Wenn Lucilla eine Reise tut ...

  • Germania - das Land der unbegrenzten Möglichkeiten - oder so. Das ist es also nun und Lucilla ist mittendrin, statt nur dabei. Zusätzlich hat sie auch noch die Alpen überquert und das war unglaublich. Sie hat nicht gedacht, dass es hinter diesen riesigen Bergen überhaupt noch eine Welt gibt, denn so ähnlich könnte sie sich das Ende der Welt vorstellen - mit einem großen Gebirge außen herum, damit man nicht hinunterfällt. Natürlich ist das ein dummer Gedanke, wo doch jeder weiß, dass die Welt kein Ende hat, aber das bewahrt Lucilla trotzdem nicht davor ihn zu denken - denn eine endlose Welt kann sie sich auch nicht vorstellen. Doch dass in den Alpen hinter jedem Berg ein noch größerer Berg auftaucht, das hat sie ziemlich beeindruckt. Sie hat sich gar nicht genug satt sehen können, aber irgendwann wurden die Berge dann wieder kleiner als die vorherigen, das Land wurde hügeliger, dann alsbald flacher und endete schließlich in Augusta Raurica an einem Fluss, dem Rhenus.


    "Diesem Fluss werden wir jetzt bis nach Mogontiacum folgen." erklärt Lucilla ihrem Sklaven Ambrosius. "Es kommt mir vor, als würde ich diese Strecke wie meine Schmuckschatulle kennen. Zuerst kommt ein ziemlich gerades Stück bis nach Argentorate, dann geht es bis nach Noviomagus. Anschließend macht der Fluss ziemlich viele Biegungen, zum Glück verläuft er in fast ebenem Land, so dass die Straße nicht seinem Lauf folgen muss. Nach Borbetomagus folgt dann schon gleich Mogontiacum. Zu Magnus reisen wir dann noch weiter bis Confluentes, auch einfach immer nur dem Fluss entlang. Dieses Stück verläuft der Rhenus aber durch eine enge Schlucht, der Weg folgt seinem Lauf und ist ziemlich kurvig. Erst ein Stück hinter Confluentes geht es wieder in eine Ebene. Hach, ich bin schon so aufgeregt, sicherlich ist alles ganz anders, als es auf dem Pergament aussieht. Allerdings müssen wir jetzt auf der Hut sein, hinter Augusta Raurica beginnt das düstere Germania. Halte also immer die Fackeln und die dicken Mäntel bereit."

  • Es ist nicht zu fassen. Immer tiefer dringt die Reisegruppe nach Germania vor und trotzdem ist es weder kalt noch dunkel. Im Gegenteil - es wird immer grüner! "Ich kann es nicht glauben!" regt sich Lucilla auf. "Wie kann man nur so ein Bild von einer so schönen Provinz verbreiten! Das ist eine Ungeheuerlichkeit! Schau dich um, Ambrosius! Siehst du hier irgend etwas, was nicht schön ist? Alles ist so lebendig grün, von einem viel schöneren Grün als in Hispania! Diese dichten Wälder, die fruchtbaren Felder, der klare Rhenus, ständig sieht man irgendwelches Wild am Wegesrand, meine Güte, wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich sagen, wir nähern uns dem Elysium!"


    Schon seit Stunden ist Lucilla dabei, alles was sie sieht zu kommentieren. Grüne Wiesen, Blätterwald, Blumen, den Rhenus, Bäume, Felder, Grashalme, Steine, Hügel, Gehöfte und alles, was sich sonst neben dem Weg sehen lässt. Man könnte glauben, sie ist in einen Rausch verfallen und womöglich ist sie das sogar - in einen Germaniarausch. Jahrelang hat sie geglaubt, dass in Germania die halbe Zeit des Jahres Schnee liegt, es die andere Zeit regnet und stürmt, dass es eisig kalt ist und höchstens so hell wie in einem Tempel, in dem nur eine einzige Öllampe brennt - und dabei erschließt sich ihr nun ein Land, das ihr schöner als Hispania und Italia gemeinsam vorkommt. Einzig, dass sie noch keine wirklich große Stadt oder einen Markt gesehen haben, trübt das wunderbare Erscheinungsbild dieser Provinz ein wenig.

