Es war äußerst amüsant, was meinen Augen dort geboten wurde. Der junge Mann, der dort saß, stellte sich wahrlich nicht sonderlich geschickt an. Ihm war offensichtlich das belegte Brot zu Boden gefallen und nun besah er jenes mit einer Art Ratlosigkeit, die mich schmunzeln ließ.
Er hatte es sich hier gemütlich gemacht und gedachte wohl für länger hier zu bleiben. Man hatte ihn mit allem versorgt, was er brauchte. Er trank aus einem silbernen Becher sein Getränk, welches in eine silberne Karaffe gefüllt und ebenfalls bereitgestellt war. Die verbliebenen Brote befanden sich ebenso auf einem silbernen Teller. Er war wohl dann doch nicht so ein Irgendjemand, wie ich zuerst gedacht hatte. Hierbei mußte es sich um ein Mitglied der Familie handeln! Doch die Frage stellte sich mir, wer war jener Jungspund, den ich da ohne sein Wissen beobachtete und der mich beinahe zum Lachen gebracht hätte? Im Geiste überschlug ich nochmals die Namen, die mein Onkel mir beim nachmittäglichen Treffen genannt hatte. Aquilius? Furianus? Ach nein, Furianus weilte ja in Hispania, hatte der Onkel berichtet!Lucullus? Oder gar Lucanus, mein Bruder? Bedauerlicherweise besaß ich keinerlei Hinweise zum Aussehen oder zum Alter meines Bruders. In meiner Phantasie hatte ich ihn mir immer als stattlichen jungen Mann vorgestellt, der vielleicht ein oder auch zwei Jahre jünger war, als ich. Doch jener hier glich noch eher einem Heranwachsenden, als einem Manne.
Nun, gleich wer er war, er stellte sich nicht besonders geschickt an. Nicht einmal trinken konnte er richtig, ohne daß das Getränk neben seinem Mund herunter tropfte. Oh, wie abominabel! Nun steckte er sich auch noch das zu Boden gegangen Brot in den Mund und aß es genüßlich! Dieses Subjekt sollte ein Flavier sein? Oder lag es einfach daran, daß er sich unbeobachtet fühlte.
Doch was mich zum kichern brachte und mich somit beinahe verraten hätte, war, als er sich unversehens etwas auf den Unterarm kritzelte. Zu gerne hätte ich gewußt, um welches Wort es sich dabei handelte. Um noch eine bessere Sicht auf ihn zu haben, beugte ich mich noch etwas nach vorne. Damit ich dabei nicht die Kontrolle über mich selbst verlor, hielt ich mich etwas an dem Regal fest, hinter dem ich ja immer noch stand. Unglücklicherweise hatte ich nicht mit den darin befindlichen Schriftrollen gerechnet, die sich auf unerwartete Weise selbstständig gemacht hatten. Das Geräusch, welches dabei entstanden war, war nicht mehr zu überhören. Wie angewurzelt blieb ich stehen.
Bibliotheca
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Mago (Bibliothecae Praefectus)"Bei Apoll, dem Drachentöter! Wie oft habe ich Dir gesagt, Du sollst nicht an den Regalen herumhangeln, sondern einen der Schemel oder die Leiter nehmen! Cnaeus Flavius Lucanus, Du brennender Holzscheit an meiner Bibliothek! Du alles hinwegschwemmende Urflut!" Mago war von dem ihm nicht völlig unbekannten Geräusch ungeordnet auf dem Boden auftreffender Schriftrollen aufgeschreckt und rauschte wie ein Schlachtschiff unter vollen Segeln durch den Saal mit dem meerblau-grauen Fußboden.
"Ich wars nicht! Ich wars nicht!", entnervt springe ich auf. Das Rumpeln und das heranrollende Gedonner Magos hatte mich aus einer komplizierten Satzperiode gerissen, jetzt mußte ich wieder von vorne anfangen.
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Bravo! Jetzt kam auch sogleich dieser miesepetrige Bibliothekar angerauscht! Wenn er mich nun erwischen würde, dann wäre ich mir gewiss, würde er keine Sekunde zögern, mich der Bibliothek zu verweisen. Doch es kam ganz anders. Statt meiner beschuldigte er den Jungen, einen gewissen Cnaeus Flavus Lucanus! Ich traute meinen Ohren nicht! Das war Lucanus, mein Bruder?? Ich war völlig perplex. Was konnte ich jetzt tun? Es wäre mir peinlich gewesen, einfach aus meinem Versteck hervor zu treten und ihn mit den Worten zu begrüßen Salve Lucanus, ich bin´s deine Schwester! Nein, nein! Das war einfach nicht schicklich! Meinem Bruder wollte ich erst bei unserer offiziellen Begegnung mitteilen, daß ich seine Schwester war.
Doch wie man sich vorstellen konnte, reizte es mich schon, ihn vorab etwas näher kennenzulernen. Ich überlegte nicht lange und trat die Flucht nach vorne, mit einem Plan in der imagineren Tasche, an.
