Die Baustelle des Ulpianums, wo zuvor die horrea piperataria standen

  • Fest lag das tiefe Fundament im Untergrund.
    Mächtig standen darauf die dicken Grundmauern.
    In ihrem Kern waren sie aus Puzzolan, Sand, Fels- und Kalkgestein, dem Opus caementitium. Sie waren verkleidet, mit einem Mauerwerk aus Ziegeln.
    Stützende Quermauern leiteten die enorme Last zusätzlich in den Boden.
    Diese Last, dass war die Kuppel, die sich über der Rotunde erhob.
    Die Rotunde, dass war die künftige Kaiserhalle des im Bau befindlichen Ulpianums.


    Seit dem Frühjahr, den ganzen Sommer über, und bis tief in den Herbst hinein war die Kuppel langsam in den Himmel gewachsen.
    Wie hatte man es gemacht?
    Ein verwirrendes Trägerwerk aus Bohlen und hölzernen Säulen trug eine Verschalung. In die wurde das Opus caementitium gegossen, dem man an der Basis zunächst wenig, aber je höher es hinauf ging immer mehr gebrochenen Bimsstein beimengte, um das Gewicht zu verringern. Denn der poröse Bims aus Campania war viel leichter als Granit und Kalkstein.


    Die Furcht vor einem Einsturz der gewagten Konstruktion war groß.
    Hatten Menschen jemals zuvor eine solch gewaltige Kuppel gebaut?
    Eine perfekte Halbkugel war das, exakt 30 gradi [22,23 m] im Durchmesser und 29 gradi am Scheitelpunkt hoch. Dort hatte man ein Loch gelassen, dass opeion, mit einem Durchmesser von ganz genau 6 gradi.


    Aber das alles war nun, Anfang December, unter schier endlosen Bahnen gewachster Leinen verborgen. Sie sollten den Regen abhalten.




    Titus Statilianus Taurus beaufsichtigte die große Baustelle. Er fürchtete den Winter. Er fürchtete den Regen. Er fürchtete den Frost.
    Die Kuppel war erst spät im Jahr fertig geworden. Reichte die Zeit?
    In Rom gefror das Wasser auch im Winter nur selten. Aber wenn dies geschah, dann musste der Opus caementitium ausgetrocknet sein. Denn sonst drohte der Frost das frische Gemäuer zu sprengen und alles wäre vergebens gewesen.
    Er bangte an jedem Tag.
    Unruhig und gereizt lief er über die Baustelle. Immer wenn der Himmel bedeckt und wolkenverhangen war, überlegte er, ein großes Feuer im Inneren der Rotunde entzünden zu lassen, ein Feuer, dass die wärmende Sonne ersetzte, die jetzt, im December, fast immer aus blieb. Und doch tat er es nie, denn der Ruß hätte die jungfräulich verputzten Wände geschwärzt.


    Die Kuppel war fertig. Aber würde sie den Winter überstehen, so dass man sie im kommenden Frühjahr mit Platten aus Kupfer verkleiden konnte?


  • Der December war genauso mild gewesen wie der Ianuarius begann. Zwar war es ungemütlich und regnete fast täglich, aber Nachfrost hatte es noch nicht gegeben.
    Titus Statilianus Taurus war froh darüber. Aber seine Sorgen würden erst im kommenden Frühjahr verschwinden, gegen Ende Februarius oder vielleicht erst im Martius.


    Tagtäglich kam er auf die Baustelle, obwohl sie zu dieser Jahreszeit fast ausgestorben wirkte. Nur wenige Bauarbeiter erledigten ein paar Kleinigkeiten im Inneren des hoch aufragenden Rohbaus. Ein paar andere waren als Wachen eingeteilt. Den Rest hatte Statilianus Taurus weggeschickt. Sie mussten nun zusehen, wie sie in der kalten Jahreszeit über die Runden kamen. Das war nicht einfach, vor allem, wenn es zuhause viele hungrige Mäuler zu stopfen gab. Aber kein Bauleiter wäre auf die Idee gekommen den untätigen Bauleuten während des Winters Lohn zu zahlen, wenn sie doch nichts arbeiten konnten. Einige von ihnen waren in den Süden gezogen, hoffend, dass es dort etwas für sie zu tun gab. Viele aber harrten aus und lebten von ihren Ersparnissen – wie auch immer sie die hatten zusammenraffen können, bei den kargen Löhnen – oder versuchten, andere Arbeit zu finden.


