• Ich nickte ruhig und genoss den Wein.


    Das kann ich mir gut vorstellen. Aber gewöhn dich ruhig daran, denn so wird es jeden Abend sein. Am Tage habe ich zu tun, da wirst Du genug mit den anderen Sklaven zu schaffen haben.


    Doch erzähl, woher stammst Du? Der Händler hat doch garantiert gelogen., sprach ich schelmisch grinsend.

  • Seine ruhigen Worte ließen immer wieder Erstaunen in meinen Augen aufblitzen. So ein Verhalten war doch äußerst ungewohnt von einem Herrn. Zumindest hatte ich so etwas noch nicht erlebt und auch Sklaven, die ich von früher kannte, wussten nie so etwas zu berichten.


    »Ich weiß nicht, was der Händler behauptet hat… Ich hab es nicht gehört. Aufgewachsen bin ich in Rom… Ich war immer nur in einem Haushalt. Ich weiß allerdings, dass ich Vorfahren in Griechenland habe… Wie viel ich von diesen bekommen habe, weiß ich nicht, meine Mutter meinte immer, mein Aussehen.«


    Erklärte ich dann meinem Herrn, was er wissen wollte. Wieder schenkte ich mir Wasser nach und nahm mir zusätzlich ein paar Trauben, nachdem ich mein Brot aufgegessen hatte. Ich liebte diese Früchte, doch bekam ich nur selten welche zu essen

  • Ich nickte neugierig und nahm mir einige Oliven, die ich nun genüsslich kaute. Eine Griechin also. Sie hatte wahrlich einen bräunlichen Teint und dazu passende Augen.


    Griechenland also. Damit kann sich Rom leider nicht vergleichen. Sollte ich Dich irgendwann freilassen, musst Du auf jeden Fall nach Griechenland reisen. Hispania ist zwar schön, aber nichts kann sich mit Griechenland messen.


    Ich goss mir wieder vom Wein ein und trank einen großen Schluck.

  • Seine nächsten Worte ließen mich mitten im kauen inne halten. Freilassen? Welcher Herr sprach von Freilassen? Und das schon am ersten Tag? Er kannte sie doch noch nicht einmal, woher wollte er wissen, dass sie so etwas überhaupt verdiente? Etwas irritiert schüttelte ich den Kopf, bevor ich langsam antwortete.


    »Freilassen Herr? Ihr sprecht von Dingen die… Weit weg sind…«


    Ich wusste nicht, wie ich es sonst hätte ausdrücken sollen. Die Option, freigelassen zu werden war für mich einfach unrealistisch. Genauso wie dass Pferde nun einmal nicht flogen und Männer keine Kinder bekamen. Und seine Worte klangen für mich seltsam

  • Ich lächelte ruhig. Sie würde sich erst einmal hier einleben. Von einem "jetzt" war wohl kaum die Rede.


    Lebe dich erst einmal ein. Ich erwarte Respekt. Solltest du mir den nicht entgegen bringen, folgen Strafen. Sollten sich dir Probleme auftun, sprich mit den anderen oder mir. Doch ich sehe jeden hier als gleichermaßen frei an, sie sind nur durch die Umstände gebunden. Jeder von ihnen wird irgendwann vollständig frei sein.

  • Mein Hunger war gestillt, ein paar Trauben waren als Nachspeise vertilgt worden und so hatte ich Zeit, mir die Umgebung genauer anzuschauen und auch meinem Herrn mehr Aufmerksamkeit zu schenken, während er mit mir redete. Auch ihn betrachtete ich nun etwas eingehender. Ich schien Glück gehabt zu haben. War ich doch bei einem recht attraktiven und wie es schien gütigen Herrn gelandet. Ich fragte mich, wie es wohl den anderen ergangen war. Was er nun sagte, nahm ich eigentlich als Selbstverständlichkeit auf. Welcher Herr erwartete keinen Respekt? Und dass Strafen folgen würden war ebenso logisch. Die anderen Worte jedoch ließen die Vermutung aufkommen, dass er ein Vertreter jener war, die dem Sklaventum nicht gerade zugeneigt waren.



