• Langsam bewegte sich die Sänfte durch die Straßen Mantuas. Helena lag auf den bequemen Kissen und versuchte schon eine ganze Zeit lang vergeblich ihr wild klopfendes Herz zu beruhigen. Vier Jahre war sie nicht mehr hier gewesen. Vier lange Jahre, in denen sich die Stadt verändert hatte. Zwischenzeitlich warf das Mädchen immer wieder einen Blick hinaus, wobei sie die schweren Vorhänge leicht zur Seite schob. Die Sänftenträger wussten genau, wo sie sie hinbringen sollten und Helena war froh, dass sie ihnen nicht den Weg weisen musste. Obwohl sie die ersten dreizehn Jahre ihres Lebens in dieser Stadt verbracht hatte, erkannte sie nur einzelne Straßen wieder, die sie passierten. Schließlich lehnte Helena sich wieder zurück und atmete tief durch. Während der Jahre in Hispania hatte sie sich diesen Moment immer wieder vorgestellt, geradezu herbeigesehnt und doch war jetzt alles anders.


    "Es wird schon alles gut gehen, Herrin!"


    Helena sah zu ihrer Leibsklavin, die neben der Sänfte lief. Marina war in der Zeit bei ihrer Tante eine große Stütze für sie gewesen und mittlerweile verband die Beiden eine enge Freundschaft. Sie war ein paar Jahre älter als Helena und hatte ihr besonders in der Anfangszeit über das Heimweh hinweg geholfen. Auf die Worte ihrer Sklavin gab Helena ein unbestimmtes Brummen von sich, sagte aber ansonsten nichts. Würde man sie erwarten? Natürlich hatte sie ihrem Vater über ihre Ankunft unterrichtet, aber das Schiff hatte ein paar Tage länger gebraucht. Vielleicht war niemand da, der sie willkommen heißen würde. Helena schob diesen Gedanken zur Seite und sah erneut auf die Straße hinaus. Auch wenn sich viel verändert hatte, eines war immer noch gleich: Der Geruch der Stadt. Eine Welle von Erinnerungen überspülte Helena und ein feines Lächeln bildete sich auf ihren Lippen.


    Als die Sänfte schließlich vor der Villa Aurelia anhielt und sanft auf dem Boden abgesetzt wurde, schickte Helena einen der Träger vorraus zur Tür, um zu klopfen. Es mutete ein wenig seltsam an, dass sie nicht einfach hineingehen konnte, aber nach einer jahrelangen Abwesenheit gebührte es der Respekt und die Höflichkeit nicht einfach unangemeldet hinein zu gehen. Sorgfältig überprüfte Helena den Sitz ihrer eleganten Tunika und ihrer Frisur. Für ihre Heimkehr hatte sie keine Mühen gescheut, um ihren Familienmitgliedern zu zeigen, dass sie nicht mehr das kleine Mädchen von früher war. Sie war stolz auf ihr Aussehen und zeigte das gerne. Helena schloß noch einmal kurz die Augen und ließ sich dann von Marina aus der Sänfte helfen. Dabei wanderte ihr Blick zur Tür und sie fragte sich, wer ihr wohl als erstes begegnen würde.

    teeeeeeeeeeeeeeeeeeeessssssssssssssssssssssssttttttttttttttttttt

  • Blasiert waren die Römer. Zu jenem Schluss war Camryn während der letzte zwei Wochen gekommen. Sie war die Leibsklavin des jüngsten und vielversprechenden Sprosses des Aurelius Antoninus, aber was brachte ihr dieser Stand innerhalb der Familie ein? Nichts. Corvinus schlief nicht mehr mit ihr, Corvinus schickte sie nicht mehr auf Botengänge und er sprach auch nicht mehr als nötig mit ihr. Lediglich zum Ankleiden, da war sie noch gut genug. Aber was erwartete sie schon großartig? Immerhin war er ein Römer, und Römer waren arrogant. Das sah auch Aintzane so, und Assindius auch. Ach, wenn doch nur mehr Leben in der villa wäre!


    Missmutig schritt sie zur porta, als es klopfte. Einen ianitor gab es zwar, natürlich, aber der hatte sich wieder einmal rechtzeitig auf die Latrinen verdrückt. So öffnete sie die Tür und schaute durch einen haargenau kopfbreiten Spalt.


    "Ja?" fragte sie den Sklaven, hinter dem sich eine Sänfte und ein Wagen woller Gepäckstücke auftürmten. Das verwunderte Camryn doch, und so öffnete die das Eingangsportal noch etwas weiter, um prüfend das ganze Ausmaß der Truppe vor der aurelischen villa ansehen zu können.

  • Der Sklave war einen Schritt zurück getreten, als sich die Tür geöffnet hatte. Auch Helena warf kurz einen Blick auf den Spalt, um zu sehen, wer dort erschien. Natürlich wusste sie, dass keiner ihrer Familienangehörigen selbst die Tür öffnen würde, aber vielleicht erkannte sie ja den ianitor von früher. Sie wurde allerdings enttäuscht, denn die junge Frau war ihr gänzlich unbekannt.


    "Die Herrin Aurelia Helena ist nach Hause zurückgekehrt und bittet um Einlass."


    Helena lauschte den Worten des Sklaven und ein Schauer huschte über ihren Rücken. Nach Hause, endlich! Kurz nachdem die Sänfte an der Villa angekommen war, hatte auch der Karren mit ihrem Gepäck das Haus erreicht. Mehrere Truhen mit den Besitztümern der jungen Frau türmten sich auf dem wackeligen Karren und hatten mit Sicherheit dafür gesorgt, dass die Sklaven ordentlich ziehen mussten, um ihn überhaupt zu bewegen. Nachdem Helena sicher an der Hand Marinas die Sänfte verlassen hatte, strich sie sorgsam über den weißen Stoff ihrer Tunika, um mögliche Falten zu entfernen. Dann sah sie zu den Sklaven hinüber und wies mit einer herrischen Kopfbewegung auf die Villa.


