Eine Verfolgungsjagd | Die Verfolger- Vater und Onkel

  • Die Sonne stand tief am Himmel. Ihre Strahlen ergoßen sich in einem milden Licht auf die karg grüne Landschaft um das hügelige Rom. Die sumpfigen Teile Roms befanden sich, den Göttern sei Dank, weiter südlich. So war die Luft klar und rein, die Vögel zwitscherten fröhlich und munter, die Grillen zirpten und ab und an huschte eine Eidechse durch das Unterholz. Marcus hatte jedoch keinen Sinn für die Schönheit der Landschaft. Sein Blick war grimmig auf das nördliche Gefilde gerichtet. Die Sonne berührte den Horizont schon mit dem unteren Rand. Es würde nur noch weniger als eine hora dauern, bis sie ganz hinter den nördlichen Hügeln verschwunden war. Marcus richtete sich im Sattel seines schweißnassen Pferdes auf. Auch Marcus war von der Nachmittagshitze durchdrungen. Besorgt und voll der Angst um seine Tochter spähte er über die Landschaft. Dann wandte er sich um zu seinem Vetter um, zog dabei ein Tuch hervor und wischte sich die schweißnasse Stirn trocken.


    „Immerhin hat der Ziegenhirte die Beiden gesehen als sie ab vom Weg geritten sind. Sonst hätten wir ihre Spur bestimmt nicht mehr aufnehmen können.“


    Die Zeterein des Ziegenhirten, als auch Marcus seine Herde aufscheuchte, zauberte als Erinnerung schon ein Stirnrunzeln bei Marcus herbei. Aber immerhin hatte der Mann was von dem unverschämten Kerl erzählt und dem Mädchen. Drum hatte Marcus sich die kurze Zeit genommen, ihm zu zuhören. Und so zeigte er ihnen die Abzweigung, wo Phaidra entlang galoppiert war. Wie Marcus vermutet hatte, mehr in nördlicher Richtung. So nahm Marcus mit seinem Vetter Aquilius weiter die Verfolgung auf. Sein Galopp verschreckte erneut eine Ziege, die hastig davon sprang und im Graben neben dem Weg landete. Fast den ganzen Weg hatte Marcus geschwiegen und nur das Nötigste mit seinem Vetter besprochen. Doch dann passierte es, Marcus hatte keine Ahnung wie weiter. So spähte er immer noch, halb im Sattel erhoben, über den Horizont hinweg und hoffte ein Pferd mit zwei Reitern auszumachen. Doch nur einige Olivenbäume bewegten sich im sanften Wind und ihre Blätter glitzerten grün und silbern auf. Die Sonne färbte den Horizont in ein mildes und tiefes Rot, hinterließ einen roten Schimmer auf Marcus dunklen Haaren und seiner metallenen Rüstung.


    „Verdammt...!“

  • Aristides war geritten, als müssten wir eine Horde Satyrn verfolgen, die sein kleines unschuldiges Täubchen vernaschen wollten, auch wenn ich mir fast sicher war, dass er nicht ahnte, wie sich seine Tochter bisweilen gebärdete. So erwies es sich als Vorteil, dass ich mir meinen lapsus gekauft hatte - eigentlich für die Landpartie mit Aurelius Corvinus bestimmt, leistete mir mein Kaltblut gute Dienste darin, eine ordentliche Reitgeschwindigkeit zu halten. Mein monströses Pferd schnaubte enorm, als wir endlich innehielten, und mir selbst ging es nicht viel anders, die italische Nachmittagshitze hatte uns allen entsprechend zugesetzt. Erstaunlicherweise hatten wir sogar eine Spur zum Verfolgen gehabt, aber spätestens, als sich die Sonne dem Horizont zugeneigt hatte, war es schwer und schwerer geworden, auf dem Weg irgend etwas zu erkennen.


    "Marcus, das hat so keinen Sinn," sagte ich und tätschelte den dicken Hals meines gefleckten, mächtigen Tiers, das unwillig den Kopf schüttelte. Lapsus war ein Arbeitspferd, lange Zeiten eine hohe Geschwindigkeiten zu reiten war er nicht mehr gewöhnt - und momentan war deutlich zu merken, dass er keine Lust mehr hatte. Auch Marcus' Tier würde eine Pause brauchen, wenn wir morgen nicht laufen, sondern reiten wollten. "Lass uns rasten, wenn wir im Dunklen reiten, sehen wir ohnehin nichts und Spuren können wir schon gar nicht folgen. Ich glaube kaum, dass er uns zum Gefallen eine Spur aus Lichtern gelegt hat, damit wir die beiden bald finden."