    »Ja, frei werden wir alle sein, spätestens dann, wenn wir sterben.« Kam es etwas sarkastisch über meine Lippen. Ich wusste, dass andere sich solche Worte nie gewagt hätten zu sagen. Aber wenn mein Herr mit mir redete, und anscheinend eine Unterhaltung und nicht nur »ja« und »nein« haben wollte, musste er auch mit so etwas rechnen. »Aber ich werde mir merken, dass ich Probleme ihnen zu melden habe…«

  • Ich nickte grinsend. Scheinbar war sie schlagfertig. Aber als Sklavin musste man das sein, um zu überleben. Schlagfertig und anpassungsfähig. Hier musste sie nur das erste sein.


    Der Tod macht aber keinen Unterschied vor Freien und Unfreien. Ich nehme doch ernsthaft an, dass du noch vor deinem Tod frei sein möchtest. Wenn das Gegenteil der Fall ist und es dir bereits so gut hier ergeht, kann ich natürlich dafür sorgen, dass du bis zu deinem Tod hier als Unfreie arbeitest..., erwiderte ich schelmisch und nahm mir eine Traube. So langsam konnte ich nichts mehr essen und platzte fast. Das war die Tücke, wenn man den ganzen Tag nur wenig gegessen hatte und am Abend die Augen größer waren als der Magen.


    Übrigens kannst du mich dutzen, sollte es dir passen. Gegenüber Gästen des Hauses wahrst du aber stets die höflichere Anrede. Nun zu deinen Pflichten. Unausweichlich und doch weniger schlimm als zu erwarten. Du wirst den anderen im Haushalt helfen und tun, was gerade so anfällt. Gartenarbeit, Putzarbeit, Küchenarbeit, nichts großartiges, aber der Haushalt muss funktionieren. Lass dir von den anderen alles zeigen, das klappt dann schon.


    Nun zu den angenehmeren Dingen. Ich selber arbeite gern im Tablinium. Dort verwahre ich meine Schriften und Werke großer Historiker und Schriftsteller. Wenn du willst, kann ich dir das eine oder andere zeigen. Vielleicht interessieren dich einige Werke oder du möchtest mehr erfahren.

  • Anscheinend nahm er mir meine Worte nicht übel und so entspannte ich mich ein wenig. Er schien Humor zu haben. Humor und Toleranz, denn das musste es sein, was ihn so Sklavenfreundlich werden ließ. Ich fragte mich, was ihn wohl dazu bewogen hatte, diese Meinung zu vertreten, doch ich fragte nicht nach. Ich würde es noch früh genug herausfinden, da war ich mir sicher.


    »Natürlich möchte ich frei sein. Wer will das nicht? Ich wäre dumm, wenn ich es nicht wollte. Allerdings weiß ich, dass ich nie ein römischer Bürger sein würde. Und auch wüsste ich wohl nicht, wie ich mich ernähren sollte, da doch jeder lieber einen Sklaven beschäftigt als einen Freigelassenen. Somit bin ich mit meinem Los, auch wenn es nicht das Beste ist, besser dran als ein Freigelassener«


    Vermutlich wunderte sich mein Herr nun, woher ich diese Gedanken hatte, aber ich hatte schon oft darüber nachgedacht, was ich tun würde, wenn ich frei wäre. Und ohne Geld war mir bis jetzt nichts Sinnvolles eingefallen. Ich sehnte mich nach Freiheit, sehnte mich danach, mein Leben selbst bestimmen zu können, doch ohne etwas außer meinen Kleidern am Leib würde dies wohl recht schwer werden.


    Dass sie ihn duzen sollte, ließ sie wiederum ein wenig stutzen. Der Mensch war doch recht seltsam, befand sie, ging aber nicht darauf ein. Sie würde damit wohl noch ein wenig warten, bis sie ihn besser kannte… Auch dazu, dass sie sich von den anderen alles zeigen lassen sollte, sagte sie nichts. Sie würde sich schon in ihre Arbeit einfinden.


    »Ja... Interesse besteht... Ich kann lesen, auch wenn vermutlich nicht so gut wie sie. Ich lese gerne...«

  • Sie war eine kluge Frau, das musste ich ihr lassen. Wenigstens strebte sie nicht sinnlos nach Freiheit, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Als Liberta wäre sie immernoch meine Klientin und würde demnach finanziell von mir unterstützt werden.


