Atrium | Aristides, Caecilius Crassus

  • Sica führte den Praefectus Praetorio ins Atrium. Dort hieß er ihn zu zu warten und machte sich seinerseits auf die Suche nach Flavius Aristides. Sobald er diesen in der Villa ausfindig gemacht hatte, näherte er sich ihm und sprach ihn dezent an.


    Der Praefectus Praetorio Caecilius Crassus wünscht dich zu sprechen, Herr. Er wartet im Atrium.

  • Und Crassus wartete brav im Atrium, wie Sica ihn angewiesen hatte. Während er wartete sah er sich etwas in dem flavischen Atrium um - er hatte ja auch nicht viel besseres zu tun. Das Atrium schien der Abstammung der Flavier durchaus gerecht, auch wenn der mächtigste Flavier dieser Zeit gar nicht mehr hier weilte, noch zur Zeit ein mächtiges Amt inne hatte.

  • Den ganzen Tag faul zu verbringen, das war ein Luxus, den Marcus nur hier in der Villa und fern der Legion frönen konnte. So genoß er den sonnigen Tag in dem Garten mit einem Krug Wein und viel Sonne auf seinem Gesicht. Dort fand ihn dann auch Sica. Marcus öffnete blinzelnd die Augen und stützte sich von der Kline ab, auf der er sich geflenzt hatte. Erstaunt sah Marcus Sica an und nickte dann. Zeichen, daß Sica seine Aufgabe getan hatte und gehen konnte.


    “Ja, ich komme sofort! Hat er gesagt, was er will? Na, egal. Ich komme!“


    Marcus rappelte sich auf und fuhr sich durch die Haare. Was wollte der Praefectus Praetorio bloß von ihm? Ob er vom Kaiser geschickt worden war? Vielleicht wegen dem Angebot der Garde beizutreten? Das war das einzig Vernünftige für Marcus. Nur mit einer dunkelblauen Tunika und Sandalen bekleidet, wollte Marcus schon zum Atrium laufen. Doch er besann sich anders und schickte einen Sklaven eine Toga zu holen, die er sich dann überstreifen ließ. Schließlich galt es auch ein wenig Würde auszustrahlen. So gewappnet machte sich Marcus auf ins Atrium. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt trat er auf den Präfekten zu und nickte freundlich, dennoch durchaus reserviert. Sein Erstaunen wuchs dabei als er das ganze Gefolge von Crassus bemerkte.


    “Salve, Praefectus! Dein Besuch erstaunt mich doch ein wenig, wenn ich das sagen darf. Nimm doch bitte Platz! Was führt Dich zu mir?“

  • Nachdem Crassus das Atrium einigermaßen von seinem momenten Standpunkt aus inspiziert hatte, und der erwünschte Gesprächspartner immernoch nicht eingetroffen war, begann er schon einmal grob die Worte zusammenzusuchen, die er gleich brauchen würde. Er vergegenwärtigte sich noch einmal, welche Vorteile die Flavier durch sein Anliegen hätten, aber auch, was gegebenenfalls dagegen sprechen würde und was er darauf erwidern könnte, um die Punkte möglichst unbedeutend scheinen lassen zu können. Nachdem er sich dann auch einen groben Überblick über die Lage verschafft hatte, wurde er etwas unruhig, da der gewünschte Flavier immernoch nicht Crassus begrüßt hatte. Er beruhigte sich mit dem Gedanken, dass der Patrizier ja nicht mit einer Aufmachung hier aufkreuzen könne, welche seines Standes nicht gerecht wäre. Als dann endlich Aristides das Atrium betrat, fiel ein kleiner Stein von seinem Herzen, wenigstens empfing man ihn. Hätte Crassus nicht sonderlich gewundert, wenn es nicht der Fall gewesen wäre. Er trat einige Schritte auf den Flavier zu und rang sich ein freundliches Lächeln ab.