Verlegen trat ich aus meinem Versteck heraus und meldete mich schuldbewuß zu Wort. "Ähm, ich war das! Es tut mir sehr leid!" -
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Mago (Bibliothecae Praefectus)Mago bremste in voller Fahrt, die Segel wurden mit einem Schlag gerefft, die Ruderer stemmten sich gegen die Richtung und purzelten ein wenig durcheinander.
Um den Angriff Magos nicht sitzend abzukriegen, war ich aufgestanden. Da lugt doch eine junge Frau um die Ecke eines Regals ... oha. Ich grinse leicht, in Erwartung dessen, was da kömmt:
"A-hem. Junge Dame! Ich hatte eben noch, so glaube ich, darauf hingewiesen, daß es Sache des Bibliothekars ist, Rollen zu holen und zu bringen. Warum?, wirst Du Dich vielleicht fragen." Mago macht eine deutende und schwungvolle Geste hin zu den kreuzundquer am Boden liegenden Schriftrollen. "Darum."
Tja, Gast hin oder her, meine Liebe, jetzt bist Du verratzt. Völlig verratzt. In leicht übertriebener komischer Verzweiflung - also soo kann ich nicht arbeiten! - werfe ich die Hände in die Luft und gehe zu dem Haufen Rollen und bücke mich danach.
"Mago, aber Geschmack hat sie" sage ich vom Boden her, "schau: orphische Mysterien, Gesänge und rituelle Texte. Gute Wahl, gnädige Fräulein" grinse ich.
Ich klaube die Rollen auf und lupfe sie auf den nächsten Tisch, Mago wird die sicher wieder ordnen wollen. "Die Rollen hätten in einer cista sein sollen, ein ohne Zweifel deplorables Versäumnis, praefectus!"
Mago dreht sich ohne ein Wort zum Tisch, nimmt die Rollen auf und schluft davon. Wie ein Soldat seinen schwerverletzten Kampfgefährten trägt. Armer Mago. Ich schaue ihm nach.
"Flavius Lucanus, zu Diensten", stelle ich mich mit einer Verbeugung vor und wische mir meine Hände an der dunklen Tunika ab. Flecken auf dunklem Stoff sind nur naß und keine Flecken. Galltinte geht nie wieder 'raus, nicht mal mit einer magischen Beschwörungsformel.
"Willkommen, bleibst Du länger?", ich lächele, egal, ob sie nun länger in der Bibliothek oder der villa bliebe ...
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Natürlich prasselten die tadelnden Worte des Bbliothekars auf mich ein, doch der Verweis aus der Bibliothek blieb glücklicherweise aus. Stattdessen ergriff Lucanus das Wort und trat sogar für mich ein. Er hatte wohl schon etwas mehr Erfahrung mit dem Alten gesammelt, denn kurz darauf verließ der Bibliothekar kommentarlos den Ort des Geschehnisses.
"Danke für deine Hilfe! Der Gute ist ja noch schlimmer als Kerberos, der Höllenhund!" entfuhr es mir leise.
Ich kräuselte leicht meine Lippen und mußte dabei grinsen.
Höflich, wie man es erwartet hätte, stellte sich Lucanus mir vor, immer noch unwissend, wer ich denn eigentlich war und genauso ahnungslos um das Wissen, überhaupt eine Schwester zu haben. So sollte es auch vorerst bleiben, dachte ich zumindest.
"Oh, angenehm, mein Name ist Celerina." antwortete ich ihm, um nicht unhöflich zu wirken.
"Was meinst du damit, ob ich länger bleibe, hier in der Bibliothek oder hier in der Villa?" Eigentlich hatte ich nicht vor, auf ewig in der Bibliothek zu verbleiben. Mit der Villa war das schon etwas anderes! Sie würde mir die nächsten Monate eine Heimstatt bieten, so hoffte ich doch. -
"Natürlich, er ist sein Vater", amüsiere ich mich. Eine erheiternde Vorstellung, vor allem, was die Frage der Mutter angeht. Skylla, Charybdis oder vielleicht auch Medusa. Nur nicht drängeln.
"Beides, Celerina, beides, Eure Anwesenheit wird Mago um den letzten Fetzen seines Nervenkostüms bringen und er läßt sich pensioneren.", ich verbeuge mich erneut: "Aber auch so wirst Du uns allen hier den Kopf verdrehen, das ist mal sicher." Was eine Frau. Äh, Celerina wie? Nach meinen Erlebnissen mit Caro/Tilla bin ich doch ein wenig vorsichtig geworden.
"Und, hm, Celerina, Du bist hier Gast? Welcher Familie gehörst Du an - oder sind wir am Ende gar - was die Götter verhüten mögen - verwandt?" Wenn sie keine Flavierin ist, dann wäre sie eine Heiratskandidatin, wenn sie eine Flavierin ist, dann wäre sie eine Tante von mir. Todsicher und klar, welche Option ich für einzig agreabel halte.