  • Einige windschiefe Zederbäume knarrten leise in ihrer Nähe, leise ächzend unter dem Druck des steten Windes und dem Zahn der Zeit. Die Sonne versank schon einen Finger breit hinter der Hügelkette. Marcus Augenbrauen zogen sich zusammen. Ein Unwilliger, aber auch nachdenklicher Ausdruck stand in sein Gesicht geschrieben. Etwas, was man selten bei ihm sah. Aber er dachte auch scharf nach. Dies war eine Situation, die seinen trägen Geist sehr forderte. Aber die Sorge um seine Tochter ließ seinen Verstand auch wieder auf neue unerkannte Höhen steigen. Marcus versuchte sich in Rutger hinein zu denken. Ein schwieriges Unterfangen, da Marcus weder Sklave noch ein Germane war. Was würde der jedoch tun? Sich von den großen Straßen und Orten fern halten. Überall, wo sie Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde, wäre Rutgers Flucht in Gefahr. Aber wenn er nach Germania wollte, würde er zwangsläufig einer der wenigen begehbaren Pässe dort hinnehmen müssen. Bis dahin...abgelegene Wege und sich nachts im Wald verstecken. Marcus seufzte schwer und schüttelte den Kopf.


    „Nein, ein paar Stunden können wir noch reiten. Bis wir kein Licht mehr haben!“


    Gesagt, getan! Marcus wartete nicht lange. Mit den Fersen trieb er sein dunkles Ross an. Reiter und Pferd strebten weiter in nördliche Richtung. Ihre linke Seite war in ein tiefes Rot getaucht, was Marcus Profil scharf abzeichnete. Unermüdlich preschte Marcus vorbei an den silberroten Olivenbäumen und eine Hügelanhöhe hoch. Die Landschaft wurde immer steiniger und karger. Hinter dem Hügel tauchten noch weit in der Ferne eine Reihe von niedrigen Bergen, die mittleren Apennin auf. Einige Schwalben strichen über sie hinweg, fingen die letzten Fliegen in der Abendsonne. Auf einem Hang waren die Tupfen von kleinen Schafen und einer Ziegenherde zu sehen, doch weit ab von ihrem Weg. Einem Weg, den Marcus auch nur erahnte und der sie in die falsche Richtung führen konnte. Doch Marcus ritt hora um hora weiter. Erst als die Sonne hinter dem Horizont verschwunden waren, er das erste Käuzchen schreien hörte, gab er seinem völlig erschöpften Pferd eine Rast. Er zügelte sein Pferd und sah sich suchend um.


    Unwillig seine Suche unterbrechen zu müssen, ritt er auf eine Senke zu. Mehrere große Findlinge standen um die Senke herum. In der Dunkelheit wirkten sie wie Gestalten, Riesen aus einer alten Zeit. Einer Zeit als noch Heroen und Halbgötter auf der Welt wandelten. Eine alte und von dem Wind zerschundene Kastanie ragte neben den Findlingen auf und streckte ihre knorrigen Äste über die Senke wie ein Dach. Marcus sprang von dem Rücken des Pferdes und sah sich noch mal um. Grimmig nickte er.


    „Hier können wir ein paar Stunden rasten! Was meinst Du?“

  • Die Gerüche der Umgebung veräderten sich, je tiefer die Sonne am Himmel versank, und meine Sinne richteten sich seltsamerweise auf solche unwichtigen Details weit mehr aus denn auf unser unmittelbares Ziel, die Verfolgung meines flüchtigen Sklaven und Aristides' Töchterlein, bei der ich mir nur zu gut vorstellen konnte, dass sie Rutger zu dieser schwachsinnigen Aktion verleitet haben mochte. Oder aber sie waren wirklich ausreiten gegangen und hatten sich verirrt, weder Arrecina noch Rutger kannten sich nahe Rom aus. Was auch immer beiden nun zugestoßen war, ich übte mich im Geiste schon mit der Gerte für meinen Sklaven und mit der flachen Hand für Arrecina, eine ordentliche Tracht Prügel auf ihren kleinen, süßen Hintern würde ihr sicher diese Dummheiten endlich austreiben. Und wenn Aristides dafür zu weich war, was ich befürchtete, immerhin war sie seine Tochter, und Töchter erreichten bei ihren Vätern meist unbotmäßige Milde mit nur einem Augenaufschlag, ich war mir sicher nicht zu schade dafür, mit meiner Nichte einige klare Takte zu sprechen.


