Einkäufe. oder: Drei Frauen auf dem Weg in den Ruin

  • Lange hatte die Sänfte mit ihren Trägern nicht gebraucht, um die drei Patrizierinnen und den Jungen von der Villa Flavia an den Rande des Marktes zu schaukeln. Trotzdem waren die Träger froh, das ungewohnte Gewicht von drei Frauen und einem Hänfterling absetzen zu können, als sie schweißgebadet anhielten und die Sänfte abstellten. Epicharis, die zuletzt hereingeklettert war, setzte nun als erste einen Fuß auf das schmutzige Pflaster der Via Flamina. Den letzten Rest würden sie zu Fuß gehen, denn ein solches Gewühl herrschte auf dem Markt, dass ein Vorankommen mit einer Sänfte unmöglich war.


    Geduldig wartete die Claudierin, bis auch Leontia, Antonia und Serenus ausgestiegen waren. Sie zupfte sich die Palla zurecht und ordnete den Fellmantel, den sie darüber trug, dann sah sie sich abenteuerlistig um.
    "Und, was kaufen wir zuerst? ich würde vorschlagen, zuerst deiner Sklavin etwas zum Anziehen zu kaufen, Serenus. Was meinst du?" fragte sie freundlich.

  • Sim-Off:

    Tut mir leid, dass es sich bei mir so zieht, ich komm gerade zu gar nichts :/


    Antonia entsteigt nach Epicharis der Sänfte und lässt zunächst ihren Blick über die Märkte schweifen. Man konnte meinen, es gäbe nur diesen einen Tag im Jahr, an dem es hier die Möglichkeit gab einzukaufen, so voll war es. Glücklicherweise hatten sie ja einige kräftige Sklaven dabei, die ihnen den Weg 'ebnen' würden.


    Oder das, was zuerst in Reichweite kommt., erwidert die Claudia schmunzelnd auf den Vorschlag ihrer Großcousine hin.

  • Nach Epicharis und Antonia entstieg auch Leontia der Sänfte. Sie strich sorgsam ihre Tunika glatt, zog sich die Palla um die Schultern und warf mit gewölbten Brauen einen hochmütigen Blick auf das plebeische Gewimmel, das dichtgedrängt die Straßen bevölkerte.
    "Ja, bummeln wir doch ein einfach wenig hier entlang", stimmte sie zu, "und sehen was wir Schönes finden. Da drüben meine ich bereits ein paar hübsche Tuniken erspähen zu können…"


    Wachsam sah sie zu Serenus - nicht, dass der Kleine in den Menschenmassen verloren ging. Aber die Begleit-Sklaven schienen recht tüchtig zu sein, sie schirmten die drei Frauen, Serenus und ihr Gefolge effektiv vom Rest der Marktbesucher ab, und bahnten ihnen zudem den Weg, indem sie die Passanten rabiat zur Seite drängten.


    "Liebe Schwägerin", fragte sie unterwegs Antonia, "was würdest du eigentlich davon halten, wenn wir gemeinsam die Villa ein wenig umdekorieren würden? Allzu lange hat sie doch vor allem Männern, Junggesellen, als Heimstat gedient, und ich trage mich mit dem Gedanken, dem ganzen einen mehr, wie soll ich sagen… einen Hauch von Leichtigkeit zu geben. Wie mit den Seerosen im Impluvium, zum Beispiel. Hättest du vielleicht auch Lust dazu?"


    Schon ein paar Stände weiter stießen sie auf eine reichhaltige Auswahl edler bunter Gewänder in allen Größen, die am Gestänge des Vordaches aufgehängt, heiter im Wind wehten. Es überwogen hier schon die Frühjahrsfarben, zart und pastellig mit einem Schwerpunkt auf verschiedenen Grüntönen. Und noch immer hielt sich in der Mode hartnäckig der Hang zu breiten Borten, wie Leontia unzufrieden bemerkte.


    "Komm einmal her!" Sie ließ die kleine Dido vortreten und hielt dem süßen blonden Mädchen einmal eine zart-smaragdgrüne, dann eine zart-laubgrüne kleine Tunika vor. "Das ist doch schon ganz nett… Zieh das über. Was meint ihr?" Sie fügte einen bestickten Gürtel hinzu, dann verschiedenfarbige Überwürfe, drehte und wendete die kleine Sklavin wie eine Kleiderpuppe. "Oder die türkisfarbige hier. Sie harmoniert mit ihren Augen, nicht? Und diese Stickereien sind recht apart… - Dann natürlich noch etwas wärmeres…" Der Stapel der zu kaufenden Kleider wuchs schnell.


    "Oh! Das ist etwas für dich, Serenus." Entzückt griff Leontia nach einem wahren Prunkstück: einer gedeckt weinroten Seidentunika mit schiefergrauem Futter und prunkvollen dunkelgoldenen Borten. "Ich bin mir sicher, sie wird dir vortrefflich stehen. Hoffentlich ist sie nicht zu groß - aber du bist ja wieder ordentlich gewachsen. Komm, mein Spatz, probier sie gleich an."

  • Die ein oder andere Beschwerde, die die herumgeschubsten Marktbesucher um sie herum von sich geben, wenn die flavischen Sklaven den Weg ebnen, überhört Antonia dezent. Plebejer. :rolleyes:
    Dass Leontia sie mit 'Liebe Schwägerin' meint, wird ihr erst nach ein paar Sekunden bewusst.
    Ich.. Das ist eine wunderbare Idee., erwidert sie jedoch bereitwillig und nickt.
    Nur den Garten würden sie wohl verschonen müssen. Senator Felix war da ja bisweilen ein wenig eigen mit seinen Rosen, schiesst es ihr durch den Kopf.
    Doch ehe die ersten Ideen aus ihr heraussprudeln, sind sie auch schon beim ersten Stand angekommen und die Flavia beginnt erst einmal mit der 'Dekoration' von Serenus´ Sklavin.
    Ob des Tatendrangs kann Antonia nicht anders, als fasziniert zuzusehen. Und sich bei der Frage zu ertappen, wie es wohl wäre, wenn sie selbst ein bisschen mehr wie Leontia sein könnte.

