude, würde mir eines Tages diese Ehrung wiederfahren, Caesar.“


    Marcus neigte noch mal nach der Antwort den Kopf. Äußerlich bemühte er sich weiter um Ruhe und Gelassenheit. Innen war er doch etwas verwirrt. Dann kam der erlösende Einfall. Vielleicht wollte der Kaiser einfach nur mit ihm plaudern? Ja, das mußte so sein. Marcus fand das sehr sympathisch und lächelte dementsprechend gelöster.

  • "Wenn du dich dafür bereits sieht und dich für einen Wechsel zu den Praetorianern entscheidest, könnte ich dir behilflich sein.
    Doch auch der Dienst in der Legio I Traiana ist ein ehrenhafter, den du hoffentlich zu schätzen weißt."


    Einen Moment hält der Kaiser inne, bevor er fortfährt.


    "Habt du und die anderen Soldaten der IX. euch bereits in Mantua und die neue Legion eingelebt?"

  • Man merkte Marcus richtig an, wie er wie ein Schneeball in der Sonne auftaute. Die Verspannung in seinen Schultern löste sich und er fing an, sich über das (für ihn) offensichtliche Interesse des Kaisers zu freuen. Marcus legte einen Arm auf den Rücken, mit dem Anderen hielt er noch den oberen Zipfel seiner Toga fest. Die Toga hatte immer die Angewohnheit zu verrutschen und so hielt er die Falten in Form.


    „Ich danke Dir sehr für das Angebot, Imperator. Und ich werde mit Freuden darauf zurückkommen. Ich bin im Übrigen sehr stolz darauf in der Prima und somit Deiner treuesten Legion dienen zu dürfen. Sicherlich ist es nicht immer einfach, aber wo ist das Leben schon ohne Schwierigkeiten?“


    Jetzt fing Marcus das an, was seine Mutter befürchtet hatte. Marcus, völlig ohne Vorgaben was er dem Kaiser sagen sollte, sprach nun frei heraus. So wie es eigentlich auch in seiner Natur lag. Einfach seinem Wesen des Ehrlichen und etwas Gutmütigen heraus entsprungen.


    „Eingelebt? Ja, Imperator, von Tag zu Tag wird es immer besser. Anfangs war es für die Meisten von uns doch immens schwierig. Wir waren die Kameradschaft aus der Legio IX gewohnt, doch in der Prima schlug uns von Seiten der Offiziere eine unerklärliche Kühle entgegen, wenn nicht sogar offenkundige Beleidigungen!“


    Marcus sah etwas bedauernd dabei aus. Dabei dachte er an diese unsägliche erste Besprechung. Was für schlimme Beleidigungen gefallen waren, hatte Marcus lange verdauen müssen. Doch inzwischen war das vergessen und Marcus nicht sonderlich nachtragend.


    „Aber ich denke, daß es für die Offiziere der Legio I nicht sehr einfach war. Es sind ja auch viele sehr gute Offiziere dabei. Aber die Geringschätzigkeit mancher gegenüber den anderen Legionen verwundert mich dann doch. Aber ich glaube einfach, daß die Legio I, wenn ich das anmerken darf, werter Caesar, einfach wieder etwas Kampferfahrung und Feldeinsätze braucht! Das würde sicherlich auch den Zusammenhalt unter den Offizieren stärken.“


    Jetzt würde sich Marcus Mutter gegen die Stirn schlagen und verzweifelt die Augen rollen. Marcus dachte sich jedoch nichts dabei. Denn der Kaiser erschien ihm keineswegs wie einer, der bei einem offenen Wort gleich den Henker rief.


    „Aber ansonsten wachsen wir schon mehr zusammen. Ich bin auch sehr froh, daß Centurio Matinius Plautius unser Primus Pilus geworden ist. Er ist ein sehr fähiger Mann. Und Rekruten strömen auch immer mehr in die Legio I. Ich halte das alles für gute Zeichen, Augustus!“


    Sollte er sich beklagen, daß er in der Verwaltung gelandet war? Ach nein, gerade war Marcus in einer viel zu freudigen Stimmung. Ein freundlicher Kaiser und die Tatsache in Rom zu sein, konnte seine Laune nur heben. So lächelte er freundlich und hoffte, nicht allzu viel geschwätzt zu haben.

  • Der Kaiser hörte interessierrt, teilweise sogar etwas überrascht über die offenen Worte des Patriziers zu.


    "Die Legio Prima ist von ihrem Charakter nicht mit einer Legio in Germanien zu vergleichen, das musste euch bereits vor der Verlegung bewusst gewesen sein. Der Legat hat mein Vertrauen, die Übernahme der Legio I verantwortungsbewusst zu gestalten und auch von den neuen Soldaten wurde erwartet, dass ihr den Stammsoldaten gebührlichen Respekt entgegenbringt.