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Noch belächelte ich seine amüsanten Bemerkungen, Magos bezüglich. Auch das Kompliment, welches er mir zuteil werden ließ, erheiterte mich. Doch als er daran ging, um nach meiner Familie zu fragen, blieb mir im wahrsten Sinne des Wortes das Lachen im Halse stecken.
Völlig überrumpelt musterte ich ihn. Das, was ich eigentlich vermeiden wollte, würde nun seinen Lauf nehmen. Ich saß sozusagen in der Falle! Da ich Lügen verabscheute, blieb mir nichts anderes übrig, als bei der Wahrheit zu bleiben. Er mußte es ja nicht aus meinem Munde erfahren, daß ich seine Schwester war!
"Nun, ich befürchte, dem ist so! Flavia Celerina lautet mein voller Name und ja, ich habe vor, für einige Zeit hier in der Villa zu bleiben." Mittlerweile war mein grinsen völlig aus meinem Antlitz entschwunden. Sattdessen machte ich einen eher verlegenen Eindruck. -
"Das ist natürlich höchst bedauerlich, ich, äh, ich, äh, naja, ich meine natürlich: das ist ja großartig!" Depp blöder.
"Verzeih' Flavia Celerina, ich muß Dir erläuternd sagen, daß meine eigene Verwandtschaft für mich im Grunde nur aus Onkeln und Großonkeln besteht - und einer angeheirateten Großtante, der Frau von meinen Großonkel Flavius Gracchus. Naja, es gibt in meiner Generation keine Cousins und Cousinen, die Übermacht der Alten ist, naja, erdrückend. Und hatte halt befürchtet, als Flavia mußt Du dann wohl noch'ne Tante von mir sein - Du bist doch nicht etwa eine Tante von mir?" Ich zwinkere ihr verschwörerisch zu.
"Tut mir Leid, mach' Dir nichts draus, ich bin in gewisser Weise noch nicht lange bei dem Verein hier, aber auch wenn hier alle ziemlich verdreht scheinen, so schlimm ist es nicht ... es ist viel schlimmer. Schön, daß Du da bist, weibliche Flavier sind hier ein wenig, hm ... Mangelware."
Daß wir in Rom fast ein reiner Männerhaushalt sind, dürfte damit auch klar sein. Man müßte schon ziemlich bujarrón sein, hier nicht eine eklatante Lücke zu spüren - die Flavia Celerina hiermit schließen muß und wird.
"Aber Onkel Aquilius und ich werden bald heiraten, ich meine, Onkel Aqulius eine Frau und ich eine Frau. Ich werde leicht rot. Sprache. Mit großerer Tüte Latein würde mir auch gehelft werden.
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Ein Wortschwall entwich Lucanus´ Mund und ich folgte amüsiert seinen Ausführungen. Mein Bruder gehörte offensichtlich zu den Menschen, die auf humorvolle Art ihre Umgebung wahrnahmen, oder war es lediglich seine jugendliche Leichtfüßigkeit?
"Soso, du und Onkel Aquilius werdet heiraten! Dann werden wir ja demnächst einiges zu feiern haben!" erwiderte ich schmunzelnd.
Über unseren Verwandtschaftsgrad wollte ich ihn noch im Dunkeln lassen. Hatte doch Gracchus ein familiäres Abendessen für die Enthüllung meiner Identität geplant. So spielte ich die Unwissende.
"Nun, über unseren genauen Verwandtschaftsgrad müßte ich mich erst noch informieren. Wenn du denkst, ich sei eine deiner Tanten, dann wird es wohl so sein." Ein geheimnisvolles Lächeln stand in meinem Gesicht. -
"Großartig, nicht? Schade, daß Du die Saturnalien verpaßt hast - Flavier feiern Feste! Drei "F", ominös!" Ich schnippe mit der linken Hand.
"Hey, das mit der "Tante" würde ich an Deiner Stelle nicht auf mir sitzen lassen - warte mal ...", ich stürme davon zum Regal "F/IV" und hangele mich an einem Brett hoch. "Echaz, warte, ich hab's gleich!" Ich schnappe mir eine cista mit Rollen darin und laufe zurück.
Mit einer Armbewegung schiebe ich Ciceros Reden beiseite, als seien sie völlig wertlos. "Hier, da haben wir alle Informationen: Das sind die Stammbäume aller flavischen Zweige!" Ich strahle sie an und öffne die cista.
"Erstmal der Stammbaum des Marcus Flavius Romulus, von dem eigentlich wir alle abstammen; da ist mal der Zweig des Titus Flavius Vespasianus:"
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"Siehst Du, da ist mein Großonkel Gracchus, seine Frau, Großtante Claudia Antonia und mein Großonkel Lucullus, von dem sieht und hört man aber überhaupt nichts. Rot heißt: die leben noch, mehr oder minder jedenfalls.