    "Sorgt dafür, dass mein Gepäck in mein Zimmer gebracht wird. Und seid vorsichtig! Wenn etwas zu Bruch geht, werden ihr dafür büßen."


    Natürlich wartete Helena nicht darauf, dass die Sklavin an der Tür ihr Einverständnis gab. Niemand würde ihr den Eintritt in die Villa ihrer Familie verwehren.

    teeeeeeeeeeeeeeeeeeeessssssssssssssssssssssssttttttttttttttttttt

    Einmal editiert, zuletzt von Aurelia Helena ()

  • Dass diese Unkenntnis auf Gegenseitigkeit beruhte, konnte keiner der beiden Frauen vom jeweils anderen wissen. Camryn jedenfalls wusste, dass sie eine Aurelia Helena weder gesehen, noch jemals etwas von ihr gehört hatte. Misstrauen spiegelte sich auf dem Gesicht der blonden Keltin wider, als sie vom Anmeldesklaven zu der jungen Patrizierin und wieder zurück sah. Spätestens das typisch blasierte Verhalten und die Anweisungen der Römerin ließen ihr bewusst werden, dass es sich nicht nur wahrscheinlich, sondern sehr sicher um eine junge Aurelierin handelte. Camryn rümpfte die Nase und stieß die porta zur Gänze auf.


    "Na, dann immer herein in die gute Stube", murmelte sie verdrießlich. SO hatte sie das ganz sicher nicht gemeint mit ihrem Wunsch nach Leben in der villa. Aber es war nun einmal gekommen, wie es kommen musste: Die römischen Götter hörten die keltischen Gedanken und setzten sie prompt um, und zwar falsch. Vielleicht sollte sie demnächst auf Latein denken, dachte sie auf keltisch.


    "Ich werde ein Zimmer herrichten lassen. Deine Herrin kann derweil im atrium auf Aurelius Corvinus warten. Ich gebe ihm Bescheid", instruierte sie den Sklaven, der geklopft hatte, und ließ ihn einfach stehen, wo er stand, um Corvinus aufzusuchen. Wenn sie nicht alles täuschte, war er im Arbeitszimmer oder auf seinem cubiculum.

  • Helena war schon auf dem halben Weg zur Tür als sie hörte, dass Marcus anwesend war. Ihr Herz begann wieder schneller zu schlagen, als sie an ihren Cousin dachte. Die Beiden hatten sich nicht gerade in Freundschaft getrennt. Um genau zu sein hatte Helena ihn damals nicht leiden können. Er war arrogant und von sich selbst überzeugt. Wenn er sie überhaupt beachtet hatte, dann hatte er sie wie ein kleines Kind behandelt. Natürlich hatte sie sich nicht alles bieten lassen und dem sieben Jahre Älteren oftmals kleine Streiche gespielt. Das war jetzt aber auch vier Jahre her und sie hatte sich verändert. Er möglicherweise auch. Trotzdem entbehrte es nicht einer gewissen Ironie, dass gerade er es sein würde, der sie im Haus ihrer Familie willkommen heißen würde.


    Die Sklavin war mittlerweile im Inneren der Villa verschwunden. Helena betrat die Eingangshalle und blieb kurz stehen, um sich umzusehen. Hier hatte sich nicht viel verändert. Vor ihrem inneren Auge sah sie sich selbst als kleines Mädchen durch die verschiedenen Räume streifen. Oft hatte sie die Sklavinnen, die auf sie aufpassen sollten zur Verzweiflung getrieben, in dem sie sich in der weitläufigen Villa versteckt hatte. Ein wunderbares Glücksgefühl breitete sich in ihr aus. Hier war sie zu Hause und würde es immer sein. Die Villa selbst war seltsam still. Scheinbar war der größte Teil ihrer Familie nicht anwesend. Weiter hinten sah sie einen Sklaven vorbeihuschen, der ein Tablett trug. Ansonsten sah Helena niemanden. Sie drehte sich zu Marina um, die hinter ihr stand. Vor ihr musste sie das glückliche, fast kindliche Lächeln nicht unterdrücken. Ihre Freundin wusste mit Sicherheit eh, wie es in ihr aussah.


    "Begleite die Sklaven nach und beaufsichtige mein Gepäck. Du solltest schon damit anfangen das Wichtigste auszupacken. Sobald es möglich ist, will ich ein Bad nehmen."


    Marina verbeugte sich kurz und folgte den Gepäckträgern weiter in die Villa hinein. Helena blieb alleine zurück und erinnerte sich dann an die Worte der Sklavin, die ihr die Tür geöffnet hatte. Langsam, fast schon schlendernd ging sie in das atrium hinüber. Dort angekommen fuhren ihre Finger über den kühlen Mamor der Säulen, die das atrium einfassten. Durch die Öffnung in der Decke fiel Licht hinein und ließ den hellen Stein strahlen. Da Helena nicht wusste, wie lange Marcus brauchen würde, ließ sie sich schließlich auf einem der Sessel nieder. Mit gestrecktem Rücken und erhobenen Kinn saß sie da, die Hände elegant in ihrem Schoß gefaltet. Genauso, wie ihre Tante es ihr beigebracht hatte. Die Reise war anstrengend gewesen und sie spürte die Erschöpfung, die sich in ihr ausbreiten und sie dazu verleiten wollte, sich einfach entspannt zurück zu lehnen. Doch Helena schob die Müdigkeit beiseite. Jetzt war nicht der Zeitpunkt um dieser Schwäche nachzugeben.