  • Epicharis indes tat es den beiden Frauen gleich und setzte sich zusammen mit ihnen und dem jungen Serenus in Bewegung. Es dauerte auch nicht lange, da stürzte sich die Flavierin wie ein Raubvogel auf erspäte Beute, die in diesem Falle aus Tuniken bestand. Epicharis schmunzelte, während sie nun also zielstrebig auf den Stand zugingen, der Kleidungsstücke feil bot, und tat es unwissentlich Antonia gleich, die versuchte, die barschen Beschwerden der von den Sklaven abgedrängten Plebejer zu überhören. Leontia und Antonia unterhielten sich währenddessen über die Inneneinrichtung der Villa Flavia. Insgeheim konnte Epicharis nur beipflichten, dass es in der Tat auch etwas wohnlicher hätte sein können, aber das lag schließlich nicht in ihrem Ermessen sondern ganz alleinig am Geschmack des Hausherren und an dem Umstand, ob und wie viel er eine Frau Hand anlegen ließ.


    Zwanzig bedächtige Schritte weiter gelangten sie nun an den Stand, der die Aufmerksamkeit der Flavierin gebunden hatte. Unter einem schmucken, doch schreiend bunten Vordach drehten sich verschiedene Kleidungsstücke an einem Gestänge im Wind. Epicharis fühlte sich an die letzten Spiele erinnert, bei denen bunte Tücher zum Einsatz gekommen waren. Einen flüchtigen Moment lang betrachtete sie noch das Schauspiel, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihren beiden Begleiterinnen und dem Jungen mit seiner Sklavin zu, welche nun vor Leontia stand und sich gehorsam, aber vielleicht auch insgeheim mit den Augen rollend vor der Frau hin und her drehte, einer Puppe gleich. Leontia schien gänzlich in ihrem Element, und hatte Epicharis nocht angenommen, dass sie selbst schon zu gern und vor allem zu oft einkaufen ging und es vermutlich keine Steigerung hierfür mehr gab, so wurde sie nun eines besseren belehrt, denn Leontia erschien durch und durch um einiges versierter und mehr in ihrem Element als sie selbst. Das musste sie ändern.


    So suchte Epicharis zwischen den Tuniken, deren Töne in diesem Frühjahr fürwahr ihren Geschmack trafen, nach einem luftigen Lindgrün und hielt es dem Mädchen ebenfalls vor.


    "Sieh einmal hier, dieses zarte Grün hebt dein Haarhervor und lässt die Augen leuchten", erklärte sie fachmännisch und lächelte anschließend Leontia en. Sie wandte den Blick und fand sich nun im Kaufrausch wieder. Mit einem gezielten Griff zog sie eine bordeauxrote Tunika mit seitlicher silberner Rankenstickung hervor und reichte sie Antonia.


    "Oh sieh nur, diese Farbe lässt dich leuchten, Antonia. Mit einer Hochsteckfrisur mit Perlen im Haar und in Kombination mit einer cremefarbenen Stola wird dir Gracchus gewiss nicht widerstehen", sagte sie lächelnd und registrierte derweil nur am Rande, dass sich die Flavierin bereits um ihren Neffen kümmerte.

  • Teil 1


    Serenus brummelte etwas. Tante Leontia schien wie eine Glucke zu sein. Es ergab sich erst einmal keine Chance mit ein paar Trägersklaven alleine auf die Pirsch auf dem Forum zu gehen. Na gut, dann würde erst einmal Dido eingekleidet werden. Tante Leontia schien eine geübte Kauf-Orgien-Teilnehmerin zu sein, denn schon stürzte sie sich ins Getümmel und begann für Dido Ausschau zu halten. Dabei schien Tante Leontia mehrere Dinge gleichzeitig tun zu können:


    a) Serenus und Dido im Auge behalten
    b) Einen Gewandungsberg für Dido anzuhäufen
    c) Sich mit Tante Antonia über die Neugestaltung der Villa zu unterhalten.


    Letzteres war Serenus recht egal, solange sein Cubiculum und das danebenliegende Cubiculum von Tante Minervina nicht betroffen war. Es gab Gerüchte, dass Tante Minervina ins wilde Hispania aufbrechen wollte um den dortigen Aufstand der Iberer hautnah mitzuerleben. Sobald sie aus der Villa auszog würde Serenus bei Onkel Senator Felix und Onkel Gracchus vorsprechen und um einen Wanddurchbruch bitten. Dann würde er das Zimmer von Tante Minervina ebenfalls für sich beanspruchen. Die Argumente lagen auf der Hand. Kinder brauchen Platz zum Spielen und ein weiteres Arbeitszimmer würde auch seiner geistigen Entfaltung gut tun. Er brauchte mehr Platz zum Denken und für seine geistige Entwicklung. Argument Nummer Eins würde Onkel Senator Felix überzeugen, denn damit gab es einen alternativen Spielplatz zum Garten mit seinen heiligen Rosen. Argument Nummer Zwei würde ganz sicher bei Onkel Gracchus greifen.


    Serenus beobachtete wie Dido etliche Gewandungen anprobierte und war mit der jeweils gewandelten Erscheinung sichtlich zufrieden.


    Dann wandte er sich an seine Tante und den Verkäufer, zumal ihm noch etwas eingefallen war.
    „Wir benötigen auch noch einige robuste Tuniken und Kleidungsstücke zum Spielen für sie. Halt das was Jungs tragen, wenn sie sich ordentlich dreckig machen und raufen und die Kleidung anschließend nicht weggeworfen werden, sondern gewaschen werden soll. UND ich möchte, dass in all ihre Sachen mit dem feinsten und teuersten Faden auf der Innenseite der Gewandungen im Halsbereich ein D für Dido eingestickt wird. Nicht, dass ein dummer Sklave ihre und meine Sachen in die falsche Truhe einräumt, obgleich bei meinen Sachen natürlich überall LFS-B eingestickt ist.“


    Der Verkäufer nickte und schien auch mit der vagen Umschreibung von Serenus, was die Spielsachen für Dido anging, eindeutig etwas anfangen zu können. So wuchs der Berg noch einige farbenprächtige Stücke mehr. Und auch die Stickerei schien kein ausgefallener Wunsch zu sein, denn es gab keine Rückfragen.