  • Endlich werden die Gerüchte über Germania ein Stück verständlicher. In der Ferne kommen dunkle Hügel in Sicht. "Was ist das?" fragt Lucilla aus dem Wagen hinaus einen der Sklaven. Der zuckt nur mit der Schulter. Lucilla rollt mit den Augen. "Dann find es heraus." Der Sklave läuft eilig am Wagen vorbei nach vorne und Lucilla schüttelt den Kopf. "Was ein unfähiges Personal. Ich hätte mir jemanden mitnehmen sollen, der sich hier auskennt." Natürlich hat sie Livianus dabei, aber der reitet immer irgendwo zwischen seinen Legionären und ist mit seiner Aufmerksamkeit die ganze Zeit über in der Gegend um Gefahren frühzeitig zu erkennen. Ein Soldat ist eben immer ein Soldat, immer in Kampfbereitschaft und immer einsatzbereit, ganz egal, wie schön die Gegend um ihn herum ist, und natürlich um so mehr, wenn er als wertvolle Fracht seine Lieblingscousine zu begleiten hat.


    Nach einer Weile kommt der Sklave wieder in Sicht, er steht am Wegesrand und warte auf den Wagen. "Es ist der schwarze Wald, Herrin, silva nigra genannt. Ein unwegsames Gelände, von dichten Wäldern bedeckt und von wilden Tieren bewohnt. Wegelagerer und Räuber hausen darin, es ist ratsam einen großen Bogen darum zu machen."
    "Das ist der schwarze Wald? Kein Wunder, dass er so heißt, er sieht tatsächlich so aus. Aber wenn ich mich recht an die Karte erinnere, dann müssen wir dort zum Glück nicht durch." Fasziniert schaut Lucilla zu den dunklen Hügeln hin und kann ihren Blick kaum davon abwenden.


    Eine Weile später hält die gesamte Reisegruppe, um im Schatten einer Lichtung in einem kleinen Wald eine Rast einzulegen und etwas zu Essen. Wieder einmal zeigt sich der Vorteil von Legionären als Reisebegleitern, denn so professionell, wie sie sich direkt häuslich einrichten, Wachposten aufstellen und die Lichtung in ein halbes Lager verwandelt, vermag das sicher sonst keine Gruppe.

  • Nachdem sie eine Kleigkeit gegessen hat, steht Lucilla energisch auf. "Ich muss mir ein wenig die Beine vertreten. Diese ganze Rumsitzerei tut mir nicht gut. Ich bleibe in der Nähe. Gaius, Caius, ihr kommt mit." Die beiden Sklaven nicken und begleiten Lucilla ein Stück in den Wald hinein.


    "Ist das herrlich hier! Ich weiß überhaupt nicht, wieso alle Welt behauptet, Germania wäre so ein düsteres Land. So viel wunderbares, saftiges Grün wie hier gibt es nirgendwo in Hispania. Überall blühen Blumen und es kommt mir so vor, als würde es hier auch viel mehr Schmetterlinge geben. Aber das kommt vielleicht nur daher, weil es in Rom so wenige davon gibt. Trotzdem, jeder Baum scheint hier, als könnte man ein Baumhaus darauf bauen und darin wohnen ..." Sie spazieren eine Weile schweigend durch den Wald und Lucilla zieht die Luft und die Gegend mit jedem Atemzug tief in ihre Seele ein. Die Aussicht, mit Avarus eines Tages in diesem Land zu leben, ist plötzlich gar nicht mehr so schrecklich. Nun würde es nur noch darauf ankommen, wie die Märkte im Vergleich mit Rom oder Tarraco mithalten können.


    Schließlich bleibt Lucilla stehen. "Wir sollten zurück zum Wagen. Wenn wir uns etwas sputen, können wir am Abend noch in Noviomagus sein."
    Gaius nickt. "Wenn wir dort den kleinen Weg nehmen, dann müssten wir am Wagen rauskommen, Herrin."


    Gesagt, getan. Doch der Wagen kommt nicht in Sicht. Gaius schaut sich verwirrt um. "Im Schwarzwald wird uns keiner finden."
    "Wir aber auch nicht." wirft Caius ein.
    "Wie!"
    "Wir haben uns verlaufen."
    "Trottels." Lucilla verdreht die Augen und weist auf einen schmalen Weg. "Wir sind überhaupt nicht im Schwarzwald, der ist auf der anderen Seite des Rhenus. Außerdem müssen wir nur da entlang." Wenige Minuten später erreichen sie die Lichtung, auf welcher der Wagen steht und die Legionäre gerade dabei sind, alles zusammen zu packen.