    So jagten wir durch die Dämmerung und in die Dunkelheit hinein, begleitet vom würzigen Geruch der Sommergräser, die bald dem Winter anheim fallen würden, und ab und an hörte ich sogar noch eine Grille zirpen. Als Aristides endlich inne hielt, schien mein Pferd zu dampfen und seines zitterte bereits deutlich, sodass ich froh war, dass es endlich eine Pause gab, allein schon, damit sich die Tiere erholen konnten.
    "Weiter können wir nicht, also muss dieser Platz passen," gab ich zurück und glitt langsam vom Rücken meines lapsus, tätschelte ihm den schweißnassen Hals und trat an die Seite des knorrigen Baumes, der in mir einige ungute Erinnerungen an meine Kindheit weckte, um einige der lang gewachsenen Farnpflanzen auszureißen. Zuerst mussten die Pferde trocken gerieben werden, bevor wir rasteten, um ihre Kraft und Gesundheit zu erhalten. Ich nahm den Sattel samt Taschen ab, legte beides neben der knorrigen Kastanie ab und wandte mich meinem Kaltblüter zu, der bereits zu grasen begonnen hatte. "Sie ist ein bisschen sehr wild," tastete ich mich langsam an das Arrecina-Thema heran. "Ich wundere mich, dass sie Deiner Mutter so leicht entschlüpfen konnte."

  • Mit verkniffener Miene folgte Marcus dem Bespiel seines Vetters. Mit fahrigen Bewegungen, der ganze Streß und die Sorge machten Marcus schon zu schaffen, machte sich Marcus daran, sein Pferd zu versogen. Der Gurt wurde gelockert, der Sattel abgenommen und das Zaumzeug, nachdem Marcus das Pferd mit einem Seil an dem Baum angebunden hatte, heruntergezogen. Nachdem das Weitere übliche vollführt war, sah Marcus zu Aquilius. Daß dieser irgendein Gespräch über seine Tochter einleiten wollte, bemerkte Marcus dabei nicht.


    „Meine Tochter ist nun mal sehr klug. Und meine Mutter kann nicht die ganze Zeit auf sie aufpassen…ich geh Feuerholz suchen!“


    Die Worte murmelte Marcus abwesend und machte sich dann auf, den Worten Taten folgen zu lassen. Er verschwand zwischen den Monolithen und in der Dunkelheit. Noch eine Weile hörte man seine Schritte. Ein steter Wind wehte über das Fleckchen Erde, auf dem sie sich aufhielten und rasten wollte. Doch die Monolithen boten ein wenig Schutz gegen den Wind. Eine kleine Fledermaus umflatterte kurz den Stein und verschwand sofort wieder in der Dunkelheit. Schon kurz darauf kehrte Marcus zurück und warf einige Zweige in die Senke, in der sie zu rasten gedachten. Aus seiner Tasche holte er ein kleines Zündeisen und einen Feuerstein hervor und machte sich an die mühselige Arbeit, ein Feuer zu entzünden. Lange brauchte er dafür ehe er die kleinsten Zweige entfachen konnte und dann auch ein größeres Lagerfeuer hinbekam. Erst als es brannte, stand Marcus auf und holte die Satteldecke, auf die er Platz nahm. Seine Schultern sackten herunter und sein Gesicht wurde wieder grimmig. Denn immer wieder mußte er an all das Schlimme denken, was seiner Tochter passieren könnte. Er schluckte und starrte ins Feuer.


    „Vielleicht haben sie sich verirrt…!“


    Hoffnung? Eigentlich glaubte Marcus das nicht. Aber als Meister der Selbsttäuschung versuchte Marcus die Hoffnung mit Nahrung zu versorgen und ein kleines Feuer des Optimismus zu entfachen.

