Hauptverhandlung IUD IMP I/DCCCLVI - Imperium Romanum vs. Caius Helvetius Tacitus

  • "Nun, Edikte verschwinden in aller Regel nicht, sie werden archiviert oder vernichtet. Aber damit befasse ich mich nicht. Wenn ein Edikt verschwunden ist, dann wird dies ein zuständiger Scriba des Tabulariums sicher besser beantworten können."

  • “Nein, in der Tat, dass wäre höchst ungewöhnlich. Ich danke dir.“, sagte Quarto zu Helvetius Tacitus gewandt und in Richtung des Anklagevertreters: “Ich bitte nochmals um Verzeihung, dass ich deine Befragung unterbrochen habe, Tiberius Durus.“
    Dann widmete er sich wieder seiner Schreibtafel und machte eine weitere Notiz.

  • Die arrogante Art des Angeklagten missfiel Durus langsam gewaltig.


    "Verzeih, das ich diese unnütze Frage gestellt habe - ich wollte deine Stimme nicht unnütz beanspruchen, sondern nur ganz sicher gehen.


    Da du das Edikt nicht siegeln konntest, während du in Ostia warst, war es demnach mindestens sieben Tage vor seiner Veröffentlichung fertig ausgearbeitet. Normalerweise liegen aber zwischen Ausarbeitung und Veröffentlichung eines Edikts maximal drei Tage, wie du uns selbst verraten hast.
    Das verwirrt mich etwas.
    Was mich noch mehr wundert, ist der Umstand, dass der Scriba, der dieses Edikt vom ANTE DIEM VI KAL SEP DCCCLVI A.U.C. (27.8.2006/103 n.Chr.) aushängte, nicht verwundert war, dass dort ein seltsames Schriftstück mit deinem Siegel hängt, das doch den deinen Edikten so gänzlich unähnlich ist und dich darauf nicht informiert hat. Aber da du mir das sicher ohnehin nicht sagen können wirst, brauchst du gar nicht antworten."


    Er sah erwartungsvoll zum Beklagten, was er diesmal antworten würde. Dann sah er kurz zu Quarto


    "Damit wollte ich zeigen, dass es durchaus möglich ist, dass ein Edikt längere Zeit liegen bleibt, ohne dass es veröffentlicht wird.


    Vorerst keine weiteren Fragen."


    Der komissarische Advocatus Imperialis nahm wieder Platz.

  • "Damit ist die Zeugenvernehmung und die Beweisaufnahme geschlossen."


    Der Kaiser, der die letzte etwas wirre Vernehmung schweigend und mit eiserner Miene verfolgt hatte, macht sich eine weitere Notiz. Dann wendet er sich an seine beiden Iudices.


    "Bestehen von eurer Seite noch Fragen an die Anklage oder die Verteidigung? Dann stellt sie jetzt."


    Ob der Kaiser selber noch Fragen stellen möchte, lässt er nicht erkennen.

  • Da es keine Fragen gibt, ergreift der Kaiser das Wort.


    "Ich danke den Herren der Anklage und der Verteidigung. Wir haben einen langen Tag hinter uns und viele Fragen und Antworten gehört. Wenn ich auf die letzten Wortwechsel schaue, dann scheint die Konzentration aller Beteiligten weitgehend erschöpft.


    Wäre ich in diesem Prozess der Ankläger gewesen, hätte ich sicher noch Fragen an den Beschuldigten gehabt. Wäre ich der Verteidiger gewesen, hätte ich noch Fragen an die Anklage gehabt. So bin ich jedoch der Richter und vertage den Prozess hiermit, bis das Iuridicum zu einer Entscheidung gekommen ist."


    Der Kaiser erhebt sich, spricht kurz einige Worte zu jedem der beiden Iudices und verlässt dann die Basilika, während ein Diener ihm seine Akten hinterher trägt.

  • Durus war ein wenig verwundert, dass er kein Plädoyer halten durfte. Doch das war das Iudicium Imperialis. Der Kaiser hatte hier das Sagen, also sagte er nichts und blieb sitzen. Er hatte zwar noch etwas sagen wollen, doch das war nun auch schon egal...er hatte definitiv nicht mit der Gerissenheit des Angeklagten gerechnet.

  • Einige Tage später kommen alle Teilnehmer der Verhandlung erneut in der Basilica Ulpia zusammen. Ein Diener tritt vor und gibt den Anlass bekannt.


    "Anklage und Verteidigung erheben sich bitte von ihren Plätzen, bevor der Imperator Caesar Augustus das Urteil des Iuridicum Imperialis verkündet."

  • Zur Urteilsverkündung war natürlich auch Tacitus zugegen, und der Andrang unter dem Fußvolk in der Zuschauerloge war nicht gering, um der Entscheidung dieses doch recht langen Prozess' beizuwohnen.


    Als der Kaiser, flankiert von seinen beiden Iudices den Saal betritt, erhebt sich Tacitus auf die Aufforderung des Gerichtsdieners.

