Stabulum equorum | Rutger, Arrecina

  • Staubkörnchen schwebten in der Luft und schimmerten golden im Sonnenlicht, das von draußen hereindrang.
    Edle Pferde standen in ihren geräumigen Verschlägen und knabberten zufrieden an würzig duftendem Heu. Eine dunkelbraune Stute spitzte die Ohren und guckte nach oben, als es über ihr plötzlich knisterte und rumorte.
    Vom Heuboden oben kam durch eine offene Luke hindurch gerade eine große Ladung Stroh heruntergesegelt und landete mitten in der Stallgasse, und hinterher gesprungen kam Rutger, der seinerseits mitten im Strohhaufen landete.
    Er griff nach einer Heugabel und begann das raschelnde goldgelbe Stroh großzügig in den Boxen zu verteilen, die er soeben ausgemistet hatte. Er arbeitete schwungvoll, summte dabei leise vor sich hin und sinnierte über seine Lage. Es hätte schlimmer kommen können, fand er. Das Essen für die Sklaven war ausreichend, nicht mal schlecht. An seinem Schlafplatz war auch nichts auszusetzen - allemal besser, als bei jedem Wetter irgendwo draußen neben der Straße zu übernachten, wie während der Reise. Er schauderte, als er an diese höllische Zeit zurückdachte.


    Dafür musste er nun hier in der Villa arbeiten, für die Römer arbeiten, und das war eines freien Germanen wahrlich unwürdig. Eines freien Germanen in Kriegsgefangenschaft. Nun ja. So langsam kehrten seine Lebensgeister zurück, und Rutger plante nicht unbedingt einen längeren Aufenthalt.
    Jetzt hatte ihn dieses unheimliche alte Weib, Turda, auch noch zur Stallarbeit verdonnert. So wie die ihn angesehen hatte, war sie bestimmt eine Hexe, oder jedenfalls hatte sie den Bösen Blick - Rutger schlug das Zeichen von Donars Hammer - aber die Stallarbeit war ihm vertraut und ging ihm leicht von der Hand. Und was für schöne, kostbare Pferde es hier gab! Zum Beispiel die Dunkelbraune hier, Phaidra, eine feurige und extravagante Frowe.
    Rutger kraulte sie ausgiebig an der Mähne, verteilte dann den Hafer und fegte, noch immer vor sich hinsummend, den Boden um die Boxen und vor dem Stall mit einem Reisigbesen.

  • Mit zwei Eimern in der Hand machte Rutger sich auf den Weg zur Zisterne, um Wasser zu holen. Er ging an der hohen Oleanderhecke entlang, die die Stallungen vom gepflegten Garten abgrenzte, und staunte über die weiße und rote Blütenpracht. Hinter dem Stall lag ein kleines Fleckchen Brachland. Stachlige Disteln wucherten dort, umschwärmt von kleinen mattblauen Schmetterlingen.
    Rutger fluchte immer noch über seine verflixten Sandalen, die so gar keinen Schutz gegen die spitzen Distelblätter boten, als er die Zisterne erreichte, und die Eimer dort bis zum Rand füllte. Beim Zurücktragen schwappte etwas Wasser heraus, und kühlte ihm angenehm die Beine. Er musste noch mehrmals hin und her gehen, bis alle Pferdetränken gefüllt waren, und schwitzte unter der heißen mediterranen Sonne. So, endlich fertig! Er schöpfte mit den hohlen Händen Wasser, goß es sich über den Kopf und und wusch sich Schweiß und Staub aus dem Gesicht.


    Nachdem die schöne Stute Phaidra zu Ende gespeist hatte, führte Rutger sie nach draußen, zu dem knorrigen alten Olivenbaum, der vor dem Stall wuchs, und band sie an einem Ast fest. Mit kräftigen Strichen striegelte er ihr das Fell blank und summte dabei wieder leise eine Melodie. Nach einer Weile begann er richtig zu singen, mit rauher aber volltönender Stimme, in seiner hart klingenden Muttersprache.


    "Trüb ist der Tag / am Morgen der Schlacht,
    wild heult der Wind / stürmt durch den Wald."


    Phaidra spielte mit den Ohren und wandte sie aufmerksam zu Rutger.


    "Mit finsteren Mienen / schärfen die Krieger den Speer
    Ein graues Roß / jagt auf den Wolken dahin."