  • Klug?! Eher leichtsinnig und männerliebend, aber diese Gedanken sprach ich wohlweislich nicht aus, Aristides war einer der recht schnell erzürnten dieser Familie und ich konnte gerade auf ein gladius zwischen den Rippen ausgesprochen gut verzichten. Seufzend nahm ich einige der Gräser und begann, mein Pferd trocken zu reiben, was Lapsus mit einem zufriedenen Schnauben zur Kenntnis nahm. Zumindest würde mir heute nicht kalt werden, denn bis ich es geschafft hatte, dem mächtigen Kaltblüter den Schweiß vom Fell zu reiben, schwitzte ich selbst nicht gerade wenig. Gerade jetzt hätte ich ein wenig Entspannung von Nefertiris schlanken Fingern gebrauchen können, aber die befand sich noch in Rom - es wurde einem eben nichts gegönnt, dachte ich und warf die Gräser schließlich irgendwohin, um dann dankbar das entfachte Feuer zu betrachten. Ich setzte mich neben Aristides auf seine Satteldecke, die Beine etwas anziehend.


    "Das werden wir morgen sehen, aber ich muss gestehen, ich glaube nicht daran. Rutger ist nicht dumm, und sollten sie in der Wildnis unterwegs sein, wird er sich zurechtfinden. Diese Germanen sind doch halbe Wildniskinder, die bekommen das Wissen über die Natur schon mit der Muttermilch eingesogen," sann ich nach und kratzte mich am Unterschenkel des rechten Beines, wo mich eine nervende Mücke gepiekt hatte. Das würde morgen jucken wie der Hades selbst, diese Art Stechmücken hatten immer ihre Folgen, aber im Moment war es durchaus befriedigend, mich zu kratzen, sonst gab es ja kaum etwas zu tun.
    "Wie hast Du ihn eigentlich genau gefangen? Er schien mir ausserordentlich verbittert und aufsässig ist er auch noch. Das hat doch irgendeine Ursache, mal abgesehen davon, dass er für einen guten Sklaven fast zu alt ist."

  • Das Feuer knisterte leise und knackste als die Flammen einen größeren Ast mit ihrer lodernden Hitze zerfraßen. Ein warmer Lichtschein lag auf Marcus Gesicht und er lehnte sich gegen den Findling. An seinem Rücken spürte er die raue Kälte des Steins. Doch sein Gesicht war umschattet von der Sorge und den Ingrimm, den er über diesen elenden kleinen Germanen, wie er ihn im Geist immer nannte, verspürte. Als Aquilius die Mücken von sich vertrieb, sah Marcus kurz zu ihm rüber. Auch Marcus glaubte nicht wirklich daran, daß die Beiden- Arrecina und Rutger- sich einfach nur verlaufen oder veritten hatten. Der Germane würde sicherlich schnell erfahren haben, daß Arrecina seine- Marcus- Tochter war. Zorn stieg in Marcus auf und er griff nach einigen der Zweigen, knacksend zerbrach er sie in der Mitte entzwei und stellte sich dabei vor so die Knochen des Germanen zwischen seinen Händen zu zertrümmern. Er warf die kleinen Äste einen nach dem anderen ins Feuer, die Flammen umgriffen sie und loderten höher.


    „Wie ich ihn gefangen habe? Hab ich Dir das nicht geschrieben...? Hm...nun, das war alles ziemlich dumm. Ich hatte an dem Tag frei, wo ich auf den kleinen Germa...Rutger getroffen bin. Ich bin ein wenig blauäugig in den Wald geritten und mir schwante nichts Böses...“


    Marcus schwieg kurz und warf noch einen Ast ins Feuer. Der Wind umwehte die Findlinge und es war als ob Marcus und Aquilius in einer kleinen Höhle sitzen würden. Eine Eule flatterte auf einen der Steine und in ihren Augen spiegelten sich das Licht des Feuers wieder. Doch Marcus bemerkte den Vogel nicht. Die Bilder von damals erschienen vor seinen Augen. Es war als ob er wieder in Germanien war.