Dann hier die Familien von Flavius Aetius und Flavius Corvinus:
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Die Familie vom Aetius ist völlig ausgestorben aber die von Flavius Corvinus, Achtung: da: Großonkel Flavius Felix, der hat dieses Haus gebaut und auch sonst so ziemlich alles aufgebaut, wenn ich das richtig verstanden habe. Völlig unsichtbar, wahrscheinlich im Laufe seines Lebens ein Misanthrop geworden, lebt völlig zurückgezogen. Sein Bruder, Großonkel Flavius Aristides, ist ganz das Gegenteil, gerade in Parthien und haut da auf'n Putz; der Sohn von Flavius Felix, mein Onkel Flavius Furianus, der herrscht über Hispanien, ist da Proconsul und nur alle heiligen Zeiten mal in Rom. Der da unten, Flavius Quirinalis, war mal kurz in Rom, ist aber sofort wieder gefahren, keine Ahnung warum. Gehört aber auch nicht richtig zur Familie, sonst wäre das mein einziger Cousin. Schad' eigentlich.
Und schließlich - tätärä - meine eigentliche Familie, der hispanische Zweig der Flavier!"
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"Da oben mein Urgroßvater Flavius Atticus, mein Großvater Flavius Constantius und sein Bruder Flavius Aqulius, mein Großonkel, für den ich arbeite. Mein Vater Flavius Maximus und Foslia Milonia, meine Mutter und ganz da unten ich. Didius Sevycius ist nur eingeheiratet, zählt nicht."
Ich grinse leicht verlegen. Naja, wenn man die Toten abzieht, ist es eigentlich recht übersichtlich.
"Vom hispanischen Zweig sind Flavius Aquilius und ich die letzten. Mein Vater ist schon kurz nach meiner Geburt gestorben und meine Mutter vor nicht einem halben Jahr. Ist aber nicht so schlimm, ich bin schon irgendwie darüber hinweg."
Nicht, daß sie das jetzt peinlich findet, die ganzen toten Eltern und so.
"Und jetzt kommst Du: wir tragen Dich erstmal und - wenn nötig - Deine Eltern mit einen Graphitstift ein, später malen wir das dann richtig mit Tinte." Erwartungsvoll strahle ich sie an. Seit ich die Rollen entdecktt habe, habe ich stundenlang über den Stammbäumen gesessen. Genealogie ist etwas wirklich spannendes.
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Belustigt hörte ich ihm weiter zu und verfolgte leicht kopfschüttelnd jede seiner Bewegungen. Er kletterte doch tatsächlich das Regal hoch! Wenn das Mago gesehen hätte! Sicher hätte der Bibliothekar gleich zugebissen!
Lucanus holte einige Schriftrollen hervor und breitet sie, eine nach der anderen, vor uns aus. Es handelte sich dabei um die Stammbäume der Flavier.
In gewisser Weise schaute ich sehr interessiert auf die Rollen, könnte ich vielleicht auf dies Weise auch einen Teil meines Wissensdurstes damit stillen. Doch als er die Rolle des hispanischen Familienzweiges öffnete und über seine Eltern zu sprechen begann, die ja insgeheim auch die meinen waren, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken.
"Ähm, ja! Äußerst interessant! Ja, das ist sie unsere Familie, ja!" stammelte ich verlegen, um weigstens etwas zu sagen.
Natürlich war mein Name nicht in den Stammbaum eingefügt worden.
"So, dein Vater starb also kurz nach deiner Geburt! Dann konntest du ihn gar nicht richtig kennenlernen! Und deine Mutter starb vor einem halben Jahr. Hast oder hattest du noch Geschwister?" fragte ich, um seine Aufmerksamkeit von dem Stammbaum abzulenken.
Wenn mein Vater so früh gestorben war, warum hatte mich dann meine Mutter nicht zu sich geholt? Ich konnte mir diese Frage nur so erklären, indem ich annehmen mußte, daß ich von ihr nicht geliebt worden war, warum auch immer!
Verbittert sah ich auf und wandte mich von Lucanus ab. Immer mehr und mehr wurde mir bewußt, wie hoch der Preis war, den ich zahlen mußte, wollte ich hinter das Geheimnis meiner Herkunft kommen. -
Ich schaue von den Stammbäumen auf. "Ja, wer sind denn nun Deine nächsten Verwandten? Hast Du wen entdeckt?" Oder gehört sie zum anderen Zweig, nein, "das ist unsere Familie" hat sie gesagt. Je, schön, nu' liquamen bei die Fische, wie man so sagt ...
"Gar nicht richtig ist schon zu viel gesagt" gebe ich aber doch Auskunft über meine Eltern, "Vater starb kurz nach meiner Geburt, wo genau wissen wir nicht, jedenfalls bei Kämpfen in Raetien. Flavius Maximus kenne ich nur aus Erzählungen meiner Mutter, er war ein strenger, tugendhafter aber liebevoller Mann, ein Soldat des Kaisers." Früher wollte ich immer auch Soldat werden, aber meine Mutter meinte, einen Flavier in der Familie im Krieg zu verlieren, wäre mehr als genug. Irgendwie schien Mutter nie viel vom Militär zu halten, auch den Veteranen im Ort war sie recht distanziert gegenüber, sie war gegen jede Gewalt, die Erde gehöre den Friedfertigen, sagte sie immer.