    Während der Verkäufer eiligst weitere Stücke für Dido anschleppte und auch die Wünsche von Serenus ausführte, schien seine Tante etwas für ihn gefunden zu haben.



    >>>"Oh! Das ist etwas für dich, Serenus." Entzückt griff Leontia nach einem
    wahren Prunkstück: einer gedeckt weinroten Seidentunika mit schiefergrauem
    Futter und prunkvollen dunkelgoldenen Borten. "Ich bin mir sicher, sie wird
    dir vortrefflich stehen. Hoffentlich ist sie nicht zu groß - aber du bist ja
    wieder ordentlich gewachsen. Komm, mein Spatz, probier sie gleich an." >>>



    Serenus schaute seine Tante leicht pickiert an und hob seine Augenbraue in einer Art und weise, wie es nur Flavier konnten.


    Mit vorwurfsvoller Stimme wandte er sich an seine Tante Leontia.
    „Aber Tante! Ich trage nur Sachen von dem berühmten Schneider „Bessergehtnix“ aus Lutetia, DEM Schneider des Imperators! Er hat Geschäfte in Lutetia, Missenum, Baiae und Roma. Ich habe sein Geschäft bei einem Rundgang mit Onkel Gracchus über das Forum am anderen Ende gesehen. DORT kaufen wir für mich ein. Allerhöchstens kommen noch Tuniken und Spielkleidung von „Armanticus“ für mich in Frage: Du weißt schon, mit „Armanticus durch Germania und den Rest der Welt“. Aber doch nicht das da.“


    Serenus zeigte mit dem Finger auf die Seidentunika, die ihm Tante Leontia hingehalten hatte.

  • Teil 2


    Zwischenstopp an den Süßigkeiten


    Serenus stoppte den Einkaufstrupp an einem Stand, welcher jede bekannte Art von Süßigkeiten, ausgefallenes Obst und Honig anbot. Natürlich war es ein Stand, dessen Qualität patrizisch war und der es auch erlaubte die jeweilige Süssigkeit zuvor zu kosten.


    Trockenobst, Datteln, Feigen, Rosinen, Pistazien, geröstete Nüsse, kandierte Früchte, gebrannte Mandeln, ausgesuchte Honigsorten füllten schon bald in stattlicher Menge den Korb des ersten Trägers. Serenus und Dido schienen auf Vorrat zu kaufen, merkten sich das Sortiment, probierten sich durch. Dabei lobten sie die Qualität und planten auch genau, wann was zu Hause in den kommenden Tagen verzehrt werden würde. Sie waren sich sicher, dass sie diese Leckereien nicht jeden Tag auf Sicas Einkaufsliste schmuggeln könnten.


    Der Vorteil bei Serenus und Dido war, dass bei all diesen Leckereien noch eine Wachstumsoption in die Länge bestand. Für die sie begleitenden Frauen sah es allerdings eher in Richtung Wachstum des Hüftspecks aus. Er war gespannt welche seiner Tanten sich zuerst der Versuchung hingeben würden. Natürlich mit dem versprechen das Abendessen dafür ausfallen zu lassen.

  • Teil 3


    Serenus führte seine Tanten zum Geschäft von „Bessergehtnix – Mode aus Lutetia – Schneider des Augustus und der Augusta – Palastlieferant“.
    Die Filiale in Roma sah schon von Außen so aus, dass man hier ein Vermögen ausgeben konnte. Da bedurfte es kaum noch der Werbebotschaft im Geschäftsnamen.
    Bessergehtnix stand in dem Ruf die Mode des Imperiums so lenken zu können, wie der Augustus es mit dem Senat und dem Imperium zu tun pflegte.


    Serenus betrat mit Nero und Dido selbstsicher den Laden, seine Tanten im Schlepptau.


    Ein normaler Geschäftsinhaber wäre dem Umstand, dass ein Junge, eine unscheinbar gekleidete Sklavin und ein Ungetüm von einem Hund in seinen Laden kamen, sicher mit Unmut begegnet.
    Nicht so aber „Verkaufgutwienix“, welcher als gallischer Angestellter von „Bessergehtnix“ bereits seit über 20 Jahren die Kleidung an den patrizischen Mann und die patrizische Frau brachte. Vom patrizischen Nachwuchs bis zum Augustus und der Augusta. Dabei erfüllte es sein Herz mit Freude, dass man sich ausschließlich auf patrizische Kundschaft beschränkte. Für die Neureichen und Emporkömmlinge unter den Plebeiern gab es ja noch den Rest.


    Mit einem Blick taxierte Verkaufgutwienix den jungen Patrizier. Er erkannte, dass der Junge eine maßgeschneiderte Gewandung von Bessergehtnix trug und auch einen Siegelring. Der gewaltige Hund war ein teures Tier und gepflegt. Die Sklavin sah aus wie ein gerupftes Huhn. Zumindest was die Kleidung betraf. Vermutlich befand sich der junge Patrizier gerade in einer Selbstfindungsphase und die einfache Gewandung der Sklavin war ein Ausdruck seiner Individualität um sich vom Rest seiner Familie abzuheben. Verkaufgutwienix war sich sicher, dass man auch hier was tun konnte, das etwas harmonischer später zu dem Jungen passte. Dahinter kamen noch einige Damen in den Laden. Vermutlich die Begleitung des Jungen oder, was wahrscheinlicher war, weitere potentielle Kunden, wenn man es gut anging. Und Verkaufgutwienix war ein unbestrittener Meister in solchen Dingen.


    „Salve werter Dominus. Salve werte Dominas. Mögen die Götter euch stets so gewogen sein, wie sie es uns sind, daß ihr unser bescheidenes Geschäft mit eurer Anwesenheit beglückt. Womit können wir dienen?“


    Der Verkäufer verbeugte sich sehr tief vor Serenus und den Frauen. Sein Tonfall war freundlich und keinesfalls schleimig. Er sprach mit leiser, harmonischer Stimme.