    Ich verstehe dich vollkommen. Jedoch sollte dir klar sein, dass du als Liberta meine Klientin wärst. Als diese würde ich dich finanziell unterstützen. Außerdem ist die Freilassung niemals mit einem Rausschmiss verbunden. Du könntest auch danach hier wohnen, solange du möchtest. Aber darüber reden wir später noch.


    Du liest also gern? Hast du denn eine Vorliebe in der Richtung?

  • Wieder hörte ich ihm interessiert zu. Seine Worte waren interessant und ließen hoffen, dass er doch mehr nachdachte als vermutet. Wenn er uns Sklaven einfach nur frei ließ, würden wir alle nicht viel davon haben. OK, manche würden sich erst freuen, dann aber doch schnell einsehen, dass sie ohne Geld nicht weit kamen. Doch anscheinend hatte auch mein Herr soweit gedacht und ein Lächeln huschte über meine Lippen.


    »Nun, das kann ich nicht wissen, konnte ich nicht wissen. Natürlich ist in dieser Hinsicht eine Freilassung sicher erstrebenswert und verlockend… Nur frage ich mich, warum ihr mich hier wohnen lassen wolltet? Ich gehöre nicht zur Familie, ich bin… eine Fremde, gerade erst angekommen. Noch wisst ihr auch nicht, was für Fähigkeiten ich aufweise…«


    Ich zählte die Dinge nicht auf, weil ich mir selbst das Leben schwerer machen wollte, oder ihn auf Gedanken bringen, die er vielleicht zugunsten von mir nicht haben sollte. Ich fand einfach nur interessant, mit ihm zu reden, ihn dabei zu beobachten…


    »Nein, Vorliebe hab ich keine. Ich hab in meinem Leben noch nicht all zu viel gelesen. Hatte selten die Gelegenheit dazu. Manchmal sind mir irgendwelche Schriftstücke in die Hand gefallen, die ich dann eben gelesen hab, nur um es nicht zu verlernen. Allerdings denke ich, dass die Gedichte und Texte von Ovid doch zu denen gehören, die ich besonders gerne lese…«

  • Ich neigte meinen Kopf und sah sie neugierig an. Das konnte noch sehr interessant werden. Und dass sie nicht zur Familie gehörte, war nur zur Hälfte wahr.


    Varinia, ich sehe jeden hier als einen Teil meiner Familie. So gehörst auch du dazu. Und welche Fähigkeiten du vorzuweisen hast, wird sich mir nach und nach zeigen. Ich biete es dir nur an, du hast später die Entscheidung. Ich würde mich jedoch sehr freuen, da ich weiß, wie schwer Freigelassene es haben, wenn man sie sofort auf die Welt loslässt. Da ist es doch beruhigend zu wissen, dass man etwas hat, auf dass man sich verlassen kann.


    Ich zwinkerte ihr zu und widmete mich dann wieder den Trauben. Etwas kaute ich darauf herum.


    Du magst also Ovid. Da lässt sich bestimmt etwas finden. Interessierst du dich vielleicht auch für römische Geschichte?

  • So, ich gehörte also zur Familie. Nun, wenn er meinte? Es war seine Entscheidung, wie er mich betrachtete. Ich fand diesen Gedanken noch etwas abwegig, vor allem da ich erst seit heute hier war. Viele bezeichneten ihre Sklaven als Gegenstände, manche als Familienmitglieder. So war es wohl auch hier. Allerdings gehörte für mich dazu ein wenig mehr und ich würde wohl noch länger brauchen, bis ich ihn als »Familie« sah. Bei den Sklaven war es anders. Die waren gleich wie ich, hatten den gleichen Stand – nämlich gar keinen – und waren für mich eher Familie, als mein Herr.


    »Nun, dann freue ich mich, als Teil dieser Familie gesehen zu werden… Auch wenn ich eigentlich meine… Familie… noch nicht kenne.
    Ja, vermutlich ist es angenehmer, wenn man eine Sicherheit hat, auch wenn man … kein Sklave mehr ist. Doch darüber kann ich in meinem Zustand wohl wenig sagen. Ich bin nicht frei.
    Römische Geschichte... Nun, ich interessiere mich für vieles und bin dem lernen nicht abgeneigt. Doch all zu viel Ahnung habe ich von Geschichte nicht…«

  • Ich nickte nur und setzte mich auf. Ich brauchte einen Verdauungsspaziergang.


