Büro - Tiberius Durus, Hungi

Aha. antwortete Hungi zunächst einmal und lehnte sich wieder zurück. Er taxierte seinen Klienten und ließ sich Zeit, seine Frage zu begründen.

Du erinnerst dich sicher an die Rede des Flaviers auf der Rostra, in dem er den Senator Germanicus angriff. Natürlich wird er sich erinnern, sie beide waren ja damals dort gewesen.

Ich verstehe deinen Unmut Senator Avarus gegenüber und ich selber heiße das damalige Verhalten von Avarus nicht gut, geschweige denn werde ich es verteidigen. Ich habe also vollstes Verständnis dafür, wenn du dich in dieser Angelegenheit auf die Seite des Flaviers stellst. Und selbstverständlich kann ich dir auch nicht vorschreiben, wen du zu deinen Freunden zählst und wen nicht.

Allerdings würde ich es nicht gerne sehen, wenn du ihn als einen deiner politischen Vorbilder ansiehst.

Durus, der sonst wenig politische Aktionen von Furianus kannte, da er dem Senat ja nicht beiwohnte, war etwas überrascht. Wurden seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt? War Hungaricus ein guter Freund des Avarus? Das wäre...ein harter Brocken!

"Entschuldige, wenn ich so frage, aber - inwiefern?"

Wie soll ich sagen... Seine Art, Reden zu halten wäre dem eines Volkstribuns angemessen, nicht dem eines Patriziers. Und bei dieser Rede hat er die Unwahrheit gesprochen, es sei dahingestellt, ob er dies wissentlich getan hat oder falschen Informationen aufgesessen ist, welche er überprüfen hätte müssen. beantwortete er die Frage seines Klienten.

Verwerflich ist beides. fügte er noch hinzu.

Durus nickte. Also war es nicht die Thematik, die seinem Patron aufstieß, sondern etwas, das auch ihm aufgefallen war. Diese Sache hatte er ebenfalls noch mit Furianus bereden wollen. Die Unwahrheit hingegen...nunja, das war eine Frage der Interpretation.

"Achso, nun, da brauchst Du Dir keine Sorgen machen. Wie ein Volkstribun werde ich mit Sicherheit niemals auftreten."

Er dachte einen Augenblick nach, dann fügte er hinzu.

"Wenn ich noch eine Frage stellen dürfte..."

Er räusperte sich und nahm den Becher wieder auf, um festzustellen, dass er leer war.

"Wie stehst du zu dem Senator Germanicus Avarus?"

Er musste es wissen - diese Ungewissheit, ob er gegen ihn sprechen durfte, konnte er - sollte er es in den Senat schaffen - nicht brauchen.

Das beruhigt mich ungemein. entgegnete Hungi, bevor der Tiberier seine Frage stellte. Die jedoch war genauso einfach wie schwierig zu beantworten, eine Tatsache, die dem Senator sicher gefallen würde, wenn er davon wüsste. Hungi mußte grinsen bei diesem Gedanken.

Er atmete tief durch und begann ein wenig zu sinnieren. Wie ich zu ihm stehe... summa summarum positiv. schmunzelte er, wußte aber, daß dies seinem Klienten kaum weiterhelfen würde. Ich kenne Avarus schon sehr lange, er war lange Zeit mein Untergebener als Legatus Augusti Cursu Publico, also zu der Zeit, in der ich selber Praefectus Praetorio war. Und in dieser Funktion hat er mich nie enttäuscht. Verständnisvoll lächelte er seinen Klienten an. Ich weiß, daß du ihm nicht wohlgesonnen gegenüberstehst, und ich nehme es dir auch nicht übel. Ich würde in deiner Situation wohl genauso reagieren. Daß Hungi selber nichts von dieser damaligen Aktion von Avarus hielt, hatte er ohnehin schon vorher erwähnt.

Durus verfolgte das Mienenspiel des Senators. Das Grinsen gefiel ihm in keinster Weise. Der erste Satz noch weniger. Gedanklich schlug er sich bereits mit der flachen Hand an die Stirn, unterließ es jedoch. Dignitas. Gravitas.
Das danach klang ziemlich schwammig, aber er schöpfte ein wenig Hoffnung daraus. Dass er in seiner Funktion nicht enttäuschend war...das klang fast, als wäre er persönlich eine Enttäuschung. Am Ende hatte es etwas von Mitleidigkeit. Offensichtlich unterschätzte Hungaricus diesen Mann. Oder überschätzte Durus ihn?

"Nungut. Wäre das alles?"

fragte er und verspührte plötzlich den Drang, die Casa zu verlassen und das Erfahrene zu verarbeiten.

Hungi nickte.

Ja, das wäre alles. Mehr brauchte er nicht sagen, wollte auch nicht.

"Vale, Vinicius."

verabschiedete sich Durus und konnte nun wirklich gehen, was er auch sofort tat.