"Geschwister? Nein, Mutter hat nie wieder geheiratet und ich bin ihr erstes und einziges Kind." Ich kratze mich am Kopf, "Hm, na, mehr oder minder, wie man's nimmt."
Sim-Off: edit:/ Ich habe gerade nachgelesen, daß C. Flavius Maximus im castellum von Vetoriana [Raetia] das letzte Mal einen Beitrag geschrieben hat und danach verschollen ist. Werde diese Legende in Zukunft fahren und habe den Beitrag hier entsprechend in diesem Detail angepaßt.
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Bei seiner Frage wandte ich mich wieder zu Lucanus hin. Ich wollte ihm die Wahrheit nicht verschweigen, doch wollte ich ihn auch nicht damit aus heiterem Himmel überraschen, daß ich seine Schwester war. So wählte ich den Mittelweg!
"Ja, wie soll ich sagen? Leider war es mir verwehrt, bei meinen leiblichen Eltern aufzuwachsen. Ich weiß so gut wie nichts über sie. Ich weiß nur, daß ich ein Mitglied dieser Familie bin."
Das Lächeln war nicht wieder in mein Antlitz zurückgekehrt. Ich hoffte, er würde nun von weiteren Fragen zu meiner Person absehen. Mir selbst war der Augenblick, da ich erfahren hatte, wer ich wirklich war, noch sehr gut in Erinnerung. Es glich beinahe einem Schlag, der mich traf. Ich wollte nicht diejenige sein, die ihm diesen Schlag versetzte!
"Aber erzähle doch du mir von deiner Familie! Was für ein Mensch war deine Mutter? Hat sie dich geliebt?"
Es war mein Bestreben, noch mehr über sie herauszufinden. Ich wollte mir ein komplettes Bild von ihr machen, um zu verstehen, warum sie damals so gehandelt hatte. Es mußte doch einen Grund geben, warum sie mich hergegeben hatte, warum sie mich abgelehnt hatte! In diesem Punkt war ich wie ein kleines Kind, welches sein Welt um sich herum verstehen lernen wollte. -
Sie weiß nur, daß sie eine Flavierin ist - sonst nichts? Irgendwie eigenartig und auch kaum vernünftig. Würde ich glauben, ich sei ein Mitglied der kaiserlichen Familie, aber niemand kann mir sagen, mit wem ich wie verwandt bin. Vielleicht ist sie eine Betrügerin oder selbst eine Betrogene? Hat man mit ihr Scherz getrieben oder will sie mit uns Scherz treiben? Hatte ich damals nicht schon das Gefühl, mir etwas zu erschleichen, was nicht mir gehört, wozu ich nur durch den goldenen Siegelring meines Vaters Zugang erhielt? Niemand hat je danach gefragt, woher ich ihn habe. Und wenn - hätte ich es beweisen können? Jedenfalls nicht aus dem Stand, man hätte nach Flaviobriga senden müssen, Zeugen hören, die mein Leben und meine Identität bestätigen können. Celerina kommt hierher, sagt sie sei eine Flavierin, trägt auch sicherlich den Ring, aber - woher hat sie ihn? Kann jemand ihre Identität bestätigen? Wenn sie jetzt auf irgendwelche Flavier auf dem Stammbaum zeigt, glaubt sie, sich und ihr Spiel zu verraten?
Mir wird ziemlich warm und ich spüre, wie mein Herz rast. Eine Betrügerin, und ich zeige ihr die Stammbäume! Sapienta, constantia, prudentia, Luca!
"Ich, nun, ja: meine Mutter", innerlich dankbar betrete ich sicheres Terrain. "Natürlich liebte mich meine Mutter, ich war ja auch nur ihr einziges Kind. Sie war eine Dame, im Ort nannte man sie meist ehrerbietig die "Hohe Frau", dabei war sie nie arrogant, sondern wie alle anderen eigentlich auch, der ganze Haushalt aß immer an einem Tisch, sie plauderte mit den Frauen im Ort, lud meine Freunde ein, spielte mit uns mit, solange wir noch jünger waren, sie kochte auch manchmal, half, wenn jemand krank wurde. Sie liebte die Literatur und die Philosophie und war eine tolle Schwimmerin, aber nur wir beide sind je zusammen geschwommen. Sie hat meinen Vater so geliebt und obwohl sie so früh Witwe wurde, hat sie nie wieder einen Mann angeschaut.
Und ich träume nachts von ihr. Sie sitzt auf meiner Bettkante und schaut mich an. Wenn ich dann aufwache, rieche ich den Duft, den sie zurückgelassen hat. Ich schniefe dann doch.