    Rutger entwirrte Phaidras Mähne und kämmte sie sorgfältig mit einem grobzinkigen Kamm aus. Ganz versunken in seine Arbeit sang er weiter sein kriegerisches Lied.


    "Wehrhafte Krieger kämpfen / und zerstören unser Land,
    Rom mehrt seine Macht / wütet unter Freund und Feind.
    Vor Feuer und Hörnerklang flieht / das Volk in den Wald,
    dieser blutige Morgen bringt / für uns den Sieg oder den Tod."

  • Da sie noch neu war und ihre Neugierde sie wieder einmal antrieb machte sie einen kleinen Ausflug in den Stall, oder zumindest führte ihr gesamter Ausflug durch die Villa sie in diese Richtung. Sie mochte Pferde, was auch wohl fast die einzigsten Tiere waren die es gut bei ihr hatten, denn mit Sklaven, Männern und anderen Lebewesen ging sie doch meistens nicht grade zimperlich um. Sie hatte da so ihre merkwürdigen Eigenschaften die sie gerne an den Tag legte, aber wovon nicht unbedingt jeder wusste.
    Arrecina hatte noch nicht richtig den Stall betreten, da hörte sie seltsam klingende Worte, die sich anhörten wie Gesang, aber doch hart klungen. Das junge Mädchen verhielt sich leise als sie weiter ging, an dem Stall vorbei und dann einen Mann beobachten konnte, der bei einem Pferd war und diese Worte sang.
    Bis jetzt hatte sie diesen Mann hier noch nicht gesehen, aber sicher war er ein Sklave, was sollte er auch sonst hier draussen bei den Pferden machen. Verwundert, dass er sich hier so bewegen duftr trat sie leise näher,neugierig gemacht von diesem fremden Klang und der Worte.
    "Was ist das für eine Sprache?" fragte sie seltsam freundlich.


    Ihre Hand strich, während sie auf eine Antwort fragte, dem Pferd sanft über den Hals, an dem sie mittlerweile angekommen war. "Ein schönes Pferd, wem gehört es von der Familie?"

  • Rutger verstummte, und lies den Mähnenkamm sinken. Überrascht sah er auf die junge Römerin - was für ein ungewöhnlicher Tonfall.
    "Dies ist Phaidra. Ja, sie ist schön, ein edles Tier." antwortete er ebenso freundlich. "Sie hat viel Temperament, und ist sehr launisch, wenn sie der Hafer sticht."
    Die Stute drehte die Ohren zu Arrecina, als diese sprach, streckte dann den Hals, und schnoberte mit weichen, schwarz umrahmten Nüstern an ihr herum. Ihr Fell glänzte im Sonnenlicht in einem satten Kastanienbraun.
    Die Zikaden sangen ihr eintöniges Lied, die Blätter des Olivenbaumes sahen im Sonnenlicht silbrig aus, und eine friedliche, etwas schläfrige Stimmung lag über dem Hof.


    Rutger grinste, und ein schalkhaftes Funkeln war in seinen Augen, als er feststellte: "Ihr beiden habt fast die selbe Haarfarbe..." Dann zuckte er, wieder ernst, die Schultern. "Ich weiß nicht, wem genau sie gehört. Es ist noch nicht so lange, daß ich hier... - arbeite. Aber ich nehme an, dem Hausherren."
    Phaidra schnupperte an Arrecinas Händen, und versetzte ihr dann einen gar nicht so sanften Stups auf die Brust. Darauf wandte sie sich ab und knabberte an der rissigen Rinde des Olivenbaumes herum.
    "Benimm dich, Frowe!" Rutger gab ihr einen Klaps. "Ja, verfressen ist sie auch."
    Er lächelte zu Arrecina. "Alles in Ordnung?" Bei den Römerinnen hatte er immer den Eindruck, ein Windhauch reichte, um sie umzuwehen.
    Er nahm wieder eine Handvoll der pechschwarzen Mähne, und lies die Zinken des Kammes langsam hindurchgleiten, während er Arrecinas erste Frage beantwortete: "Ich sang ein Lied aus meiner Heimat - ich komme aus dem Freien Germanien." Stolz, und auch etwas Wehmut, klangen in diesem Satz mit.