    Verkaufgutwienix wusste, dass Kinder tiefe Verbeugungen mochten, denn dadurch wurde ihre Größe gewürdigt. Ihm selbst erlaubte die Verbeugung einen Blick auf den Siegelring des Jungen: Gens Flavia – also der Preisklasse des Augustus würdig. Und er bekam einen Blick auf das Schuhwerk aller Personen: durchweg alles Patrizier.


    Bei einem gewöhnlichen Händler hätte jetzt schon die Geldgier und Aussicht auf viele Sesterzen in den Augen gestanden. Verkaufgutwienix zeigte keine Regung in diese Richtung. Er wusste bereits jetzt, dass diese Personen ein Vermögen bei ihm lassen würden. Niemand kam in dieses Geschäft, der sich nur umschauen wollte. Und zufriedenen Kundschaft kam immer wieder. Und über Geld wurde auch nie gesprochen. Die Kundschaft zahlte anstandslos um den guten Ruf zu wahren.


    „Ich wünsche eine neue Ausstattung, da ich wieder etwas gewachsen bin und meine Tanten wollten sich derweil nur etwas umschauen.


    „Sehr gerne werter Dominus.“


    So, so, nur umschauen. Das altbekannte Spiel. Zuerst wurden die Kinder vorgeschickt und die Erwachsenen schauten sich nur um. Später brauchte es für die Einkäufe der Erwachsneen mehr Träger als für die Kinder.


    Verkaufgutwienix begann mit seiner Beratung und der Neueinkleidung von Serenus, wobei er Dido mit einbezog. Sehr feinfühlig vermittelte er auch die erforderliche Neueinkleidung der Sklavin am Rande mit Gewandungen, welche sowohl einem individuellen Aspekt von Serenus Rechnung zollten, wie auch mit dessen neuer Gewandung harmonierte.


    Der Stapel mit neuer Kleidung für Serenus und Dido wuchs und wuchs. Serenus verschwendete keinen gedanken an die hohe Rechnung dieses Einkaufes, denn schließlich war die Gens Flavia nur 5 Sesterzen ärmer als der Augustus. Onkel Senmator Felix hatte so viel Geld, daß er es gar nicht alleine ausgeben konnte. Sicher war er Serenus und den Tanten heute abend sogar dankbar, daß sie ihren Beitrag dazu geleistet hatten.


    Sehr feinfühlig präsentierte Verkaufgutwienix dabei eine beachtliche Kollektion der neusten Mode und Farben, in welche die vielen männlichen und weiblichen Sklaven und Bediensteten des Ladens bereits gekleidet waren. Die Patrizierinnen bekamen so schon einmal den Mund etwas wässig gemacht, was denn alles so möglich war. Vom seriösen Bekleidungsstück für die Audienz beim Augustus und der Augusta bis zur intimeren Gewandung im heimischen Cubiculum.


    Langsam neigte sich die Bedienung von Serenus und Dido dem Ende zu und die Aufmerksamkeit des Personals richtete sich sehr dezent auf die anwesenden Frauen aus.

  • Teil 4


    Sklave Gaius ist der Beste - die Literatur der römischen Jugend


    „Dominus! Ich habe den gewünschten Schriftsteller und seine Scribas gefunden! Er hat seinen Handkarren so ziemlich in der Mitte des Forums aufgebaut. Und vertreibt dort auch schon die neuste Ausgabe.“ brummte einer der Trägersklaven.


    Und schwupps waren Serenus und Dido zusammen mit dem Hund in der Menge verschwunden. Serenus nahm Dido an der Hand, damit er sie nicht verlor, während er selbst sich am Halsband des Kampfhundes festhielt. Geschickt bahnte er sich einen Weg in Richtung Mitte des Forums um ein begehrte Ausgabe der recht auflagenkleinen Fortsetzungsgeschichte von „Sklave Gaius ist der Beste“ zu erhalten, welche regelmäßig so alle vier bis sechs Wochen neu herauskam.


    Dank eines knurrenden und ab und an zähnefletschenden Neros kamen die Kinder recht zügig durch die Menge. Keinen Augenblick dachte Serenus daran, daß seine Tanten jetzt die Krise bekommen könnten. Warum auch. Er war immerhin neue Jahre alt und wußte wo die Villa Flavia lag. Wenn er seine Tanten mit Neros Hilfe auf dem Forum nicht wiederfand, dann würde er sich einige Praetorianer oder Mitglieder der Cohortes Urbanae suchen, welche ihn für eine Gehaltsaufbesserung zur Villa zurück eskortierten.

  • Impressionen eines Einkaufsbummels - Teil I - Bei den Tuniken


    Wie bei einem Spiegelbild wölbten sich Leontias feingeschwungene Brauen indigniert in die Höhe, als Serenus die Tunika, die sie ihm hinhielt, so schnöde verschmähte, und beleidigt schürzte sie die Lippen. "Dies ist ein sehr schönes Stück, das deiner durchaus angemessen wäre, Serenus!", sprach sie vorwurfsvoll zu ihm, zuckte dann die Schultern. "Aber wenn du nicht willst… Dieser Gallier macht tatsächlich sehr hübsche Sachen, aber man muss sich deshalb nicht auf einen Lieferanten versteifen." Dieses Kind! War es also auch von dem schlimmen Phänomen ergriffen worden, dass man in späteren Zeiten Markenwahn nennen würde…


    "Sowieso", murmelte sie verdrossen, während sie die Tunika wieder zur Seite legte, "wird die gallische Mode gemeinhin überschätzt. Viel interessantere Impulse kommen doch aus dem Osten zu uns…" Ein leicht besorgter Seitenblick streifte Epicharis; Leontia hoffte, dass das schlechte Betragen ihres Neffen diese, falls Agrippina sich zu einer Verbindung entschloss, nicht abschrecken würde.