"Sie, sie wollte immer eine große Familie, "im Dutzend billiger" hat sie immer lachend gesagt, sechs Mädchen und sechs Jungen. Aber schon meine Geburt war nach dem Unfall schwer und dann ist mein Vater wenige Wochen darauf gestorben. So hat sie sich immer gefreut, wenn ich meine Freunde mit nach Hause brachte, eigentlich war immer Remmidemmi, auch wenn sie selbst eher still und nachdenklich war, aber sie hat vergnügt mit den Augen gelächelt, wenn sie uns von der Veranda aus beobachtete. Manchmal hatte ich das Gefühl, ich sollte lieber viele sein, nicht nur einer, aber als ich ihr das sagte, wollte sie nichts davor hören."
Achja, die Vergangenheit, so nah und doch so fern.
"Dafür schenk' ich ihr zwölf Enkelkinder, das steht fest." Besser, an die Zukunft zu denken, als immer nur an die Vergangenheit, die doch nur traurig macht und nicht zu ändern ist.
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Aufmerksam lauschte ich der Beschreibung seiner und meiner Mutter. Ich konnte sie mir fast bildlich vorstellen, obwohl ich sie nie gesehen hatte. Sie mußte wirklich eine herzensgute Frau gewesen sein, die ihren Sohn liebte. Umso mehr schmerzte es mich immer mehr, warum mir diese Liebe nicht zu Teil geworden war! Was hatte ich verbrochen? Ich war doch noch ein Kleinkind, als sie mich in fremde Hände gab!
Tränen sammelten sich in meinen Augen, doch ich vermied es, sie zu vergießen. Stattdessen folgte ich ihm konzentriert weiter. Es sprach von einem idyllischen Familienleben, Mutter und Sohn, indem eine Tochter kein Platz hatte!
Doch einige Bemerkungen erregten meine Aufmerksamkeit! Er sprach von einem Unfall, vor seiner Geburt!
"Du sagst, sie hatte einen Unfall? Was ist denn passiert?"
Was mich auch stutzig machte, war seine Bemerkung' Manchmal hatte ich das Gefühl, ich sollte lieber viele sein, nicht nur einer, aber als ich ihr das sagte, wollte sie nichts davor hören' Nun hielt mich nichts mehr! Eigentlich hatte ich vor, nicht noch tiefer zu bohren. Ihn auf eine Spur zu bringen. Ihn auf den Gedanken zu bringen, eine Schwester zu haben, nämlich mich!
"Was meinte sie damit, sie wollte nicht, daß du nicht nur einer bist? Und was meintest du damit, du seist ihr einziges Kind mehr oder minder? Hat sie nie ein Kind erwähnt, welches sie vielleicht vor deiner Geburt zur Welt gebracht hatte?"
Mir war nicht bewußt, wie sehr mein ruhiger Ton einem immer mehr energischer werdenden gewichen war. Indirekt hatte ich mich soeben offenbart, doch das wurde mir erst später klar! -
"Verzeihung", sage ich. So kalt wie eine Betrügerin scheint sie nicht zu sein, oder sagte nicht einmal ein Dichter: 'indem Frauen weinen, stellen sie Männern Fallen?' Das sind aber andere Tränen, nicht die "ich-will-das-aber-haben-Tränen" von kleinen verwöhnten Mädchen.
"Es war nicht direkt ein Unfall", knüpfe ich wieder an. "Als meine Eltern jung verheiratet waren, hatte Mutter eine Fehlgeburt, Wochen vor dem von den Priestern und der Hebamme bestimmten Termin. Das, das ... naja, das Kind oder wie man es nennen soll, kam tot zur Welt, Vater hat es sofort, nun ja, weggetan, begraben oder wie auch immer. Mutter hat es nie gesehen, es hatte keinen Namen kein nichts. Mutter war wochenlang krank und die Hebamme sagte, sie würde eine weitere Geburt nicht überleben."
Ich zucke mit den Schultern. Ein namenloses Ding, das nie gelebt hatte, kein Mädchen, kein Junge, kein Name.
"Und nach einigen Jahren haben die Götter doch ihre Gebete erhört und ihr endlich ein Kind geschenkt, meine Geburt war nicht weniger schlimm, aber ich und meine Mutter haben überlebt ... das hat mir Mutter vor einigen Jahren erzählt, als wir uns gestritten hatten und ich ihr vorwarf , daß sie mich erdrückt, verfolgt, umhegt und umsorgt, als hätte sie Liebe für zig Kinder aber leider nur dieses eine da."
Natürlich habe ich von dem Ding geträumt, Alpträume von kleinen Kindern ohne Gesicht. Aber nach ein, zwei Malen war es vorbei.
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Ich konnte nicht glauben, was ich soeben hören mußte! Ein Unfall! Eine Fehlgeburt! Das war ich! Mein Vater, mein eigener Vater hatte mich also 'entsorgt'!