  • Sie wusste es ja selber, dass sie einen ziemlich sanften Ton an den Tag legte, was meistens nur unter der Familie der Fall war. Sklaven waren für sie immer nur Sachen, zwar Menschen, aber eben Menschen die weit unter ihr standen. So war das Leben und sie würde auch niemals etwas daran ändern und, dass sie im Moment so normal mit ihm sprach und auch umging, konnte sich auch im nächsten Moment wieder schlagartig ändern. Schnell könnte sie den Mann vor sich, der um einiges älter war als sie in wirkliche Schwierigkeiten bringen, doch noch war ihr nicht danach, aber es war keine Seltenheit, dass sie Sklaven dazu nutzte sich einen Spaß zu machen, denn nur ein Sklave der ab und an auch einmal ausgepeitscht wurde, war ein wirklicher Sklave. Man musste ihnen immer wieder mal zeigen wer hier die Macht hatte und das Sagen und das konnte man nur, wenn man sie züchtigte und nicht wie seinesgleichen behandelte. Trotz dieser ganzen Vorsätze lächelte sie Rutger an und strich dem Tier sanft über den Kopf und stolperte einen Shcritt nach hinten, als sie so zurückgestoßen wurde. Das passte ihr gar nicht und für wenige Sekunden veränderte sich alles an Arrecina, aber sie hielt sich zurück.....für diesen Moment.


    Das war ein guter Anhaltspunkt zu wissen, dass er noch nicht so lange hier arbeitete, daraus ließ sich sicher noch etwas machen. "Mir geht es gut, auch wenn sie das nicht so oft machen sollte" sprach sie eine leise Warnung aus, aber dennoch war es ein wirklich schönes Tier und sie würde schon noch rasufinden wem es gehörte. "Germanien? Frei?" Sie zog eine Augenbraue nach oben und musterte den Sklaven eindringlich. So sah also ein Germane aus und sie konnte sehr wohl den Stolz in seiner Stimme hören, als wären Germanen die dort geboren waren, im freien Germanien, etwas besonderes. Sie würde nie an einen Römer ranreichen. "Wem gehörst du hier oder bist du allen unterstellt? Naja eigentlich bist du für alle sowieso da, aber wer ist dein Herr?" fragte sie ihn, auch wenn es nicht grade freundlich klang diese herblassenden Worte. Ihr fiel ein, dass schon lange keine Sklaven mehr zu Schaden kamen,wenn man die beiden abzog die nun nicht mehr hier verweilten weil sie sich gestritten hatten.

  • Rutgers Mine wurde kühl. "Ja." antwortete er knapp.
    "Frei. Rom beherrscht nicht die ganze Welt."
    Er trat zu Phaidras Schweif, teilte einige Strähnen ab, und begann, auch diese sorgfältig auszukämmen. Einige Strohhalme fielen hinunter. Die Stute stampfte unwillig und Staub stob auf. Für einen Moment hing er als Wolke in der Luft, wurde dann von einem leichten Wind erfasst, mitsamt des Strohs über den Hof geblasen, und verweht.
    Auf Rutgers Lippen trat ein humorloses Lächeln.
    "Wer mein 'Herr' ist?"
    Er fächerte eine Strähne mit den Fingern auf.
    "Nun, Wodan natürlich, der Wallvater, der erste unter den Asen und Wanen. Ihm habe ich stets die Männer geweiht, die ich tötete - wenn sie würdig waren - , und unter ihm werde ich streiten am Tag der Letzten Schlacht."
    Er entwirrte einen Knoten in den langen, leicht gewellten Schweifhaaren, und blickte kühl wieder zu der jungen Römerin hinab.
    "Aber was du wahrscheinlich wissen willst - es ist Flavius Aquilius, der mich als sein Eigentum betrachtet."
    Rutger löste den Knoten, und lies die Strähne locker zurückfallen.
    "Und wer magst du sein?"