    Taurus war es egal. Es musste ihm egal sein, denn er konnte nichts für sie tun. Erst im Frühjahr, wenn es wärmer und vor allem trockener wurde, dann hatte er wieder Arbeit für die Bauarbeiter. Dann würde er die Tüchtigen erneut einstellen, die, mit denen er im letzten Jahr gute Erfahrungen gemacht hatte. Die anderen nicht. Für sie fand sich in Rom schnell Ersatz, denn in der großen Stadt lebten viele Zuwanderer vom Lande, die wenig hatten und häufig nicht einmal eine regelmäßige Arbeit.


    Aber jetzt noch nicht. Jetzt kam Taurus nur auf die Baustelle um nach dem Rechten zu sehen.
    Gab es Sprünge im Mauerwerk? Blätterte der frische Putz ab, weil er zu feucht geworden war? Und die Kuppel? Hielt sie Wind und Wetter stand?
    Er fand nichts. Nichts beunruhigendes zumindest. Alles war in bester Ordnung. Er hätte beruhigt schlafen können. Aber er sorgte sich dennoch und schlief nach wie vor schlecht.

  • Die Werkzeugschuppen der Handwerker waren aus grobem Holz gezimmert und boten dadurch eine breite Fläche für die Zwecke des Pindarus. Er hatte von einem Freund, dem er noch einen Gefallen schuldete, einen Auftrag erhalten. Dieser Freund schuldete offenbar einem anderen einen Gefallen, der ebenfalls jemand anderem einen Gefallen schuldig war. Und so stand Pindarus nun vor der breiten Bretterwand und schwang seinen fransigen Pinsel. Es war stockfinstere Nacht, doch der schwache Mondschein bot ihm genügend Licht zur Durchführung seines Vorhabens. Pindarus hatte keinen blassen Schimmer, wer am Ende der Gefallenskette wohl stehen mochte. Es war ihm auch egal. Am Ende war er schlichtweg erleichtert, dass ihn niemand entdeckt hatte und er sich auf leisen Sohlen wieder davonstehlen konnte...hinein ins Dunkel der Gassen. Am Schuppen hinterließ er deutlich sichtbar in weißer Farbe folgenden Schriftzug.


    WÄHLT DEN VERFECHTER DER KÜNSTE! WÄHLT FLAVIUS PISO!

  • Wenn Ursus ehrlich zu sich war, dann war er eigentlich vor allem aus einem Grund hier: Weil er entsetzlich neugierig war, wie sich der Bau weiterentwickelt hatte. Natürlich war er auch im Auftrag des Senates hier. Neugierig um sich blickend betrat er die Baustelle, auf der zu dieser Jahreszeit naturgemäß nicht übermäßig viel passierte. So trat er auf einen der Arbeiter zu, der offenbar die Aufgabe hatte, hier Wache zu halten. "Salve. Ist Statilius Taurus zufällig anwesend? Oder kannst Du mir zumindest sagen, wann er hier anzutreffen sein wird?" Sich vorzustellen, fand er zunächst unnötig, schließlich war er als Senator eindeutig zu erkennen.

  • Erneut standen Wahlen an und noch immer war das Ulpianum eine gewaltige Baustelle. So fanden sich auch dieses Mal wieder einige Holzverschläge, die sich optimal zum Wahlkampf eigneten.



    DER VERFECHTER DER KÜNSTE KEHRT ZURÜCK!
    WÄHLT FLAVIUS PISO ZUM QUAESTOR!


    TITUS DUCCIUS VALA IST DER NEUE MANN!
    DEINE STIMME FÜR SEIN VIGINTIVIRAT!

  • Er hatte den ersten Besuch etwas verschieben müssen, doch heute hatte sich der amtierende Consul den ganzen Tag Zeit genommen, endlich die Baustelle des Ulpianums zu besuchen und sich selbst ein Bild über den Zustand des unfertigen Prachtbauwerks zu machen. Zu diesem Zwecke hatte er auch mit einem der besten Architekten Roms für heute ein Treffen vor Ort vereinbart.


    Während die Liktoren die Umgebung absperrten und einiges Gesindel vertrieben, das sich mittlerweile in der Bauruine niedergelassen hatte, versuchte Livianus sich einen ersten Eindruck über das Bauwerk zu verschaffen. Man musste kein Fachmann sein um zu sehen, dass der Bau zwar recht weit fortgeschritten war, doch noch lange keine Rede von einer Fertigstellung sein konnte. Auch die Berichte über den illegalen Abbau von Baumaterialien stimmten und waren anhand eingerissener und umgestürzter Wände auch deutlich sichtbar. Mit einem Rundgang wollte der Consul aber erst nach Eintreffen des Architekten beginnen. Er hoffte sehr, dass dieser Mann es schaffen würde, das Ulpianum noch während seiner Amtszeit fertig zu stellen.

