Cäsar - Kaiser oder kein Kaiser

  • Muss mal ne Gegenmeinung her :D


    Entweder man macht einen Spielfilm oder eine Doku. Und wenn man eine stylische Doku mit Spielfilmcharakter machen will, dann sollte man es wenigstens zu verbinden verstehen. Der Style war genau der gleiche wie diese unsägiche Hannibal- Reihe. Auch da hab ich mir schon gedacht: Warum macht ihr nicht einen Film? Dann hätte ichs nämlich toll gefunden.


    Florus, ich kann deinen Mix mit den Historikern nicht nachvollziehen. Sicherlich, Dahlheim ist eine Koryphäe und ein gutes Aushängeschild. Aber insgesamt sind zwei Historiker meiner Meinung nach nicht genügend für einen Mix. (Und der Dahlheim ist auch nicht gerade Mr. Super-Unterhaltsam, mal ehrlich ;))


    Zum Thema historischer Korrektheit: Cäsar redet davon, dass er die Republik notfalls abschaffen würde !!! Eine sehr grobe Fahrlässigkeit meiner Meinung, sogar wenns als innerer Dialog gedacht war, eine Unterstellung ohne wissenschafltichen Wert!
    Kleine Fehler im Design (wenn mans sehr genau nehmen will :D): Die Römer haben Helme auf, die um ungefähr hundert Jahre veraltet waren, Cäsar hatte keine standesgemäße Rüstung, die Brustwarzen auf den Rüstungen waren falsch dargestellt und Pompeius hatte glatte Haare, obwohl man weiß, dass er bewusst dieselbe Frisur wie Alexander der Große trug, da er den gleichen Beinamen hatte. Mich verwundert sowas immer bei einer Doku, da ich annehme, dass die wissenschaftliche Berater haben müsste, denen sowas auffällt. Des weiteren wurde meiner Meinung nach die politische Situation falsch dargestellt, aber darüber lässt sich streiten.

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Ich hab "Rom" natürlich auch gesehen und fand es ganz gut.


    Etwas gewagt fand ich die These, das Cäsar der erste Kaiser war. Diese Ehre sollte doch immernoch Augustus zukommen.


    Aber sonst war es sehr gut gemacht, bin schonmal auf Nero gespannt.


    Ich hab mich geärgert, dass ich das ganze nicht aufgezeichnet habe. Weiß jemand, ob es die Serie vielleicht auf DVD gibt?


    @Theodorus:


    Die Herkules-Schärpe hat bei den Rüstungen auch gefehlt, aber das ist zu verschmerzen.


    Aber zu deinem Kritikpunkt Spielfilm/Doku:


    Das ist nunmal im Moment schwer im Trend, eine Doku mit Spieszenen zu füllen bzw. diese in den Vordergrund zu rücken. Anders holst du die historisch Ungebildeten auch nicht vor den Fernseher, da lassen sich auch einige Ungenauigkeiten bzw "Freiheiten" verkraften bzw. werden vom Zuschauer nicht hinterfragt.
    Wenn du mal "Terra X" von früher mit den Dokus heute vergleichst ist das ein RIESEN Unterschied. Es reicht heute nicht mehr, einfach irgendwelche Fundstücke im Licht vor der Kamera rotieren zu lassen. Das mag vielleicht für den Kenner interessant sein, da schaltet aber der Privatfernsehenverwöhnte Durchschnittszuschauer heute einfach ab.
    Deswegen find es schon einen guten Kompromiss, eine Doku mit Experten und Spielszenen zu mischen. Das macht das ganze doch auch interessanter.

  • Zitat

    Original von Marcus Decimus Mattiacus


    Ich hab mich geärgert, dass ich das ganze nicht aufgezeichnet habe. Weiß jemand, ob es die Serie vielleicht auf DVD gibt?


    Bisher noch nicht - die datiert allerdings auch erst aus dem Herbst 2006.

  • Zitat

    Original von Marcus Aelius Callidus


    wie genau meinst du das?