    Deinen Schilderungen zu entnehmen gibt es aber keine Probleme und die Entscheidung, Livianus in die Prima zu versetzen, scheint richtig gewesen zu sein.
    Ich verstehe, wenn dem einen oder anderen Soldaten lange Friedenszeit Langeweile heraufbeschwört, jedoch sollte er im Hinterkopf haben, dass er jederzeit in Einsatz kommen kann und er bis dahin die Zeit nutzen sollte, sich möglichst gut darauf vorzubereiten.


    Optio, ich möchte auch dir den Rat geben, die Möglichkeit Erfahrung zu sammeln, die dir in der Legio Prima derzeit geboten wird, noch zu nutzen."

  • Die eigene Wortkargheit war nun entgültig verschwunden. Der Kaiser schien in der Tat nicht von seinen Worten beleidigt zu sein und Marcus freute sich darüber. Dementsprechend aufmerksam lauschte er den Worten des Kaisers und ließ sie auf sich wirken. Eigentlich hatte Marcus hauptsächlich daran gedacht, wie schön es doch war wieder nach Italia zurück zu kommen durch die Versetzung. Auch fühlte sich Marcus geehrt, daß der Legat ihn in seinem ‚Gefolge’ haben wollte. Keine Probleme? Hmm...na ja, eigentlich gab es da schon welche und Marcus hatte geglaubt sie genug angesprochen zu haben. Aber was soll es? Vielleicht war das in den Augen des Kaisers einfach keine Probleme. Und daß es Gerüchte von unguten Worten gegen den Legat gab, maß Marcus auch keinerlei Gewicht bei. Schließlich gehörte er nicht zu jener Sorte Soldaten an, die eher Marktweiber waren. Alle, die er gesprochen hatten, waren schließlich stolz unter diesem Legaten dienen zu dürfen.


    „Den Rat möchte ich gerne annehmen, werter Imperator. Ja, uns war durchaus bewußt, daß es ein anderer Dienst in der Prima sein wird und jeder Einzelne von den Offizieren ist gewillt, sich den Hürden und auch Problemen zu stellen, die auftauchen sollten. In dieser Hinsicht können wir aber auch sicherlich darauf vertrauen, die Erfahrungen der alt gedienten Offiziere dort nutzen zu dürfen, um das Einleben einfacher zu machen. Und natürlich wird uns unser Legat in dieser Hinsicht führen!“


    Marcus hoffte das mit den Alteingesessenen, wenn auch die Hoffnung mit jedem Tag etwas schmaler wurde. An manchen Stellen zeigte sich doch eine rosige Dämmerung in der Dunkelheit der Mißverständnisse. Marcus, unerschütterlich in seinem Optimismus, glaubte auch daran. Mit den Meisten kam Marcus persönlich auch ganz gut aus inzwischen.


    „So möchte ich mein Bestes geben, Deine Worte in der Legion zu bringen und dort umzusetzen. Ich hoffe auch bald darauf, in der Ausbildung der jungen Rekruten tätig zu werden. Das wird für mich genauso eine Hürde werden für sie und wir werden wohl alle daran wachsen. Warst Du nicht auch einst Tribun der Legio Prima, Caesar? Hast Du damals auch die Rekruten auf ihren ersten Kampf vorbereitet, werter Augustus?“


    Redete er schon wieder zuviel? Fragte er gar zuviel? War es anmaßend den Kaiser über seine Vergangenheit etwas zu fragen? Marcus grübelte kurz darüber nach, schob es jedoch schnell zur Seite.

  • Mit einem Lächeln, erzeugt durch den Plauschton, den der Besucher langsam einschlug, antwortet der Kaiser auf seine letzten Fragen.


    "Ja, ich habe in der Legio Prima gedient. Und ja, auch ich hatte mit Rekruten zu arbeiten."


    Die Antwort fiel sicherlich kürzer aus als Aristides erwartet hatte, doch dem Kaiser überkam gerade kein Verlangen, in Erinnerungen damals zu schwelgen.

  • Ein Holzklotz war Marcus nun auch wieder nicht. So merkte er durchaus, daß er vielleicht doch mit seinen Fragen zu weit gegangen war. Oder vielleicht doch nicht? Etwas unschlüssig schwieg Marcus. Gerade war Marcus doch in diese nette Plauderstimmung gekommen, so wußte er nun nicht mehr so recht, was er sagen sollte. Aber die Vorstellung ähnliches in der Legio zu tun, wie der Kaiser in der Vergangenheit, gefiel Marcus sehr. So lächelte er gleich wieder gut gestimmt. Er atmete tief ein und leise wieder aus.