  • Als der Architekt endlich eintraf, verloren die Männer keine Zeit und machten sich auf die Baustelle zu besichtigen. Es war das erste Mal das Livianus diese Baustelle betrat und bereits in diesem noch Unfertigen zustand war für ihn anhand der Hochaufragenden Mauern ersichtlich, welch prachtvolles und monumentales Bauwerk das Ulpianum darstellte. Es wäre schon fast als Verbrechen zu betrachten, dieses Bauwerk unvollendet zu lassen und nicht seiner eigentlichen Bestimmung zuzuführen. Wie es aussah lag dies nun an Livianus.


    Sie betraten den Porikus, den sechzehn Säulen korinthischer Art säumten, auf denen die Last eines massiven Daches ruhte. An diesen Portikus schlossen zwei Seitenhallen und eine runde Haupthalle an. Als Livianus gemeinsam mit dem Architekt die Haupthalle betrat stockte ihm kurz der Atem. Die ebenfalls bereits fertiggestellten Säulen schienen nach oben nicht enden zu wollen. Auf ihnen Thronte die mächtige Kuppel, die schon seit längerer Zeit über die restlichen Gebäude der unmittelbaren Umgebung hinausragte.


    Kleinigkeiten versicherte der Architekt ständig. Kleinigkeiten waren es nur, die hier und da noch gemacht werden mussten. Der Consul verließ sich auf dessen fachmännische Meinung und nickte zufrieden. Letztendlich war es doch eine ziemlich umfangreiche Liste mit „Kleinigkeiten“ geworden, die man sich notiert hatte. Zwei zum Glück nichttragende Mauern mussten erneut aufgestellt werden, einige Sprünge im Mauerwerk ausgebessert, einiges neu verputzt und an vielen stellen noch Abschluss- und Feinarbeiten, wie diverse Malereien oder Stuckarbeiten, sowie das abschließende Verlegen einiger Marmor- und Steinplatten durchgeführt werden.


    Sowohl Livianus, als auch der Architekt zeigten sich letzten Endes zufrieden. Die Kosten waren überschaubar und der Archtekt versicherte mehrmals, dass man diese Arbeiten noch vor dem Ende Livianus Amtszeit abschließen konnte. In diesem Wissen trennten die beiden Männer sich schließlich wieder und vereinbarten in den nächsten Tagen einen neuen Termin, wo man die Angelegenheit fixieren wollte.

  • Nur wenige Tage nach der Begehung der Baustelle durch den Consul und dem neu beauftragten Architekten, war zur großen Verwunderung der meisten Passanten wieder ein reges Treiben auf dem Baugelände festzustellen. Fast schon im Minutentakt trafen Pferdekarren ein, die Baumaterialien anlieferten und mehrere dutzend Arbeiter schwirrten durch die Gänge und Hallen des unfertigen Prunkbaus.


    Als Erstes wurde damit begonnen, die umgestürzten und zum Teil abgetragenen Mauern erneut aufzustellen. Viel war vom Mauerwerk nicht mehr übergeblieben, da der Pöbel die besichtigte Baustelle während des Bürgerkriegs als Steinbruch verwendet hatte, um ihre eigenen Häuser mit Baumaterial zu versorgen. Dazu wurde in den ersten Tagen ein Holzkran, sowie zwei der Mauerlängen entsprechende Holzgerüste errichtet, die das Heben und Handhaben der schweren Quarzsteine wesentlich erleichterten. Da tagsüber ein generelles Fahrverbot für Pferdekarren galt, hatte man sich zudem eine Ausnahmegenehmigung eingeholt, die eine Anlieferung von neuen Quarzsteinen rund um die Uhr ermöglichte.


    So konnten sich Passanten und der Architekt nach den ersten Vorbereitungstagen fast täglich davon überzeugen, wie die Wände erneut in die Höhe wuchsen. Es dauerte gut drei Wochen, bis die gröbsten Arbeiten an den Wänden abgeschlossen waren und man damit beginnen konnte sie erneut zu verputzen und die Holzgerüste anschließend wieder zu entfernen. In regelmäßigen Abständen schickte der Consul einen Scriba vorbei, der sich nach dem Fortschritt der Baumaßnahmen und natürlich was fast noch wichtiger war, nach den bisherigen finanziellen Ausgaben erkundigte und dem Consul anschließend darüber Bericht erstattete. So wollte Livianus sicher gehen, das es nicht erneut zu unnötigen Verzögerungen oder gar zur Überschreitung des vom Senat genehmigten Budgets kam. Zudem wirkte ein wenig ausgeübter Druck auf Arbeiten oft sehr förderlich.