  • Nachdem der Kaiser seinen Platz erreicht hat, wartet er einen kurzen Moment ab, dann verliest er das Urteil.



    IUDICIUM IMPERIALIS
    IUDICATIO
    IUD IMP I/DCCCLVI


    MIT WIRKUNG VOM ANTE DIEM VIII KAL DEC DCCCLVI A.U.C. (24.11.2006/103 n.Chr.)


    IM STRAFVERFAHREN
    Imperium Romanum
    gegen
    Caius Helvetius Tacitus
    vom ANTE DIEM XVIII KAL OCT DCCCLVI A.U.C. (14.9.2006/103 n.Chr.)


    HAT DAS IUDICIUM IMPERIALIS DURCH
    Imperator Caesar Augustus LUCIUS ULPIUS IULIANUS
    Iudex Senator Lucius Aelius Quarto
    Iudex Senator Marcus Vinicius Lucianus


    NACH MÜNDLICHER VERHANDLUNG FÜR RECHT ERKANNT:


    Der Angeklagte wird der Anklage gemäss § 105 Codex Iur., Volksverhetzung, für schuldig befunden.


    Das Gericht verurteilt den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 2500 sz


    Der Angeklagte wird der Anklage gemäss § 113 Codex Iur., Missbrauch der Amtsgewalt, für nicht schuldig befunden.


    ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:


    Das Gericht stellt fest, dass der in der Verhandlung festgestellte Tathergang, der Aushang des besagten Edicts, dem Vorwurf der Volksverhetzung entspricht, weil er Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufhetzt, bzw. diskriminiert. Das Gericht kann der von der Verteidigung vorgebrachten Argumentation, das Edict sei von einem Dritten ohne Kenntnis des Angeklagten veröffentlicht worden, angesichts der Umstände der Veröffentlichung und der Art des Edictes nicht folgen und rechnet dieses Edict damit dem Angeklagten persönlich zu.


    Das Gericht stellt ebenfalls fest, dass durch den vorliegenden Tathergang kein Amtsmissbrauch nach Maßgabe des § 113 Codex Iuridicialis vorliegt, da der Beschuldigte im Rahmen seiner Befugnisse als Aedil auch Edicte zur Regelung des Marktes erlassen durfte. Zwar geht das fragliche Edict in seiner vermuteten Zielsetzung nach Meinung des Gerichts über den normalen, in § 54 Codex Universalis festgelegten Handlungsrahmen für Aedile hinaus, dass Gericht hält dem Beschuldigten jedoch zugute, dass er diese Überschreitung seiner Kompetenzen in diesem Tatzusammenhang nicht in vollem Umfang hat erkennen können.


    Das Gericht rät den zukünftigen Aedilen dennoch, auf den Inhalt zukünftiger Edicte besonderes Augenmerkt zu legen.


    RECHTSMITTELBELEHRUNG:


    Gegen dieses Urteil kann gemäß § 42 Abs. 4 des Codex Iuridicalis keine Berufung eingelegt werden.




    Sim-Off:

    Zahlung der Strafe bitten an die Staatskasse II

  • Tacitus blieb regungslos sitzen als das Urteil verlesen wurde. Seine Miene zeigte kein äußeres Anzeichen von Emotion.
    Wortlos sah er zum Kaiser, anschließend zu seinem Rechtsberater. Ohne Frage gab es immernoch Leute, die machtvoll genug waren, die Fäden im Hintergrund zu ziehen. Darüber konnte auch der Teilerfolg nicht hinwegtäuschen, daß die Anklage mit ihrem Vorwurf des Amtsmißbrauchs nicht durchkam.


    Als das Gericht sich wieder erhoben und entfernt hatte, wandte sich Tacitus an seinen Vertreter.


    "Ich danke für deine Mühen, Prudentius."


    Darauf erhob sich selbst Tacitus verließ de Gerichtssaal.

  • Durus war ein wenig überrascht - dieser Tacitus hatte ihn doch ordentlich aus der Fassung gebracht. Doch das Iudicium Imperialis hatte richtig befunden. Er wechselte ein paar Worte mit seinem Scriba, dann verließ er den Sitzungssaal, ohne den Angeklagten eines weiteren Blickes zu würdigen.

  • Zu diesem Zeitpunkt war der Iudex Aelius Quarto schon aus der Basilica Ulpia ins Freie, auf den Platz des Forum Traiani getreten. Dieser sehr zähe Prozess hatte ihn hier länger festgehalten als ihm lieb gewesen war und so machte er sich, ohne die sonst so gerne gepflegten Schwätzchen zu halten, auf dem Rückweg zum Palatin.

  • Nach dem Verlesen des Urteils verabschiedet sich auch der Kaiser ziemlich rasch von seinen beisitzern und verschwindet mit seinen Dienern in Richtung des Palastes, ohne noch ein Wort mit dem Ankläger oder dem Angeklagten zu wechseln.

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