    Neidlos musste sie außerdem zugeben, dass das dunkle Rot der Tunika, die Epicharis vorschlug, ihrer Schwägerin sehr gut stand. Noch ein Punkt zu Epicharis Gunsten: sie hatte offenbar Geschmack. Aber was hörte sie da? 'Gracchus wird dir nicht wiederstehen'? Was für eine seltsame Formulierung. Hellhörig geworden schnappte Leontia sich eine elfenbeinfarbene Stola und trat zu den beiden anderen. "Ja, wundervoll dieses Rot, strahlend und doch nicht aufdringlich!", stimmte sie lächelnd zu, und mit einem "Darf ich?", hielt sie probeweise die Stola daneben. Mit zusammengekniffenen Augen musterte sie die Kombination, urteilte dann kopfschüttelnd: "Ich meine diese ist eine Spur zu dunkel. Die hier vielleicht?"


    Leontia wandte ihre Aufmerksamkeit nun ganz den Stolen zu, fand eine schneeweiße mit Perlenstickerei und rief entzückt aus: "Nein, wie hübsch!" Wehmütig seufzte sie dann: "Wie schade, dass es sich vor der Hochzeit nicht ziemt, diese zu tragen…" Das war allerdings ein Argument, das fürs Heiraten sprach. Ganz unschuldig wandte Leontia sich an Epicharis, und erkundigte sich beiläufig: "Bist du schon vermählt, wenn ich fragen darf?"

  • Ich schlenderte über den Markt und plötzlich sah ich ein mir wohl bekanntes Gesicht. Flavia Leontia! Ich hatte sie vor kurzem in den Thermen getroffen. Langsam ging ich auf sie zu und grüsste:


    Salve, Flavia Leontia! Was für ein Zufall, dass wir uns gleich über den Weg laufen.

  • Impressionen eines Einkaufsbummels - noch immer Teil I - Bei den Tuniken


    Gerade hatte Leontia auf eine, wie sie fand, sehr raffinierte Weise die Sprache auf das Thema gebracht, zu dem sie Epicharis gerne ein wenig aushorchen mochte, als eine Stimme sie mit Namen ansprach. Nanu? Sie sah von den Stolen auf und erblickte Annaea Minervina. "Salve!" grüßte sie überrascht zurück. "Es freut mich, dich wieder zu treffen, Annaea. Ja, welch Zufall, sprachen wir in den Thermen nicht genau von diesen Märkten hier?"


    Leontia lächelte ehrlich erfreut. Das Hochzeits-Thema konnte man immer noch später vertiefen. Hier eben mal so eine, wenn auch flüchtige Bekannte auf dem Markt zu treffen, das zeugte doch von Weltgewandtheit, und davon, dass sie nicht erst gestern aus der Provinz gekommen war. Zudem meinte sie sich zu erinnern, dass die Annaer eine ehrbare Gens waren, mit der man auch als Patrizierin bedenkenlos Umgang pflegen konnte.


    "Und, wenn ich fragen darf, wonach bist du auf der Suche? Wir haben gerade eine kleine Leibsklavin eingekleidet, und sehen uns nun noch ein bisschen um, vor den anderen Besorgungen. Wenn ich vorstellen darf…" Leontia wandte sich lächelnd hin und her, um alle Frauen miteinander bekannt zu machen, "dies ist meine Schwägerin Claudia Antonia - ihre Base Claudia Epicharis - Annaea Minervina. - Wir haben uns neulich bei einem ganz himmlischen Thermenbesuch kennengelernt… Magst du uns vielleicht ein Stück begleiten, Annaea? Ich würde mich freuen."
    Einen Abstecher über den Sklavenmarkt könnten sie auch noch machen, fiel Leontia außerdem ein. Sie brauchte doch unbedingt auch so einen Eunuchensklaven zum Massieren.


    "Und dies ist mein kleiner Neffe… ", wollte sie mit der Vorstellung fortfahren. Stockte. Sah sich suchend um. "Wo ist er denn?" Unheilverkündend funkelte das zarte junge Mädchen einen der riesigen, massigen Trägersklaven an. "Sagte ich nicht, ihr sollt ein Auge auf ihn haben? Solltet ihr ihn verloren haben, werdet ihr etwas unschönes zu… - was?" Sie folgte mit dem Blick der deutenden Hand des Sklaven. Er wies auf einen Süßigkeitenstand schräg gegenüber, wo Serenus und Dido gerade eifrig am kosten waren. "Ach so. Nun gut." Sie spähte hinüber. Das Sortiment schien äußerst verlockend. "Wollen wir auch hinübergehen? Ein paar kandierte Maronen wären jetzt fein..."

  • Ich begrüsste die anderen Frauen höflich, aber dennoch freundlich und aufgeschlossen.


    Zu Leonita sagte ich.
    Ich bin auf der Suche nach neuen Schuhen, meine sind mittlerweile ziemlich abgenutzt. In der Provinz könnte man sie durchaus noch tragen, aber hier in Rom, ich weiss ja nicht....


    Während ich dies sagte, lächelte ich, vergnügt über meine Eiltelkeit, die ich, seit ich in Rom lebte, angenommen hatte.


    Auf Leonitas Frage, ob ich sie begleiten würde, antwortete ich sehr erfreut.
    Aber gerne komme ich mit euch dreien mit, heute ist ein wunderbarer Tag, da ist ein Einkaufsbummel ein wahres Vergnügen.

  • Teil II - Süßigkeiten und Sandalen


    "Ja, ein herrlicher Tag, wie wahr!", stimmte Leontia gutgelaunt zu. "So frisch und klar, man bekommt geradezu Lust auf eine Landpartie." Unauffällig schielte sie nach den Schuhen der Annaea, ob die wirklich soo abgenutzt waren. Sie konnte es aber nicht genau erkennen. "Sandalen! Das habe ich ja ganz vergessen, ich brauche auch ein paar neue. Wollen wir gleich einen kleinen Abstecher zu den Schuhverkäufern machen?"