  • Arrecinas Augen zuckten ein wenig, als sie ihm zuhörte, denn sie spürte, dass er sich nicht damit abgefunden hatte hier zu sein. Ein Sklave mit den sie sicher noch ihren Spaß haben würde. So wie es den Anschein hatte, hatte man ihm das wirklich richtige Benehmen noch nicht beigebracht und vielleicht sollte es langsam mal anfangen. Ihre Lippen verzogen sich zu einem eisigen Lächeln, welches dennoch etwas weibliches an sich hatte. Als das Pferd wieder einmal nichts still stand, vielleicht war es auch die Absicht von diesem Sklaven, musste sie wegen dem aufgewirbelten Staub anfangen zu husten und auch etwas von dem Stroh bekam sie ab, denn man schien auf sie keinerlei Rücksicht zu nehmen.
    "Du solltest achtsam sein mit dem was du sagst, wie du es sagst und vor allem wem du es sagst" warnte sie ihn erneut nur dieses mal viel deutlicher. Es machte ihr nichts aus, dass sie zu diesem Sklaven aufsehen musste, da sie ziemlich klein war. Es war etwas an das sie sich schon lange gewöhnt hatte und ausserdem bestand immer noch die Möglichkeit, dass sie größer werden würde.


    Aquilius hatte also die Gewalt über ihn, vielleicht sollte sie ihn mal fragen ob er ihn ein wenig entbehren könnte. Jaja ihr Onkel hatte doch immer einen guten Geschmack, aber hier hatte er einen Wilden geholt, der im Inneren wohl noch nicht wirklich gebändigt zu sein schien. Ob sie ihn einmal daraufhin ansprechen sollte? Es war nicht selten gewesen, dass Sklaven bestraft wurden die etwas mit Arrecina zu tun hatten, eigentlich kam das immer häufig vor, denn sie hatte so ihre Methoden einen anderen hoch zu bringen und das würde sie wohl hier auch versuchen auch wenn sie für Strafen eigentlich keinen wirklichen Grund brauchte, schließlich glaubte man einer Patrizierin mehr, als einem dahergelaufenen Sklaven.


    "Ich bin Flavia Arrecina, die Nichte von Flavius Aquilius und die Tochter von Flavius Aristides und somit auch deine Herrin wie jeder aus der Familie" beonte sie noch einmal seinen Stand. "Du wirst noch lernen wie es ist ein Sklave zu sein, denn ich nehme einfach mal an, dass du nicht weißt wie das Leben ist als Sklave, vor allem nicht wie man sich wirklich zu benehmen hatte, oder?" fragte sie ihn ein wenig hochnäsig und provokant. "Euch Wilde muss man ja immer zähmen, aber ich denke du bist in der richtigen Familie gelandet, denn wir werden mit allen Sklaven fertig, egal wie." Ihr Ton schien von Wort zu Wort provokanter zu werden und sie legte dem Pferd ihre Hand an die Mähne, als sie wieder näher getreten war und zupfte an den Haaren rum.

  • "So? Tochter von Flavius Aristides..."
    Ein kalter Glanz trat in Rutgers graugrüne Augen, sie wurden schmal in seinem sonnenverbrannten Gesicht, und hefteten sich mit einem wölfisch lauernden Ausdruck auf Arrecina.
    Da gab es also ein holdes Töchterchen im Leben des Neidings. Das war gut zu wissen.
    "Du ähnelst deinem Vater." , stellte er trocken fest.
    Rutger legte den Kamm beiseite und griff nach einer Büchse mit Olivenöl, die in einer Astgabelung stand, und einem Pinsel. Er tauchte ihn in die dunkelgoldene Flüssigkeit, strich ihn am Rand ab, und begann schweigend, die Mähne des Pferdes einzuölen. Arrecinas Worte über das Zähmen von Wilden überhörte er würdevoll.
    Es war schon verwunderlich. So ein sanftes Gesicht, ein zuckersüßes Lächeln, und dazu diese boshafte Häme.
    Die Römer bestätigten eben immer wieder, was man sowieso schon wußte: sie waren ein verlogener Haufen durch und durch - falsch, verräterisch, schlangenzüngig, eiskalt - sogar die jungen Mädchen... ;)
    Rutger sinnierte darüber nach, ob sie wirklich alle so waren, ob es nicht vielleicht Ausnahmen gab, und verlieh derweil Phaidras Mähne mit dem Öl einen matten Glanz.