    teeeeeeeeeeeeeeeeeeeessssssssssssssssssssssssttttttttttttttttttt

  • Den stilus beiseite gelegt, hatte ich Camryn gebeten, einzutreten. Sie kleine Sklavin hatte mir mit sehr knapp gewählten Worten mitgeteilt, dass "Besuch" im atrium auf mich wartete und hatte sich dann entschuldigt. In der Annahme, es müsste sich demnach um einen Gast handeln, der es weder eilig hatte noch sonderlich wichtig war, hatte ich zuerst noch den Brief zu Ende geschrieben und gesiegelt, ehe ich mich ächzend erhoben und das Arbeitszimmer verlassen hatte.


    Wenige Schritte führten mich an einer Büste des Aurelius Crassus vorbei, der pikiert unter seinem Lorbeerkranz hervorlugte, dann passierte ich eine Säule und trat von hinten an eine der kleinen Sitzgruppen heran, die sich um einen Abstelltisch gruppierten. Skeptisch bleib ich stehen und fragte mich, warum man der Dame weder Speis noch Trank gebracht hatte und wer sie wohl war. Ich räusperte mich, in der Hoffnung, sie nicht mit der prompten Anwesenheit zu erschrecken, und trat gemessenen Schrittes um ihren Sessel herum, um dann ungläubig zu erstarren und die junge Schönheit vor mir zu mustern. Das war doch...


    "Helena?" fragte ich reichlich verwirrt und mit gerunzelter Stirn. Ich zog mir unbewusst einen Sessel heran, setzte mich jedoch nicht. Aurelia Helena, meine kleine Cousine, die sich seit geraumer Zeit zu Erziehungsgründen in Spanien befand - oder eher befinden sollte.


    "Was machst du denn hier? Ich meine: Schön dich zu sehen..."
    Nun gut, vielleicht nahm sie das nicht ganz ernst, denn immerhin waren wir nicht gerade ein Herz und eine Seele gewesen, als Onkel Cicero sie nach Tarraco gesandt hatte, weil ihr einfach eine Mutter zur Erziehung fehlte. Vermutlich hatte sie mir daher früher auf der Nase herumgetanzt, selbst als sie noch recht klein war. Schließlich setzte ich mich doch. Der Schock wog eben schwer. :D

  • Marcus ließ sich Zeit. Helena spürte den alten Groll von früher wieder in sich aufsteigen. Wahrscheinlich wollte er sie damit ärgern, dass er sie so lange warten ließ. Dann jedoch grinste sie kurz und schüttelte den Kopf. Sie wollte versuchen ihrem Cousin so objektiv wie möglich gegenüber zu treten. Es war nicht fair jetzt sofort wieder da anzufangen, wo sie aufgehört hatten. Wahrscheinlich hatte er einfach noch etwas zu tun. Immerhin konnte er nicht alles stehen und liegen lassen, um sie zu begrüßen. Doch, natürlich kann er das! Immerhin gehöre ich zu seiner Familie! Helena schnaubte äußerst undamenhaft und war im gleichen Moment froh, dass niemand da war. Ihre Tante hätte ihr jetzt einen langen Vortrag über das Benehmen einer jungen Frau gehalten. Das war in den letzten vier Jahren leider viel zu oft vorgekommen.


    So in Gedanken versunken hatte Helena nicht mitbekommen, dass jemand hinter sie getreten war. Deswegen zuckte sie auch leicht zusammen, als plötzlich eine Stimme erklang. Sie wandte den Kopf und sah leicht hoch. Marcus stand neben ihr und ihm stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Er hatte sich verändert, natürlich. Vier Jahre gingen an niemandem spurlos vorbei. Doch Helena sah ihn nun nicht mehr mit kindlichen Augen, sondern mit den Augen einer jungen Frau. Hatte ihr Cousin schon immer so gut ausgesehen? Aus einem ersten Reflex heraus wäre sie beinahe aufgesprungen und hätte ihn umarmt. Egal wie sie sich voneinander getrennt hatte, er war das erste Familienmitglied, das sie nach langer Zeit sah. Erneut spürte sie, wie sehr sie ihre Heimat vermisst hatte. Doch Helena beherrschte sich noch rechtzeitig und neigte leicht den Kopf, bevor sie kokett die Augen niederschlug.


    "Marcus! Auch ich freue mich, dich zu sehen. Es ist lange her...Hat dich denn niemand von meiner Ankuft informiert?"


    Zu gerne würde sie wissen, was er nun dachte. Mittlerweile hatte er sich ebenfalls in einem der Sessel niedergelassen und wüsste Helena es nicht besser, würde sie meinen, dass die Situation ihn ein wenig überforderte. Es wäre ihm nicht zu verübeln. Das Marcus sie überhaupt wiedererkannt hatte sprach jedenfalls schonmal für ihn. Sie wusste selbst, dass sie sich äußerlich sehr verändert hatte. Zum Besseren, wie sie sich jedesmal sagte, sobald sie in den Spiegel sah. Und auch ihr Verhalten musste für ihn neu sein. Natürlich konnte er nicht wissen, dass ihr damenhaftes Verhalten ihr Inneres nicht erreichte. Sie hatte dafür gesorgt, dass auch unter den strengen Augen ihrer Tante ihr starker Wille und ihr Selbstbewusstsein nicht verloren gingen.