    Kurz darauf sitzt Lucilla wieder im Reisewagen und die Fahrt entlang des Rhenus nimmt ihren Lauf.



    In Memoriam: Arthur v. Taxis

  • Die Zeit fließt dahin wie der Rhenus, welcher sie die Strecke über begleitet. Zum Glück sind die Mutationes an dieser gut ausgebauten Römerstraße zahlreich, so dass die Soldaten in ihren kleinen, eilig aufgebauten Lagern schlafen, Lucilla sich jedoch die Nächte in mehr oder weniger bequemen Betten leisten kann. Von Noviomagus aus reist die Gesellschaft nach Borbetomagus, wo sie eine Rast einlegen. Die Reise dauert bereits einige Tage und die Zeit bis zur Hochzeit von Magnus wird knapp.


    “Wir sollten Meridius einen Brief schicken und direkt nach Confluentes weiter reisen. Der Rhenus macht bei Mogontiacium einen Knick, allerdings gibt es eine Straße, die sich von hier aus vom Rhenus entfernt und erst in Bingium wieder dem Fluss angleicht. Diese Straße ist zwar etwas kleiner als diejenige, auf der wir die ganze Zeit reisen, aber das Land ist eben und wir sollten keine Schwierigkeiten haben. Ich würde mir niemals verzeihen, wenn wir zu Magnus Hochzeit zu spät kommen würden!“ erläutert sie ihrem Cousin beim Essen und zeichnet eine stilisierte Karte der Wege auf. Da auch Livianus die Hochzeit seines Bruders um nichts in der Welt verpassen möchte, beschließen sie den von Lucilla vorgeschlagenen Weg zu nehmen. Immerhin würden eh alle Decima in Confluentes zusammen kommen, also würde Lucilla keinen deswegen später sehen als geplant.


    Nach der kurzen Rast gibt Lucilla in der örtlichen Mansio einen Brief an ihren Bruder auf, dann setzt sich der Trupp wieder in Bewegung. Sie biegen auf die kleine Straße nach Bingium ab und Lucilla wendet ihre Aufmerksamkeit wieder der Landschaft zu.

  • Hinter Bingium verengt sich das Land und führt die Reisegruppe in das Tal des Rhenus zwischen Hügeln hindurch. Rechts und links des Flusses schieben sich die Hügel der Mittelgebirge Germanias empor, manchmal so steil, dass man kaum dort hinauf gelangen kann, und trotzdem scheinen viele Hänge kultiviert zu sein.


    "Ist das Wein?" fragt Lucilla erstaunt. "Doch, ganz sicher, das ist es." Aufgeregt deutet sie die Hänge hinauf. "Oh, einer dieser Hänge muss den Germanica gehören. Hier irgendwo kommt der Wein von Avarus her." Sie stiert aus dem Fenster hinaus, suchend, als würden in den Hügeln Schilder stehen, die den Besitzer der Weinranken, den Namen des Hanges oder des aus den Trauben gewonnenen Weins ausweisen. Da dies ein dummer Gedanke ist - wer käme schon auf die Idee zwischen den Weinstöcken Schilder aufzustellen - schaut Lucilla bald wieder auf der anderen Seide der Reisekutsche hinaus. In diesem Momemnt wünscht sie sich, dass ihr das Reiten nicht so zuwieder ist, wie es dies ist, denn gern würde sie jetzt den Weg entlang auf einem Pferd sitzen, wo sie jederzeit nur den Kopf zu drehen bräuche, um alles ringsum zu sehen.


    "Schau mal Ambrosius! Eine Insel mittem im Rhenus!" Sie lacht vergnügt. "Da könnte man wunderbar eine Villa draufbauen. Na gut, eine Villa vielleicht nicht, aber eine kleine Casa sicher. Dann könnte man immer den Schiffen winken, die auf dem Fluss rechts und links vorbeiziehen." Sie blickt auf der anderen Seite des Rhenus die Hänge hinauf und überlegt bei sich, ob dort auf der anderne Seite schon das wilde Germanien beginnt. Doch soweit sie es von der Karte in Erinnerung hat, sollte dort oben irgendwo der Limes verlaufen.