  • Arrecina hatte ja keine Ahnung, dass ihr Vater etwas damit zu tun hatte, dass Rutger nun hier war, vor allem aber, dass er ein Sklave geworden war. Wahrscheinlich hatte er dann wieder gute Arbeit geleistet, denn sie hatte Geschichten von Germanen gehört, die man niemals bändigen konnte, aber ihr Vater war halt kein Niemand, sondern ein Jemand und sie war stolz auf ihn und würde es auch immer sein. Auch würde sie niemals denken, dass die Tatsache, dass Aristides ihr Vater war sie eines Tages vielleicht in Shcwierigkeiten bringen würde.
    Die kleine Veränderung in seinen Augen, sie meinte dort etwas zu sehen, was bei ihr eine ähnliche Reaktion vorrief wie bei ihm. "Danke, es sagten schon viele, dass wir einiges gemeinsam haben. Mein Vater ist ein guter Mensch" betonte sie es mit Absicht. Sie ärgerte sich ein wenig darüber, dass er auf ihre Sticheleien einfach nicht einging oder sich nichts anmerken ließ, aber auch das würde sie noch ändern entweder mit ihm oder ohne ihn, denn sie hatte immer so einige Ideen. "Du hast mit deinen Namen noch nicht genannt" stellte sie fest und strich mit ihrer Hand den Hals des Tieres entlang. Merkwürdige Gedanken gingen in ihrem Kopf umher. Wie würde das Tier sich verhalten wenn sie nun einen Dolch oder etwas ähnliches zücken würde? Sie war einmal dabei gewesen als man ein Rind die Kehle durchschnitt und das Blut auf den Boden lief. Irgendwie fand sie es nicht einmal schlimm.
    Intressiert sah sie zu wie er die Haare des Tieres einölte damit sie glänzten. Sie musste unbedingt erfahren wem es gehörte, vielleicht........
    "Kannst du reiten?" Sie hatte eine Idee, wusste aber nicht inwiefern er hier weg durfte und ob man ihr erlauben würde auszureiten, aber eigentlich scherte sie sich nicht sonderlich um solche Anweisungen.

  • "Rutger - Rutger Thidriksohn von den Hallvardungen - ist mein Name." , sagte Rutger etwas abwesend, weil er gerade versuchte, die Stute zum Hochheben eines Beines zu bewegen. Sie wollte aber nicht, peitschte wild mit dem Schweif, legte die Ohren an, und keilte gegen ihn aus, so daß er schnell beiseite springen musste.
    "Ruhig, Frowe!" Rutger trat wieder heran, und strich ihr beruhigend über die Seite. "Ruhig."
    Ob das Tier seine schwelende Wut spürte? Oder war es dieses ungute Mädchen, das sie so nervös machte?
    Rutger atmete selber tief durch. "Ruhig." Und langsam regte die Stute sich tatsächlich wieder ab, sie schnaubte und die Ohren wanderten wieder neugierig nach vorne.
    Rutger klopfte ihr auf den Hals und hockte sich hin, um zuletzt auch noch ihre Hufe mit dem Öl einzustreichen.
    "Was meintest du? Ach so, ja, ich bin ein guter Reiter." antwortete er selbstsicher.
    Und wie schön wäre es, jetzt auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen, und im gestreckten Galopp nach Norden zu preschen....

    Rutger sah zu Arrecina hoch.
    "Und du? Soll ich dir die Schöne mal satteln? Oder ein ruhigeres Pferd?"

  • Rutger, der Name klang so hart und sie versuchte ihn leise vor sich her auszusprechen. Sie würde nie verstehen warum diese Wilden immer solch hart klingenden Namen hatten, aber die ganze Sprache von ihnen klang ja so seltsam und merkwürdig. Arrecina trat nun doch noch einen Schritt nach hinten, als die Stute wieder begann ziemlich unruhig zu werden. Sie hatte sicher keine Lust getreten zu werden, schon gar nicht von einem solchen Tier. Immer noch konnte sie diese Stute nur bewundern, eine wahre Schönheit und eigentlich etwas was sie gerne besitzen wollte. Ganz kurz konnte man das Mädchen in ihr sehen, als sie den Kopf etwas senkte und ihn schüttelte. "Ich saß schon öfters auf einem Pferd aber reiten kann ich nicht, zumindest nicht alleine. Da hatte immer jemand etwas dagegen, ich hätte mich ja verletzen können." Nachdem sie sich räusperte versuchte sie wieder so zu sein wie immer und nicht zu jammern über Dinge die sie nicht durfte.
    So straffte sie sich wieder etwas und überlegte. "Aber nein, wenn dann möchte ich sie reiten und kein anderes Pferd. Du wirst mir helfen und es mich lehren, wenn du ein so großer Reiter bist" sagte sie in einem leicht herrischen Ton. Ihr war es egal wie, aber sie wollte auf diesem Tier sitzen und sie wollte das Reiten lernen und nun auch diese Stute reiten. Abwartend stand sie da und sah zu was Rutger machen würde. "Und erzähl mir wie du hier her kamst, also in den Besitz von Aquilius, schließlich ist es ein weiter Weg von Germanien hier her."
    Arrecina stellte sich neben den kleinen Baum und verschränkte ihre Arme locker vor der Brust und wartete.