    Ich bin überzeugt, dass sich das alles noch finden wird. Ich gebe dir genug Zeit dafür. Hast du Lust, mich auf einem kleinen Spaziergang durch den Garten zu begleiten, während die anderen abräumen? Ich brauche die frische Luft, bevor ich hier einschlafe. Ansonsten steht es dir frei, die Sklavenunterkünfte aufzusuchen. Du kennst den Weg zu deinem Zimmer ja bereits.


    Ich stand auf und nickte den anderen zu. Ihr Zimmer lag im Sklaventrakt und war keine Augenweide. Darin stand ein akzeptables Bett und ein paar Möbel. Mit einem Zimmer darin war es so akzeptabel, dass ich es eigentlich als Tageszimmer für Gäste vermieten konnte.

  • Als er sich nun aufsetzte, rechnete ich damit, dass unser Gespräch sich dem Ende zuneigte und beobachtete kurz die anderen Sklaven… Familienmitglieder… ob sie sich schon aufrichteten, um wegzuräumen, doch noch blieben sie liegen und genossen es anscheinend, dass sie so viel essen durften, wie sie wollten. Nun, vielleicht würde ich mich nächstes Mal auch ein wenig mehr wagen und auch andere Dinge kosten, doch für heute war ich gesättigt.


    Als mein Herr allerdings fragte, ob ich ihn auf einen Spaziergang begleiten wolle, anstatt abzuräumen, blickte ich kurz zu den anderen. Sollte ich sie arbeiten lassen, während ich Freizeit genoss. Doch ein Zwinkern von einer jungen Sklavin und eine winkende Bewegung machte mir klar, dass diese der Meinung waren, das auch ganz gut ohne mich schaffen zu können. Schnell griff ich noch nach einem kleinen Büschel Trauben, bevor ich mich erhob, um meinem Herrn Gesellschaft zu leisten.


    »Es wird mir ein Vergnügen sein, mit ihnen im Garten zu spazieren. Ich glaube, in die Unterkünfte werde ich noch früh genug kommen… Gesehen habe ich sie ja schon. Aber im Garten war ich bis jetzt noch nicht…«

  • Ich nickte und bot Varinia meinen Arm an, während wir hinaus in den Garten gingen. Alles war in goldenes Licht getaucht, denn langsam ging die Sonne unter. Der Garten war etwa so groß wie das ganze Haus und bot genug Platz für einen Spaziergang. Darauf standen mehrere Akazien und Olivenbäume und alles roch nach den Kräutern, die überall angepflanzt waren. Gierig sog ich den Geruch ein und erfreute mich der Ruhe, die wenigstens hier oben im Garten noch zu finden war.


    Varinia, das ist wahrer Reichtum. Nach Hause zu kommen, mit seiner Familie zu speisen und das hier zu genießen, wofür man lange gearbeitet hat. Der Duft der Kräuter, der Vogelgesang, der Sonnenuntergang. Hört sich poetisch an, aber lange habe ich mich nach so etwas gesehnt.
    Noch vor einigen Monaten lebte ich in Germanien. Kein schöner Ort, wie ich finde. Doch hier möchte ich mich gern zur Ruhe setzen. Mich zieht derzeit nichts nach Rom.

  • Zögernd griff ich nach dem angebotenen Arm und hakte mich unter. Ich verstand die Welt nicht mehr. Langsam fühlte ich mich, als wäre ich in einer anderen Zeit, an einem anderen Ort und in einem anderen Leben gelandet. Wie konnte sich an einem Tag so vieles ändern? Sich alles um 180° Drehen? So nahe an ihrem Herrn spürte sie ihr Herz etwas heftiger schlagen vor Aufregung. Es war doch ein seltsames Gefühl, einem Mann so nahe zu sein, der sie eigentlich sein Eigentum nannte. Und dass er sie schon fast gleichwertig behandelte, ließ das ganze noch wesentlich schöner und aber auch unrealistischer erscheinen.