    „Es war ein herrlicher Tag als ich durch den grünen Wald ritt und auf eine Lichtung kam. Dort griffen sie mich dann an. Mehrere Germanen warteten dort, ich weiß nicht ob auf mich. Und es war Rutger, der mir einen Pfeil in den Rücken schoß. Ich meine zumindest, daß er es war. Denn im nächsten Moment griff er mich mit einem Speer an. Mein Pferd und mein Gladius flüchtigten und mit meinem Dolch...nun ja, es war ein recht kurzer Kampf. Rutger und seine Leute hatten mich zuerst gefangen genommen. Als nächstes erwachte ich in dem Dorf. Ich glaube, sie wollten Lösegeld für mich einfordern!“


    Die Eule legte den Kopf schief und schien in keiner Weise von dem Feuer erschreckt zu sein, noch von den beiden Männern, die dort in der Dunkelheit am Lagerfeuer saßen. Marcus hatte die Zweige sinken lassen und sah in das Feuer hinein während er weitersprach.


    „Eine Frau pflegte mich dort. Stell Dir mal vor, sie war eine Römerin. Eine Römerin, die unter den Germanen lebte, die gegen uns kämpfen. Nun ja, ich konnte ihr in einem Moment einen Dolch entwenden. Und an einem Abend sah ich meine Gelegenheit kommen. Na ja, eigentlich...ähm...nun ja, Rutger kam in das Zelt und ich konnte ihn mit dem Dolch drohen. Als Geisel hab ich ihn aus dem Zelt mitgenommen und konnte so das Dorf verlassen. Er hat mich dann wieder in die Stadt zurückgeführt!“


    Marcus verstummte und schwieg einen Moment. Gythas Bild trat vor seinen Augen und als nächstes wie das Zelt am See abrannte. Er erinnerte sich sogar noch daran, wie das Feuer sich im See wiederspiegelte. Es tat Marcus schon leid um die junge Frau. Sie war zwar genauso stur wie die Anderen gewesen, aber doch irgendwie auch reizend. Und ihren Tod hatte Marcus nicht gewollt.


    „Ich hätte ihn töten sollen. Aber ich hatte ihm versprochen, ihn am Leben zu lassen. Für das, was er getan hatte, wollte ich ihn dennoch bestrafen. Und Du warst der Einzige...der mir eingefallen ist... der mit ihm fertig werden würde. Ach, es war wirklich ein dummer Einfall von mir...“


    Wieder verstummte Marcus und sah brütend ins Feuer. Aus unerfindlichem Grund fiel ihm jedoch noch etwas anderes ein. Er nahm die letzten kleinen Olivenzweige und warf sie ins Feuer. Ein grünes Blatt hing noch an einem Zweig. Das Blatt kräuselte sich schwarz am Rand und verkohlte langsam in der Glut.


    „Stell Dir vor, der Präfekt der Prätorianer will Arrecina heiraten...!“

  • Ein letzter Blick auf das Lagerfeuer geworfen? Gut, denn nun wollen wir mal schnell weitergehen. Männer- und Familiengespräche wurden geführt, etwas gegessen und schließlich abwechselnd geschlafen. Was gesprochen wurde? Vielleicht erfahren wir das noch eines Tages. Nun wenden wir uns doch lieber weiter der Verfolgung des Flüchtigen und der Entführten zu. Der nächste Morgen kam und Marcus war schnell wieder auf den Beinen und hatte sein Pferd gesattelt. Doch auch diese Ereignisse wollen wir nur kurz anreißen. Stunden um Stunden ritt Marcus mit seinem Vetter durch die Berge im Norden Roms. Doch die Spuren verliefen sich immer mehr. Marcus gab jedoch nicht auf. Noch eine Nacht kampierten sie in der Wildnis und Marcus Schweigen, aus der Besorgnis und der Angst um seine Tochter geboren, wurde immer länger. So brach der nächste Tag herein, der verging dann auch und der Nachmittag flog ihnen entgegen. Wir wenden uns dann wieder dem Moment zu als die ersten dunklen Wolken am Tag aufzogen.


    Schnell näherte sich die Wolkenfront den beiden Reitern. Marcus zügelte sein schwarzes Ross und runzelte besorgt die Stirn. Die Wolkenfront sah nicht gut aus und er meinte schon die ersten Blitze in der Ferne herunterdonnern zu sehen. Voller Angst um seine Tochter schloß Marcus seine Augen. Sein Pferd tänzelte nervös unter ihm auf dem steinigen Grund hin und her.


