Ein freier Nachmittag

  • "Meine Seele? Mir selbst.", antwortete Aintzane selbstbewusst. "Und es ist mir nicht verständlich, wie jemand anderer meine Seele kontrollieren könnte."

  • Auch Aintzane lächelte, grinste dann breit und lachte schlussendlich los. "Du hast Recht! Ein gutes Gespräch, und es geht mir schon wieder viel besser... ich schulde dir etwas, Grieche."

  • Aintzane hatte sich endlich wieder eingekriegt und schmunzelte nur noch. War das ein Kompliment gewesen? Oder nur ein Scherz?
    "Wenn dein Glaube die Menschen zum Lachen bringt, kann er ja nicht so übel sein... ich habe schon lange ein Gespräch mit einem kultivierten, klugen Menschen vermisst."

  • „Ich werde ja ganz verlegen! Ob ich kultiviert oder klug bin, kann ich schlecht beurteilen, aber wenn du dieser Meinung bist, wird es wohl stimmen.;) Aber es ist auch sehr angenehm sich mit dir zu unterhalten“


    Ich überlegte kurz und sagte dann:


    „Viele Leute mit denen ich über unseren Glauben sprach sagten, dass ihnen durch den Glauben eine große Last vom Herzen genommen wurde und sie sich nun befreit fühlen von dieser Last. Ich denke, dass, wenn dir eine große Last genommen wurde, man auch wieder lachen kann.“

  • "Aber, ich meine, dein Glaube kann doch nicht von grundlegenden Bedürfnissen befreien? Essen und Trinken? Einem Dach über dem Kopf? Eine Stätte zum Schlafen? Menschen, die man gern hat?
    Und was sind eigentlich die Ziele deines Glaubens?"

  • Ich zog die Brauen zusammen.


    „Was ist denn überhaupt das Ziel einer Religion. Es geht doch um das Verhältnis zwischen dem Göttlichen und den Menschen. Davon das man sich ernähren muss, kann kein Glaube befreien, das man sich vor der Witterung schützen muss auch nicht. Philosophie aber auch nicht, trotzdem hat es Diogenes bewiesen. Das Verhältnis zu anderen Menschen steht im Hintergrund, das Wichtigste ist das Verhältnis zu Gott, seine grenzenlose Liebe anzuerkennen und ihn auch zu lieben. Dann erst kommen die Menschen. Gottes Sohn sagte: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, da hat man niemanden lieber als jemanden anderen. Obwohl das natürlich nicht immer einfach ist.“

  • Sim-Off:

    Tschuldigung für die Pause, bin wieder da!


    "Wie? Man soll andere lieben wie sich selbst? Was soll das heißen? Kann man nur andere lieben, wenn man krasse Egomanie betreibt? Kann nur ein egoistischer Narzisst andere lieben? Das glaube ich nicht, im Gegenteil! Und heißt das auch, man darf ruhig andere niedermetzeln und foltern, wenn man sich selbst hasst?"

  • „So ist das nicht gemeint. Wer will sich denn Freiwillig ein Leid antun? Wer will, dass es ihm schlecht geht? Wer will Schmerzen haben? Niemand ist egomanisch, der dies nicht will, sondern Menschlich! Wenn ich dies alles nicht für mich selber will, dann kann ich es auch nicht für die anderen wollen.“

  • "Wer sich selber Leid antun will? Masochisten. Selbstmörder. Leute, die keinen Sinn mehr in ihren Leben sehen. Und wenn man andere liebt wie sich selber, müssten Egoisten zu anderen Leuten freundlicher sein als Normale... irgendwie geht das Konzept nicht auf."

  • "Alles gute Argumente. Aber wie viele Leute kennst du, die körperlichen Züchtigung mögen? Selbstmörder sind ein schwieriges Thema, weil sie eigentlich nur sich selber lieben. Diejenigen die es wirklich tun, denken doch nur noch an sich, weil sie etwas nicht bekommen was sie gerne hätten oder es verloren. Diejenigen die immer davon sprechen sich umzubringen, wollen doch nur Mitleid, und sterben wollen sie doch eigentlich gar nicht. Sonst würden sie es ja tun."


    Ich strich mir durch das Haar und runzelte die kräftig die Stirn und stöhnte.


    "Ein sehr schwieriges Thema, was meinst du dazu?"

  • "Das finde ich auch." Zur Untermalung ihrer Worte griff sie sich an den Kopf.
    Da sah sie, wie tief schon die Sonne stand... wie schnell die Zeit vergangen war! "Ich fürchte, mein freier Nachmittag ist schon fast zu Ende... ich glaube, ich muss gehen. Nicht, weil ich nicht noch gern mit dir diskutieren möchte... aber die Familia hat vor, anch Germania zu gehen, und alle sind schon im Reisestress."

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