    teeeeeeeeeeeeeeeeeeeessssssssssssssssssssssssttttttttttttttttttt

  • Zwar schien sie sich kurz erschreckt zu haben, doch wirkte Helena inzwischen doch wieder gefangen und locker. So locker, wie ich sie vermutlich noch nie zuvor bewusst wahrgenommen hatte. Nun gut, damals war ich auch noch ein kleiner Junge gewesen, jemand, der sich lieber mit vor Seifenkisten gespannten Ziegen als der zickischen Cousine abgegeben hatte. Sie mochte jetzt sechzehn oder siebzehn sein, war also rund sechs, sieben Jahre jünger als ich. Damals, ehe ich nach Achaia gegangen war, um dort die septem artes liberales zu studieren, war sie mir schon ein Klotz am Bein gewesen. Dauernd hatte es gehießen, Corvinus, nimm doch Helena mit, pass doch mal auf sie auf, spiel doch auch mal mit ihr. Das war mir verhasst gewesen, denn abgesehen davon, dass ein Mädchen nicht mit Jungenspielen kompatibel war, bedeutete ihre Anwesenheit auch Launenhaftigkeit und die ständige Aufsicht von mindestens zwei Leibsklaven.


    Jetzt aber saß sie hier vor mir und wirkte nicht mehr wie das kleine Mädchen, das mir dauerhaft verhasst gewesen war. Das war schwer zu begreifen, ebenso schwer, wie dass sie nun wirklich zu einer Dame herangereift werden sollte. Sie reagierte ähnlich reserviert wie ich, was mich innerlich schmunzeln ließ. Nach außen hin wirkte ich solide und gefasst, reichte ihr dennoch die Hand und hielt ihre einen Moment fest, um das Gefühl der Abneigung zu übertünchen, das mich bei ihrem Anblick befallen hatte und nun tatsächlich wich. Zwar langsam und widerstrebend, aber imemrhin.


    "Informiert? Nein. Das heißt, doch, nur fiel dein Name nicht, weshalb ich mir zeit ließ. Verzeih, dass du auf mich warten musstest. Aber sag, hattest du einen Brief geschickt? Ich bin nicht sicher ob Onkel Cicero von deiner Ankunft benachrichtigt wurde, aber zumindest ich selbst habe keinerlei Informationen erhalten."


    Forschend las ich in ihrem Gesicht wie in einem Buch, das in fremder Schrift verfasst war und gab es schließlich auf. Ich mochte Helena zwar kennen, doch kannte ich sie nicht. Ich wusste nicht, was sie mochte oder was sie bewegte, denn das hatte mich niemals interessiert. Die Vergangenheit schien mich einzuholen.


    "Tja, hm, weißt du, dein Vater befindet sich derzeitig auch nicht in Mantua", begann ich vorsicht und nahm die Hand wieder fort, um lässig winkend einen Sklaven Erfrischungen organisieren zu lassen.
    "Aber sag, wie geht es dir? Wie war Spanien und wie ist die Reise verlaufen? Es ist ja wirklich sehr lange her... Ich war elf oder zwölf, als ich fortging."

  • Das Marcus nun ihre Hand nahm, überraschte Helena doch ein wenig. Eine ihrer Augenbrauen huschte kurz nach oben und sie blickte auf die Hände hinunter. Seine Finger fühlte sich rauh an auf der weichen Haut ihres Handrückens. Als sie hörte, dass die Sklavin dafür verantwortlich war, dass sie so lange hatte warten müssen, runzelte sie kurz die Stirn und beschloß sich nachher darum zu kümmern. Jetzt aber war erst mal Marcus wichtig, dessen Anwesenheit ein Kribbeln in ihrem Magen auslöste, das sie sich nicht erklären konnte. Helena schob dieses Gefühl zur Seite und konzentrierte sich auf das was Marcus zu sagen hatte. Es verwunderte sie, dass scheinbar niemand von ihrer Ankunft gewusst hatte. Das ihr Vater nicht da war bereitete ihrer guten Launen einen kleinen Dämpfer. Doch auch das ließ sie sich nicht anmerken.


    "Natürlich habe ich einen Brief geschickt. Vater müsste ihn schon vor längerer Zeit bekommen haben. Allerdings habe ich darin meine Ankuft schon vor einigen Tagen angekündigt. Das Schiff musste an einem Hafen einen längeren Zwischenstopp machen. Wahrscheinlich hat sich meine Ankunft mit seiner Abreise deswegen überschnitten. Warum er allerdings nichts gesagt hat weiß ich nicht. Du hättest eine Vorwarnung scheinbar gebrauchen können."


    Da war es wieder, dieses helle und aufgeweckte Lachen, das Marcus noch von früher kennen musste. Helenas Augen leuchteten und sprühten geradezu vor Lebensfreude. Doch dann wurde sie schnell wieder ernst. So schnell, dass dieser Hauch einer Erinnerung auch eine Einbildung hätte sein können. Eine Maske fiel über ihr Gesicht und hinterließ wieder das unschuldige Lächeln und den eleganten Gesichtsausdruck, den sie sich in den letzten Jahren angelernt hatte. Mittlerweile hatte Marcus ihre Hand wieder losgelassen und Helena blickte noch einen Moment auf ihre nun wieder einsame Hand, bevor sie ihm in die Augen sah. Sie wartete, bis er dem Sklaven seine Anweisungen gegeben hatte und neigte dann den Kopf.


    "Mir geht es gut. Ich bin erschöpft und brauche dringend ein Bad, aber das ist nach der Reise ja nur verständlich. Sieben Wochen auf einem schaukelnden Schiff gehen nunmal nicht spurlos an einem vorbei. Und der Aufenthalt bei meiner Tante war...nun ja, sagen wir lehrreich. Du kennst sie. Sie ist streng und unnachgiebig, aber ich denke, es war gut, dass ich die Jahre dort gewesen bin."