Ein plötzlicher Schwindel überkam mich. Ich strauchelte und ließ mich erschöpft auf einen Stuhl gleiten. Wie benebelt saß ich vor Lucanus und blickte ins nichts.
"Das Kind war nicht tot! Es lebte! Das Mädchen lebte!" kam es völlig monoton aus meinem Mund. Sekunden des Schweigens die wie Stunden wirkten, vergingen. Unfassbar! Doch ich vermied es, mich völlig gehen zu lassen.
Wieder gefaßt, blickte ich zu Lucanus auf. Was ich sah, war ein junger, überschwänglicher und gebildeter Mann, der noch sein ganzes Leben vor sich und eine glückliche Kindheit hinter sich hatte. Wie würde er für sich die Wahrheit bewältigen? Könnte er sie akzeptieren? Ich kämpfte mit mir einen inneren Kampf. Sollte ich ihn vorerst in seinem Glauben lassen, keine Geschwister zu haben oder hätte er nicht doch besser die Wahrheit verdient? Das Verdrängen der Wahrheit, käme einer Lüge gleich!
"Lucanus", begann ich schließlich, ernst dreinblickend, "Du hast eine Schwester! Das Kind, diese Fehlgeburt,...das war ich!"
Wie grausam konnte doch die Wahrheit sein! Meine Frage war beantwortet worden. Es war nicht die Mutter, die mich nicht haben wollte. Nein, es war der Vater, der mich meiner Familie entzogen hatte! Ob ihn Gewissensbisse plagten? Warum hatte er sonst den Siegelring beigefügt, als er das kleine Etwas einer anderen Frau übergeben hatte? -
Jetzt bin ich wirklich verblüfft. "Eh?" Mehr fällt mir im Moment nicht ein. Darauf erstmal ein Birnenwasser. Ich lasse mich auf meinen Stuhl plumpsen und trinke.
Szenen von Wiedergängern aus dem Totenreich, von bei obskuren Riten animierten Leichen, die von den Christianern vermutlich angebetet werden, die Lebenden verfolgenden Toten im Auftrag der Erinnyen schwirren mir durch den Kopf. Wie eine lebendige Leiche sieht Celerina nicht gerade aus, und sie riecht auch nicht so. Nicht modrig, sondern ziemlich gut nach Rosen.
Also, wenn sie einen Betrügerin ist, dann ist sie nicht sehr clever. Meine Schwester! Ihr Götter, was ein Einfall! Noch konstruierter und abstruser geht's ja kaum noch.
Ich muß unwillkürlich grinsen: "Du, äh, Du bist Dir schon im Klaren darüber, was das bedeutet, nicht? Meine Schwester zu sein ist nicht gerade ein Honigschlecken, Brüder, gerade jüngere Brüder können ziemlich nervig sein." Große Schwestern aber auch, was ich aber nonchalant, man ist ja Gentleman, übergehe.
"Ich meine, ich finde Dich echt nett, und es ist mir ein Vergnügen, eine so reizende Schwester zu haben, auch wenn ich eine weiter entfernte Verwandtschaft bevorzugen würde. Ein Bruder kann seine Schwester nicht heiraten, außer er ist irre und Kaiser von Rom, nicht?"
Obwohl - in Ägypten haben die Ptolemaier auch alle ihre Schwestern geheiratet, naja, sind auch daran zugrundegegangen, aber was würd's mich kümmern?
"Nimm's mir nicht übel: Ich glaube Dir kein Wort. Wieso sollte ein Vater seine Tochter weggeben, aber allen sagen, sie sei tot geboren worden? Das ergibt doch keinen Sinn! Außerdem ist es eine Beleidigung für meinen Vater, anzunehmen, er hätte so etwas furchtbares getan."
Hatte er? Hatte er nicht? Indikativ? Konjunktiv? Ich habe meinen Vater nicht kennengelernt, Mutter hat immer gesagt, sie hätte ihn geliebt und wolle nie einen anderen Mann. Aber wie gut kannte sie ihn? Die drei, vier Jahre, die sie verheiratet waren, da war er kaum zu Hause, immer unterwegs, in Tarraco und bei seiner Einheit. Und sie hatte ihn erst bei der Hochzeit kennengelernt.
"Entschuldige bitte, man kommt nicht jeden Tag zu einer erwachsenen und so umwerfenden Schwester ... ich habe mit solchen Situationen noch keine rechte Erfahrung. Vielleicht rede ich ja auch kompletten Schwachfug und was Du sagst oder was Du glaubst, stimmt wirklich. Und solange keiner das Gegenteil beweisen kann, bist Du eben meine Schwester. ¡Se acabó!"
Ich angele nach dem Stammbaum des hispanischen Zweigs, nehme die Feder, tunke sie in das Tintenbecherchen und schreibe:
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Mit einer großen Geste fege ich den Bogen über den Tisch zu ... zu meiner Schwester-
"So. Was'n Ding. Wenn Onkel Gracchus das erfährt, kippt er aus seinen Sandalen, aber ganz vorsichtig."