    Salve, Flavius Aristides. er nickte dankend dem Flavier zu, als er ihm einen Sitzplatz anbot, und nahm dann zeitgleich mit ihm Platz. Ich kann mir vorstellen, dass dich mein Besuch etwas erstaunt, aber ich bin fest davon überzeugt, dass dich mein Gesuch beinahe noch mehr erstaunen wird. er lächelte etwas. Es war allerdings kein herablassendes Lächeln, sondern eher ein aufgeregtes und angespanntes. Es geht um deine Tochter, Flavia Arrecina... begann er verheisungsvoll und wartete dann die Reaktion seines Gegenübers ab. Dieser konnte sich nach dem Anfang sicher schon denken, auf was das hinauslaufen würde...

  • Marcus lehnte sich ein wenig zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Zwischen seinen Augenbrauen bildete sich eine Falte und er sah den Präfekt unverwandt an. Gerade wollte er einen Sklaven rufen, ihnen etwas Wein zu bringen, doch der letzte Satz, diese ominöse Andeutung ließ ihn zögern. Seiner Tochter Arrecina wegen war er hier? Seltsam, äußerst seltsam. Ob Arrecina was ausgefressen hatte? Nein, dafür müßte der Präfekt nicht selber kommen. Marcus schwieg und sah den Präfekten fragend an, aber er schien wohl die Verzögerungstaktik vorzuziehen.


    „Wegen meiner Tochter? Vielleicht erklärst Du mir das ein wenig genauer?“

  • Natürlich. Crassus runzelte die Stirn, der Flavier schien es sich also wider erwarten nicht denken zu können. Einen Augenblick überlegte Crassus, einfach zu antworten, dass er es nicht weiter zu erklären gedachte. Es wäre sicherlich amüsant gewesen, die Reaktion des Flaviers darauf zu erfahren... Aber Crassus verwarf diesen Gedanken schnell wieder, er wollte hier keine großen Spirenzchen, sondern Nägel mit Köpfen machen. Zuerst einmal kann ich deine wohl im ersten Augenblick herangeschlichenen Ängste zerstreuen: Deiner Tochter geht es soweit gut, und sie schwebt auch nicht in irgendeiner Gefahr. Nein, deshalb bin ich nicht gekommen. Mein Kommen betrifft nicht deine Tochter direkt, sondern eher ihre Zukunft.
    Crassus machte eine bedeutungsvolle Pause, dann sah er den Flavier ruhig an und sprach mit fester Stimme: Ich bin gekommen, um bei dir um Erlaubnis zu bitten um deine Tochter Werben zu dürfen. Dann schwieg er, und wartete erwartungsvoll die Reaktion des Flaviers ab.

  • Ausdruckslosigkeit! Marcus sah den Präfekten stumm an. Die Worte drangen langsam zu Marcus Geist vor, seine kleinen grauen Helfer durchsuchten die Worte und versuchten den Sinn dahinter zu verstehen. Der Präfekt war gekommen, seine- Marcus Flavius Aristides'- Tochter zu umwerben? Langsam sickerte die Botschaft zu seiner Schaltstelle. Bilder von seiner kleinen Tochter, wie sie mit einigen Kätzchen- ja sie waren seltsamerweise alle sehr schnell tot gewesen- spielte. Seine Tochter, der er noch eine Puppe auf dem Markt kaufen wollte. Sein Sonnenschein wurde von dem Mann, nein diesem Kerl, umworben? Das konnte doch nicht sein. Nein! Bei Marcus heiliger Faust, der Mann mußte sich irren und er meinte gar eine andere Flavia. Vielleicht diese schreckliche Flavia Calpurnia oder so! Marcus schnippte mit den Fingern.


    „Wein! Sofort!“


    Die herrischen Worte zeigten den Unmut von Marcus. Ein Sklave huschte schnell davon und brachte den Wein. Marcus griff nach einem Becher und dachte gar nicht daran, Crassus ebenfalls einen anzubieten. Denn dann würde er ja länger in der Villa bleiben. Seine Träumereien in die kaiserliche Garde einzutreten verflogen jäh und mit einem Schlag. Grimmiger Zorn stieg in Marcus auf. Gleichzeitig mit einer seltsamen Laune heraus, laut loszulachen. Marcus brauchte eine Weile, um den Mann nicht derart tödlich zu beleidigen mit Marcus Abweisung. Seine Tochter umwerben? Das war ja noch schöner. Diese Caecilia, das war doch klar! Haben schon von je her versucht, einen höhren Stand als den Ordo Plebeius anzustreben. War schon in der Republik so gewesen. Marcus Gesicht spiegelte eine Unmenge von Gefühlen wieder, Verblüffung, Unglauben, Amüsement und eine grenzenlose Ablehnung. Sein kleiner Sonnenschein war viel zu jung. Daß sie schon längst im heiratsfähigen Alter war, schien Marcus in keiner Weise bewußt zu sein.