    Leontia überließ es ihrer Leibsklavin, das Finanzielle zu regeln, und deckte sich noch schnell mit einer Auswahl kandierter Früchte und Pistazien ein. Die kleinen Leinenbeutel mit den Leckereien drückte sie ihrem Custos Hamilkar in die Hand, der ihr, finster dreinblickend, stets auf den Fuß folgte und getreulich den Pelzmantel hinterhertrug. Auf Serenus' Wunsch hin, zog der Tross quer über die Märkte in Richtung des Geschäftes des gallischen Modemachers, doch keineswegs geradlinig, es war mehr ein Zickzack, manchmal gar ein Mäandermuster, zwischen den verlockenden Markständen. "Habe ich recht verstanden, dass du auch nicht aus Rom stammst?", erkundigte sich Leontia neugierig bei Minervina, während sie da entlangbummelten. "Ich bin ja aus Ravenna, ursprünglich."


    "Oh, da haben wir doch schon etwas." Vor den Auslagen eines noblen Schuhgeschäftes blieb sie stehen und besah sich das Angebot. "Hmm… diese sind recht hübsch…" Sie ergriff ein Paar aus feingegerbtem weißem Leder, mit kunstvoll verschlungenen Riemen und blassen Goldprägungen, betrachtete es prüfend. "Was meinst du dazu?", fragte sie Minervina, und erzählte bedauernd. "Ich hatte so ein ähnliches Paar, aber es kam dem Schuhputzsklaven leider abhanden. Und als ich ihn zur Rede stellte, da - stell dir nur vor! - da behauptete er glatt, der Hund habe es gefressen!" Sie schmunzelte, belustigt bei der Erinnerung daran, wie komisch der Sklave ausgesehen hatte, als er um Gnade gefleht hatte.

  • Impressionen eines Einkaufsbummels - Teil I - Bei den Tuniken


    Während Epicharis Antonia als Kleiderpuppe nutzte und ihr die vorgehaltene, reichlich verzierte, aber dich dezente Tunika vor hielt und an ihr herumzupfte, sprach sich der kleine Serenus definitiv gegen das hübsche Kleidungsstück aus, welches Leontia ihm angedacht hatte. Den besorgten Seitenblick der Flavierin bemerkte Epicharis zwar, deutete ihn aber nicht in Bezug auf sich selbst, sondern dachte eher an den Unwillen der heutige Jungend, auf Erwachsene zu hören und sich deren Meinung und Erfahrungswert zu beugen. Vielleicht mochte Leontia auch ahnen, dass Serenus schwer zu erziehen sein würde. Vermutlich, dachte Epicharis sich, fehlte die erzieherische Frauenhand in der Familie, wenn Serenus' Vater in Mantua weilte. Aber das war schließlich nicht ihr Problem.


    Kurz darauf hatte Leontia eine cremeweiße Stola in den Händen und trat hinzu, um die Kombination zu prüfen. Sie und Epicharis schüttelten nun zeitgleich die Köpfe, und Leontia sprach genau das aus, was Epicharis gerade ebenfalls sagen wollte. Amüsiert lachte Epicharis.
    "Wie recht du hast! Nein, diese geht nicht, keinesfalls. Sie lässt dich älter wirken, als du doch eigentlich bist", sagte sie zuerst zu Leontia, dann zu Antonia gewandt.


    Da die Stolen nicht allzuweit vom Ort des Geschehens entfernt auslagen, brauchte Epicharis bei dem verzückten Ausruf der Flavierin nur den Kopf drehen, ehe ihr Blick auf das Objekt der Begierde fiel und sie ebenfalls entzückt die Luft einsog, gerade als Leontia vom Verheiratetsein sprach.


    "Ich? Nein, aber mein Vater sucht derzeitig nach einem geeigneten Ehemann", sprach sie ganz offenherzig aus, die Augen kurz von der Stola losreißend und Leontia anblickend. Anhand ihrer bedauernden Aussage entnahm Epicharis, dass Leontia selbst ebenfalls nicht oder noch nicht verheiratet war. Wieder glitt der Blick auf die Stola, und als nun eine Bekannte der Flavierin hinzutrat, nahm Epicharis Leontia ganz einfach mit einer Hand die Stola ab und hielt sie an die Tunika, die sie mit der anderen Hand noch an Antonia drückte.


    "Ach wie hübsch! Schau, du siehst entzückend aus", rief sie aus und reichte ohne ein Widerwort zu erwarten die Tunika samt Stola an den Händler.
    "Die nehmen wir."



    Teil II - Süßigkeiten und Sandalen


    Während der dickliche Mann den Berg Tuniken für Dido lieblos einwickelte, sich bei Antonias etwas mehr Mühe gab und alles zu einem bequem zu tragenden Paket zusammenschnürte, begrüßte Epicharis die Frau, die sich als Annaearin herausstellte.


    "Hm, neue Sandalen wären auch nicht schlecht. Ich hatte mal ein im Illyricum gefertigtes Paar mit dunkelroten Besätzen an den Seiten. So weich und bequem, dass ich so gar nicht mehr ausziehen wollte. Nun gut, ich war ich auch noch klein. Ich fürchte, solche werde ich hier nicht finden. Auch in Tarraco hatten sie nur die einfachen", erzählte die Claudierin und schleifte Antonia kurzerhand mit. Erst zu den Süßigkeiten, um dort eine Tüte Datteln zu erstehen, dann zu diesem gallischen Modemacher und schließlich Leontia und Minervina hinterher zum Schuhverkäufer. Sie lauschte dem Gespräch der beiden Frauen und besah sich derweil die Auslage, als sie ein anderes Paar entdeckte.


    "Oh, oder diese dort! rief sie und zeigte auf ein Paar in dunklem Leder gehaltene Riemchensandalen, welche den unverkennbaren, patrizischen Elfenbeinmond bereits eingearbeitet hatten.
    "Ach, die würden ganz famos zu deiner eben erstandenen Tunika passen, Antonia! Findest du nicht auch, Leontia?"

  • Ich lachte über Leontias Erzählungen, wie komische Sklaven es doch gab. Gott sei Dank, war Vennala, meine Sklavin, da ganz anders.
    Nein, ich stamme ursprünglich aus der Provinz Raetia, aus Arbor Felix.
    Doch ich lebe schon lange in Italia. Momentan in der Casa Annaea in Mantua.


