Kaum hatte die kleine Prozession vor der Villa gehalten, sprang ich förmlich aus er Sänfte und setzte die Treppenstufen empor. Ungeduldig hämmerte ich gegen die Eingangstür, bis endlich schlurfende Schritte laut wurden und jemand vorsichtig die Tür öffnete. Ich konnte meine Ungeduld nicht zügeln, drückte die Tür weiter auf und schob den ianitor damit fort, der ächzend protestierte.
"Herr..." - "Aus dem Weg!" - "Herr! Immer langsam mit den jungen Pfer-" - "Geh mir aus dem Weg, sagte ich!" - "Herr, aber...?!"
Ich hatte weder Lust noch Zeit auf eine Diskussion mit einem Sklaven, der mich gut genug kannte um zu wissen, dass selbst mir ab und an die Hand ausrutschte, also murmelte ich eine Verwünschung und drängelte den schmächtigen Kerl einfach zur Seite. Bei Gelegenheit, so nahm ich mir vor, würde ich diesen Hänfterling durch einen breitschultrigen Muskelprotz ersetzen lassen, damit nicht jeder einfach so wie ich hier hereinspazieren konnte.
Im atrium angekommen, war niemand da. Das war wieder typisch für die Sklaven: Sie waren ständig im Weg, aber wenn man sie brauchte, dann war weit und breit niemand auszumachen. Ich seufzte und blieb einen Moment stehen, um meinen Herzschlag zu beruihigen und die Aufregung etwas zu ersticken, dann ging ich gemäßigten, aber schnellen Schrittes zur Treppe, die sich ins Obersgeschoss wand. Mein Weg führte geradewegs zu dem Zimmer in dem ich meine Schwester vermutete. Einen Moment lang zog ich ernsthaft in Erwägung, die Tür schlichtweg aufzureißen und einzutreten, dann aber besann ich mich und erinnerte mich meiner Erziehung, hob die Hand und klopfte zweimal forsch gegen das dunkle Holz, das auch schon bessere Tage gesehen hatte.
"Deandra. Deandra bist du da?"
Natürlich war sie da, das hatte der Stallbursche mir nänlich schon verraten, als wir auf der Straße in quälend langsamer Geschwindigkeit an den mantuanischen Stallungen der Familie entlanggezogen waren. Nur: War sie auf ihrem Zimmer oder las sie gar ein Buch im tablinum oder nahm sie ein Bad? Ich hoffte nicht. Ich wollte mich schließlich endlich davon überzeugen, dass sie ihre Krankheit wirklich überwundern und nicht nur im Brief heruntergespielt hatte, wie es die Eigenart meiner Schwester war.