    „Das möchtest Du also?“


    Ein Schluck getrunken, die Beherrschung erringen! Reichte nicht, so leerte Marcus schnell den ganzen Becher. Das tat gut und kühlte die lodernde Wut in seinem Inneren etwas ab. Woher kannte Crassus denn seine Tochter? Kannte Crassus sie überhaupt? Herrje! Er wußte wohl viel weniger von seiner Kleinen als er immer angenommen hatte. Marcus lehnte sich zurück und stützte seinen Arm auf der steinernen Lehne der Marmorbank ab. Seine Wangeknochen mahlten und seine Nasenflügel bebten.


    „Ich bin mir sicher, jeder Pater Familias in Rom und dem Imperium, aus Deinem Stand, würde sich freuen, über einen Werber wie Dich. Du bist Praefectus Praetorio, hast Ansehen und Macht. Mir sind die Vorteile einer solchen Verbindung durchaus klar. Doch möchte ich Dir meine Antwort nicht verschönern oder lange drum herum reden. Nein!“

  • "Wein! Sofort?" das war nicht unbedingt die Reaktion, die Crassus erwartet hätte. Angesichts der Wortwahl und des Tonfalls, war sich Crassus schon ziemlich sicher, auf welche Antwort das hinauslaufen würde. Das betrübte ihn zwar im ersten Moment etwas, im Zweiten allerdings musste er doch Grinsen, als er sah wie hastig der gute Patrizier ihm gegenüber den Weinbecher trank. Ja, erinnerte sich Crassus, ohne sich etwas anmerken zu lassen, früher hätten sich die Patrizier besser unter Kontrolle gehabt, sein Verhalten passt aber ganz gut zu dem Verfall der Patrizier und der patrizischen Macht. Natürlich hatte sich Crassus in großem Umfang informiert, bevor er hier her in die Villa kam. Er wusste von seinem Gegenüber so ziemlich alles, was man wissen konnte. Er wusste aber auch von der gesellschaftlichen Stellung der Patrizier und von den momentan mächtigsten Flavier. Und das beruhigte Crassus etwas. Die Zeiten, in welchen die Patrizier noch das nonplusultra waren, waren glücklicherweise vorbei, wusste Crassus. Deshalb brachte es ihn auch nicht weiter aus der Ruhe, als der Aristides schön indiskret mitteilte, dass er gar nicht daran dachte seine Tochter mit einem Plebejer zu verheiraten. Tja, viele Patrizier waren geistig noch nicht im hier und jetzt angekommen, wie Crassus abermals feststellen musste. Sie waren schon lange nicht mehr die Mächtigen im Staat. Als sich der Patrizier nachhintenlehnte, tat es Crassus ihm gleich, allerdings war Crassus dabei lange nicht so sehr um seine Beherrschung bemüht. Im Gegenteil, er sah das alles bisschen entspannter da ihm die Antwort nach der Reaktion des Aristides ja sowieso schon klar war. Ruhig hörte er sich an, was er noch zu sagen hatte.