    Er bezieht sich (vermutlich) auf den Kaiserkult, dessen Anhänger Cäsar ja als erster Kaiser verehren... und alle darauf folgenden Kaiser waren nichts weiter als die Inkarnation Cäsars. Wir sagen ja heute auch "Kaiser Wilhelm II." und nicht "Augustus Wilhelm II."
    Im Prinzip wurde versucht damit eine repräsentative Vertretung für die Peripherie des Imperiums zu schaffen, da es immer wieder zu Konflikten zwischen der Peripherie (Provinzen) und dem Zentrum (Rom) gekommen war.
    Ist ja auch logisch, die Peripherie will ja "pax et concordia", während das Zentrum eigentlich immer die Peripherie ausbeuten will.
    So habe ich es zumindest immer in der Schule gelernt. :D


    [SIZE=7]edit: immer diese Flüchtigkeitsfehler...[/SIZE]

    "Ich bin der Geist der stets verneint!
    und das mit Recht; denn alles was entsteht
    Ist wert dasss es zugrunde geht;
    Drum besser wär's dass nichts entstünde.
    So ist denn alles was ihr Sünde,
    Zerstörung, kurz das Böse nennt
    Mein eigentliches Element."

    Einmal editiert, zuletzt von Tiberius Iulius Solinus ()

  • Zitat

    Original von Tiberius Iulius Solinus


    Er bezieht sich (vermutlich) auf den Kaiserkult, dessen Anhänger Cäsar ja als erster Kaiser verehren... und alle darauf folgenden Kaiser waren nichts weiter als die Inkarnation Cäsars. Wir sagen ja heute auch "Kaiser Wilhelm II." und nicht "Augustus Wilhelm II."


    [SIZE=7]edit: immer diese Flüchtigkeitsfehler...[/SIZE]


    Genaugenommen beinhalteten auch spätere Kaisertitel in Europa u.a. den Caesar Augustus. Auch der Kaisertitel den Wilhelm II trug bezog sich auf den mittelalterlichen Kaisertitel und damit auch auf Augustus der Teil des Titels war.

  • hm...hab´s noch nicht gesehen. Jetzt mal bezogen auf die Kritik von Mattiacus:
    Wurde Caesar innerhalb der Spielfilmszenen als erster Kaiser in irgendeiner Form dargestellt? Oder durch den wissenschaftlichen Bericht?


    Ich hatte Probleme mit dem Verständnis dieses Satzes, weil das etwas pauschal klingt. Einen "Kaiser" gibt es ja zu der Zeit nicht, weshalb niemand Caesar als solchen ansehen konnte. Daher: Zu welcher Zeit sahen die Römer Caesar als ersten "Kaiser" bzw. princeps?

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Zitat

    Original von Marcus Aelius Callidus
    hm...hab´s noch nicht gesehen. Jetzt mal bezogen auf die Kritik von Mattiacus:
    Wurde Caesar innerhalb der Spielfilmszenen als erster Kaiser in irgendeiner Form dargestellt? Oder durch den wissenschaftlichen Bericht?


    Der Dahlheim oder dieser andere Kerl haben des gesagt, so weit ich mich erinner. In den gespielten Szenen sicher keiner.


    Zitat

    Ich hatte Probleme mit dem Verständnis dieses Satzes, weil das etwas pauschal klingt. Einen "Kaiser" gibt es ja zu der Zeit nicht, weshalb niemand Caesar als solchen ansehen konnte. Daher: Zu welcher Zeit sahen die Römer Caesar als ersten "Kaiser" bzw. princeps?


    Klar hat niemand einen Kaiser einen Kaiser genannt. Es gab ja nur den ersten Bürger der Stadt. ;) Aber alle römischen Kaiser haben sich in einer Traditionslinie mit Augustus und Cäsar gesehen und diese auch propagiert. Diese Traditionslinie setzt sich auch bis auf den Deutschen Kaiser des 2. Reichs in allen europäischen Kaisertiteln fort.


    Vom heutigen Standpunkt aus unterscheiden wir Cäsar und Augustus, da Cäsars Art der Institutionalisierung seiner Herrschaft gänzlich von der des Augustus unterscheidet. Die Römer sahen das nicht so eng. Für sie war Cäsar ihr erster Augustus, so absurd das klingen mag.


    Solche Trennungen findet man übrigens oft in der heutigen Historiographie. Wir unterscheiden auch zwischen Republik und Prinzipat, obwohl die Römer da keinen Unterschied machten.

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • @ Mattiacus


    Oha, na dann schließ ich mich da aber eher den Forschungsmeinungen an, die das nicht so sehen. :]
    Auch wenn es mal Gedanken gab, dass selbst Augustus nicht der erste sei, ist er wohl doch als erster anzusehen.