    Eine glatte Lüge, verborgen hinter einem weiteren koketten Augenaufschlag. Sie hasste ihre Tante, hatte aber mit der Zeit gelernt das zu verbergen. Genauso wie sie es gelernt hatte all ihre Gefühle zu verbergen, wenn sie nicht in die Normen passten. Nicht immer gelang ihr das. Das Lachen kurz zuvor hatte es mal wieder bewiesen. Aber Helena gab sich Mühe. Eines hatte sie bei ihrer Tante gelernt: Eine Frau konnte alles erreichen, wenn sich ihr scharfer Verstand und ihr Wille hinter einer eleganten Fassade verbarg.

    teeeeeeeeeeeeeeeeeeeessssssssssssssssssssssssttttttttttttttttttt

    Einmal editiert, zuletzt von Aurelia Helena ()

  • "Ah, das erklärt es", sagte ich und neigte den Kopf zur Seite, um Helena nachdenklich zu mustern. Sie besaß doch wirklich kaum mehr Ähnlichkeit mit der verzogenen kleinen Göre von damals, die meine Streiche immer einem Erwachsenen gepetzt und mich angeschwärzt hatte. Ich würde die Vergangenheit ruhen lassen müssen, das wurde mir schlagartig klar, denn für den Moment war ich der einzige aurelische Mann im Haus und hatte somit Sorge dafür zu tragen, dass es ihr gut ging und sie vor allem keinen Blödsinn anstelte.


    "Hm, Cicero ist schon seit etwas mehr als anderthalb Monaten nicht mehr hier gewesen, vermutlich findest du seinen Brief ungeöffnet vor, wenn du in seinem cubiculum auf den Schreibtisch schaust", überlegte ich laut. Mit der Vorwarnung hatte sie durchaus Recht, aber ich sagte nichts weiter dazu, zumal sie sich gebessert zu haben schien. Wenn auch nur teilweise, wie ich durch ihr beinahe herausfordernd erklingendes Lachen feststellen musste. In jenem Moment kam der Sklave mit den gewünschten Erfrischungen. Verdünnten Wein für mich und Fruchtsaft für Helena, denn dass Frauen dem Wein frönten, missbilligte ich zutiefst, also wollte ich es gar nicht erst so weit kommen lassen, schließlich lag ein korrekter Lebenswandel Helenas nun in meinem Sinne und in meinem Ermessen. Dass Onkel Cicero sich seit seiner uberstürzten Abreise nicht mehr gemeldet hatte, verschwieg ich ihr. Nichts wog schwerer als die eigene Ankunft nach langer Reise, nur um feststellen zu müssen, dass jene Personen nicht auf den Heimkehrenden warteten.


    Ich lauschte Helenas Worten und bedeutete dem Sklaven mit einer Handbewegung, noch zu warten, ehe er ging.
    "Hast du schon jemandem aufgetragen, ein Bad zu bereiten?" fragte ich sie und staunte direkt im Anschluss nicht unerheblich über die einsichtigen Worte, die sie bezüglich ihrer Tante sprach. Schon seltsam, die eigene Cousine sp sprechen zu hören, wo sie doch früher mit ihrer scharrenden Stimme alles zunichte machen wollte, was ich je ausgedacht hatte. Von dem Gedankengang in ihrem Inneren bekam ich schließlich auch rein gar nichts mit, denn sie hatte so gut zu schauspielern gelernt, dass alles, was sie sagte, zu einhundert Prozent glaubwürdig klang.


    "Nun ja, vielleicht sollte ich dir zuerst einmal die Ruhe gönnen, die du nach deiner langen Reise brauchst. Von Ostia hierher ist es schließlich auch kein angenehmer Landweg. Würdest du heute Abend mit mir zu Abend essen? Außer mir ist derzeitig niemand von der Familie zugegen, und darüberhinaus gibt es auch die ein oder andere... nun ja, nennen wir es tiefgreifende Veränderung, was die familia betrifft."

  • Bis auf einen komischen Blick den Marcus ihr zuwarf, reagierte er so gut wie gar nicht auf Helenas kleinen Ausbruch. Helena selbst hätte sich am Liebsten auf die Zunge gebissen. Sie hatte sich geschworen ihr wahres Ich verborgen zu halten, denn mittlerweile wusste sie, dass sie mit dem was ihre Tante ihr beigebracht hatte wesentlich weiter kam. Wenn sie es schon bei Marcus nicht schaffte, wie sollte sie es dann erst bei den wirklich wichtigen Leuten überzeugend rüberbringen? Helena ließ sich nach außen hin von diesen Gedanken nichts anmerken. Ruhig und aufmerksam hörte sie Marcus zu und lächelte hin und wieder leicht. Wenn sie ihn richtig verstand, dann wusste wirklich niemand von ihrer Rückkehr. Nun ja, das würde sich jetzt nicht mehr ändern lassen, aber sie beschloß, dass sie ihrem Vater einen Brief schicken würde, um ihm wenigstens jetzt mitzuteilen, dass sie wieder zu Hause war. Bei Marcus Frage nach einem Bad nickte Helena.


    "Ja, ich habe meiner Leibsklvin aufgetragen mein Zimmer herzurichten und dann ein Bad vorzubereiten. Zwar konnte ich auch während der Reise ein Bad nehmen, aber da standen meistens nur Holzzuber zur Verfügung und ich will gar nicht wissen, wer da schon seinen Schweiß drin hinterlassen hat."