    Du als Pater Familias hast ungefähr zwei Möglichkeiten. Entweder du verheiratest deine Tochter mit einem mächtigen Plebejer, oder aber du verheiratest sie mit einem ehemals mächtigen Patrizier. Nun könntest du natürlich meine Bitte weiterhin so strikt ablehnen, dann werde ich das akzeptieren. Aber du solltest dann nie vergessen, dass es zur Zeit keinen Patrizier gibt, der auch nur annähernd mir an Macht gleich kommt. er räusperte sich etwas, man sollte ja nicht gleich zu dick auftragen: Politische Ehen sind dazu gedacht, um beiden Familien einen größtmöglichen Gewinn zu bringen. Auch wenn die Patrizier schon lange nicht mehr die mächtigsten Ämter inne haben, so sind sie noch immer eine nicht zu unterschätzende Institution im Reich. Eine solche Hochzeit wäre für mich, gebe ich auch ganz ehrlich zu, und meine Familie ein gewisser Ansehensschub. Deine Familie würde dadurch nicht an Ansehen verlieren, immerhin bin ich als Praefectus Praetorio nicht gerade ein Niemand und genieße auch ein gewisses Ansehen, sowie das Vertrauen des Kaisers wie kaum ein anderer! Ohne, dass ich dir zu Nahe treten möchte, muss ich dir doch sagen, was du sowieso schon weißt: Die Macht der Patrizier der alten Tage hat sich längst verschoben. Heute sind es die Senatoren und die oberen Ritter, welche die Macher im Staat sind. Durch eine solche Heirat würdest du den obersten Ritter im gesamten Imperium zu deiner Familie gehörig nennen können.
    Ich an deiner Stelle würde die ganze Sache noch einmal in Ruhe überdenken und das kategorische Nein nicht überstürzt aussprechen, weil ich deiner Meinung nach nur ein Plebejer bin. Die Werte wandeln sich, und übertriebener und falscher Standesdünkel kann sich allzu negativ auswirken. Ich halte dich dahingehend als einen Realisten.

  • Unaufgefordert schenkte der Sklave Marcus wieder nach. Wahrscheinlich hatte der Mann die Brisanz der Situation sofort erkannt. Kein Wunder bei der verkniffenen Miene von Marcus. Und Marcus brodelte innerlich immer noch. So eine kleine Stimme am Rande, wie ein Mann im Ohr, sagte ihm ja, daß das ein wenig absurd war. Aber Marcus verdrängte sie sofort. Selbst wenn der Kaiser persönlich vor Marcus getreten wäre, hätte Marcus kaum anders reagiert. Sein kleiner Sonnenschein war viel zu gut für alle Männer der Welt und kein Mann würde es je wert sein, sie zu heiraten. Einen Moment grübelte Marcus darüber nach, ob vielleicht die Laufbahn einer Vestalin etwas für seine kleine Tochter war. Aber das verwarf er auch sofort wieder. Zum einen hatten sie schon eine Vestalin in der Familie, sogar die oberste Vestalin. Zum anderen wollte er doch seinen Goldschatz eher bei sich wissen, was wiederum Hinderungsgrund einer Heirat wäre. Mit zusammengepressten Lippen, blass im Gesicht, musterte Marcus den Präfekten und hörte ihm zu. Bei so manch einem Wort, hob sich tatsächlich mal ein Mundwinkel von ihm. Nach der langen Rede schwieg Marcus und sah den Präfekten lange und fest an. Den Wein ließ er unangetastet.


    „Standesdünkel, die Macht der Patrizier ist dahin? Deine Worte sollen mich überreden, doch das tust Du mit einer Beleidigung? Es gibt da doch einige Dinge, die ich ein wenig anders sehe. Es gibt keinen Patrizier, der mächtiger ist als Du? Ich denke doch...“


    Marcus lächelte dünn und reichte den Wein an dem Sklaven zurück. Der umgriff den Becher und trat schnell einen Schritt zurück. Vielleicht hatte der Sklave auch Angst, daß sich Marcus gleich auf den Präfekten stürzte.


    „Es gibt mindestens drei Patrizier, die Du nicht unterschätzen solltest. Der Kaiser, die Kaiserin und der Caesar! Plebejer, Patrizier? Nun, es hat alles seine Gründe, warum wir in unseren Ständen bleiben. Wenn ich auch in vielen Punkten verschiedener Meinung bin als die meisten anderen Patrizier. Aber gut, das ist völlig egal! Mir geht es auch nicht unbedingt darum, daß Du ein Plebejer bist und ich durch die Fügung der Götter als Patrizier geboren wurde.“


    Mit einer Handbewegung wischte Marcus diese Standesbedenken zur Seite. Was er wohl kaum erwähnen würde, wäre wohl der Zorn seiner Mutter. Was würde sie wohl sagen, wenn er, Marcus, seine Tochter an einen Plebejer verheiraten würde. Marcus stützte sich mit beiden Händen auf den Oberschenkeln ab und unterdrückte ein Seufzen. Der erste Zorn war verraucht und eine gewisse Ratlosigkeit machte sich in ihm breit.