    Ich betrachtete ebenfalls die Auslage des Schuhstandes. Nahm schliesslich ein eher schlichtes, aber doch weiches und sorgfältig gearbeitetes Paar vom Stapel und hielt es Leontia hin.
    Was meinst du dazu?

  • Sim-Off:

    Argh, hier ging es ja weiter. Auf dem Markt schaue ich nicht so oft nach. Vor allem, wenn es um Frauen und Schuhe geht. Laaaaaaaaaaaaaaaaaaaaangweilig. :P



    Serenus feilschte derweil auf dem Tiermarkt um ein paar Rennziegen, nachdem er das Angebot ausgiebig gesichtet hatte. Er fleischte unerbittlich, daß selbst Mercurius sicher schon Tränen in den Augen gehabt hätte. Der Händler jammerte herzerweichend. Nur brachte das bei einem Patrizier als Kunden nichts. Schließlich einigte man sich auf einen akzeptablen Preis. Serenus war zufrieden. Da er die Ziegen von seinem Taschengeld bezahlen mußte, galt es sparsam zu sein und gleichzeitig beste Qualität zu erwerben. Die Ziegen würde der Händler in die Villa liefern.


    Wenig später kam Serenus wieder zu seinen Tanten und stöhnte innerlich auf. Es ging um das Thema Schuhe. Das konnte dauern ...

  • Leontia musterte eingehend die patrizischen Riemchensandalen, nickte dann überzeugt. "Ja.", urteilte sie, "Unbedingt! Das wird mit Sicherheit ein sehr apartes Ensemble ergeben." Und lächelnd meinte sie zu Antonia, über die da so fröhlich hinwegbestimmt wurde: "Ich bin schon sehr gespannt, die Sachen einmal an Dir zu sehen, liebe Schwägerin."


    Epicharis' schwungvolle Art empfand Leontia als sehr angenehm. In Gedanken formulierte sie schon das Dossier an Tante Agrippina: "Claudia Epicharis ist von einnehmendem Wesen, aufgeschlossen und überaus freundlich…" - oder besser: "Claudia Epicharis, wie ich sie erleben durfte, etc." - all zu sehr wollte sich Leontia mit ihrem Urteil nun auch nicht exponieren. Oder vielleicht: "wie sie sich mir präsentierte" ?


    Das war nun wiederum sehr zaghaft formuliert. Immerhin war so ein Einkaufsbummel ein kleines Drama in sich, ein Spiegel des Lebens geradezu, mit Elementen wie Begehren und Verführung ("Oh, wie hinreißend!" ), weitreichende Entscheidungen waren zu treffen ("Die oder die?" ), bittere Enttäuschungen zu verkraften ("Zu klein?! Oh nein!" ), man hatte sich gnadenlos dem Urteil der anderen zu stellen ("Findet ihr, das geht das so?" ), Willensstärke und Entschlussfreudigkeit zu beweisen ("Die nehmen wir." ) Ja, es war wirklich eine Gelegenheit, bei der viele Charakterzüge offen an den Tag traten.


    Ob Epicharis, falls aus den Plänen etwas würde, auch Vetter Marcus so energisch einkleiden würde? Verkehrt wäre das sicher nicht. "Sie ist geschmackssicher und dezidiert, womöglich ein wenig überschwänglich…" Nicht zu vergessen den Knüller: "Ihr Vater sucht derzeit nach einem passenden Ehemann." Da hieß es nicht säumen, Leontia beschloss noch heute einen schnellen Boten nach Baiae zu schicken.


    In diesen Gedanken versunken winkte Leontia etwas abwesend ihre Leibsklavin herbei, um sich die weißen Sandalen anprobieren zu lassen. Sie stellte ihren Fuß auf einen kleinen Schemel, Salambo kniete sich auf das Pflaster, löste flink die Riemen ihrer alten Sandalen und zog ihr die neuen über. Hübsch waren sie, und passten gut zu Leontias meerblauer Tunika, saßen aber nicht gut. Leontia gab ein maßgeschneidertes Paar, natürlich mit Halbmond, in Auftrag, und während eine Ladendienerin, neben Salambo kniend, mit einem Schnürchen ihre Füße vermaß, beriet Leontia ganz hingebungsvoll Minervina bei ihrer Wahl.


    "Darf ich mal fühlen? - Ja, sie sind wunderbar weich, sorgfältig vernäht, und sicher sehr strapazierfähig. Ich glaube die dort drüben würden aber auch sehr gut zu dir passen…" Sie deutete auf ein etwas extravaganteres Paar, mit schmalen rötlichen Riemen, die durch jadegrüne Schmucksteinplättchen geflochten waren. "Die musst du unbedingt mal anprobieren. - Findet ihr nicht auch? Oder die hier..." Da fiel ihr noch etwas ein. "Ach übrigens Minervina, Epicharis kommt auch aus Mantua." Und schon sprang ihr ein weiteres Paar ins Auge, und es blieb nicht bei der einen Bestellung…


    Während die Frauen mit den Schuhen beschäftigt waren, hatte, schon seit einiger Zeit, eine gewisse Unruhe die begleitende Sklavenschaft erfasst. "Gerade eben war er doch noch da…" murmelte ein bulliger Kerl, hochbeladen mit adrett eingewickelten Paketen mit dem letzten Schrei aus Lutetia darin, beklommen zu einem anderen Sklaven. "Dieser Dreikäsehoch bringt uns noch ins Grab…", orakelte der andere düster. "Ich will aber nicht derjenige sein, der's den Damen sagt." - "Ja denkst du etwa ich?!"


    Das Los traf schließlich einen, im Vergleich zu den anderen eher schmächtigen jungen Mann, der unglücklich dreinschauend vortrat, und gerade bang Luft holte, um Serenus' Verschwinden zu melden - als ihm, im letzten Moment, auffiel, dass sich der Junge mitsamt seines Hundes in der Zwischenzeit schon wieder zu der Gruppe dazugesellt hatte. Erleichtert atmete der Sklave auf und trat diskret wieder zurück. Glück gehabt.