    Helena schüttelte sich leicht als sie daran zurück dachte. Sie schickte den Sklaven, der auf eine Antwort gewartet hatte mit einer kurzen Handbewegung fort und widmete sich dann den kleinen Erfrischungen. Das vor ihr nur Fruchtsaft stand registrierte sie mit einem leichten Stirnrunzeln, aber sie sagte nichts dazu. Zu gerne hätte sie jetzt einen erfrischenden Wein getrunken, aber um Marcus nichts zu verärgern begnügte sie sich mit dem Fruchtsaft. Sie nahm einen kleinen Schluck und stellte fest, dass er gut schmeckte, auch wenn der leichte Geschmack des Alkohols fehlte. In diesem Moment lud Marcus sie zum Abendessen ein. Helena lächelte erfreut und nickte dann zustimmend. Er war mit Sicherheit ein angenehmer Gesprächspartner und irgendetwas in ihr wünschte sich in seiner Nähe bleiben zu können. Sie schob diesen verwirrenden Gedanken zur Seite und veränderte dann etwas ihre Position, um ihre Beine zu entlasten.


    "Die Einladung nehme ich sehr gerne an. Das Essen in Hispania war lecker, aber ich freue mich schon die ganze Reise über auf das Essen hier zu Hause. Zudem kannst du mich bei der Gelegenheit über alles Neue aufklären. Wahrscheinlich ist in den vier Jahren sehr viel passiert. Ich habe zwar mit Verina ab und zu Briefe ausgetauscht, aber in einen Brief kann man nunmal nicht alles schreiben. Du kannst dir sicher vorstellen, dass es mich geradezu nach dem neusten Tratsch dürstet."

    teeeeeeeeeeeeeeeeeeeessssssssssssssssssssssssttttttttttttttttttt

  • Ich nickte geflissentlich und sah kurz dem Sklaven hinterher. Camryn war ebenfalls nirgends zu sehen, also ging ich davon aus, dass sie der Sklavin Helenas beim Herrichten und Auspacken half. Die Holzzuber-Problematik kannte ich, und insgeheim graute es mir schon vor der Reise nach Germanien, wenngleich ich dem eigentlichen Aufenthalt dort freudig entgegen sah. Allerdings stellte die Ankunft Helenas in Mantua sozusagen ein mittelschweres Problem dar. Der einzige, der derzeitig anwesend war, war ich. Vater und Mutter hielten sich auf dem Gut in Corsika auf, Cicero war nach Baiae gereist und Sophus wie Corus beim Militär. Die Frage war: Wer würde auf sie achtgeben? Grübelnd bekam ich nurmehr den letzten Rest ihrer Worte mit. Der wissbegierigen Forderung nach Klatsch und Tratsch konnte ich vermutlich ohnehin nicht einer Frau angemessen nachkommen, also grinste ich lediglich schief und zuckte mit den Schultern, was man unter der toga kaum erkennen konnte.


    "Mir ging es nicht anders als dir, als ich aus Achaia zurückkam, allerdings habe ich festgestellt, dass sowohl Mutter als auch Deandra weitaus mehr über die römische Gerüchteküche wussten als Vater oder Onkel Cicero. Inzwischen weiß ich auch warum: Einen Mann tangiert der neueste Frühjahrstrend der urbs aeterna nur perifer oder nur dann, wenn die Dame des Herzens eine Bestätigung haben möchte, dass sie gut gekleidet ist. Vermutlich holst du dir Informationen dieser Art besser anderenorts, Deandra ist recht bewandert in solchen Dingen. Du kennst sie doch noch, oder?"


    So sicher war ich dessen nicht, denn Cicero und seine Familie hatten früher auch recht häufig in Rom residiert, und wenn sie einmal hier waren, war Deandra vermutlich zeitgleich in Rom. Als ich an sie dachte, kam mir ein sensationeller Gedanke. Ich konnte mehrere Fliegen mit einer einzigen Klappe schlagen. Von mir selbst überrascht trank ich einen Schluck und stellte frohmutig den Becher auf den Tisch zurück.


    "Helena, es ist unverfroren, dich gleich zu Beginn deiner Ankunft hier in Mantua damit zu überrollen, doch wirst du vermutlich nicht um eine neuerliche Reise herumkommen. Ich wurde kürzlich zum tribunus laticlavius der legio secunda germanica ernannt. Dies bedeutet, wie du vermutlich erahnen kannst, dass ich in Reisevorbereitungen stecke und in Bälde nach Germanien aufbrechen werde. Deandra möchte mich gern begleiten, doch sehe ich diesem Anliegen zweifelhaft entgegen, denn während ich im castellum tätig bin, würde sie vermutlich von Langeweile zerfressen werden. Hättest du nicht Lust, mit uns nach Germanien zu reisen? Und steht dort ein Gut zur Verfügung, kleiner als hier zwar, aber Mogontiacum lockt gewiss mit vielen neuen Eindrücken. Zudem wäre es mir wohler ums Herz, würde nicht sie allein in Mogontiacum und du allein in Mantua sein, und vielleicht bietet diese Reise auch einiges an Potential, um euer beider Beziehung aufzufrischen und deinem Bedürfnis nach dem Tratsch der letzen Jahre nachzukommen. Entscheide dich nicht jetzt sofort, doch wenn du mir heute Abend eine Zusage erteilen könntest, wäre das äußerst vorteilhaft, da ich eine weitere Person in die Planungen einbinden kann."