    „Wer kann mir versichern, daß Du nächstes Jahr oder in 5 Jahren noch Prätorianerpräfekt bist? Daß Du auch dann noch für meine Tochter sorgen kannst? Aber wie kommst Du eigentlich auf meine Tochter?“


    Marcus sah ihn an und wartete angespannt auf die Antwort. Ob er von Marcus Tochter gehört hatte? Waren die Beiden sich gar schon begegnet? Misstrauen stieg in Marcus auf.

  • Beleidigung!? Crassus sprach dieses Wort voller Abscheu aus. Welchen Grund hätte ich dich zu beleidigen? Und wie willst du dann diese vermeindliche Beleidigung mit meinem Anliegen in Einklang bringen? Ich bin doch kein Narr. Ich habe meine Worte durchaus gewählt. Ich sagte nichts weiter als die Wahrheit. Die Wahrheit kann oft sehr hart sein, doch trotz allem ist es die Wahrheit - nicht mehr, aber auch nicht weniger! Da bringt es auch nichts die Wahrheit schön zu reden. Du kannst dich mit der Wahrheit abfinden und sie akzeptieren, oder auch nicht - aber dann beleidigt dich trotzdem keiner, der die Wahrheit sagt. Solangsam verspürte Crassus das Bedürfnis nach einem Becher Wasser. Er sah sich allzu offensichtlich im Atrium um. Meinungsverschiedenheit hin oder her, gewisse Grunddinge sollten trotz allem gewährt bleiben. Von einem Patrizier zwei Mal, wie Crassus fand. Ein weiteres Zeichen für seine falsche Überheblichkeit, aber Crassus sprach es lieber nicht an, sondern entschied sich dafür, lieber wieder auf das von ihm Gesagte einzugehen: Reiß meine Aussage doch völlig aus dem Zusammenhang, dann könnte ich mir auch wunderbar widersprechen. er erwiderte sein Lächeln mit einem gelassenen Gesichtsausdruck. Auch fürchtete er sich nicht davor, dass er ihn angreifen würde. Sollte er es doch wagen, dachte sich Crassus, dann würde er schnell merken wie mächtig die Patrizier im Vergleich zu manchen Plebejern noch sind. Ich sagte dies nämlich im Zusammenhang mit der Heirat deiner Tochter. Oder glaubst du allen Ernstes, dass der Kaiser, der mich an Macht noch übersteigt, dich um die Hand deiner Tochter bitten würde? Oder die Augusta? fragte er spöttisch. Der Cäsar befindet sich schon eine Weile nicht mehr in Italia. Auch er scheidet aus. Merkst du was? Wieder bleibe ich als mächtigster Mann übrig. Zufall? Wie gesagt, ich wähle meine Worte mit Bedacht. Er schluckte einige Male trocken, um wenigstens etwas seinen Hals anzufeuchten. Ob der Patrizier wohl absichtlich ihm nichts zum Trinken angeboten hatte, oder ob er es nur in der Aufregung vergessen hatte? Da kein wirkliches Ergebnis in Aussicht stand, verschob Crassus diese Frage auf später. Es geht dir vielleicht nicht unbedingt nur darum, dass ich Plebejer bin, aber trotz allem ist es auch ein Grund. Sonst hättest du es vorher nicht so stark betont. Und wenn ich schon versuche deine Bedenken auszuräumen, dann völlig. Ich bin genauso wie du ein Soldat Roms. Wenn ich etwas mache, dann mach ich es gründlich - oder eben gar nicht. Crassus lehnte sich wieder etwas weiter nachhinten und versuchte möglichst entspannt drein zu blicken. Bei Aristides Frage zeichnete sich ein kleines Grinsen auf seinem Gesicht ab. Das kann dir freilich niemand versichern. Und ich werde dir auch nichts versichern, was ich nicht versichern kann. Mit Verlaub und bei allem Respekt, aber ich könnte sofort mein Posten abtreten und würde trotzdem in tausend Jahren noch kein Hunger leiden. Ich besitze Ländereien, ich habe Betriebe, ich habe Sklaven, Landhäuser. Ich lasse mir zum Beispiel erst jetzt eine Villa in Misenum bauen. Direkt neben der des Kaisers. Glaube mir, an Geld wird es mir nie fehlen. Selbst dann nicht, wenn ich es von morgens bis abends mit beiden Händen in den Tiber werfen würde. er hielt sein Grinsen tapfer an. Gerade der Adel, der schon vielfach total verarmt war, hinterfragte Crassus finanzielle Lage. Pah. Als Airistides allerdings fragte, woher Crassus seine Tochter kenne, verschwand das Grinsen langsam aus Crassus Gesicht. Ich habe sie einmal flüchtig in einem Park gesehen. Wusste damals allerdings noch nicht mit Sicherheit aus welchem Haus sie stammte. Und dank meiner Position fiel es mir nicht allzu schwer, den Rest herauszufinden. Und naja, heute bin ich hier.