  • Der Rhenus schlängelt sich in großen Biegungen dahin und Lucilla kann sich noch immer nicht satt sehen. Es sieht aus, als hätten die Götter für den Fluss extra eine Schneise durch das ansonsten erhöhte Land geschlagen. Bald macht der Fluss eine Biegung und schlängelt sich auf der ihnen gegenüberliegenden Seite um eine scharfkantige Felsnase herum.


    "Jössas, schau mal, Ambrosius! Was für ein gewaltiger Felsen da aus dem Fluss wächst. Da bleibt nur noch ganz schön wenig Wasser zum manövrieren. Hier verunglücken sicher viele Transportschiffe auf ihrem Weg. Hach, da oben würde ich gerne mal sitzen, die Aussicht muss herrlich sein."


    Lucilla blickt verträumt hinauf zu dem Felsplateau und sie weiß nicht, was es bedeuten soll, doch eine traurige Stimmung überkommt sie und Gedanken, die wie ein Märchen aus alten Zeiten klingen, kommen ihr in den Sinn. "Wenn die Luft kühl ist und es dunkelt, der Rhenus ruhig dahinfließt und die Gipfel der Berge im Abendsonnenschein funkeln, dann würde ich dort oben sitzen, mein goldenes Geschmeide blitzte und ich kämmte mir mein braunes Haar mit einem goldenen Kamm und sänge ein Lied dabei mit einer gewaltigen Melodie. Der Schiffer in seinem kleinen Schiff würde dies mit wildem Weh ergreifen, er schaute nicht auf die Felsenriffe, sondern nur zu mir herauf in die Höh. Die Wellen würden sie am Ende verschlingen, den Schiffer und seinen Kahn, und all das hätte nur ich mit meinem Singen getan."


    Es schaudert Lucilla und sie blickt dem merkwüdigen Ort noch nach, bis der Fluss eine erneute Biegung macht und der Fels hinter den Hügeln verschwindet. Sie wendet ihren Blick nach vorn und entdeckt schon wieder neues. "Schau da Ambrosius, ein Plateau auf halber Höhe des Hanges. Wenn das nicht so nah am Limeswall wäre, dann könnte man da wunderbar eine Villa hinbauen mit Blick auf den Rhenus. Ach, was rede ich, einen ganzen Palast könnte man da hinstellen. Und gleich dort hinten, da könnte man nochmal einen hinstellen. Die Villen und Paläste könnten sich hier den Rhenus entlang beinahe jagen - wie Katz und Maus!"



    In Memoriam: Heinrich Heine

  • Eine Nacht verbringen sie in Boudobriga, Livianus mit den Soldaten außerhalb, Lucilla mit den Sklaven innerhalb der Stadtmauern. Sie fragt sich ernsthaft, wofür die Leute eine Stadtmauer brauchen. Auf der einen Seite nur ringsum Hügel von denen herab ein Angriff wohl nicht so einfach wäre, ganz davon abgesehen dass dahinter nur römisches Gebiet liegt, auf der anderen Seite der breite Rhenus, bei dem es ihr völlig unmöglich erscheint, dass er heimlich von den wilden Germanen überquert werden könnte, vor allem, das sie zurvor die Limes-Grenze dazu überschreiten müssten.


    Am Abend sitzt Lucilla mit einem Tabellarius des Cursus Publicus vor der Mansio, welche direkt am Rhenus liegt und schaut begeistert auf den Fluss hin. Auch wenn sie schon seit einiger Zeit keine Praefecta mehr ist, ihr Name ist dennoch in den Mansiones bekannt und wie Fortuna es so wollte verbringt ein römischer Tabellarius auf der Rückreise von Bonna ebenfalls die Nacht in der Stadt und den sie noch von ihrer Zeit beim Cursus Publicus kennt.