    “Oh Juppiter, sei meiner Tochter gnädig und verschone sie vor der Gewalt Deiner Macht! Ich werde Dir auch zum Dank mit einem blutigen Opfer dienen.“


    Die Worte kamen leise über seine Lippen und wurden von dem immer stärker aufkommenden Wind mitgerissen. Ob es Juppiter gehört hatte? Vielleicht trug der Wind die Worte zu dem höchsten Gott. Marcus öffnete in dem Moment die Augen als in der Ferne ein Blitz in einen Baum einschlug. Das Donnern ließ sogar Marcus schaudern, die Urgewalt des Gottes ließ ihn immer wieder vor Respekt erstarren. Doch dann riß er sich vom Anblick der Sturmfront los. Gerade wollte er sich umwenden, um einige Worte an Aquilius zu richten, als sein Pferd einen schnellen Satz nach vorne machte. Wiehernd bockte sein Pferd. Knurrend griff Marcus fester nach den Zügeln und versuchte seinen störrischen Hengst zu bändigen. Es gelang! Mit einem Kopfnicken deutete er Aquilius einen Pfad zu folgen, tiefer in die Berge hinein.

    Die Hufen klapperten laut auf dem steinigen Untergrund. Doch das Donnern des Unwetters und das Wogen der Bäume durch den zerrenden Wind übertönten das Klappern. Auch das Rasseln von Marcus Rüstung erschien nicht mehr so laut oder das immer wieder kehrende Wiehern seines Pferdes. Der Himmel wurde immer düsterer und die Sonne von den dunklen Wolken verschluckt, bis es schon Abend zu sein schien. Und dann trommelten die ersten Regentropfen herunter und wieder ein Blitz, der wie ein zackiger Speer des Juppiters vom Himmel herunter donnerte und einen Baum in der Nähe in zwei Hälften spaltete. Der Wind zerrte an Marcus Haaren und an seinem Umhang, der hinter ihm flatterte. Das Grollen des Donners, wie von einem Untier, wurde immer lauter.


    „Ich hoffe, die Beiden sind umgedreht...!“


    Marcus schrie das gegen den Wind und wandte sich um zu Aquilius. Verblüfft riss er an den Zügeln und sah sich suchend um. Der Wald um ihn herum rauschte zornig und die Bäume knarrten bedrohlich. Doch Aquilius war nicht mehr zu sehen.


    “Caius! Bei der Faust von Mars...wo bist Du? Caius!“


    Keiner antwortete ihm, außer ein Blitz und ein Donnern, der erst die Dunkelheit auseinander riß und dann den Wald mit einem ohrenbetäubenden Dröhnen erfüllte. Sein Begleiter und Mithelfer beim Suchen war verschwunden. Marcus ritt etwas zurück, doch er konnte ihn nicht mehr ausmachen. Und das Unwetter wurde immer schlimmer um ihn herum. Ein riesiger Baum knackste laut auf und rauschte. Dann wurde er von einer heftigen Windböe gepackt und entwurzelt. Der mächtige Stamm sauste herunter und direkt auf Marcus zu....




    Edit: Zeitangabe geändert...

  • Der Regen prasselte auf die unrasierte Wange von Marcus herunter. Reglos lag er auf dem matschigen Boden des Waldes, kleine Rinnsäle bildeten sich um seine verdreckte Rüstung und vermischten sich mit den blutigen Tropfen, die von seiner Schläfe herunter sickerten. Vom Wind gepackt peitschte ein belaubter Zweig auf seinen Rücken herunter, traf dort auf Metall und blieb daran kleben. Doch Marcus bemerkte von all dem nichts. Tief in der Bewußtlosigkeit gefangen gab er sich der Leere hin. Nur ganz langsam war ein Stöhnen von Marcus zu hören, seine Hand griff in den Schlamm hinein und sein Atem ging keuchender.