  • Es war äußerst faszinierend wie schnell Marcus seine Gesichtsfarbe ändern konnte, von kalkweiß bis zu der Zornesröte einer saftigen Tomate (würde man diese im antiken Rom schon kennen). Zwischendrin blieb das Stadium des leicht gefleckten, wie ein halb gereifter Apfel. Marcus war froh, daß er gerade den Becher nicht in seiner Hand hielt. So stark wie sich seine Faust zusammen krampfte, wäre der Tonbecher glatt in seiner Hand zersprungen. So krallte sich eine Hand in die marmorne Bank. Die andere presste sich hinter seinem Rücken so fest zusammen, daß seine Knöchel weiß hervortraten. Marcus bedurfte in jenen Moment auch all seine Beherrschung, um nicht aufzuspringen und etwas zu tun, was er wohl die nächsten Wochen bereuen würde. Flach atmend rang er mit seinem inneren Feuer. Als der Präfekt zu Ende gesprochen hatte, stand Marcus auf. Seine Wangenknochen mahlten aufeinander, die Ader an seiner Schläfe pochte und seine Lippen waren fest auf einander gepresst. Trotzdem, und das war wirklich verwunderlich für den doch eher heißblütigen Marcus, blieb er einigermaßen ruhig. Seine Stimme klang jedoch schneidend und kalt.


    „Ich werde darüber in Ruhe nachdenken. Du hast Recht, vielleicht ist mein kategorisches Nein verfrüht. Wir werden sehen! Aber Du hast sicherlich nun einige andere Dinge zu tun...so Präfektenarbeit und so was! Vale, Präfekt!“


    Marcus schaffte es sogar, ein ganz schmales und dünnes Lächeln aufzubringen. Das schien sogar ein gutes Zeichen zu sein. Mit den Händen hinter dem Rücken verschränkt wartete er ruhig, ob Crassus den Abschied noch hinaus zögern und somit Marcus Beherrschung weiter bis zum Äußersten reizen wollte.

  • Es entging Crassus selbstverständlich nicht, wie sein Gegenüber weiterhin sehr um seine Beherrschung bemüht war. Den sollte man in einer Kaserne auf keinen Fall auf junge Legionarii los lassen, der würde die bestimmt am lebendigen Leibe verschlucken, dachte sich Crassus, wenn der immer so sehr um seine Fassung bemüht sein muss. Als Aristides dann aufstand, tat es ihm Crassus aus einem Reflex heraus gleich. Er erwiderte den Blick mit mit einer Mischung aus Angespanntheit, Erwartung und etwas Wut. Angespannt zum einen, da er ja eigentlich nicht den Flavier reizen wollte, da er ja ein Anliegen an ihn hatte; Erwartung, da er gespannt war, was der Flavier auf das gesagte erwidern würde. Immerhin hatte der Flavier bisher nur immer recht sinnfreies Erwidert, wie Crassus fand. Und Wut, da der Flavier einfach nicht ur "Ja" gesagt hatte, sondern irgendwelche Gründe gesucht hatte, beziehungsweise sogar gleich "Nein" sagte.