    "Das kann ich mir nicht vorstellen." gibt sie gerade zurück. "Wie soll so ein breiter und so schnell dahinfließender Fluss zufrieren?"
    "Wenn ich es dir sage, ich habe es schon oft genug erlebt. Hinter Boudobriga verläuft der Rhenus in einer Schleife, dort ist die Strömung nicht so stark und unter dem Eis fließt er auch eh immer weiter. Er friert ja nicht bis zum Boden zu, aber bis zu einer Handbreit oder einem Fuß kann es schonmal passieren. Man kann dann von einer bis zur anderen Seite hinüberlaufen."
    "Faszinierend." Lucilla strengt ihre ganze Vorstellungskraft an, doch so recht vorstellen kann sie es sich trotzdem nicht. In Tarraco frieren im Winter kaum die Pfützen zu und hier sollen ganze Flüsse vereist sein?
    "Und im Frühling, wenn der Schnee schmilzt und die Zuflüsse des Rhenus das Wasser aus den Hügeln bringen, dann überschwemmt alles."
    "Ach? Hier auch?" Sie schaut zur Mansio hin. Zugegeben, die Stadt liegt nicht gerade hoch.
    "Manchmal schon. Aber zu dieser Zeit war ich zum Glück noch nie hier unterwegs."
    "Mhm." Sie grübelt vor sich hin. "Sieht man hier oft Germanen? Also so richtig wilde?"
    Der Tabellarius lacht. "Nicht wildere, als die Römer, die hier wohnen."

  • Die Schleife, welche der Tabellarius am Vorabend erwähnt hat, ist tatsächlich nicht zu übersehen. Lucilla beschwert sich, dass sie wieder zurück reisen oder noch schlimmer, mitten nach Germania Magna, dass das doch sogar ein Blinder an der Sonne sieht, die nun nicht mehr rechts von ihnen, sondern direkt vor ihnen ist, doch man versichert ihr dass alles seine Richtigkeit hat und der Rhenus sich nunmal nicht an die Wünsche der Menschen nach einer direkten, geraden Verbindungsstraße hält. Der Weg schlängelt sich hier eng am Fluss entlang was zur Folge hat, dass sie kaum eine Siedlung passieren und man den Eindruck gewinnen könnte, nun tatsächlich in der leeren, unwirtlichen Provinz angekommen zu sein, als die Germania immer abgesiegelt wird. Trotzdem kann Lucilla noch immer nichts entdecken, was ihr die Freude an der Schönheit der Landschaft verderben könnte. Die Weinreben, die sich auch hier noch immer an den Hängen emporziehen sind schon mit den bunten Blättern des Herbstes gespickt und im Licht der Sonner ergibt sich daraus ein wunderbar farbenprächtiges Bild. Der Rhenus reflektiert die Sonne ebenfalls und manchmal könnte man den Eindruck gewinnen, dass unter der Oberfläche Goldschätze lauern, so funkelnd glitzert die Wasseroberfläche an manchen Stellen.


    Gegen Nachmittag dann öffnet sich das enge Tal zu einer Ebene hin, zumindest auf der den Reisenden gegenüberliegenden Seite des Rhenus, dort wo der Zufluss namens Laugona sein eigenes Tal mitbringt. Auf ihrer Seite des Rhenus dagegen ragen die Hügel um so steiler auf und dies bleibt noch eine ganze Weile so, bis sich dann auch hier das Land vor ihnen öffnet. Nun dauert es nicht mehr lange und das kleine Städtchen Confluentes kommt in Sicht. Leider bleibt ihnen nicht mehr viel Zeit, die Stadt zu erkunden, denn bis die Mansio gefunden ist, dämmert es bereits. Lucilla verabschiedet sich von Livianus, welcher zu seinen Soldaten zurückkehrt und macht es sich in der Mansio bequem. Hoffentlich würde sie die Nacht über gut schlafen können, die Aussicht darauf, nicht nur die ganze Verwandtschaft wieder zu sehen, sondern auch gleich noch Magnus Hochzeit beizuwohnen ist einfach zu aufregend.

  • Mit verklärtem Blick steht Lucilla am Bug des Schiffes, ganz vorn, wo es spitz zusammenläuft und schaut auf den Rhenus hinaus. Ihr Haar ist nur zusammengebunden und einzelne Strähnen haben sich daraus gelöst, flattern nun lustig im Wind und umtanzen ihr Gesicht. Das Schiff fährt nicht sonderlich schnell, immerhin fährt es gegen den Strom, doch der scharfe Wind lässt einen anderes vermuten. Lucilla breitet ihre Arme aus und stellt sich dem Fluss entgegen. "Ich bin die Königin der Welt." flüstert sie leise (:D) und lässt ihre Arme seufzend wieder sinken.