    @ Theodorus


    Bei der Traditionslinie gehe ich mit dir konform. Augustus hat ja selbst aus politischem Kalkül alles daran gesetzt, Caesar zu erhöhen, so dass die Verknüpfung natürlich zu jeder Zeit gegeben war. Das sieht man ja allein an der Vererbung des Namens, der zum Titel wurde.
    Dass man in Rom der Kaiserzeit aber Caesar als ersten Kaiser sah, denke ich nicht. Auch wenn Sueton ihn in seine Viten aufnimmt, kann man bei Tacitus schon deutlich lesen, wie ich finde, dass Augustus eben der Begründer des Prinzipats war. Woraus auch resultiert, dass man zwischen Republik und Prinzipat schon deutlich unterscheiden konnte. Nicht zuletzt, weil man diese neue Rechtsform, in der man den mächtigsten Mann des Reiches in die Republik eingebunden hatte, principatus nannte.
    Wie immer sio schön in der Sekundärliteratur geschrieben wird, war die Republik "formal" wiederhergestellt, was nur eine Versöhnung mit dem Senat und eine Ehrerweisung an die nobiles darstellte. Dass man aber nun eine Republik hatte, daran konnte wohl kein Römer ernsthaft glauben.
    Ist aber wohl Ansichtssache, da es ja in der Forschung immer mal gern ein umstrittenes Thema ist. Kommt darauf an, auf welche Quelle man sich beziehen will. :)

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Erstmal: Es wurde nicht gesagt, dass Cäsar der erste Kaiser war, sondern, dass Cäsar eine Machtfüllle auf sich konzentrierte, dass er als der erste Kaiser gelten könnte. Das halte ich für einen wichtigen Unterschied.


    "res publica" bedeutet einfach öffentliche Sache und ist die Bezeichnung des römischen Staates überhaupt. Wie der genau ausschaut, ist nebensächlich, hauptsache er beruft sich auf die Tradition der Vorväter (die aber immer wieder neu konstruiert wird) und grenzt sich zum Regnum, also Königreich ab. Wenn die Römer gesagt haben, dass Augustus die res publica neu geordnet und damit gerettet hat, meinen sie nicht, er hätte die Republik in unserem Sinne wieder hergestellt, sondern eher, er hat verhindert, dass der Staat an sich zerfällt.


    Dass die römischen Kaiser selbst sich in der Abstammung von Cäsar legitimierten, ist ja wohl keine Frage. Den Titel "Kaisar" gab es auch noch im byzantinischen Reich. Man muss jetzt bei der Betrachtung der Quellen auch immer vorsichtig sein, wer was sagt und zwischen Ansicht der Massen, Selbstdarstellung und Meinung des Einzelnen unterscheiden.
    Die Selbstdarstellung können wir durch Inschriften und kaiserliche Edikte rekonstruieren. Da nennt sich der Kaiser immer auch unter anderem Cäsar.
    Die allgemeine Meinung ist schwer zu konstruieren, es sind ja keine Statistiken oder Umfragen überliefert mit dem Thema "Wen würden Sie als ersten Kaiser des Reiches ansehen".
    Zum Schluss die eigene Meinung: Die Mittel der Zensur waren ja in römischer Zeit noch nicht so ausgefeilt wie heutzutage. Da der Kaiser nicht überall sein konnte und ihm Mittel wie Abhörgeräte, Peilsender, Kameraüberwachung etc. fehlten, wurde den Untertanen auch mehr Freiheit gelassen. Und auch wenn sie derartige Mittel gehabt hätten, würde ich bezweifeln, dass sie so angewendet worden wäre. Erzwungener totaler Konsens wie in einer modernen Diktatur entsprach nicht dem kaiserlichen Selbstverständnis. Man konnte deswegen durchaus offen eine Meinung vertreten, die nicht mit der offiziellen einherging. Und wenn Tacitus Augustus als ersten sieht, sieht das eben Tacitus. Wer und wieviele das sonst noch so sehen, geht aus Tacitus nicht hervor. Ich vermute jedoch, dass die meisten Römer nicht das Wissen und die Bildung eines Tacitus besaßen und sich deshalb nicht so intellektuelle Gedanken über den Kaiser gemacht haben. Die haben die Inschrift "Imperator Cäsar Augustus" gesehen und sich gedacht. "Ah! Der Imperator Cäsar Augustus!"

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • An unserer Diskussion sieht man sehr deutlich, dass vorgebildete Zuschauer eine solche Doku ganz anders aufnehmen und rezipieren als der Otto-Normal-Zuschauer, der nach "Rom" Rosamunde Pilcher geschaut hat.

  • Bei aller Überwachungstechnik hin oder her möchte ich auf die beiden Aussagen zurückkommen, die eigentlich zur Debatte standen.