-
Seine Verwunderung und seine erste Sprachlosigkeit überraschten mich nicht. Mir war es vor einigen Monaten ähnlich ergangen. Wenn man sich eingestehen mußte, daß das bisherige Leben, welches man geführt hatte, eine einzige Lüge war, war diese Reaktion mehr als angebracht!
Doch bald faßte sich Lucanus wieder und seine Sprache kehrte zurück.
Beinahe war ich erstaunt, wie leicht er die Neuigkeit aufnahm. Machte er doch gleich Späße darüber.
"Mir ist bekannt, wie nervig es sein kann, mit einem jüngeren Bruder aufzuwachsen. In der Familie, in der ich aufwuchs, gab es einen solchen" gab ich trocken zur Antwort. Ich versuchte, mich zu einem Lächeln hinreißen zu lassen, doch das mißlang vollkommen.
"Lucanus, ich kann verstehen, wenn du mir nicht glauben willst. Auch für mich war die Wahrheit eine schwere Kost, als ich sie aus dem Mund meiner sterbenden Ziehmutter vernahm. Doch sie entspricht der Wahrheit. Seitdem ich vor einigen Monaten über meine wahre Herkunft unterrichtet wurde, ist kein einziger Tag vergangen, an dem ich mich nicht nach dem Warum gefragt habe. Erst war ich gekränkt und empört darüber, daß man mich einfach weggegeben hatte, wie Abfall, doch der Zorn ist mittlerweile einer ohnmächtigen Traurigkeit gewichen. Was mir jetzt noch helfen könnte, wäre zu ergründen, ob es damals einen triftigen Grund für diese Tat gab."Die Ohnmacht und diese Hilflosigkeit , die ich empfunden hatte, hielten mich immer noch fest im Griff. Die Frage, wie mein Leben wohl verlaufen wäre, hätte ich die Möglichkeit gehabt, bei meiner richtigen Familie aufzuwachsen, beschäftigte mich tagein tagaus.
Der Tod meines Gemahls vor zwei Monaten hatte all dies noch verstärkt. Doch war dies für mich der ausschlaggebende Punkt, nun selbst Nachforschungen anzustellen. Nun war niemand mehr da, der mir das hätte verbieten können.
Schließlich war ich überrascht, als Lucanus nach dem Stammbaum griff und meinen Namen neben sich eintrug. Auch er benötigte einfach Zeit um der Wahrheit ins Gesicht zu blicken. Die wollte ich ihm gerne zugestehen und quittierte es mit einem zarten Lächeln.
"Onkel Gracchus ist darüber bereits informiert und ich kann dir versichern, er ist nicht aus den Sandalen gekippt!" -
"Schade, aber dann habe ich nichts verpaßt." Die stoische Ruhe und Humorlosigkeit meines Großonkels, mit der er alles aufnimmt, egal, ob er einen Großneffen bekommt und Monate später - tröpferlweise - noch eine Großnicht vom selben Ast - entweder ist ihm alles gleichgültig, weil er alles schon kennt oder er hat seinen Kopf wirklich nur auf den Kissen und in den Wolken.
"Eine Schwester zu erhalten, ist, finde ich, keine 'schwere Kost', vielleicht gebrichts mir ja an einschlägigen Erlebnissen und ich sollte lieber machen, daß ich davonkomme, aber bislang hatte ich mir Geschwister immer klasse vorgestellt. Man kriegt nicht mehr allein die Schelte, und vieles wird auch leichter, nicht?" Auch, wenn man natürlich alles teilen muß, aber das würde hier kaum ins Gewicht fallen.
"Nur die Umstände, wie ich nun doch zu einer Schwester komme - und wer weiß, vielleicht lungern meine anderen zehn Geschwister schon irgendwo herum? -, naja, das ist schon ziemlich schräg, da geht's Dir nicht anders wie mir."
Ich war und bin immer ein Flavius, egal, wie arm oder reich ich sein mag, wieviele Aurei in den Truhen vor sich hinfaulen, Geld beruhigt ungemein, aber damit hat sich's auch schon. Aber plötzlich eine völlig neue Familie zu bekommen, das zehrt sicher am Nervenkostüm. Obwohl, irgendwie hab' ich ja auch lauter Fremde zur Familie bekommen.
"Bis ich mich hier" - und ich wedele mit der Hand ein wenig herum - "erstmal eingelebt hab', das hat auch gedauert, kannst Du mir glauben. Nicht einfach, das alles, ein echter Kontrast zu meinem Leben in Flaviobriga. Aber - ich bin natürlich gespannt wie ein Flitzebogen, was Du bislang so erlebt hast. Sogar verheiratet warst Du! Wer waren denn Deine Pflegeeltern und aus was für einer Familie kommst Du? Woher? Ich bin aus Flabiobriga nie herausgekommen, in Deinem Leben war sicher mehr los."
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