    An der Seite des Flusses zieht sich flaches Land dahin, kalt und brach liegt es da, doch immer wieder wird das Bild durch kleine Dörfer und Siedlungen durchbrochen. Der Rhenus ist ein gütiger Fluss, er versorgt die Bewohner an seinen Ufern mit allem, was sie zum Leben brauchen. Lucilla versorgt er mit Ruhe, mit Gedankenfreiheit und manchmal auch mit wohltuender Leere in ihrem Kopf. Beinahe den ganzen Tag schon steht sie wieder einfach nur an der Reling, manchmal am Bug, manchmal an den Seiten des Schiffes, und schaut dem Fluss beim Fließen zu. Das Heck meidet sie, denn sie hat wenig Lust auf den Eques und seine Frau. Sie hat es versucht, sich ihrer Unterhaltung anzuschließen, doch vor allem Clodius ist ihr völlig zuwider. Schon nach wenigen Worten hat sie ihn in die Kategorie eingebildeter, aufgeblähter Gockel einsortiert und beschlossen, ihre Zeit lieber alleine zu verbringen. Dies ist eh nicht schlecht, denn noch immer spuken ihr so viele Gedanken durch den Kopf und Tertias Tod hängt ihr nach. Zusätzlich würde sie mit Clodius und Clodia auch noch bis Lugdunum reisen, sie würde ihre Anwesenheit also noch lange genug ertragen müssen, als dass sie nicht wenigstens noch den Rhenus genießen kann.

  • Im Gegenteil zu ihrer Herreise nach Germania, bei welcher die Zeit wie im Flug an ihr vorrüber gezogen ist, zählt Lucilla auf der Rückreise jeden Tag, und jeder Tag mehr ist einer zuviel. Sie will sich nicht in belanglosen Gesprächen verlieren und oft, wenn sie einfach nur so in die Landschaft oder auf den Fluss starrt, überkommen sie Tränen, weil ihre Gedanken in der Vergangenheit weilen, bei Tertia, in Hispania, in Rom. Selbst im leichten Nieselregen lässt sie sich nicht von Hector und Hermes, auch nicht von Ambrosius oder Hegetor Menodorus, dazu bewegen, ihren Platz im Freien aufzugeben. Denn der Regen vermischt sich eh nur mit den Tränen und rinnt gemeinsam mit ihnen ihre Wangen hinab, und der Mantel aus dickem Wollstoff hält die Nässe von ihrem Körper fern.


    Doch irgedwann ist Augusta Raurica erreicht und die Passagiere müssen das Schiff verlassen. Clodia und Lucilla steigen in eine Reisekutsche um, während Clodius den weiteren Weg bis Lugdunum auf einem Pferd zurücklegen wird. Getrennt von ihrem Mann stellt sich Clodia doch noch als gar nicht so einfältig heraus, wie Lucilla bisher vermutet hat. Von ihren neugierigen aber vorsichtigen Fragen lässt sich Lucilla schließlich langsam aus sich heraus locken. Spätestens als das Gespräch auf den Märkten der Welt angekommen ist, kann Lucilla endlich den Tod ihrer Schwester für einige Stunden vergessen und sich wieder dem Leben widmen. Sie erzählt Clodia von den Märkten in Hispania und Africa, und auch von Rom. Die Frau des Eques berichtet dafür von den Märkten in Gallien, von Massilia, Narbo Martius und natürlich von Lutetia, dem schönsten und größten Markt in Gallia, wo es die schicksten Stoffe und Kleider gibt. Viele Moden, so berichtet Clodia, kommen noch eher aus Gallia nach Rom, als aus Aegyptus, und sie verrät Lucilla den absoluten Trend für das nächste Jahr: Streifen, in allen Breiten, allerdings keine Querstreifen, sondern nur Längststreifen - immerhin weiß doch jeder, dass nur Längsstreifen schlank machen.


    So vergeht die Zeit doch noch einigermaßen angenehm und der Wagen rumpelt die Straße entlang über Vesontio bis Cabillonum in Gallia.



    Sim-Off:

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