    „Die Römer selbst haben Cäsar als ihren ersten Kaiser angesehen.“


    bzw.


    „Für sie war Cäsar ihr erster Augustus…“


    Wenn Tacitus nicht ausreicht, fang ich mal anders an.
    Wenn man sich allein die res gestae einmal anschaut, sieht man, dass die Propaganda einzig auf einen Mann ausgelegt ist, nämlich auf Octavian/Augustus. Er selbst hebt die Ehrungen hervor, die ihm zugekommen waren, insbesondere der Titel Augustus. Nach 41 Jahren Alleinherrschaft dieses Mannes, der den Prinzipat institutionalisierte und sich in den Mittelpunkt dieses Konstruktes stellte, wird es schwierig, Caesar als ersten Augustus einzuflechten. Zumal die im Bewusstsein der Römer verankerte Titulatur des princeps und des Augustus nicht auf Caesar zutreffen. Und auch, weil schon zwischen dem Aufbau des Prinzipats und dem Ableben Caesars knappe 20 Jahre vergangen sind.
    Geht man dann etwas weiter, kann man Tacitus als Quelle anführen, die Augustus als ersten princeps und Begründer des principatus darstellt. Es ist zwar kaum haltbar, aber wenn man nun möchte und sagt: Der dachte so, aber der Rest der Bevölkerung hat das vielleicht alles ganz anders gesehen … dann sucht man weiter und findet die nächste eindeutige Quelle bei Sueton. Da könnte man sagen: vielleicht haben nur Tacitus und Sueton das so gesehen, aber der Rest der Bevölkerung dachte ganz anders…. Schwieriger wird es aber, wenn man sich dann die lex de imperio Vespasiani anschaut, die in jedem Paragraphen die zuvor herrschenden principes aufzählt, und dabei stets, und in jedem Paragraphen auf´s Neue, Octavian/Augustus als ersten benennt. Dass also bei dieser Quellenlage und der reinen Logik zufolge Caesar im Bewusstsein der Römer als deren erster Augustus angesehen wurde, klingt für mich nicht nur absurd…
    Was die Autoren angeht…Die Rolle der Selbstdarstellung der Autoren ist ja gut und schön und macht bei Plinius z.B. auch großen Spaß, interessiert bei der Fragestellung hier aber eigentlich gar nicht.


    Die Definition von „res publica“ ist klar. Es ist der Staat an sich, aber du hast ja die Unterscheidung vorgenommen und selbst gesagt: „…hauptsache er beruft sich auf die Tradition der Vorväter.“ Eben das tat die „neue“ Republik nicht mehr, wobei die Adelsschicht diesen Kompromiss eingehen musste.
    Dass die Römer das neue Staatsgeflecht realisierten, davon sollte man also ausgehen, schließlich wurde es ja groß und breit propagiert. Inwiefern es den Bauern auf dem Landgut interessierte, ist eine andere Sache, da sich für viele ja nichts änderte, außer dass die pax Augustana nun eingekehrt war. Und damit waren die meisten wohl schon sehr glücklich.

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Zitat

    Original von Theodorus von Alexandria
    "res publica" bedeutet einfach öffentliche Sache und ist die Bezeichnung des römischen Staates überhaupt.


    Also ich muss dir da eigentlich widersprechen, mein lieber Lehrer :D


    "res" wird ins Deutsche ja eigentlich immer mit "Sache" übersetzt, aber da Latein nun mal nicht Deutsch ist dürfen wir "res" nicht dinghaft begreifen. "res" bezeichnet für den Römer eine Sache, die höherwertig als der Einzelne ist, vor dem Einzelnen war, nach dem Einzelnen sein wird, aber das ständige Engagement seiner Angehörigen braucht.
    Nur eine kleine Anmerkung, also einfach brav ignorieren. :P

  • Zitat

    Original von Marcus Aelius Callidus
    Wenn man sich allein die res gestae einmal anschaut, sieht man, dass die Propaganda einzig auf einen Mann ausgelegt ist, nämlich auf Octavian/Augustus. Er selbst hebt die Ehrungen hervor, die ihm zugekommen waren, insbesondere der Titel Augustus. Nach 41 Jahren Alleinherrschaft dieses Mannes, der den Prinzipat institutionalisierte und sich in den Mittelpunkt dieses Konstruktes stellte, wird es schwierig, Caesar als ersten Augustus einzuflechten. Zumal die im Bewusstsein der Römer verankerte Titulatur des princeps und des Augustus nicht auf Caesar zutreffen. Und auch, weil schon zwischen dem Aufbau des Prinzipats und dem Ableben Caesars knappe 20 Jahre vergangen sind.