    Nun denn so soll es sein. Weil sicherlich hab ich auch andere Dinge zu tun... und damit meine ich nicht, Probati anzuschreien. es hatte Crassus gar nicht gefallen, wie Aristides Praefektenarbeit sagte. Da konnte er sich den Seitenhieb auf seinen Rang nicht verkneifen. Ich werde von dir hören, oder soll ich mich wieder bei dir melden?

  • Wieder schien der Mann vor ihm lieber mit Beleidigungen um sich zu werfen. Was für ein unverschämter Kerl! Marcus bebte innerlich. Und schon wieder war ihm klar, daß er seinen Sonnenschein an den bestimmt nicht verheiraten würde. Nach solch einem Auftritt des Präfekten befand Marcus das als natürliche Reaktion. Schließlich empfand sich Marcus selber nicht gerade als empfindlich, aber solche Reden mußte er sich von einem Werber wahrlich nicht anhören. Marcus Gesicht wurde wieder rot als er so wütend wurde. Mühsam beherrschte er sich weiter. Bei seiner Stimme klang jedoch eine gehörige Portion Wut mit.


    “Ich werde einen Boten schicken, wenn ich mich entschieden habe. Einen schönen Tag noch, Präfekt. Vale!“


    Marcus winkte einem Sklaven, den Mann und seine Gefolgsleute hinaus zu führen. Erst dann ging er zu dem Anderen und griff nach dem Weinbecher. In einem Zug leerte er ihn und starrte wütend gegen eine Säule. Was erdreistete sich der Mann eigentlich? Marcus in seinem eigenen Haus, ja gut es war das seines Bruders...also in den flavischen Wänden so zu beleidigen? Und das, obwohl der Mann doch um sein Fleisch und Blut, ja Marcus eigene Tochter werben wollte! Bei Mars Fäusten...


    „Spado! Stolidus!“


    In einem seltenen Impuls, leider in Zukunft wohl nochmals, warf Marcus den Becher voll des Zorns gegen eine der Säulen und fluchte dabei unflätig. Der Sklave zuckte erschrocken zusammen als der Tonbecher an der Säule zerbrach. Eilig ging er dorthin und sammelte die Scherben auf. Marcus schritt finsterer Miene an ihm vorbei und in den Hof hinein. Dabei herrschte er noch einige Worte ehe er dorthin verschwand.


    „Hol mein Schwert!“


    Marcus mußte sich jetzt erst mal abreagieren.

  • Werber hin oder her, Crassus ließ sich von dem Patrizier noch lange nicht alles gefallen. Wenn dieser meinte, er müsste ihn oder seine Arbeit in irgendeiner Weise auch nur ansatzweise schlecht oder minder bedeutend machen, so bot er ihm eben Paroli - egal, wie angewiesen er in dieser Sache auf ihn war. Schließlich hatte man auch als Plebejer ein Ehrgefühl, das man sich nicht sonst wohin stecken konnte, nur weil ein Patrizier meint, er könne seine ausnahmsweise vorhandene Macht schamlos ausnutzen.
    An Aristides Reaktion erkannte Crassus, wie treffend offenbar seine Aussage gewesen war, denn wie hieß es doch so schön: getroffene Hunde bellen. Gut, der Flavier vor ihm bellte zwar nicht, aber es fehlte angesichts seines roten Kopfes nicht mehr allzuviel dazu, bis er durch die Ohren Bellen konnte.


    Ich danke dir für deine Zeit, Optio. Crassus neigte seinen Kopf. Ich harre deiner hoffentlich baldigen Antwort. Natürlich, so dachte sich Crassus, würde der Flavier ihm keine Nachricht zukommen lassen. Ob man das wohl ansprechen sollte? Lieber nicht. Ach, egal: Sollte auf mysteriöser Weise deine Botschaft verschwinden, so werde ich mich in angemessener Zeit wieder melden - egal ob hier oder dann in Mantua. Ich wünsche dir ebenfalls einen guten Tag, er hat ja schon wunderbar begonnen. Mit einer schwungvollenen Drehbewegung, sein Umhang schwang schön anzusehen hinterher, wandte sich Crassus dem Flavier ab und verließ mit seinem kleinen Gefolge die Villa Flavia Felix.

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