    Laaange Zeit später - das Grüppchen hatte endlich doch die Schuh-Stände hinter sich gelassen, der Bummel war inzwischen eindeutig zum Marathon geworden, und die Sklaven trugen schwer an ihrer Last - erblickte Leontia einen Stand, der sie bis über beide Ohren strahlen ließ. Es ging hier schon Richtung Sklavenmarkt, und die Auslage passte zum Thema. Mit einem Laut des Entzückens beugte sie sich über die Auswahl edelster Geißeln und Peitschen, Gerten, Stöcke und anderer Marterinstrumente, die dort, auf anmutig gerafftem dunkelrotem Stoff, für das Auge sehr ansprechend präsentiert wurden.


    "Was für ein wunderschönes Stück!" Mit einem begeisterten Glänzen in den Augen drehte sie ein Flagrum in den Händen, dessen Ebenholzgriff mit kunstvollen Schnitzereien der Leiber gequälter Sklaven verziert war. In den tiefschwarzen Lederkordeln waren blanke beinerne Dornen eingeflochten, deren mattes Schimmern mit dem dunklen Griff effektvoll kontrastierte. "Wunderhübsch…", seufzte Leontia. "Das schenke ich Papa… - Und dann nehme ich noch das und das… wofür sind denn die Wiederhaken hier gedacht?" - Der Händler erklärte es ihr bereitwillig. - "Ach so. Was für eine nette Idee. - Mein Spatz, komm doch mal!" Lächelnd winkte sie Serenus herbei. "Magst du nicht noch eine neue Peitsche haben, passend zu deiner neuen Sklavin? Komm, such dir doch auch was aus."

  • Serenus folgte eine Zeitlang artig seinen Tanten über den Markt.


    Vorbei ging es an Obsthändlern, wo Serenus großzügig für sich und Dido Kirschen, Trauben, Aprikosen, Pfirsische, Erdbeeren und anderes Obst erstand, welches zu dieser Jahreszeit horrende Preise hatte, da es von weit, weit her angeliefert wurde. So kam ein reichhaltiger Obstkrob und einige Melonen zu den Paketen der Tanten hinzu.


    Die Fischhändler ignorierte er, denn die meisten Fische und Schalentiere und Meeresfrüchte waren nicht frisch. Serenus stammte aus Baiae. Da wurde man selbst als Patrizier zum Meeresfrüchteexperten, da diese fast immer Bestandteil der Mahlzeiten waren. Bei Oma hatte es immer recht wenig Fleisch gegeben, was nicht am Geld gelegen hatte. Fisch macht schlau hatte Oma immer gesagt. Wenn es hier in Roma nur solchen halbvergammelten Fisch gab ... Nun, dann war er jetzt schon schlauer als viele andere hier in Roma.


    Schnell ging er weiter zum Gemüsehändler, wo er Gemüse als ergänzendes Kraftfutter für die Rennziegen erstand.


    Die Weinhändler, Bäcker und Zuckerbäcker ließ er dagegen unbeachtet. Süßes hatte er genug erstanden. Er wollte es nicht übertreiben. Und Wein trank er quasi nie.


    Dann erregte Tante Leontia seine Aufmerksamkeit. Hui! Hier gab es aber ganz viele tolle Sachen. Serenus nahm eine Reitgerte und ließ diese mehrfach durch die Luft schwingen. Dann entschied er sich noch für 2 weitere Gerten, eine Peitsche, eine mehrschwänzige Peitsche, 2 Paar Caesti, 2 kleine Dolche mit denen man unwilligen Sklaven die Haut abziehen konnte und zuletzt noch 2 leicht gepolsterte Keulen mit denen man feste zuschlagen konnte, was sehr weh tat, aber wenig Spuren hinterließ.


    “Tante Leontia. Darf ich das alles mal an deinem neuen Sklaven ausprobieren? Dem aus der Bibliothek. Dido ist ja noch so klein. Die hält ja nichts aus.”


    Dido würde die Tage noch sehr viel Prügel einstecken müssen, dachte sich Serenus. Aber nicht durch diese Instrumente.

  • Da ihre weiblichen Begleiterinnen sie kaum zu Wort kommen lassen, lässt sich Antonia widerstandslos die neue Tunika samt passender Stola aufschwatzen. Nicht umsonst hat sie schließlich vor Kurzem von ihrem Göttergatten ein 'wenig' Geld für Einkäufe organisiert.
    Das Ensemble ist schnell bezahlt und schon geht es weiter. Die Süßigkeiten lehnt sie kopfschüttelnd ab, hat sie sich selbst doch noch immer auf eine Art Nulldiät gesetzt.


    Endlich bei den Schuhen angekommen, beginnen die Augen der Claudia kaum merklich zu leuchten. Schuhe. Etwas wunderbareres gab es wohl kaum auf der Erde. Wie viele sie allein im letzten halben Jahr gekauft hatte, war wohl nur mit einem Abakus abzuzählen.
    So nimmt sie mit fachmännischem Blick das Paar, das ihre Verwandte ausgesucht hat unter die Lupe. Ausgiebig betrachtet sie das Material, die Verarbeitung, fährt mit einem Finger die Nähte nach und nickt schließlich zufrieden.
    Wirklich ein schönes Paar, Epicharis. Mir scheint, wir sollten öfter gemeinsam Einkaufen gehen.
    Auch sie probiert umgehend mit Hilfe einer Sklavin eine Sandale an. Passte, wie für sie gemacht, also fanden auch die Sandalen ihren Weg in den flavischen 'Einkaufskorb'.
    Nachdem sie noch ein weiteres Paar für sich ergattert hat, besieht sie Minervinas Wahl.
    Ja, wirklich schön., pflichtet sie Leontia bei und deutet umgehend auf ein weiteres Schuhpaar.
    Oder dieses... es würde wunderbar zu deinem Teint passen.


    Viel, viel, wirklich viel später, bei den 'Folterinstrumenten' angekommen, hält sich Antonia ebenso sehr zurück, wie sie bei den Schuhen begeistert war. Nicht, dass sie gegen Sklavenbestrafungen wäre. Doch sich selbst damit befassen? Nein, am Ende bekam man noch Blutspritzer ab. ( 8) )

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