    Augustus war zwar der erste Kaiser und hat das Prinzipat erschaffen, aber ich bezweifle, dass er sich bereits der Konsequenzen seines Tuns für die spätere Zeit bewusst war. In gewisser Weise war er noch sehr im Weltbild des Bürgerkriegszeitalters gefangen, d.h. ist in die Reihe der zahlreichen Versuche einflussreicher Politiker und Heerführer einzuordnen, die mit verschiedenen Mitteln versuchten, die Alleinherrschaft über die Republik zu verlangen. Damit steht er noch in einer Reihe mit Marius, Sulla, Pompeius, Cäsar und Marc Anton. Neu war an Augustus, dass er sich als erster dabei keiner festen verfassungsmäßigen Institution bediente.
    Augustus eigener Bezug auf Cäsar erfolgte allein durch die Tatsache, dass er dessen Adoptivsohn war und dessen Cognomen trug. Allerdings hatte auch Augustus den Selbstanspruch, die Republik wieder herzustellen und Cäsars Werk zu vollenden. Die Vergöttlichung Cäsars ist doch z.B. auch auf seinem Mist gewachsen.
    Aber wie gesagt, erstmal wichtig ist, dass Augustus zwar der erste Princeps war, aber noch nicht wusste, wie die Sache mit dem Princeps weitergehen wird. Das wussten erst die Nachfolger. Und die haben alle den Titel Cäsar übernommen.


    Zitat

    Es ist zwar kaum haltbar, aber wenn man nun möchte und sagt: Der dachte so, aber der Rest der Bevölkerung hat das vielleicht alles ganz anders gesehen... dann sucht man weiter und findet die nächste eindeutige Quelle bei Sueton. Da könnte man sagen: vielleicht haben nur Tacitus und Sueton das so gesehen, aber der Rest der Bevölkerung dachte ganz anders…


    Halt! Was ich gemeint habe, ist nicht, dass Tacitus allein mit seiner Meinung da stand. Aber man muss immer auch beachten aus welchen Verhältnissen Tacitus stammte. Er war Mitglied der Oberschicht und hatte eine gewisse intellektuelle Vorbildung, im Gegensatz zum Großteil der Bevölkerung. Für Sueton gilt übrigens das gleiche! Und dass zwischen der Meinung der Intelligencia und der der großen Masse ein Unterschied besteht, ist ja kaum zu bezweifeln. Ich halte es deshalb für aufschlussreicher, sich die zeitgenössische Propaganda des Herrschaftsapparates anzusehen, die mehr symbolhaft und weniger intellektuell funktioniert. Und da findet sich sehr oft der Bezug zu CJC.


    Zitat

    Schwieriger wird es aber, wenn man sich dann die lex de imperio Vespasiani anschaut, die in jedem Paragraphen die zuvor herrschenden principes aufzählt, und dabei stets, und in jedem Paragraphen auf´s Neue, Octavian/Augustus als ersten benennt.


    Cäsar war ja auch nicht der erste Princeps sondern der erste Cäsar! Die Funktion des Princeps ist zwar in einem gewissen Zeitrahmen untrennbar mit der Funktion des Kaisers, aber nicht mit ihn deckungsgleich. Die Kaiser ab Diokletian bis Konstantinos Palaiologos nannten sich nicht mehr Principes, allein deswegen, weil der freie Bürger nicht mehr existierte, trotzdem führten sie die Kaisertradition fort.


    Zitat

    Was die Autoren angeht…Die Rolle der Selbstdarstellung der Autoren ist ja gut und schön und macht bei Plinius z.B. auch großen Spaß, interessiert bei der Fragestellung hier aber eigentlich gar nicht.


    Sagte ich doch. Inschriften etc. sind da viel wichtiger und ich kenne keinen Kaiser, der nicht auch den Namen Cäsar in seinen Titel hatte.