    „Nun, dann werde ich meinen Teil beitragen, daß Du in Zukunft Dich auch weiterhin auf die Legio Prima verlassen kannst, Imperator!“

  • Jetzt war Marcus sich ziemlich sicher, dass er vielleicht doch was falsch gemacht hatte! Denn es mußte ein schlechtes Zeichen sein, daß der Kaiser so schweigsam wurde. Ob er einen wunden Punkt mit seinen Fragen aufgerüttelt hatte? Eigentlich war Marcus nicht ein Mann, der sich viele Gedanken über so was machte, aber schließlich stand er nicht vor irgend jemanden, sondern dem Kaiser. Ob er sich entschuldigen sollte? Herrje, Marcus wußte noch nicht mal wofür. Vielleicht war es ja auch was ganz anderes. Und das überforderte Marcus in der ganzen Komplexität viel zu sehr. So schwieg Marcus, während der Kaiser auch schweigend wartet. Marcus richtete sich wieder ganz auf, denn ganz kurz waren die Schultern ein wenig herunter gesackt. Fragend, ob der Kaiser noch etwas von ihm wünschte oder gar zu seiner ursprünglichen Frage sich äußerte, wartete Marcus ruhig.

  • Der Kaiser bemerkt die Pause, erhebt sich und deutet einen militärischen Gruß an, gerade so wie es ein Oberbefehlshaber gegenüber einem Soldaten tut.


    "Dann berichte deinen Kameraden in Mantua, dass ihr Oberbefehlshaber auch weiterhin ein Auge auf sie haben wird."

  • Marcus war ja nun schon lange genug in der Legion. So waren bestimmte Rituale einfach in sein Fleisch und Blut übergegangen. So reagierte er auf die Geste des Kaisers prompt und richtete sich auf. Schultern zurück und seinen Blick auf den Kaiser gerichtet. Ganz so, wie mit einer lorica segmentata, wirkte das jedoch nicht. Die Toga verbarg einiges von Marcus militärischem Gehabe.


    „Das werde ich, mein Kaiser!“


    Innerlich war Marcus verwirrt, das Ritual hatte ihn nur kurz da raus gerissen. Denn immerhin war er durchaus mit einem Anliegen gekommen. Grübelnd überlegte Marcus, wie er das jetzt geschickt wieder ansprechen könnte. Oder sollte er es gar sein lassen? Herrje, viel zu kompliziert die Hofbelange. So sprach Marcus einfach wieder heraus, wie es ihm lag- offen und ehrlich!


    „Werter Imperator, darf ich vielleicht die Frage stellen, was Du von meiner Bitte hältst?“

  • Der Kaiser hat die Bitte nicht vergessen, schüttelt aber den Kopf.


    "Als Oberbefehlshaber können mich alle Soldaten und Offiziere als ihren Patron betrachten. Und an dem Tag, an dem ich mich möglicherweise persönlich dafür einsetzen werde, dass du in der Garde dienen kannst, sofern dies dein Wunsch sein soll, wirst du merken, was dies bedeutet.
    Aber bis dahin erspare ich es dir, mir regelmäßig deine Aufwartung machen zu müssen, wie es ein guter Klient bei seinem Patron tut."

  • Die Ablehnung war erst zu versteckt angedeutet, zu sehr in eine höfliche Aussage, daß Marcus es sofort registrierte. So brauchte er einige Herzschläge, um diese Sätze richtig zu interpretieren. Das mit der Garde lockte ihn in der Tat sehr. Konnte Marcus ja nicht ahnen, daß kurz danach der Prätorianerpräfekt persönlich um Marcus Tochter warb und somit jegliche Träume und Pläne für Marcus dort zu Nichte machte. Egal ob sie heirateten oder nicht. Denn Marcus konnte weder unter einem verärgerten Präfekten dienen, der abgewiesen wurde, noch gar unter seinem eigenen Schwiegersohn. Doch dieses Dilemma tat sich ihm nicht auf. Dafür jedoch, daß sein Anliegen somit abgeschmettert wurde. Höflich, aber dennoch bestimmt. So war es weniger verwunderlich, daß Marcus Schultern etwas heruntersackten, nachdem er es verstanden hatte. Oh weh, seine Mutter würde toben und bestimmt einem Sklaven den Rücken blutig schlagen, wenn sie davon erfuhr.


    Doch Marcus innerliche Enttäuschung währte nur kurz. Schließlich war er einfach ein optimistischer Mann und selten von Ablehnungen schwer getroffen. So neigte er höflich den Kopf und lächelte sogar freundlich. Denn den Kaiser hatte er heute als einen sehr sympathischen Menschen erlebt. Ganz anders als man es sich vorstellen würde, besonders wenn man sich so manch einen Vorgänger von ihm in Erinnerung rief.


    „Ich verstehe, werter Imperator. Ich bin Dir jedoch sehr dankbar, daß Du Dir so viel Zeit für meine Bitte und dieses Gespräch genommen hast, ehrenwerter Augustus!“

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!