Langsam bewegte sich die Sänfte durch die Straßen Mantuas. Helena lag auf den bequemen Kissen und versuchte schon eine ganze Zeit lang vergeblich ihr wild klopfendes Herz zu beruhigen. Vier Jahre war sie nicht mehr hier gewesen. Vier lange Jahre, in denen sich die Stadt verändert hatte. Zwischenzeitlich warf das Mädchen immer wieder einen Blick hinaus, wobei sie die schweren Vorhänge leicht zur Seite schob. Die Sänftenträger wussten genau, wo sie sie hinbringen sollten und Helena war froh, dass sie ihnen nicht den Weg weisen musste. Obwohl sie die ersten dreizehn Jahre ihres Lebens in dieser Stadt verbracht hatte, erkannte sie nur einzelne Straßen wieder, die sie passierten. Schließlich lehnte Helena sich wieder zurück und atmete tief durch. Während der Jahre in Hispania hatte sie sich diesen Moment immer wieder vorgestellt, geradezu herbeigesehnt und doch war jetzt alles anders.
"Es wird schon alles gut gehen, Herrin!"
Helena sah zu ihrer Leibsklavin, die neben der Sänfte lief. Marina war in der Zeit bei ihrer Tante eine große Stütze für sie gewesen und mittlerweile verband die Beiden eine enge Freundschaft. Sie war ein paar Jahre älter als Helena und hatte ihr besonders in der Anfangszeit über das Heimweh hinweg geholfen. Auf die Worte ihrer Sklavin gab Helena ein unbestimmtes Brummen von sich, sagte aber ansonsten nichts. Würde man sie erwarten? Natürlich hatte sie ihrem Vater über ihre Ankunft unterrichtet, aber das Schiff hatte ein paar Tage länger gebraucht. Vielleicht war niemand da, der sie willkommen heißen würde. Helena schob diesen Gedanken zur Seite und sah erneut auf die Straße hinaus. Auch wenn sich viel verändert hatte, eines war immer noch gleich: Der Geruch der Stadt. Eine Welle von Erinnerungen überspülte Helena und ein feines Lächeln bildete sich auf ihren Lippen.
Als die Sänfte schließlich vor der Villa Aurelia anhielt und sanft auf dem Boden abgesetzt wurde, schickte Helena einen der Träger vorraus zur Tür, um zu klopfen. Es mutete ein wenig seltsam an, dass sie nicht einfach hineingehen konnte, aber nach einer jahrelangen Abwesenheit gebührte es der Respekt und die Höflichkeit nicht einfach unangemeldet hinein zu gehen. Sorgfältig überprüfte Helena den Sitz ihrer eleganten Tunika und ihrer Frisur. Für ihre Heimkehr hatte sie keine Mühen gescheut, um ihren Familienmitgliedern zu zeigen, dass sie nicht mehr das kleine Mädchen von früher war. Sie war stolz auf ihr Aussehen und zeigte das gerne. Helena schloß noch einmal kurz die Augen und ließ sich dann von Marina aus der Sänfte helfen. Dabei wanderte ihr Blick zur Tür und sie fragte sich, wer ihr wohl als erstes begegnen würde.