Die Thermen Cordubas

Die Thermen erstrahlten im Glanz und endlich hatte Corduba wieder prachtvolle balneae, in denen es sich nach Herzenslaune baden ließ. Die leuchtenden Farben schimmerten mir entgegen und Sonnenlicht durchflutete die Eingangshalle.
Heute herrschte ein besonderer Andrang, war der Eintritt doch an diesem Tag frei und viele Bewohner drängten auf der Suche nach Entspannung.

Dann entledigte ich mich meiner Kleider im apodyterium und gab diese zur Aufbewahrung einem Sklaven, bevor ich mit Holzschuhen bestückt zum Schutz vor der Hitze mich ins tepidarium begab.

Interessiert hielt ich Ausschau, ob ich ein bekanntes Gesicht entdecken würde...

Angenehm plätscherte er in dem lauen Wasser. Die ewige Geräuschskulisse aus klappernden Sandalen und anhaltenden Gesprächen stieg bis zur Decke. Ich nahm sie gar nicht mehr war und tauchte ganz darin ab.

...

Nach einer Weile verließ ich das tepidarium und begab mich ins caldarium. Ein Hauch von schwüler Hitze lag in dem Raum und langsam glitt ich das heiße Wasser bis sich mein Körper an die Temperaturen gewöhnt hatte.

Nach einem langen Tag, wollte ich mich in den Thermen von den Anstrengungen des Tages erholen. Ich betrat das Gewölbe, entkleidete mich und begab mich nach einer Weile ins Caldarium um endlich abzuschalten. Ich merkte dabei gar nicht, dass ein Mann neben mir saß...

Er hatte sich von seinem Verletzungen soweit erholt, bevor er wieder nach Tarraco zurückreisen würde, wollte er sich noch etwas gutes gönnen, deshalb gesellte er sich ein wenig unters Volk ...

Vergnügt plätscherte ich mit den Füßen im Wasser. Den Kopf in den Nacken gelegt, vergaß ich ganz meine Umwelt. Das heiße Wasser öffnete meine Poren und ich schwitzte. Es war angenehm.

Aufgeweckt wurde ich als sich aufeinmal ein Mann neben mich saß. Ein wenig überrascht sah ich auf und grüßte den Besucher, den offenbar an jenem Tage dasselbe Bedürfnis trieb, förmlich.

"Salve, civis !"

Versunken in Gedanken, wurde ich plötzlich von einem Mann neben mir angesprochen. Ich betrachtete ihn. Er mochte etwas jünger sein als ich, ähnelte mir aber in Größe und Statur. Ich hielt es für sinn voll mich mit Einheimischen auszutauschen.
"Salve, bist du von hier?"

"sic est, so ist es - schon mein ganzes Leben."

Ich tauchte auf und setzte mich senkrecht auf die Steinbank am Beckenrand, so daß nun mehr meine Schultern das Wasser bedeckte.

"Mein Name ist Annaeus und Du scheinst neu hier zu sein, wenn Du mir diese Frage stellst."

Ein Annaeus also. Interessant, dass sich diese Gens sogar hier aufhielt. Ich merkte auch sofort an seiner akzentfreien Sprache, dass er ein Mann aus gebildetem Hause sein musste. Menschen von Geist waren mir schon immer angenehm

"Interessant, dass es selbst hier Mitglieder dieser ehrwürdigen Familia gibt."
Ich machte ein kurze Pause

"Das ist richtig, ich bin erst vor ein paar Wochen aus Rom hierher gekommen. Aber mir gefällt es hier ganz außerordentlich.

Ich wollte erfahren, was die Einheimischen von der geplanten Reform hielten also lenkte ich das Thema darauf.

"Hast du auch von der Bekanntmachung des Duumvirs gehört?"

"Nun, die Gens Annaea lebt schon in diesen Regionen seit den Tagen des ruhmreichen Lucius Annaeus Seneca, dem Älteren, und dem weitaus berühmteren Lucius Annaeus Seneca Minor, welcher im übrigen mein Onkel war." sprach ich nicht ohne Stolz.

"Eine Bekanntmachung ? Kann sein. Wenn es die Bekanntmachung ist, über die mittlerweile halb Corduba spricht und zu der auch noch der kleinste und unbedeutendste Bürger eine Meinung zu hat, dann werde ich sie sicher schonmal gehört haben."

Ein Neffe des Seneca. Bewundernd betrachtete ich meinen Gegenüber. Ich war nie wirklich ein Anhänger Senecas. Seine Philosophie gefiel mir durchaus, doch das was ich über diesen Mann gehört hatte, machte ihn nicht unbedingt zu meinem Vorbild. Doch hatte ich überhaupt das Recht mich über den Lebenswandel eines Moralphilosophen zu brüskieren? Hatte ich nicht auch genug Fehler und predigte dabei die Tugend?

Ich hatte mich jedenfalls nicht getäauscht, dieser Mann war ein gebildeter Mensch.

"Beeindruckend, hast du ihn noch kennen lernen dürfen?"

Ich musste schmunzeln über seine Ausführungen.

" Ja diese Bekanntmachung meine ich, wie siehst du das?"

"Nein, ich lernte ihn nie persönlich kennen, ebensowenig wie meinen Vater und meinen Bruder, die beide wenige Wochen nach meiner Geburt starben."

Daß der Fremde das Gespräch auf ein anderes Thema lenkte, gefiel mir. Mir fiel es nicht leicht über meine Familie zu reden, erst recht, wo ich solange nichts von ihnen gehörte hatte und dann war da ja noch dieser Brief.

"Meine bescheidene Meinung ist die, daß sich der Duumvir durch diese Bekanntmachung viele Feinde macht. Hat er überhaupt die Curie unterrichtet ?" Ich beugte mich vor zu meinem Gesprächspartner. "Man munkelt von einem Alleingang des Duumvirs, weshalb einige Decurionenmitglieder ein wenig ungehalten darüber sind, abgesehen von ihrem Inhalt natürlich...
- doch sag, wie lautet Dein Name ? Ich rede nicht gerne mit Fremden."

" Die Provinzcurie weiß sicher noch nichts davon und da könnte es wohl tatsächlich noch Ärger geben. Bei der Regionalcurie bin ich mir nicht sicher. Du hast ja vielleicht gehört, dass der Comes verschwunden sein soll. Hier gibt es dann nur noch den Duumvir und den Magister Scriniorum, aber wie dieser zu dem Thema steht kann ich Dir auch nicht sagen. Solange wie ein Comes fehlt ist hier alles möglich. Ich bin jedenfalls gespannt auf die Reaktion des Proconsuls."

"Ich bezog mich eigentlich auf die städtische Curie. Was geht uns die Provinz an ? - Achja, dein Name lautet ?"

Jetzt war ich in einer peinlichen Situation. Wie sollte ich reagieren? ICh blieb bei der Wahrheit:

"Jetzt hast du mich. Mein Name ist Appius Helvetius Sulla, ich bin der amtierende Magister Scriniorum;)"

Ich lächelte ihn an und streckte ihm die Hand entgegen.