    »Es scheint, dass sie nicht immer… so viel besessen haben? Mein Reichtum besteht darin, am Leben zu sein und ich versuche es zu genießen. Mehr habe ich nicht und ich kann es mir nur schwer vorstellen, mehr zu besitzen. Dennoch ist es wunderschön hier… Es riecht gut und alles ist so groß, man hat so viel Platz… fühlt sich… frei…
    Germanien? Ich war noch nie dort. Außer den Straßen von Rom habe ich noch wenig gesehen. Nun, die Straßen, die hier her führten, aber viel mehr auch nicht. Hier ist es schön… Ruhiger als Rom, nicht so hektisch und voll…«

  • Ich blickte sie genauer an. Sie fühlte sich wohl noch immer unsicher. Aber das würde verfliegen, wenn sie ihren Platz hier kannte. So ging ich weiter und ließ mich zusammen mit ihr auf einer Steinbank unter einer Weide nieder. Während ich mit einem kleinen Blatt herumspielte, überlegte ich lange. Ich ging mittlerweile schon auf die dreißig zu und es hatte sich reichlich ereignet in meinem Leben. Angefangen bei den Vigiles und nun Duumvir einer kleinen Provinzstadt.


    Ich war einst Peregrinus, arm und abgehalftert, nur mit dem ausgestattet, was mir mein Vater mit auf den Weg nach Rom gegeben hatte. Ein Pferd, ein paar Sesterzen und gute Ratschläge. Alles in allem nicht einmal genug, um die Miete in der armseligen Absteige zu bezahlen, die ich bewohnte. Dann kam ich zu den Vigiles und verrichtete dort meinen Dienst. Ich bekam Geld und schließlich mein Bürgerrecht, wurde von Trimalchio, meinem Pater, adoptiert und so zu einem Pompeier, der ich aber schon vorher gewesen war. Lange Geschichte...


    Auf jeden Fall bin ich Politiker geworden, habe in Germanien am Hof des Statthalters gearbeitet und bin nach Hispania gekommen. So wurde ich hier Duumvir, eine schöne Aufgabe. Aber ich würde - wenn meine Aufgabe beendet ist - all das aufgeben, um allein oder mit meinen Engsten irgendwo hin zu reisen, wo ich neu anfangen kann. Wieder von null beginnen, das hört sich manchmal sehr verlockend an. Aber Corduba ist eine wunderschöne Stadt und ich werde ihr so lange dienen wie ich kann...

  • Ich ließ mich neben ihm nieder, meine Augen auf sein Gesicht gerichtet, um seinen Worten zu lauschen. Nun, in den ersten Momenten sagte er nichts, sondern spielte mit Grünzeug, was mich lächeln ließ. Ich fragte mich, ob er eine Frau hatte, Kinder… Er sah doch gut aus, aber gehört hatte ich bisher nichts davon und auch niemanden gesehen, der diesem Bild entsprach. Eine Frau musste es hier schön haben, viel Besitz, viel Zeit um den Vergnügungen nachzugehen. Doch, ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass sich eines der reichen Mädchen aus Rom hier wohl fühlen könnte, eines derer, die nicht verdorben waren vom Geld ihrer Väter.


    Als er mir nun erzählte, dass er erst ein Peregrinus war, blickte ich ihn überrascht an. Nun, das erklärte meiner Meinung nach auch seine liberale Haltung zum Thema Sklaven. Er war selbst einmal ein Mensch gewesen, der nichts, nun ein wenig, besaß und sich anscheinend recht gut hochgearbeitet hatte. Er musste wohl ein recht strebsamer und fleißiger Mensch sein, wenn er es so weit geschafft hatte und ich begann leichte Bewunderung für ihn zu empfinden. Es war doch etwas anderes, wenn man sich ein Amt erarbeitete oder es einfach »geschenkt« bekam, weil man Sohn aus reichem Hause war.


    »Es hört sich schon fast an wie ein Märchen. Armer Mann erarbeitet sich Reichtum und Wohlstand sowie Ansehen… Nur noch die Frau und Kinder fehlen, dann wäre das Märchen wohl perfekt.«


    Meinte ich nun und schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln. So würde ich nun auch erfahren, was ich wissen wollte, ohne direkt zu fragen. Man musste nur wissen, wie man seine Worte formulierte. Meine Hände hatte ich ineinander verschränkt, nicht wissend, wohin damit und wohl ein Zeichen davon, dass ich immer noch ein wenig unsicher war, trotz seiner Nettigkeit und seiner angenehmen Gesellschaft.