  • Über Wochen hindurch waren die immer weiter fortschreitenden Arbeiten am Ulpianum in quer über das Forum Romanum zu vernehmen und zogen trotz aufgestellten Bretterzauns dadurch zahlreiche Schaulustigen an. Zu sehen gab es durchaus einiges. Arbeiter mit einer Mörtelhacke bewaffnet rührten in Holzkästen den Mörtel an, während andere mit kleineren Bottichen, den Mörtel über die Holzgerüste nach oben transportieren. In einer anderen Ecke der Baustelle hatten sich die Steinmetze eingerichtete, die dort in ihren provisorischen Werkstätten mit Zweispitz, Klöpfel und Halbeisen ihre Steinquader herstellten. Diese Quader wurden schließlich, wie auch schon der Mörtel nach oben zu den Maurern gebracht, welche die Steine einsetzten und abschließend die Mauerkante immer wieder mit Winkel kontrollierten.


    Nachdem die gröbsten Arbeiten nach einigen Wochen abgeschlossen waren und die Grundstruktur des Gebäudes wieder zur Gänze hergestellt war, machte man sich an die ersten Innenarbeiten. Weitere Gerüste wurden in den Hallen und hohen Räumen des Ulpianums aufgestellt und man begann mit dem verputzen der Wände. Wie bei solchen Prestigeobjekten üblich, wurde dabei in mehreren Schichten Putz aufgetragen. Von oben beginnend wurde so Wand für Wand fertiggestellt und abschließend mit weißer Farbe grundiert, um sie für die anschließend geplanten Wandmalereien, Fresken oder Stuckarbeiten vorzubereiten.

  • Nachdem seine Amtszeit als Consul in großen Schritten näher rückte, hatte Livianus beschlossen der Baustelle des Uplianums wieder selbst einen Besuch abzustatten und nach dem Rechten zu sehen. Immerhin musste eine Entscheidung getroffen werden. Ging sich eine Eröffnungsfeier vor dem Ende seiner Amtszeit aus, musste alles entsprechend organisiert, einen Aushang gemacht und Einladungen verschickt werden. War die Hoffnung bereits einer bitteren Realität gewichen und die Arbeiten hingen dem äußerst knappen Zeitplan hinterher, so profitierte der nächste Consul von den eingeleiteten Maßnahmen des Decimers.


    Bereits beim Eintreffen wurde ihm jedoch schnell klar, dass sich das Gebäude hinter dem Bretterzaun in den letzten Wochen und Monaten stark verändert hatte und die regelmäßigen Berichte seiner Angestellten nicht übertrieben waren. Von außen wirkte das Ulpianum ziemlich fertig, doch das sagte noch nichts über das Innenleben des Prunkbaus aus und dieser machte einen fast ebenso großen Anteil der Pracht und Herrlichkeit eines solchen Bauwerks aus, als dessen reich verzierte Außenfassade und die meterhohen Trägersäulen.


    Als Livianus seiner Sänfte entstieg eilte bereits der Architekt und Baumeister entgegen, dem Livianus die Rettung dieses Großprojekts in die vertrauensvollen Hände gelegt hatte und von dem er hoffentlich nicht enttäuscht wurde. Mit einer überschwänglichen und gekünstelt wirkenden überfreundlich wirkenden Begrüßung, an die sich Livianus während seiner Amtszeit als Consul fast schon gewöhnt hatte, begrüßte ihn der Architekt. Da der Zeitplan eines Consuls bekanntermaßen knapp bemessen war, machte man sich anschließend sofort daran, den geplanten Rundgang zu beginnen. Der Weg führte zuerst um das Gebäude herum. Mit stolzen Erklärungen und ausladenden Gesten erklärte der Architekt von den anfänglichen Schwierigkeiten die neu aufgestellten Mauern mit der bereits vorhandenen Baustruktur zu verbinden. Natürlich wurde auch die schwierige Anlieferung der Quarzsteine bei dieser Gelegenheit erneut thematisiert und dem Consul gegenüber ein Dank ausgesprochen, dass man recht kurzfristig Sondergenehmigungen erwirken konnte. Der Decimer gab sich sichtlich beeindruckt über die bisherige Arbeit des Architekten und der Baumannschaften. Nach der Runde um das Gebäude, machte man sich auf den Weg ins Innere des Ulpianums.