  • Rutger zuckte mit den Schultern.
    "Wenn du willst, kann ich dir schon etwas beibringen, sicherlich."
    Er nickte mit gespieltem Gleichmut.
    "Ich bin Kriegsgefangener. Wir ich herkam, das ist eine längere Geschichte. Jetzt zeige dir erst mal wie du sattelst und aufzäumst, so kannst du dich gleich mit ihr vertraut machen - und auch wenn du normalerweise jemanden hast, der das für dich erledigt, ist es gut es notfalls selbst zu können. Moment, bin gleich wieder da."
    Er verschwand im Stall und kehrte kurz darauf mit einem kunstvoll beschlagenen Sattel aus schwarzem Leder zurück, dem passendem Zaumzeug, einer dunklen Satteldecke und einem Apfel. Den drückte er Arrecina in die Hand.
    "Hier, zum bestechen." Phaidra schnoberte auch gleich danach.
    Rutger sattelte die Stute und legte ihr das Zaumzeug an, dabei zeigte und erklärte er Arrecina jeden Handgriff genau, stutzte allerdings selber auch mal bei einem Riemen, dessen Sinn ihm schleierhaft war. Kompliziert, dieses römische Modell.
    "So, das wichtigste ist, daß nichts scheuert." Unwillkürlich blickte er auf seine Handgelenke, wo die heilenden oder frisch verheilten Stellen noch immer rötlich hervorstachen.
    "Ähm, ja. Und daß es hält, natürlich. Versuch es doch mal alleine. Oder willst du gleich aufsitzen?"

  • Eigentlich war es keine Frage des Wollens sondern es war ja mehr ein Befehl, dass er ihr etwas beibringen musste solange ihr noch niemand unterstellt war. Sie mochte Geschichten und bestimmt würde er ihr diese auch noch ezählen. Aber er hatte Recht, was sie natürlich nicht zugab, dass sie sich nun erst einmal diesem wunderschönen Pferd widmen würden. Noch bevor sie etwas sagen konnte war er auch schon wieder im Stall verschwunden um den Sattel zu besorgen. In der Zwischenzeit streichelte sie den Hals der Stute und war gefangen von ihrer Schönheit und ihrem Stolz welches das Tier ausstrahlte. Jedem Besitzer musste doch ein Herz aufgehen der ein solches Tier sein Eigen nennen konnte.
    Völlig überrascht bekam sie den Apfel in die Hand gedrückt und fühlte gleich die Nüstern der Stute die sich den Apfel angeln wollte, sie aber die Hand wieder wegzof, was zur Folge hatte, dass sie immer wieder gestumpt wurde weil sie an den Apfel wollte. Arrecina lachte weil sie am Ohr gekitzelt wurde, denn der Kopf des Pferdes durchwühlte soeben ihre Haare. Sie schien auf einmal wie ausgewechselt wenn sie so da stand und lachte und versuchte den Kopf der Stute zur Seite zu schieben, da sie den Apfel noch verstecken wollte.
    Etwas von der Sonne geblendet und immer wieder geschubst sah sie Rutger dabei zu wie er begann zu satteln und versuchte sich alles zu merken, auch wenn sie nicht glaubte, dass sie das alles irgendwann einmal brauchen würde.
    Ihr Blick fiel auf seine Hände und man konnte deutlich die noch nicht wirklich verheilten Wunden erkennen, doch sie gab sich einen Ruck, schließlich war das hier ein Sklave die hatten immer mal wieder Wunden und fast immer waren sie selber daran Schuld, also sollte sie dem nicht so viel Aufmerksamkeit schenken, aber trotzdem ging ihr Blick noch einmal zu seinen großen Händen und den Striemen und teilweise noch offenen Wunden.
    "Was alleine versuchen?" fragte sie völlig abgelenkt und wurde von Phaidra wieder nach vorne gestoßen, dass sie einen kleinen Satz machte. "Ich glaube aufsitzen ist keine Schlechte Idee. Was ist dann mit dir? Du folgst mir doch auf den Rücken von Phaidra oder?"