  • Helena drehte den Becher leicht in den Händen während sie Marcus lauschte. Sie konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen als sie sich vorstellte, wie er sie über den neusten Klatsch aufklärte. Das passte so gar nicht zu dem jungen Mann von früher, dem es herzlich egal gewesen war, wer welche Kleidung trug oder wer in diesem Moment in welche Familie hinein heiratete. Marcus bestätigte diese Gedanken und sprach sie dann auf Deandra an. Helena runzelte nachdenklich die Stirn, als sie versuchte sich Deandra vorzustellen. Der Name sagte ihr etwas, aber es wollte sich kein passendes Gesicht dazu einstellen. Hatte Verina in einem ihrer Briefe nicht mal erwähnt, dass Deandra jemanden aus ihrer Familie heiraten wollte? Noch während sie überlegte sprach Marcus schon weiter. Das was er sagte sorgte dafür, dass Helena überrascht aufblickte.


    "Ich gratuliere dir, Cousin. Das hast du dir sicher verdient!"


    Mehr sagte sie erstmal nicht, denn diese Neuigkeiten mussten verdaut werden. Marcus war nun also Tribun in Germanien. Ein hoher Posten, dass wusste Helena. Sie musterte Marcus über den Rand ihres Bechers, während sie noch einen Schluck Fruchtsaft nahm. Das was er über Deandra sagte interessierte sie allerdings noch viel mehr. So wie es sich anhörte waren die Beiden ein Paar, immerhin würde sie ihn nicht umsonst nach Germanien begleiten. Diese Erkenntnis versetzte ihr irgendwo in ihrer Magengegend einen kleinen Stich, den Helena aber geflissentlich ignorierte. Und sie sollte ihn begleiten, aber nicht, weil er es sich für sich wünschte, sondern weil er hoffte damit Deandras Langeweile zuvor zu kommen. Helena stellte den Becher nun endgültig auf den Tisch und sah Marcus ernst an.


    "Das kommt sehr überraschend, Marcus. Ich bin gerade erst zu Hause angekommen und du willst, dass ich sofort wieder weiterreise. Ich hatte gehofft mich erstmal eine Weile ausruhen zu können. Eine Reise nach Germanien ist lang und sicher nicht einfach."


    Helena wusste nur zu gut, dass sie eigentlich keine andere Wahl hatte. Marcus würde sie nicht alleine hier in Rom zurücklassen, da war sie sich sicher. Scheinbar meinte er, dass man noch genauso auf sie aufpassen musste, wie vor vier Jahren. Ein Aufenthalt in Germanien hatte sicher auch etwas positives an sich. Helena liebte es neue Kulturen kennenzulernen, aber eigentlich wollte sie lieber selbst bestimmen wann es dazu kam. Jetzt aber hatte sie diese Möglichkeit nicht. Trotzdem wollte sie nicht, dass Marcus das Gefühl bekam, dass sie alles tat was er wollte. Deswegen lehnte sie sich in ihrem Sessel zurück und wiegte nachdenklich den Kopf.


    "Ich werde darüber nachdenken. Aber ich muss zugeben, dass ich einige Zweifel habe, ob das so eine gute Idee ist. Ich kann mich an Deandra nicht mehr wirklich erinneren. Was ist, wenn wir uns nicht verstehen? Das würde die ganze Reise nicht nur für mich unangenehm machen. Du willst schon heute Abend eine Entscheidung haben? Ist es denn so dringend?"

    teeeeeeeeeeeeeeeeeeeessssssssssssssssssssssssttttttttttttttttttt

  • Ich lächelte schief ob ihrer Gratulaiton, neigte aber dennoch dankend den Kopf. Natürlich war sie nicht sonderlich erfreut darüber, dass ich fortreisen würde. Auch wenn ich lange Reisen ebenfalls nicht so sehr mochte, stand ich der Sache doch gänzlich anders gegenüber.


    "Auch für mich wird es eine Umstellung sein. ich hatte gehofft, der prima dienen zu dürfen, doch auch ein Amt im fernen Germanien birgt sowohl eine große Ehre als auch Erfahrung in sich. Der Kaiser selbst erteilte mir den Marschbefehl."


    Nach meiner Erwiderung überlegte ich einen Moment, was ich tun sollte, wenn sie sich weigern würde, mitzureisen. Ich konnte sie schlecht hierlassen, da ich selbst einen Großteil der aurelischen Sklaven mitnehmen würde. Immerhin galt es, die villa in Mogontiacum herrichten und wohlich machen zu lassen. Deandra ihrerseits würde vermutlich nur ihren Germanen und vielleichtAintzane mitnehmen, mir selbst genügte Camryn allerdings nicht, zumal sie wirklich miserabel kochte. ich fuhr mir mit der Hand über den Nacken und seufzte tief.


    "Du wirst sie mögen. Früher habt ihr euch auch verstanden, auch wenn ihr euch sehr selten nur gesehen habt. Vielleicht erkennt sie dich nicht sofot, aber ich bin mir sicher, dass ihr euch verstehen werdet."


    Wenn nicht, gab es nämlich ein Problem. Und zurücklassen wollte ich keinen der beiden. Deandra nicht, weil sie mir viel bedeutete, Helena nicht, weil sie nach ihrer langen Reise nicht schon wieder allein sein (und die ganze Stadt auf den Kopf stellen) sollte. Bezüglich ihrer Worte nickte ich ernst.


    "Es ist dringend, ja. Der Kaiser gab mir Zeit, um noch meine örtlichen Angelegenheiten zu regeln, doch ließ er keinen Zweifel daran, dass ich mich schnellstmöglichst auf den Weg machen sollte. Du wirst schon noch zwei oder drei Tage Zeit haben, hier zu verweilen, doch in vier Tagen wollte ich bereits unterwegs sein, spätestens. Schließlich ist das Amt ebenso Neuland für mich wie das Land an sich. Wir werden per Reisewagen gen Raetia reisen und von dort nach Mogontiacum."