  • Waren die Veränderungen am Äußeren des Gebäudes schon beachtlich gewesen, so hielt Livianus kurz dem Atem an, als er schließlich erneut nach diesen Monaten des Bangens die Haupthalle mit den sechzehn korinthischen Säulen betrat. Ganz gleich in welche Richtung er seinen Blick schweifen ließ, vermittelte die Pracht des Gebäudeinneren einen majestätischen Eindruck, den er wohl nicht mehr so schnell vergessen würde und der dem Herrscherhaus der Ulpier, dem ganz Rom und auch er so viel zu verdanken hatte, mehr als gerecht wurde.


    Der schmutzige Steinboden, den er noch von seinem ersten Besuch lebhaft in Erinnerung hatte und nach dessen Begehung ein Sklave stundenlang damit beschäftigt war seine Sandalen zu reinigen, war mittlerweile strahlend polierten Marmorplatten gewichen, in denen sich die darüber aufragende und von den sechzehn Säulen getragene Kuppel widerspiegelte. Die weißen Wände waren mit großflächigen Fresken und Mosaike verziert worden, die teilweise Ereignisse und Schlüsselszenen aus der langen Geschichte Roms zeigten, aber auch auf Ereignisse aus dem Leben und Wirken der ulpischen Kaiser eingingen. Einige davon, wie Szenen die den Feldzug gegen die Parther, den Aufstand in Hispania oder die Germanenkriege zeigten, waren Livianus sehr geläufig, waren sie auch mit seiner Geschichte und der seiner Gens eng verwoben. Fasziniert und von Ehrfurcht ergriffen zugleich, marschierte er an den Wänden entlang und ließ sich jedes der Bilder vom Architekten freimütig erklären, auch wenn er selbst vermutlich zu den meisten mehr erzählen konnte, als der Architekt selbst. Abgerundet wurde das Ganze von wundervollen Stuckarbeiten die teilweise einen Abschluss um die Bilder, aber auch eine wundervolle Umrahmung von leeren Stellen an den Wänden bildeten. An manchen der Bilder waren noch Maler und Mosaikleger fleißig am fertigstellen, doch auch so gab der Raum schon einen kolossales Bild wieder.


    Der Weg führte sie in eine der Seitenhallen, die trotz des deutlichen Größenunterschieds zur Haupthalle einen nicht minder prunkvollen Eindruck vermittelte. Dieser Raum widmete sich, anders als die runde Haupthalle, ausschließlich den Ulpiern selbst. An den drei anderen Wänden stand jeweils eine große, ebenfalls aus Marmor gefertigte Statue der ulpischen Kaiser. Den Anfang machte Marcus Ulpius Traianus Optimus Dacicus, der erste Kaiser der ulipischen Herrschergeschlechts, gefolgt von seinem Neffen Lucius Ulpius Iulianus Divi Traiani Filius und dessen Adoptivsohn, dem letzten ulpischen Kaiser, Gaius Ulpius Aelianus Valerianus Divi Iuliani Filius.



    Vor allem Iulianus und Valerianus, die Livianus persönlich gekannt hatte, waren seiner laienhaften Meinung nach vom Künstler sehr gut getroffen. Der Consul blieb kurz vor jeder der Statuen stehen, betrachtete sie in aller Ruhe, bezeugte ihnen seinen Respekt durch ein Kopfnicken und geleitete den Architekten schließlich in die zweite Seitenhalle.


    Hier war die Ehrengedenkhalle des Ulpianums, in der später die Büsten großer Feldherren, Politiker oder anderer römischer Bürger stehen sollten, die sich im Laufe der langen Geschichte um das Imperium Romanum verdient gemacht hatten. Die Aufnahmekriterien waren bereits vor vielen Jahren im Codex Universalis verankert worden und man konnte bereits jetzt gespannt sein, wem das Consilium Ulpianum, welches der amtierende Kaiser, in diesem Fall Cornelius Palma, nach Fertigstellung des des Ulpianums einberufen musste. Vor allem auch die Frage, wem Palma in das Consilium berufen würde, dass sich den Richtlinien aus zwei Senatoren, einem Eques, einem Patrizier und aus zwei Vertretern des Ordo Plebeius zusammensetzen musste, beschäftigte Livianus, als er die noch leeren Nischen entlang der Wände abschritt.


    Als sie schließlich am Ende des Rundgangs angekommen waren, nickte Livianus zufrieden und stellte fest, dass er sowohl dem Senat, als auch Palma bei der nächstbesten Gelegenheit Bericht über die Fortschritte und die zeitnahe Fertigstellung des Ulpianums erstatten würde. Der Consul bedankte sich beim Architekten und ließ sich wieder aus dem Ulpianum begleiten, wo er bereits von seiner Sänfte und seinen Liktoren erwartetet wurde, die ihm zurück zur Casa Decima brachten.

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