    »Neu anfangen? Ganz von unten? Nun, ich kann mir schlecht vorstellen, dass man sie wieder zum Peregrinus macht… Aber ich verstehe, was sie meinen… Warum wollen sie das? Und wen zählen sie zu ihren Engsten Angehörigen? Ihre Eltern werden da wohl weniger mitspielen… Und wer sonst noch existiert. Nun, verzeiht, aber ich weiß noch sehr wenig von dieser Familie, diesem Haus und Geschlecht…«

  • Ich nickte bedächtig und sah sie ruhig an. Da war etwas in ihrem Blick, das mich zu durchschauen schien. Und irgendwie gefiel es mir, mich mal wieder so zu öffnen. Als sie auf Frau und Kinder zu sprechen kam, musste ich laut lachen.


    Frau und Kinder? Nein, keines von beiden, obwohl ich sicher die eine oder andere Möglichkeit gehabt hätte. Aber da ich eben ein Mann bin, der nicht gern auf ewig irgendwo stehenbleibt, bin ich recht oft gereist. Da sind Beziehungen oft auf der Strecke geblieben und mein Privatleben auch.


    Darum würde es mir wahrscheinlich auch leicht fallen, all das hier aufzugeben und irgendwo neu anzufangen. Irgend etwas... das sind auch nur spontane Gedanken. Ich werde die Verwirklichung meiner Träume sowieso nicht mehr miterleben.


    Etwas traurig schaute ich ihr erst tief in die Augen, um meinen Blick dann abzuwenden auf den Boden, wo ich mit den Füßen über das saftige Gras strich.

  • Immer wieder dieser Blick… Ich versuchte ihm auszuweichen, hatte das Gefühl, er würde mich mit den Augen fesseln, bannen und festhalten. Es irritierte mich und ließ mich mir selbst die Frage stellen, was mit mir los war, was hier nur anders war als sonst. War es seine Art? Wie er mit mir umging? Mit unserem Stand?
    Als ich auf das Thema Frauen und Kinder zu sprechen kam, schien ich einen Punkt getroffen zu haben, der ihn amüsierte. Etwas verwundert blickte ich ihn an. Er wäre der erste, den ich kennen lernte, der Frauen vollkommen abgeneigt war…


    »Es scheint sie zu amüsieren, dass ich ihnen eine Frau und Kinder zutraue… Andererseits verstehe ich… warum sie keine Frau haben. Obwohl ich mir denke, dass es doch genauso einem weiblichen Wesen gefallen könnte zu reisen, den Wohnort zu wechseln, oder meinen sie nicht? Ich würde reisen, wenn ich könnte… Allerdings nicht so wie hier her, sondern lieber selbst auf einem Pferd… Oder in einer Kutsche…«


    Es klang vielleicht träumerisch, wie ich so vor mich hinredete, ich wusste es nicht. Aber der Gedanke einfach so umherzureisen hatte etwas Verlockendes an sich. Einfach alle möglichen Orte besuchen, sich nirgendwo niederzulassen, sondern einfach alles sehen, unterschiedlichste Menschen und Kulturen kennen lernen. Ich riss mich zusammen. Zu viel Träumen war nicht gerade gut. Man sollte sich nicht in diesen verlieren, sonst würde man sein eigenes Leben nicht genießen können…


    »Warum glauben sie, dass es nicht möglich ist, die Träume zu verwirklichen? Und warum die Aussage, dass sie die Verwirklichung nicht mehr miterleben werden. Sind sie… krank? Unheilbar krank, dass sie das so sicher wissen?«


    Ein wenig besorgt blickte ich ihn an und automatisch legte ich meine Hand auf seinen Arm, zog ihn aber schnell wieder zurück, als hätte ich mich verbrannt. Einen Herrn zu berühren, ohne seine Erlaubnis… War ich noch zu retten? Doch sein trauriger Blick in meine Augen hatte mich gerührt… Mich dazu in versuchung gebracht, ihm Trost zu spenden… Aber ich war und blieb eine Sklavin

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