    Als ich dies sagte, erschien vor meinem inneren Auge ein neues Problem: Meine Aversion Pferde betreffend. Ein Tribun, der nicht reiten konnte... So etwas hatte es vermutlich noch nie gegeben, oder doch? Hoffentlich ging ich nicht in die Annalen der legio secunda ein als tribunus non equester...

  • Ich werde sie mögen...soso! Das würde sie immer noch selbst entscheiden. Helena sagte nichts dazu sondern flüchtete sich in ein leichtes Lächeln. Natürlich wollte er, dass sie sich gut verstanden. Man konnte Marcus ansehen, dass er fieberhaft überlegte, wie er sie in seine Planung mit unterbringen sollte. Ihre Ankunft war scheinbar nicht nur überraschend gewesen, sondern auch unpassend. Wäre sie doch nur ein paar Tage später gekommen! Dann wäre niemand hier gewesen, der über sie bestimmen wollte. Helena seufzte leise und zog dann zweifelnd eine Augenbraue hoch, als er davon sprach, dass sie noch drei Tage hatte, bevor sie nach Germanien aufbrechen würden.


    "Drei Tage sind nichts im Vergleich zu den vier Jahren in denen ich fort gewesen bin."


    Sie hatte gehofft, dass sie wenigstens noch ein paar Wochen Zeit haben würde. Das es jetzt wirklich so schnell gehen sollte passte ihr überhaupt nicht. Am Liebsten hätte sie unwillig eine Schmolllippe gezogen, aber ihr Gesicht blieb ruhig. Helena wusste selbst, dass sich ihre Worte recht zickig anhörten, aber Marcus verstand sicherlich, dass sie keine Begeisterungssprünge machte. Vielleicht sollte sie ihr vorbildliches Gehabe ablegen und ihn erneut so nerven wie früher. Dann würde er es sich bestimmt zweimal überlegen, ob er sie mitnehmen würde. Die Gefahr bestand allerdings, dass er sie dann zurück zu ihrer Tante schicken würde und das wollte sie auf jeden Fall vermeiden. Schließlich lächelte sie einnehmend und lehnte sich etwas vor, um Marcus eine Hand auf den Oberschenkel zu legen.


    "Es tut mir leid. Du verstehst bestimmt, dass ich mich ein wenig überfordert fühle. Ich denke, ich werde jetzt ein Bad nehmen und über all das nachdenken. Mach dir keine Sorgen. Ich werde dir keine Schwierigkeiten bereiten."


    Mit diesen Worten stand Helena auf, beugte sich noch einmal herunter um Marcus einen sanften Kuss auf die Wange zu drücken und verließ dann das atrium. Auf dem Weg hielt sie einen Sklaven an, der ihr den Weg zu ihrem Zimmer zeigen sollte und folgte ihm schweigend. Helena brannte darauf Marina von der ganzen Sache zu erzählen. Ihre Leibsklavin war sicher begeistert von der Idee Marcus. Die ältere Frau hoffte, dass Helena hier einen guten Mann finden würde und vielleicht würde sich in Germanien eine gute Chance dazu finden. Daran wollte Helena aber lieber nicht denken. Jetzt galt es erstmal ein Bad zu nehmen und dann musste sie sich einen Plan überlegen.

    teeeeeeeeeeeeeeeeeeeessssssssssssssssssssssssttttttttttttttttttt

  • Vielleicht würde ich jemanden finden, der mir privat Unterricht erteilte, ehe ich mich absolut blamieren würde. Andererseits war ich auch nur ein Mensch. Und wenn ich Glück hatte, würde ich vielleicht gar nicht reiten müssen, auch wenn das vermutlich Wunschdenken war und ein Tribun, der sich mit einer Sänfte herumtragen ließ, vermutlich der Lacher der Legion werden würde. In meine Gedanken hinein erklangen die abweisenden Worte Helenas, und ich seufzte leise.


    "Überlege es dir bitte, Helena. Mir - und vermutlich auch deinem Vater - wäre es lieber, wenn du nach deiner Ankunft hier nicht nur von Sklaven umgeben wärest. Ich kann und will an der gegenwärtigen Situation nichts ändern, daraus resultiert meine Bitte. Es ist stets ein Privileg, dem Kaiser dienen zu dürfen", gab ich nun strenger zurück als gerade eben noch. Doch schon im nächsten Moment verwirrte mich ihre beruhigende Geste, denn sie legte die Hand auf meinen Oberschenkel. Ich sah darauf hinab und hörte ihre Entschuldigung mehr am Rande als bewusst. Zerstreut nickte ich und hatte gerade den Blick von ihrer Hand losgerissen und auf ihr Gesicht gelenkt, als ihre weichen Lippen mir einen Kuss auf die Wange hauchten und mich vollends verwirrten. Wieder nickte ich nur und gab ein recht qualifiziertes "Äh, ja." von mir. Noch einen Moment, nachdem Helena bereits verschwunden war, saß ich hier und dachte nach. Die Zeit bei der Tante hatte ihr wahrhaftig sehr gut getan. Sie schien reifer und verständiger als damals, hatte das mädchenhafte Zickentum zur Gänze abgelegt. Dass es gut verschlossen in einer Kammer ihres Herzens ruhte und bei Bedarf sehr schnell hervorgeholt werden konnte, ahnte ich nicht einmal.


    Eine Weile später stand auch ich auf, ließ Camryn zu mir kommen und trug ihr auf, für den Abend ein etwas anspruchsvolleres Mahl zu bereiten, da ich nicht, wie letzens übrig, allein, sondern in Begleitung speisen würde.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!