    “Lucilla...!“


    Er schlug die Augen auf. Seine Augen irrten suchend durch die Dunkelheit, der Schmerz schoß heiß durch seinen Kopf und Verwirrung bereite sich in ihm aus! Wo war er? Was war passiert? Langsam nur dämmerte es ihm, die Verfolgung, Caius war verloren gegangen, das Unwetter, der Baum...der Baum und nichts! Stöhnend versuchte sich Marcus auf zurichten als er ein schweres Gewicht auf sich spürte, Zweige lagen über ihm und ein dicker Ast drückte ihn mit Kraft herunter. Der gefallene Baum lag zwar, den Göttern sei Dank, ein Stücken von ihm entfernt, aber ganz vom Glück war Marcus nicht gesegnet gewesen. Mühsam konnte Marcus den Ast von sich herunterstoßen und aufstehen. Wankend blieb er stehen, sah an sich herunter. An seiner Wade floß ebenso ein Blutfaden entlang. Als er auftrat zuckte es heftig durch sein Bein. Seine Wangenknochen mahlten verbissen als er sich suchend umsah bis er sein Pferd einige Schritte entfernt entdeckte. Die Zügel hatten sich in einem Gestrüpp verfangen, das Tier zitterte und zuckte bei jedem Donnergrollen, was durch den Wald drang, zusammen. Finsteren Gesichtsausdruck trat er zu dem Tier und zerrte an den Zügeln, die sich darauf hin lösten. Abwesend murmelte er ein paar Worte zu dem Hengst und schwang sich leise stöhnend und benommen im Kopf auf das Pferd. Wohin er das Pferd lenkte, wußte er nicht und was für einen Plan er hatte, sowieso nicht. Doch immer in Bewegung bleiben, weitersuchen, weitermachen...es ging schließlich um seinen kleinen Sonnenschein.

  • Der Schein des Lichtes drang verlockend durch den sturmgepeitschten Wald. Viele, viele Stunden war Marcus schon unterwegs. Sein Kopf schmerzte, sein Bein brannte und er war hundemüde. Aquilius hatte er immer noch nicht gefunden, glaubte nicht mehr auf ihn zu treffen. Das schwarze Roß unter ihm trottete mit müden Schritten und hängendem Kopf zwischen zwei Buchen hindurch. Seine Mähne tropfte von dem strömendem Regen, auch Marcus Haare, sein Gesicht, seine ganze Kleidung waren von dem Naß getränkt. Erst als ein Haus, nahe einer ausgetretenen Strasse, vor ihm auftauchte, merkte Marcus, daß er unbewußt auf jenes Licht zugestrebt war. Es war tatsächlich eine Taberna, nahe der Via Richtung Norden und einer der Pässe. Marcus zögerte, er sollte weitersuchen, doch dann ging ihm auf, daß er sich vielleicht sogar nach dem flüchtigen Sklaven und seiner Tochter erkundigen konnte. Das Leder des Sattel knarrte leise als Marcus vom Pferd herunter stieg und sein Ross zu dem Regenunterstand führte. Nachlässig band er das Pferd dort an und wandte sich zur Tür um, dann trat er ein.


    Das Licht der Lampen blendete ihn einen Moment, erst als er ein paar Mal blinzelte konnte er das Innere der Taberna erkunden. Flache Stühle, grobe Holzschemel, ein mit Erde festgestampfter Boden, Dunst von Schweiß und schlechtem Wein und Bier vernebelten diese etwas heruntergekommene Taberna. Doch das Publikum jener Räumlichkeiten war bunt durcheinander gemischt. An einer Seite saßen einige Bauern, die nicht die Reichsten waren, waren die Zeiten für die freien Bauern doch schon lange vorbei, an anderer Stelle speisten zwei ältere Männer in kostbaren Kleidern und sichtlich pikiert über die Zustände der Taberna, und dazwischen saß allerlei ‚Halunkenpack’. Tief einatmend- es natürlich gleich bereuend wegen dem Gestank- wischte sich Marcus durch seine kurzen schwarzen Haare und musterte die Männer, und die wenigen Frauen, nur kurz. Dann trat er zu einem freien Tisch und sank mit einem tiefen Seufzen auf einen Hocker. Ein dicker Mann schob sich durch eine Gruppe von schludrig gekleideten Söldner und zu Marcus. Abschätzig wurde Marcus auf seine Vermögensverhältnisse gemustert, die Rüstung eines Soldaten erkannt und somit als nicht sonderlich betucht eingestuft- vielleicht reicher als die Bauern, aber weit ärmer als die älteren Männer.