    Die Definition von „res publica“ ist klar. Es ist der Staat an sich, aber du hast ja die Unterscheidung vorgenommen und selbst gesagt: „…hauptsache er beruft sich auf die Tradition der Vorväter.“ Eben das tat die „neue“ Republik nicht mehr, wobei die Adelsschicht diesen Kompromiss eingehen musste.[/quote]


    Die Tradition der Vorväter hatte für die Politik nur den tollen Vorteil, dass sie niemals niedergeschrieben, deswegen auch nach Gutdünken modifiziert werden konnte. Man wusste zwar, dass der Senat irgendwann die Könige verjagte und man wusste von den Ständekämpfen, aber es wurde immer stillschweigend angenommen, dass früher alles so war, wie der jetztige gewünschte Zustand aussehen sollte. Das Mos Maiorum kann man nur kulturell erklären, es steht im tatsächlichen Widerspruch zur geschichtlichen Entwicklung, in der sich die Institutionen und Funktionsweisen des Staates, aber auch der Sitten und der Kultur veränderten. Die Optimaten der Bürgerkriegszeit hatten eine andere Vorstellung dessen, was das Mos Maiorum betraf als die Republik vor ihnen. Cäsar war auch der Meinung, er würde die Republik wieder herstellen. Und Augustus hat sich auch auf die Vorväter berufen, ebenso wie alle Kaiser nach ihn. Die einzigen zwei politischen Strömungen Roms, die mir einfallen und sich nicht auf ihre wie auch immer konstruierten Vorväter beriefen, waren die frühen Popularen wie die Gracchen und Marc Anton, der ja irgendwie vorhatte, das hellenistische Königtum nach Rom zu importieren. Beide hatten ziemlich wenig Erfolg.

    gelehrter aus alexandria- gebildet, intellektuell, tolpatschig und zerstreut

  • Da du mir von Ständekampf bis Spätantike alles lieferst, such ich mal wieder die Themen raus


    Zitat

    „Die Römer selbst haben Cäsar als ihren ersten Kaiser angesehen.“


    „Für sie war Cäsar ihr erster Augustus…“


    „Cäsar war ja auch nicht der erste Princeps sondern der erste Cäsar!“


    Also, dass du es mit jedem posting abänderst, vereinfacht die Diskussion nicht so wirklich. Aber ich nehme mal an, dass du zu den ersten beiden Aussagen stehst (die letzte hat etwas wenig Inhalt ?().
    Ich habe dir mit Quellen dargelegt, warum ich denke, dass Caesar im Bewusstsein der Römer nicht als erster Kaiser/Augustus galt. Bei der Sekundärliteratur ist´s einfacher, da kannst du wirklich jedes Standardwerk aufschlagen.
    Ich glaub dir das ja gern, bzw. wäre es für mich etwas Neues, wenn du mir hierzu mal etwas liefern könntest und deine Aussagen mit Quellen belegst oder wenigstens mit einem Titel der Sekundärliteratur, irgendetwas, was diese Aussagen ernsthaft zur Diskussion stellen könnte.


    Zitat

    Ich halte es deshalb für aufschlussreicher, sich die zeitgenössische Propaganda des Herrschaftsapparates anzusehen, die mehr symbolhaft und weniger intellektuell funktioniert. Und da findet sich sehr oft der Bezug zu CJC.


    Ich habe mich ja auf die Propaganda bezogen, Prunkstück sind die res gestae, auch der Herrscherkult ist wichtig. Hier steht seit Octavian/Augustus auch Octavian/Augustus im Mittelpunkt. Ja, ich weiß, der Name…der war ihm auch sehr dienlich, aber bereits, als er nach Italia übersetzte. Das wäre unter „Adoption“ abzuhandeln. (Das meiste zu Herrscherkult und Propaganda steht ganz nett bei Kienast -glaub ich).
    Wenn du also etwas dazu hast, würde ich mich freuen, wenn du das auch zeigst, denn ich kenne es nicht.


    Ursprung der res publica Debatte war ja nur dieser Satz:


    Zitat

    Wir unterscheiden auch zwischen Republik und Prinzipat, obwohl die Römer da keinen Unterschied machten.


    Dass der Unterschied im Bewusstsein der Römer bestand, zeigen ja die Quellen. Gut, ich kenne deine Bedenken, dass die ja von gebildeten Leuten geschrieben wurden, aber das schließe ich mal mit den Worten Bleickens ab:


    „ Aber wenn die Einordnung des neuen Machtfaktors in die traditionelle Staatsrechtsordnung diese Ordnung dann doch veränderte, war das gewiss nicht ein unbeabsichtigter, aus der Spannung zwischen der Tradition und dem neuen Machtfaktor geborener Effekt. Jeder Einsichtige nämlich erkannte in der res publica restituta die Monarchie; nur die Einfalt konnte etwas anderes über sie denken.“


    (Bleicken, Jochen: Verfassungs- und Sozialgeschichte des Römischen Kaiserreiches Band 1, Paderborn 1995 (4). S. 84.)

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!