  • "Du meinst wir sollen zusammen reiten? Nun ja... ich denke deine Leute könnten das... unschicklich finden." zögerte Rutger scheinbar.
    "Ich kann sie auch am Zügel führen, und dir erst mal ein paar Grundlagen zeigen, Sitz, Haltung und all das. Mal sehen wie ihr miteinander zurechtkommt. Später kannst du vielleicht ein paar Runden alleine reiten."
    Rutger beschäftigte sich mit dem Lederzeug, sah dabei ein wenig starr auf seine Hände, und zog einen Gurt fest an, während er unschuldig hinzufügte:
    "Oder wir steigen zusammen auf, wo es keinen stört. Hier im Hof ist es sowieso arg eng... am besten wäre, wir gehen vor die Stadt. Ein abgeerntetes Feld, oder eine Wiese, finden wir bestimmt."
    Er lächelte kurz.
    "Weicher Grund. Anfangs fällt man schon mal runter."
    Mit einem Ruck löste Rutger die Schlaufe, mit der das Pferd angebunden war.
    "Wollen wir?" fragte er fröhlich. Und schickte stumm ein inbrünstiges Stoßgebet zu allen Asen und Wanen: wenn ihm jetzt nur nicht der Wächter am Hoftor einen Strich durch die Rechnung machte!

  • Er kannte sie eben noch nicht, denn es war ihr ziemlich gleich was wer anderes über sie dachte. Er machte ja nur das was sie von ihm verlangte und wenn es ihr Wunsch war sollte es nicht sein Schaden sein wenn sie es so wollte. Bis jetzt hatte sie immer mit jemanden auf dem Pferd gesessen weil ihre Großmutter nicht wollte, dass sie sich verletzte und das Ende vom Lied war immer gewesen, dass sie gar nicht mehr auf ein Pferd sollte. "Ich habe damit kein Problem wenn du hinter mir sitzt, schließlich wäre das sicherer als wenn ich alleine auf dem Pferd sitze und dann runter falle." Arrecina zuckte mit der Schulter und lächelte plötzlich etwas wärmer. Arrecina dachte nicht weiter nach, dass es ein Fehler sein könnte mit diesem Sklaven alleine nach draussen zu gehen, denn wer würde es schon wagen ihr etwas anzutun oder gar zu flüchten, denn jeder Sklave wusste, dass er dann des Todes war, vor allem hier bei den Flaviern.
    "Hmm, ja ich bin dafür, dass wir zu den Feldern und Wiesen reiten, denn wie ich mein Glück kenne werde ich vom Pferd fallen, aber lass dir eines sagen" sie sah ihn warnend an auch wenn sie nicht glaubte, dass er auf solche Ideen kam wollte sie es ihm dennoch noch einmal hinter die Ohren schreiben "versuche nicht auf dumme Gedanken zu kommen, es würde dir nicht bekommen, nicht hier." Zwar war es eine Warnung an ihn, aber etwas in ihrer Stimme hatte sich geändert und war für einem kleinen Moment sanfter geworden, wenn es auch nicht wirklich offensichtlich gewesen war. "Ich nehme mal an du kennst dich hier auch nicht wirklich aus? Ich nämlich auch nicht, also sollten wir uns den Weg merken bevor wir uns verfransen und wir sollten uns von keinem erwischen lassen, auch nicht von meinem Vater" sagte sie verschwörerisch, denn sie wusste nicht was er sagen würde wenn sie mit Rutger einfach nach draussen ritt. "Dann lass uns gehen" sagte sie und ging voran.

  • Rutger nickte bei Arrecinas Worten. Ja, von ihrem Vater wollte er sich jetzt auch nicht erwischen lassen.
    Aber er haderte mit sich: Er war doch ein Heuchler! Konnte es sein, daß die verlogene Art der Römer schon auf ihn abgefärbt hatte? Oder war es doch eher eine Kriegslist...
    Er folgte Arrecina, Phaidra mit sich führend, quer über den Hof, dann um eine Hausecke herum und auf das Hoftor zu.

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