    “Bier?“


    Müde hob Marcus seinen Kopf. Der dicke Mann verschwamm vor seinen Augen, schließlich nickte Marcus. Er war zu fertig, um zu widersprechen und nach Wein zu fragen.


    „Sag, war vor kurzem ein...Germane und ein junges Mädchen hier, klein, zierlich, braunhaarig, eine Römerin?“


    Die rechte Wange des Wirtes zuckte und er schüttelte schließlich den Kopf.


    „Was zu Essen?“


    Erneut nickte Marcus und sah seufzend auf den Tisch. Mürrisch und sehr verstimmt, aber auch schrecklich erschöpft, stützte er sein Kinn auf seine Händen ab und sah unbestimmt durch den Raum, sah nichts und niemanden in Wirklichkeit. Erst als jemand zwischen ihn und die nächste Öllampe trat, er auf eine speckige Lederrüstung sah und ein Mann kräftig sich räusperte, wurde Marcus aus seiner Apathie heraus gerissen. Marcus sah hoch und auf ein Gesicht mit einem struppig blonden Bart und einem Haupt mit einer blonden Mähnenmatte. Ein schmieriges Grinsen war auf dem Gesicht des Fremden zu sehen.


    [Blockierte Grafik: http://img168.imageshack.us/img168/746/micoqz2.jpg]| Die Rettung oder nur ein Aufschneider?


    „Was willst Du? Verschwinde...“


    Das Grinsen des Mannes wurde nicht ein bißchen schmaler. Ungerührt nahm er gegenüber Marcus auf einem Hocker Platz. Seine Hände starrten vor Schmutz, die Fingernägel hatten braune Ränder und von ihm drang ein säuerlichekelhafter Dunst zu Marcus. Marcus verzog das Gesicht und wollte schon ansetzen, den Kerl noch mal zu verscheuchen, doch dann sprach dieser.


    „Du suchst zwei Leute? Hier in den Bergen? Wird schwierig, aber für das richtige Geld könnte ich, Mico, der Spurensucher, Dich führen. Ich kenn mich hier guuut aus und ich kann fast jeden in den Bergen finden. Außerdem...wird Maia jeden, den Du suchst aufspüren.“


    Mit einer Hand deutete er zu seine Füße. Marcus, der ihn skeptisch ansah, folgte mit seinem Blick der Bewegung und sah in ein schmales Gesichtchen. Dunkle Knopfaugen sahen ihn treuäugig an und eine kleine rosige Zungespitze hechelte schnell hin und her.


    [Blockierte Grafik: http://img238.imageshack.us/img238/3623/maiayi5.jpg]| Gestatten? Die unheilvolle Hundemeute für die Verfolgung!


    „Was ist das?“


    Mico sah Marcus etwas beleidigt an und hob den kleinen Hund auf seinen Schoß. Der hechelte munter weiter und leckte am Bart seines Herren herum.


    „Na, ein Fährtenhund. Der Beste von ganz Norditalia, ich schwör es Dir!“


    Skeptisch, etwas angewidert besah sich Marcus das kleine Ding genauer. Irgendwie war der Hund ja schon...süß. Marcus schauderte und griff nach dem Bier, was der Wirt mittlerweile bei ihm abgestellt hatte. Er trank einen tiefen Schluck und hustete bei dem Geschmack des Abwassers im Krug. Seufzend stellte er ihn zur Seite.


    „Das ist der häßlichste Hund, den ich in meinem Leben gesehen habe. Und nach einem Fährtenhund sieht er nicht wirklich aus.“


    Mico hob beleidigt sein Kinn.


    „Pa! Wer nicht will, der will nicht...Komm, Maia, das müßen wir uns nicht anhören...“


    Marcus überlegte es ich dann doch anders. Was konnte es schon schaden? Denn Anhaltspunkte hatte Marcus wirklich nicht mehr. Und eine Spur sowieso nicht!


    „Warte! Also gut, was willst Du haben?“


    Mico, halb aufgestanden, verharrte. Ein Triumph stand in seinem Gesicht geschrieben. Langsam setzte er sich wieder. Jetzt galt es die Bedingungen auszuhandeln.


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